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III. Abbildungsverzeichnis

8.2 Autonomiediskussion und Diversifizierung des Parteienspektrums

8.2.1 Autonomiekonzepte der politischen Organisationen der ungarischen Minderheit . 189

Ziel aus.1020 Dabei hat sich ein symbolischer Wettbewerb der Akteure um die Artikulationshoheit des Themas ergeben, insbesondere im Szeklerland.1021 Dabei gilt speziell die Autonomie des Szeklerlands ungarischen Medien wie Politikern nicht nur als Allheilmittel, sondern scheint das einzige Thema mit dem Potential ethnischer Mobilisierung vor Wahlen.1022 So haben die Hauptakteure der Minderheit in der politischen Arena, d. h. die drei Parteien und zwei NGOs, bislang 16 verschiedene Autonomieprojekte ausgearbeitet.1023 Unter diesen können nach Bakk inhaltlich drei Hauptkonzepte unterschieden werden1024:

 Das erste Konzept, das vom CNS verfolgt wird, ist das Autonomiestatut für das Szeklerland. Dieses wurde schon 1995 ausgearbeitet und basiert auf der internen Selbstbestimmung innerhalb der historischen Grenzen der Region. Nach einigen

1015 S. PPMT (2013), S. 1.

1016 Vgl. PCM (2018); PPMT (2013).

1017 Vgl. Dácz (2014), S. 15 f.

1018 Vgl. Szöcsik u. Bochsler (2013), S. 433.

1019 S. Salat (2014), S. 134.

1020 Vgl. Interviews 3-5.1.; 9-1.3.; 9-5.1.

1021 Vgl. Interviews 1-5.1.; 9-5.1.

1022 Vgl. Lupea (2012), S. 4.

1023 Vgl. Salat (2014), S. 134; für eine Übersicht über die wesentlichen Memorandi, Statuten und Gesetzesentwürfe siehe die Übersicht bei Salat (2014) ebd.

1024 Vgl. Bakk (2009), S. 31 f.

Modifikationen wurde es im Februar 2004 durch Mitglieder des UDMR ins Parlament eingebracht und schließlich im März 2004 abgelehnt.

 Das zweite Konzept wurde 2003 von der UDMR vorgestellt. Wie oben schon erwähnt, sieht es eine Einbettung der Forderungen in Entwicklungsregionen vor, die zu politisch-administrativen Regionen entwickelt werden sollen. Die bereits existierenden Bezirke des Szeklerlands (Hargita, Kovászna und Maros; Anm. d. Autors) sollen hierbei zu einer Entwicklungsregion zusammengefasst werden. Die Einbettung in das Regionalprojekt sollte nicht nur den ersten Schritt zur Territorialautonomie des Szeklerlands darstellen, sondern gleichzeitig den Widerstand der Mehrheitsparteien mindern.1025

 Das dritte Konzept wird vom CNMT favorisiert. Es basiert auf der Annahme, dass Rumänien nach dem Vorbild westeuropäischer Staaten – wie etwa Spanien oder Italien – eine graduelle Regionalisierung durchlaufen wird. Das Konzept, das nicht ins Parlament eingebracht wurde, umfasst drei Säulen, nämlich ein Rahmengesetz zu den Regionen, ein Gesetz zur Schaffung einer Szeklerland-Region mit speziellem Status sowie ein Statut der Region Szeklerland. Durch den Fokus auf die Regionalisierung – und nicht die Selbstbestimmung des Szeklerlands alleine – erhofft man sich größere politische Unterstützung (ähnliche wie beim genannten UDMR-Konzept; Anm. d. Autors). Dies scheint insofern nicht zu vermessen, als dass sich 2008 zumindest eine Kommission zur Verfassungsreform mit der Thema Regionalisierung befasste.

Über die genannten Entwürfe für territoriale Autonomie hinaus wurden 2004 auch zwei Konzepte kultureller Autonomie im Parlament eingebracht, die vor allem auf die ethnischen Ungarn außerhalb der Szeklerland-Region abzielten: Neben einem Gesetzesentwurf der UDMR war dies das oben angeführte Rahmengesetz für kulturelle Autonomie des CNMT, das 15 autochthonen Minderheiten die Gründung und Verwaltung ihrer Institutionen erleichtern sollte. Beide Vorschläge wurden noch im gleichen Jahr im Parlament abgelehnt.1026

Die UDRM reagierte auf das Aufkommen der PCM mit einer leichten Anpassung ihres Forderungskatalogs: Nach den Wahlen von 2004 und nun in Koalition mit der PNL gehörte hierzu 2005 ein Entwurf für ein Minderheitenstatusgesetz mit kultureller Autonomie, ein Gesetzentwurf für die erwähnte Reform der Entwicklungsregionen sowie eine Eingabe zur Territorialautonomie des Szeklerlands durch den radikalen Flügel der UDMR. Alle Vorstöße wurden im Parlament abgelehnt.1027

1025 Was letztlich aber dennoch am Widerstand des Koalitionspartners PDL scheiterte, vgl. Szöcsik u.

Bochsler (2013), S. 433.

1026 Vgl. Bakk (2009), S. 32.

1027 Vgl. Szöcsik u. Bochsler (2011), S. 5.

In einem zwischen 2006 und 2008 vom Szekler Nationalrat im Szeklerland durchgeführten – und später als illegal befundenen – Referendum stimmten beinahe 100 % der über 200.000 Teilnehmenden für die Schaffung einer autonomen Region.1028 2010 forderte der Szekler Nationalrat zudem aus einem Treffen in Budapest heraus eine Autonomie für das Szeklerland.1029 2013 brachten alle drei Gruppen, PCM, PPMT und UDMR, mit verschiedenen Kundgebungen und Veranstaltungen die Thematik wieder auf die mediale wie politische Agenda. Höhepunkt bildete im Oktober desselben Jahres der sog. Szekler-Marsch:

Die Initiatoren unter Leitung des CNS und starker Unterstützung der ungarischen Regierung organisierten für ihr Anliegen eine Menschenkette von 54 Kilometern Länge unter Teilnahme von über 100.000 Personen (nach Angaben der Veranstalter). Während die rumänischen Medien den Marsch weitestgehend ausblendeten, bagatellisierten die Behörden die Relevanz der Veranstaltung mit einer angenommenen Teilnehmerzahl von ca. 15.000 an.1030

Mit der Gründung der PCM (2008) und PPMT (2011) traten beide Parteien zwar automatisch in Konkurrenz zur UDMR, blieben jedoch bei den Lokalwahlen 2008 und 2012 unter 1 % der Wählerschaft. Damit gelang es weiterhin nur der UDMR, in das Parlament einzuziehen (s.

Tab 10).1031 Der Wählerschaft wird damit ein pragmatischer Umgang mit dem Aufkommen der neuen Parteien attestiert:

„[They] recognized that unless they vote for UDMR, they are not going to have a party in the Romanian Parliament and in a centralized state like Romania. If you lose your place at the table, there isn't anything you can do.“1032

Mit dem schwachen Abschneiden der PCM und PPMT schwinden die Autonomieforderungen bei der UDMR langsam wieder.1033 Überhaupt scheint die UDMR das Thema nur halbherzig zu verfolgen, während die kleinen Parteien den Diskussionen bislang kaum konkrete politische Maßnahmen haben folgen lassen.1034 Die Autonomieidee bildet zwar seit über 25 Jahren eine Klammer über die verschiedenen politischen Strömungen in der UDMR, hat aber wenig inhaltliche Substanz.1035

1028 Vgl. CNS (2008).

1029 Vgl. Kapitel 9.4.3.

1030 Vgl. Dácz (2014), S. 15.

1031 Vgl. Bochsler u. Szöcsik (2013), S. 432 f.

1032 S. Interview 10-5.1.

1033 Vgl. Szöcsik u. Bochsler (2011), S. 5.

1034 Vgl. Interview 8-5.2.

1035 Vgl. Interview 3-5.2.

Jahr Wahltyp Ergebnisse PCM Ergebnisse PPMT

2008 Parlament keine Teilnahme -

Lokal < 1 % -

2012 Lokal < 1 % < 1 %

2014 Präsidentschaft ohne Kandidat Kandidat: Zsolt Szilágyi 0,56 % (erster Wahlgang)

2016 Parlament Wahlbündnis mit

UDMR1036 keine Teilnahme

Tab. 10: Abschneiden und Teilnahmen der PCM und PPMT bei ausgewählten Wahlen in Rumänien1037

Nach einer Reihe fruchtloser Kooperationsversuche nähert sich die UDMR den konkurrierenden Parteien an.1038 Erleichtert wird dies auch durch die Wahlrealitäten bzw. die schwindende Unterstützung der PCM und PPMT durch Budapest: Während beide, PPMT wie PCM, stark an Bedeutung verloren haben, wird Letztere sogar nur mehr als Appendix der UDMR gesehen.1039 Die PPMT hingegen schlug vor wichtigen Wahlen ein Wahlbündnis mit der UDMR vor, welches diese jedoch nicht unterstützte.1040 Stattdessen ging Letztere eine (erfolgreiche) Wahl-Kooperation mit der PCM für die Parlamentswahl 2016 ein.1041 2018 unterzeichneten die drei Parteien schließlich doch eine gemeinsame Erklärung, mit den Eckpunkten einer autonomen Region Szeklerland, einem speziellen Sprachstatus für das Partium sowie administrativer Lokalautonomie für mehrheitlich ungarische Ortschaften.1042

8.2.2 Die EU als neuer Weg? – Paradiplomacy, Lobbying und Regionalisierung

Wie bereits im Theoriekapitel im Rahmen der Multilevel-Governance-Perspektive angedeutet wurde, bildet seit dem Beitritt zur EU die europäische Ebene ein weiteres Handlungsfeld für die politischen Eliten der ungarischen Minderheit. Hierzu zählt die schon oben erwähnte paradiplomacy, aber auch die Mittel der EBI, die mittlerweile nicht mehr nur für die UDMR eine Option darstellen (s. Minority SafePack Initiative).1043 So versuchen verschiedene Initiativen das Thema auf die Agenda der europäischen Institutionen zu bringen und damit auf die rumänische Regierung einzuwirken.1044 In diesem Sinne ist auch das „Memorandum“

des CNS zu sehen, unter dessen Organisation 2014 dutzende lokale Gemeinden in den Bezirken des Szeklerlandes ihre Autonomie erklärten und dies u. a. gegenüber dem

1036 Die PCM führte mit der UDMR eine gemeinsame Kampagne und erhielt zwei Plätze auf der Wahlliste der UDMR, vgl. Illyés u. Székely Gergö (2017), S. 40 f.

1037 Vgl. Illyés u. Székely Gergö (2017), S. 40 f.; Bochsler u. Szöcsik (2013), S. 432 f.; Zentrales Wahlbüro Rumäniens (2014).

1038 Vgl. Dácz (2014), S. 15.

1039 Vgl. Interview 7-5.1.

1040 Vgl. Fötér (2016); Magyar Hirlap (2016).

1041 Vgl. Illyés (2017), S. 50.

1042 Vgl. PPMT (2018).

1043 Vgl. Kapitel 6.3.3.

1044 Vgl. Dácz (2014), S. 15.

Europäischen Rat, dem EU Komitee der Regionen sowie der UN-Menschenrechtsrat artikulierten.1045 Stoßrichtung der Maßnahmen politischer Persönlichkeiten wie etwa László Tökes, als Abgeordneter der UDMR, aber auch der ungarischen Regierung ist es laut Dragomir, Rumänien auf der europäischen Bühne beim Minderheitenschutzes in negativem Licht darzustellen. Auf rumänischer Seite wecke dies den Eindruck, dass die EU in dieser Thematik in die Rolle eines Schiedsrichters gedrängt werde, wie sie etwa die Sowjetunion während des Kommunismus einnahm.1046 Bislang scheinen die Maßnahmen jedoch nur wenig Resonanz bei den Institutionen zu erzeugen.

Eine weitere Option wird, wie oben erwähnt, in der Einbindung der Minderheitenforderungen in die Regionalisierung Rumäniens gesehen, wobei die EU wiederum als Rahmengeber betrachtet wird. So unterstützen auch die jüngeren politischen Mitspieler der UDMR deren Idee einer sog. „asymmetrischen Regionalisierung“ mit dem speziellen Status einer Entwicklungsregionen „Szeklerland“. 2011 forderte die UDMR erneut die Neustrukturierung der Entwicklungsregionen in den Grenzen der alten Regionaleinheiten, stieß jedoch auf den Widerstand ihres Koalitionspartners PDL.1047

Von den genannten Ideen erscheint aufgrund ihrer Bedeutung sowie ihrer Verankerung in der rumänischen Politik das Konzept der UDMR einer näheren Betrachtung wert. 2014 präsentierte die Partei das „Spezielle Statut des Szeklerlandes in Rumänien“. Der starke Bezug auf die Europäischen Institutionen zeigt sich schon daran, dass der längste Absatz der Präambel auf diese referenziert. Die wesentliche Eckpunkte des Dokuments bestimmen

„innerhalb des einheitlichen und unteilbaren rumänischen Staates“ die Bezirke Kovászna, Hargita und Maros zu einer autonomen Region mit eigenem Rechtsstatus (Art. 1), eine Übertragung von Kompetenzen an eigene Exekutiven (z. B. Art. 4 Abs. f, g u. j), finanzielle Unabhängigkeit (Art. 62), einen Regionalpräsident (Art. 33 Abs. 2) sowie eigene Symbole (Art. 3 Abs. 2).1048 Zudem soll das Ungarische neben dem Rumänischen zur offiziellen Amtssprache erhoben (Art. 87 Abs. 1) sowie den Einwohnern das Recht zugesprochen werden, bis zur Ebene des Verfassungsgerichts auf Ungarisch zu kommunizieren (Art. 88 Abs. 6). Der Achtung der Rechte anderer Minderheiten der Region, insbesondere die der Rumänen, soll u. a. durch die Reflexion der ethnischen Proportionalität bei Wahlen (Art. 23 Abs. 2) sowie der öffentlichen Einrichtungen (Art. 78 Abs. 1) wie Schulen (z. B. Art. 17 Abs.

4) Rechnung getragen werden.1049

1045 Vgl. Freedom House (2015); s. a. CNS (2014).

1046 Vgl. Dragomir (2013).

1047 Vgl. Szöcsik u. Bochsler (2013), S. 433.

1048 Vgl. UDMR (2014).

1049 Vgl. UDMR (2014).

Obwohl das Ziel der Initiative keine Abtrennung der anvisierten Region darstellt, wurde die Forderung bzgl. des Sprachgebrauchs vom Obersten Magistratsrat1050 als Aggression gegen Verfassung und Rechtsstaatlichkeit angeprangert.1051 Anzumerken ist darüber hinaus, dass das Dokument zuerst auf Rumänisch ausgearbeitet wurde und die Parteiführung mehrfach betonte, dass das Ziel keine Abspaltung, sondern eine neue Kompetenzverteilung darstelle.1052 Einem Medienbericht zufolge hält die UDMR-Führung den Entwurf für eine Lösung, die funktional einer Subregion im Rahmen des europäischen Kontextes entspricht und gleichzeitig im Einklang mit dem rumänischen Rechtsrahmen liegt. Sie verletze weder die Interessen des rumänischen Staates, noch die seiner Bürger oder der Mehrheit.

Während Ponta sich offen für Gespräche zeigte, bewerteten Parteikollegen den Vorstoß als unrealistisch und inakzeptabel.1053 Andere sehen wesentliche Fehler, Unklarheiten bzw.

Unstimmigkeiten in der inhaltlichen Ausgestaltung der Regularien, etwa bei der Gewaltentrennung, Rechtsschranken für staatliche Eingriffe, der Finanzierung oder hinsichtlich der Rechte der ethnischen Minderheiten.1054 Kritisiert wird zudem eine schlechte Abstimmung mit den (rumänischen) Hauptakteuren und eine Tendenz zur politischen Instrumentalisierung aus wahltaktischen Gründen durch die UDMR, was die Dienlichkeit der Initiative für die Beziehung zwischen Staat und Minderheit insgesamt in Frage stellt.1055 Aufgrund des insgesamt schleppenden Fortschritts der Regionalreform sowie des starken Widerstands der rumänischen Eliten gegenüber den Vorstößen der UDMR kam es bislang zu keinen Ergebnissen.