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III. Abbildungsverzeichnis

6.3 Neue Perspektiven durch den EU-Beitritt? – Eine kritische Betrachtung

6.3.3 Regionalpolitische Ansätze auf EU-Ebene

Die kaum vorhandene Minderheitenpolitik der EU sowie die teilweise mangelnde Effektivität ihrer rechtlichen Regeln zum Minderheitenschutz erweisen sich als Basis für Autonomieforderungen als ungeeignet. Manche Autoren sehen jedoch dennoch Möglichkeiten für Minderheiten, Forderungen nach mehr Minderheitenschutz im Rahmen der EU zu verfolgen. Demzufolge existiert neben der vertikalen Dimension der Europäisierung – von oben (Brüssel) nach unten (Mitgliedsstaaten) – auch einer horizontale Dimension. Diese entfaltet sich durch politische Bildung, Sozialisation und Ausbreitung durch nationale wie regionale Akteure, wie eben proaktive Minderheiten, die die dargebotenen Möglichkeiten des europäischen Systems nutzen.911 Tatsächlich überschneiden sich nach Keating die

908 Vgl. Schimmelfennig (2004), S. 266 f.

909 Vgl. Jacoby, Wade (1999): Priest and Penitent – The European Union as a Force in the Domestic Politics of Eastern, East European Constitutional Review, 8, 1, S. 62-67; zitiert nach Schimmelfennig (2004), S. 266.

910 Vgl. Schimmelfennig (2004), S. 267 f.

911 Vgl. Constantin (2013b), S. 343.

Forderungen und die europäische Integration in drei Bereichen, die den Minderheiten statt Devolution und Separatismus einen neuen Weg aufweisen. Dieser umfasst erstens eine normative und funktionale Transformation, zweitens eine Kanalisierung nationaler Bewegungen in Richtung geteilter Souveränität bzw. eine gegenüber Minderheitenforderungen offenere politische Atmosphäre sowie drittens neue Möglichkeitsstrukturen zur Durchsetzung von Minderheitenforderung.912 Am fassbarsten erscheint hierbei der letzte Bereich, der von Malloy unter dem Konzept der „third level integration“ subsumiert wird. Im Zuge der europäischen Integration ist die Rolle lokaler und regionaler Behörden durch die Stärkung des Subsidiaritätsprinzips in der EU-Politik gewachsen. Neben den Ebenen der EU und der Mitgliedstaaten bilden die subnationalen Akteure damit eine „dritte Ebene“. Diese ist äußert komplex, da sie nicht nur verschiedenste Einheiten in unterschiedlichen Mitgliedsstaaten mit variierenden Kompetenzen umfasst, sondern auch eine stark unterschiedliche Involvierung nationaler Politiker. Während diese Rolle in manchen Staaten von nationalen Minderheiten ausgefüllt wird, sind diese in anderen Staaten – vermutlich aufgrund unterschiedlicher Ausgangsbedingungen – auf der dritten Ebene quasi unsichtbar.913

Zu den Möglichkeiten der dritten Ebene gehört die Kohäsionspolitik der EU, das Komitee der Regionen, Minderheitenkoalitionen, die sog. paradiplomacy sowie die Europäische Bürgerinitiative:

 Die Kohäsionspolitik bietet eine zusätzliche Finanzierungsmöglichkeit, um finanziell benachteiligte Regionen bei der Reduzierung von Entwicklungslücken zu unterstützen.

Zwar hat die Regionalebene dabei ein Mitspracherecht und profitieren bei der Verteilung vor allem autonomen Regionen. Jedoch hängt die Verteilung der Gelder maßgeblich von den Zentralregierungen ab, die sozusagen als „Gatekeeper“ fungieren.914 Letztlich verfügen die Mitgliedsstaaten selbst über den politischen Status ihrer Regionen und damit auch indirekt über die Möglichkeit der Regionen, von EU-Programmen zu profitieren.915

 Das Komitee der Regionen stellt eine zusätzliche Vertretung der Lokal- bzw. Regionalebene bei der EU dar. Der Einfluss des Komitees ist jedoch begrenzt, da es sich lediglich beratend zu verschiedenen Politikbereichen916 äußert. Letztlich handelt es sich um ein Lobbying für mehr Kompetenzen für Regionen im Sinne der Subsidiarität.917

 Die Mitwirkung in Minderheitenkoalitionen auf Europaebene könnte auch eine

912 Vgl. Keating, Micheal u. McGarry, John (2006): European Integration and the Nationalities Question, London: Routledge, S. 368, zitiert nach Vizi (2014), S. 33.

913 Vgl. Malloy (2006), S. 6.

914 Vgl. Malloy (2006), S. 20 f.

915 Vgl. Vizi (2014), S. 34

916 Zu diesen zählen wirtschaftliche und soziale Kohäsion, transnationale Infrastruktur, Gesundheit, Bildung bzw. berufliche Fortbildung, Kultur, Arbeit- und Sozialpolitik, Umwelt und Transport; vgl.

Malloy (2006), S. 16.

917 Vgl. Malloy (2006), S. 18 f.

Möglichkeit zur Artikulation von Forderungen nach Autonomie darstellen. Ein Beispiel hierfür ist die Föderalistische Union europäischer Volksgruppen (eng. FUEN). Sie vereinigt nationale Minderheitengruppen und unterstützt deren Forderungen nach Minderheitenschutz durch Lobbying bei Parlamenten und Regierungen der Mitgliedsstaaten. Eine andere Plattform stellt die European Free Alliance (EFA) dar918, welche jedoch fast nur Mitglieder aus Westeuropa aufweist.919 Erst kürzlich traten ihr die Siebenbürgisch-ungarische Volkspartei (PPMT) sowie einige Zivilorganisationen bei. Die UDMR ist hingegen Mitglied der EPP-Fraktion (European People's Party) des EU-Parlaments, welche sich vorwiegend aus den Mehrheitsparteien der Mitgliedsstaaten rekrutiert. Während die EFA also eher regional orientiert einzuordnen ist, wird die EPP eher national orientiert eingeschätzt. Sie stellt insofern kein geeignetes Forum zur Initiierung von minderheitenspezifischen Änderungen auf internationaler Ebene dar.920

 Ein weiteres Feld ist die paradiplomacy, d. h. außenpolitische Aktivitäten regionaler Akteure zur Durchsetzung eigener Forderungen, die oft entgegengesetzt zu den bzw.

ohne Einbindung der diplomatischen Ziele des Trägerstaates wirken. Derartige Bewegungen werden von den betroffenen Regierungen naturgemäß als negativ befunden.921 Ein Beispiel für solche Maßnahmen können etwa Veranstaltungen wie der Csángó-Ball in Brüssel gesehen werden. Der u. a. vom Büro für die europäische Repräsentation der ungarischen nationalen Minderheiten (HUNINEU) organisierte Ball steht in einer Reihe von Aktivitäten, die die Aufmerksamkeit auf den Schutz der Csángó-Minderheit in Rumänien (eine Untergruppe der Székler im rumänischen Kreis Moldavia) lenken soll.922 Zu solchen Aktivitäten könnten ferner auch Informationskampagnen oder Shadow Reports zu den RSNM-Monitoring-Berichten wie etwa vom Székler Nationalrat oder der UDMR gezählt werden.

 Die Europäischen Bürgerinitiative (EBI) wurde 2011 vom EU-Parlament und dem Rat der EU rechtlich fixiert. Mit ihr haben EU-Bürger die Möglichkeit, der EU-Kommission – im Rahmen ihrer Kompetenzen – direkt einen Auftrag für Gesetzgebungsvorschläge zu machen. Eine Initiative muss von mindestens einer Million Bürgern aus mindesten sieben Mitgliedsstaaten unterstützt werden. So sieht die politische Elite der rumänischen Ungarn hierin auch ein Vehikel zur Artikulation ihrer Minderheitenschutzagenda.923 2013 reichten zwei Mitglieder des Székler Nationalrats eine EBI bei der Kommission ein, mit dem Ziel, Kohäsionsgelder mit speziellem Fokus auf die Gleichheit von Regionen mit nationalen, ethnischen, kulturellen oder sprachlichen Eigenheiten (im Vergleich zu den umgebenden Regionen) zu vergeben. Die Eingabe wurde von der Kommission mit der Begründung

918 Vgl. Malloy (2006), S. 22 f.

919 Vgl. Vizi (2014), S. 34.

920 Vgl. Interview 2-5.2.V.

921 Vgl. Malloy (2006), S. 26 f.

922 Vgl. Hungary Today (2016).

923 Vgl. Constantin (2013b), S. 358.

abgewiesen, nicht in ihre Kompetenz zu fallen.924 Im selben Jahr initiierte auch die UDMR, zusammen mit der Südtiroler Volkspartei, der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen (FUEN) sowie der Jugend Europäischer Volksgruppen ein entsprechendes EBI-Abkommen namens „Minority SafePack“.925 Die Initiative zielt auf „ein Bündel an Maßnahmen und konkreten Rechtsakten [der EU] zur Förderung und zum Schutz der europäischen Minderheiten sowie der Regional- und Minderheitensprachen“926 ab. Auch diese Eingabe wurde mit der obigen Begründung von der Kommission zunächst abgewiesen, die negative Entscheidung vom EUGH aber für rechtswidrig erklärt.927 Die Situation zeige, so die FUEN, „die Grenzen der Europäischen Bürgerinitiative als neuem Mittel direkter Demokratie ebenso wie die komplizierten Zuständigkeitsfragen in Minderheitenanliegen“928. Letztendlich erlangte die Initiative 2018 jedoch mit über 1,2 Mio. Unterschriften das notwendige Quorum. Die Kommission ist nun dazu angehalten, eine Debatte im Europäischen Parlament und damit einen Dialog für die Schaffung eines legislativen Rahmens auf EU-Ebene anzustrengen.929 Dies kann als umso größerer Erfolg gewertet werden, als dass die Resultate der EBI bislang bescheiden ausfallen: Von den 51 zwischen 2012 und 2015 gestarteten Initiativen schafften es nur drei zur Vorlage bei der Kommission. Zu keiner der drei wurden rechtliche Vorlagen erstellt.930

Trotz der vermehrten Aktivitäten im Bereich der dritten Ebene fallen die oben erwähnten Regionen nationaler Minderheiten immer noch kaum ins Gewicht: Weder ist eine bedeutende Zahl der Minderheiten im Komitee der Regionen vertreten, noch sind diese in den Mitgliedstaaten besonders präsent. Nicht zuletzt hängt ihre Finanzierung stets an der Förderung durch die Mitgliedsstaaten.931 Schließlich werden auch im Rahmen des Europäischen Parlaments nur wenige Möglichkeiten gesehen, auf interne Angelegenheiten Rumäniens einzuwirken.932 Nichtsdestotrotz wird die EU insgesamt als eine Plattform für Dialog betrachtet bzw. in den Raum gestellt, dass sie die Debatte zumindest unterstützen könnte.933 Mit Interesse wird dabei die strategische Neuausrichtung der UDMR hin zu mehr Lobbying-Aktivitäten auf EU-Ebene verfolgt, etwa im Bereich der FUEN oder der erwähnten Minority SafePack Initiative.934 Interessant erscheint schließlich auch ein Vorschlag, in Regionen mit problematischer interethnischer Vergangenheit EU-Fördergelder an

924 Vgl. Nemzetpolitikai Kutatóintézet (2015a), S. 4; Europäische Kommission (2013).

925 Vgl. FUEN (2013).

926 Vgl. FUEN (2017).

927 Vgl. FUEN (2017).

928 Vgl. FUEN (2014).

929 Vgl. FUEN (2018).

930 Vgl. Nemzetpolitikai Kutatóintézet (2015a), S. 1.

931 Vgl. Vizi (2014), S. 16.

932 Vgl. Interview 2-5.2.V.

933 Vgl. Interviews 5-3.1.V2; 9-3.3.

934 Vgl. Interview 7-3.3.

interethnische Kooperationsprogramme zu binden und solchermaßen ein volksgruppen-übergreifendes „Region Building“ zu erzielen.935

6.4 Zusammenfassende Bewertung

Rumänien hat seit der Wende eine große Entwicklung im Minderheitenschutz hinter sich gebracht. Wie auch Beobachter vielfach betonen, hatte die Europäisierung und die damit verbundene Übernahme von Minderheitenschutznormen maßgeblichen Anteil daran: Sie befördert und stabilisiert den Prozess, mäßigte den Ton innenpolitisch wie gesellschaftlich und drängte die Konfliktparteien erfolgreich zu Kooperation.

Trotz der positiven Resultate und Erwartungshaltung gegenüber den neuen Möglichkeiten der EU zeigt die Praxis, dass dennoch immer noch große Probleme existieren und das interethnische Verhältnis sich zwar stabilisiert, aber nicht wesentlich verbessert hat. Hierbei sticht eine Diskrepanz zwischen der Phase vor dem Beitritt des Landes und nach diesem hervor. Nach obiger Ausarbeitung scheinen mehrere mögliche Aspekte auf, die als Gründe für die beschränkten Auswirkungen der Europäisierung gelten könnten.

Als erstes können die regionalpolitischen Ansätze auf EU-Ebene als sog. „dritter Weg“, genannt werden. Hier haben sich zwar theoretisch neue Optionen für Aktivitäten von Minderheitenvertreter ergeben, so etwa die Kohäsionspolitik, das Komitee der Regionen, Minderheitenkoalitionen, paradiplomacy oder die Europäische Bürgerinitiative. Wenn auch die UDMR und andere Minderheiten-Akteure hier verstärkt aktiv werden, so spielen diese Möglichkeiten der Einflussnahme de facto bislang nur eine marginale Rolle (wobei der Erfolg der Bürgerinitiative des Minority SafePack abzuwarten ist). Die wesentlichen Entscheidungen im Minderheitenschutz werden immer noch in der rumänischen Innenpolitik und nicht in Brüssel getroffen.

Die zweite Beschränkung kann im Fehlen einer Minderheitenschutzpolitik in der EU gesehen werden. Weder verfolgt die EU proaktiv Minderheitenschutz, noch fällt dieser in ihren Kompetenzbereich. Aufgrund diesbezüglicher Sensibilitäten in vielen Mitgliedsstaaten scheut sie eine direkte Einmischung und agiert nur äußerst zurückhaltend bei entsprechenden Themen. Durch die Aufnahme von Minderheitenschutzregeln in die Acquis-Kriterien kommt ihr zwar indirekter Einfluss zu, doch propagiert sie nichts, was über bestehende Abkommen hinausgeht. Dies gilt auch für das Thema Autonomie, die zwar als eine mögliche positive Lösungsmöglichkeit betrachtet wird, für die EU als rechtspolitische Plattform aktuell aber nicht in Frage kommt. Ein etwaiger Wandel der Einstellung ist diesbezüglich bei der Aufnahme neuer Beitrittskandidaten zu verzeichnen, der sich eventuell am stärkeren Fokus diesbezüglich etwa im Falle der Annährung Serbiens ablesen lässt.

Ein dritter Bereich betrifft das Wesen der Minderheitenstandards sowie ihre Umsetzungsmechanik in den Beitrittsländern. Zunächst sind die Kriterien der europäischen

935 Vgl. SAR (2009), S. 6 f.

Institutionen nicht als Maß aller Dinge für die Lösung der Minderheitenprobleme zwischen Schottland und Neapel oder West und Ost zu sehen. Sie stellen lediglich Mindeststandards dar, denen aber – wie Schimmelfennig im Rahmen der allgemeinen Beitrittskriterien ausgeführt hat – der lokale Bezug fehlt und die nicht zwangsläufig den Problemen vor Ort gerecht werden. Nicht nur kann der Verweis auf ihre korrekte Einhaltung oft als „Feigenblatt“

gesehen werden, auch zieht die Herausbildung doppelter Standards, d. h. ihre unterschiedliche Behandlung in alten und neuen Mitgliedsländern, ihre Bedeutung in Zweifel.

Hinzu kommt die Umsetzung dieser vorgegebenen Standards vor Ort. Der Natur der Konditionalitäts-Mechanik geschuldet, führt die Europäisierung zwar vor dem Beitritt zu recht umfassenden Maßnahmen der Beitrittskandidaten. Deren Ergebnisse wirken aber gleichzeitig ambivalent, da sie die demokratische Transformation und Dezentralisierung eher schwächen. Da zudem weder Rat noch EU über Sanktionierungs-Kompetenzen beim Minderheitenschutz verfügen, geht mit dem Beitritt eines Staates auch das Druckmittel zur Einhaltung der Kriterien verloren. Die bisherigen Erkenntnisse legen nahe, dass sich dies auch in Rumänien in der Post-Konditionalitätsphase bewahrheitet. Den sehr positiven Entwicklungen, wie zuletzt etwa der Bildungsreform von 2011, stehen nach über 10 Jahren nach dem Beitritt immer noch eine Reihe grundlegender Probleme entgegen. So scheint das durch den Beitrittsprozess eingesetzte, politische Momentum im Minderheitenschutz mittlerweile verpufft, obwohl nach wie vor neben dem schwierigen interethnischen Verhältnis und der gärenden Autonomiedebatte noch andere Problempunkte existieren, etwa das fehlende Statusgesetz oder die praktische Umsetzung von Gesetzen. Die Europäisierung hatte insgesamt für den Minderheitenschutz in Rumänien eine wichtige initiierende und stabilisierende Wirkung. Für das weitere Vorantreiben der Minderheitenschutzrechte oder gar einer Autonomie spielt die europäische Ebene jedoch aktuell keine Rolle.

Wie László Tökés Zitat eingangs des Kapitels schon andeutet, scheint sich auch 25 Jahre nach der Wende in den MOL und deren EU-Beitritt und trotz der formal korrekten Erfüllung der europäischen Kriterien wenig verändert zu haben. In Wahrheit sei „dies [aber] in der geforderten Geschwindigkeit gar nicht möglich gewesen […]. Erziehung und Mentalitäten, die das kommunistische Regime den Menschen jahrzehntelang aufgezwungen habe, seien nicht so leicht zu überwinden.“936 Bei der politischen Transformation, d. h. der Werteübernahme in Politik und Gesellschaft, liegt – wie in anderen MOL-Staaten – noch ein weiter Weg vor Rumänien.

936 S. Mayer (2014).

7 Die Rumänischen Parteien

„Rumänien hat verstanden, dass die kulturelle Diversität – der Multikulturalismus und der Interkulturalismus – wesentliche Werte der Demokratie, einer respektvollen Gesellschaft und eines friedlichen Miteinanderlebens darstellen […] Nicht nur, dass Rumänien den Schutz der Identität der nationalen Minderheiten fördert, Rumänien unterstützt auch ihre Einbindung in die Entscheidungsfindung die ganze rumänische Gesellschaft betreffend.“ 937

Bogdan Aurescu, Außenminister Rumäniens

Die rumänischen Parteien, insbesondere jene in Regierungsverantwortung, können als die wichtigsten Akteure in der Debatte um eine mögliche ungarische autonome Region in Rumänien gelten. Gleichzeitig fügen sie sich nicht nur in die beschriebene politische Kultur Rumäniens ein, sondern tragen bislang auch zu dessen Fortführung bei. So wird ihre generelle Einstellung der Minderheit gegenüber als negativ bezeichnet938, was sich etwa in der Ablehnung von Kollektivrechten, einer Autonomie, dem Minderheitenstatusgesetz939 oder ihrer Position im Prozess der Regionalisierung/Dezentralisierung äußert.940 Dennoch gelang es der UDMR, wie später noch gezeigt werden wird, durch eine einvernehmliche Politik im Rahmen mehrerer Regierungsbeteiligungen große Zugeständnisse für die ungarische Minderheit zu erzielen.941 Dies darf jedoch nicht mit tatsächlicher konkordanzdemokratischer Politik942 verwechselt werden: In der Regierung zeigen die rumänischen Parteien – so die Erfahrung – Entgegenkommen gegenüber Minderheitenthemen, solange sie der parlamentarischen Unterstützung der UDMR bedürfen. In der Opposition und vor Wahlen kehrt sich die Haltung derselben Parteien ins Gegenteil, sodass Forderungen der Minderheiten und dementsprechende Kompromisse vehement abgelehnt werden.943 Da das Handeln der Parteien in Regierungsverantwortung natürlich nicht trennscharf von der rumänischen Innenpolitik betrachtet werden kann, fließen in folgende Aufbereitung auch einige Aspekte aus vorherigen Kapiteln ein.

7.1 Minderheitenrechts- und Autonomie-Diskurs in der rumänischen