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III. Abbildungsverzeichnis

5.4 Bewertung im Lichte europäischer Kriterien

Wie eingangs schon erwähnt wurde, ist der rumänische Minderheitenschutz zu großen Teilen dem Einfluss der europäischen Regelwerke geschuldet, zu dem sich Rumänien im Zuge des EU-Beitritts verpflichtet hat. In einem Monitoring-Prozess zum RSNM und ECRI werden von Gutachterkommissionen der Status quo und die Fortschritte, aber auch der Handlungsbedarf hinsichtlich der Implementierung und der Erfolge des betreffenden Unterzeichnerstaates dargelegt. Im Folgenden soll die aktuelle Einschätzung der Situation in Rumänien nach Monitoring-Berichten (RSNM 2012; ECRI 2014) in den Kernbereichen dargestellt werden.682

Hinsichtlich des legislativen wie institutionellen Rahmens wird das Fehlen eines Minderheitenstatusgesetzes kritisiert, obwohl dieses seit 2005 schon im Parlament diskutiert und von der Venedig-Kommission683 geprüft wurde. Zwar existiert bereits eine rege Teilhabe in politischen Angelegenheiten, v. a. im Falle der UDMR oder in der Bildung einer Parlamentsgruppe der nationalen Minderheiten.684 Wie jedoch hervorgehoben wird, würde das Gesetz insbesondere die öffentliche Anerkennung von Minderheitenorganisationen

677 Vgl. mediatica.ro (2015).

678 Vgl. origo.hu (2016); Mikó-ügy 13020 (2018).

679 Vgl. Schmidt (2017).

680 Vgl. Schwarz (2013); die Zahlen sind nicht minderheitenspezifisch.

681 Vgl. MacDowall (2016).

682 Die Einschätzung des Bereichs Bildung sei hier ausgenommen, da schon vorhergehend behandelt;

durch die verspätete Eingabe des Berichts durch Rumänien wird hier nur die Bewertung des RSNM-Gremiums mit Stand Oktober 2012 angeführt (die Folgebewertung ist von Februar 2018).

683 Vgl. Venedig-Kommission (2005).

684 Vgl. Europarat (2012), S. 5.

vereinfachen, womit diese von Erleichterungen im Wahlrecht profitieren könnten.685 Dabei würde es nicht nur die Prinzipien der Nichtdiskriminierung festhalten – und damit Minderheitenschutz in bedeutendem Maße fördern – sondern für die Minderheiten auch die Kriterien für deren Repräsentanz auf nationaler Ebene fixieren.686 Kritisiert wird hier ferner auch die Fünf-Prozent-Hürde für den Zugang von Kandidaten zu Lokalwahlen. Nicht zuletzt sollten Minderheiten – entgegen Art. 7 des Wahlgesetzes Nr. 67/2004 – dieselben Möglichkeiten haben, Vertreter auf Lokalebene zu wählen wie die Mehrheit. Dem Artikel nach haben nur solche Organisationen „Minderheitenstatus“, die im Parlament vertreten sind.687

Positiv wird hingegen die Einrichtung des Nationalrats gegen Diskriminierung gesehen.

Allerdings wird darauf hingewiesen, dass der Erfolg seiner Entscheidungen bislang sehr eingeschränkt ist, es teilweise immer noch zu diskriminierende Aktivitäten kommt und – so Minderheitenvertreter – die Durchsetzung von Maßnahmen begrenzt bzw. Sanktionen teilweise ineffektiv oder nicht angemessen sind.688 Dem ECRI-Bericht zufolge wurde 2006 die Struktur des Rates durch das Antidiskriminierungsgesetz wesentlich geändert. Von Seiten der Zivilgesellschaft wird dennoch die Politisierung der Leitung, die teilweise mangelnden Kompetenzen der Mitglieder sowie der durch die Finanzkrise bedingte schlechte Mittelausstattung kritisiert.689

Ähnlich verhält es sich auch mit der Einrichtung des Ombudsmanns als autonome Hauptansprechpartner für die Verteidigung von Bürgerrechten und -freiheiten. Kritisiert wird hier eine geringe Effektivität690, bedingt durch allgemeine Budget- und Personaleinsparungen, insbesondere bei Fällen mit Minderheitenbezug.

Antidiskriminierungsmaßnahmen würden häufig an den Nationalrat für Antidiskriminierung weitergeleitet, obwohl dieser andere Funktionen zu erfüllen habe.691 Das ECRI-Monitoring würdigt hingegen die starke Steigerung der Anzahl von Anhörungen zwischen 2005 und 2012 sowie die Erweiterung der Kompetenzen des Ombudsmanns nach Gesetz Nr. 35/1997, wobei die Budgetreduzierung während der Finanzkrise negativ gesehen wird.692

Die ungarische Minderheit beanstandet die Umsetzung der breit angelegten Antidiskriminierungsgesetzgebung hingegen als mangelhaft bzw. diesbezügliche Strafen als

685 Vgl. Europarat (2012), S. 6, 10; Minderheiten können NGOs unter der gewöhnlichen Gesetzgebung gründen, allerdings gibt es aktuell keine minderheitenspezifische Prozedur, vgl.

auch Europarat (2012), S. 22 f.

686 Vgl. Europarat (2014), S. 13 f.

687 Vgl. Europarat (2014), S. 16.

688 Vgl. Europarat (2012), S. 6, 13.

689 Vgl. Europarat (2014), S. 22 f.

690 2009 wurden über 8000 Eingaben gemacht, aus denen lediglich sechs Empfehlungen resultierten, vgl. Europarat (2012), S. 14.

691 Vgl. Europarat (2012), S. 14.

692 Vgl. Europarat (2014), S. 25.

oftmals unpassend oder ineffektiv.693 Hinsichtlich der Einrichtung des Ombudsmanns merken die RSNM-Gutachter negativ an, dass dessen Aktivitäten durch Budgetkürzungen nur eingeschränkt funktionieren. 2009 etwa folgten aus über 8000 Einreichungen nur 30 Nachforschungen und sechs Empfehlungen. Der aktive Einsatz für den Minderheitenschutz sei nur eingeschränkt gegeben und würde oft an den Nationalrat gegen Diskriminierung weitergeleitet. Demnach attestieren auch Minderheitenvertreter der Stelle nur eine schwache und ineffiziente Position hinsichtlich der Antidiskriminierung.694 Ähnliches gilt für den Nationalrat gegen Diskriminierung: Trotz hoher Medienpräsenz einiger Fälle zeige dieser nur eingeschränkt Wirkung. Zurückgeführt wird dies auch hier auf Budgetkürzungen, aber auch eine fehlende systematische Weiterverfolgung durch die Behörden.695 Nicht zuletzt wird auf die separaten, aber sich ergänzenden Aufgaben der beiden Einrichtungen hingewiesen: Der Rat verfolgt Verletzungen der Diskriminierungsverbots, während sich der Ombudsmann um den Schutz der Menschenrechte im Generellen kümmert.696

Während die Regelungen zur Möglichkeit des Gebrauchs der Muttersprache vor Gericht durch die Strafprozessordnung gelobt wird, stößt deren Umsetzung bei Lokalbehörden auf Kritik von Minderheitenvertretern: Zum einen sei der Sprachgebrauch in Bezirken mit über 20 % Minderheitenanteil nicht überall gewährleistet, zum anderen werde aus Pragmatismus tatsächlich oft eher das Rumänische verwendet.697 Wurde hingegen im vorherigen Monitoring-Zyklus noch die ineffektive Durchsetzung und Einbindung der Betroffenen bei der Ortsnamentafelregelung moniert, scheint diese Regelung nach Einschätzung der Kommission durch die Minderheiten mittlerweile nicht mehr beanstandet zu werden.698

Die Diskussion um die Regionalreform erscheint dem Komitee zwiespältig: Auf der einen Seite wird die Intention eines Effektivitätsgewinns und besserer Dienstleistungen für die Bürger gewürdigt. Auf der anderen Seite wird auf die Gefahr einer Marginalisierung der momentan (noch) bedeutenden Minderheiten in den größeren Einheiten hingewiesen.

Minderheitenrechte, die an Schwellenwerte gebunden sind, könnten dann nicht mehr wahrgenommen werden, die Teilnahme an lokalen Angelegenheiten verhindern und die Betroffenen so wesentlich schwächen. Bei der Ausarbeitung und Umsetzung der Pläne sollten daher diese eingebunden werden, damit es zu keiner Beeinträchtigung ihrer Rechte kommt.699

Hinsichtlich der staatlichen Förderung von Minderheiten wurde in vorherigen Berichten des Gutachtergremiums zu Rumänien auf die mangelnde Aufmerksamkeit für Bedürfnisse der Minderheitenorganisationen hingewiesen sowie auf deren schwache finanzielle

693 Vgl. Europarat (2012), S. 14.

694 Vgl. Europarat (2012), S. 14.

695 Vgl. Europarat (2012), S. 6, 13.

696 Vgl. Europarat (2012), S. 14.

697 Vgl. Europarat (2012), S. 25.

698 Vgl. Europarat (2012), S. 26.

699 Vgl. Europarat (2012), S. 33.

Förderung und wenig Transparenz bei der Verteilung. Mittlerweile erfreuen sich die Minderheiten der Unterstützung ihrer kulturellen Aktivitäten und können hierfür durch ihre Minderheitenorganisationen beim DRI Fördermittel aus einem eigenen Staatsfonds beantragen. So übernahm etwa das Ministerium für Kultur auch die Restaurierung historischer Gebäude mit Symbolwert für die Identität der Minderheiten.700

Im Bereich der Förderung von interkulturellem Dialog und Toleranz werden die großen Anstrengungen der Behörden hervorgehoben, Toleranz, Respekt und Diversität in der gesamten Bevölkerung wie unter Politikern und Medien zu verankern. Insbesondere das DRI unterstützt demnach den Dialog zwischen Minderheiten und Mehrheit und organisiert zudem eine jährliche Veranstaltung mit Fokus auf Minderheitenfragen.701 So würden verstärkt auch die Minderheiten in diesen Prozess einbezogen, etwa durch Seminare, Initiativen, Programme und Kampagnen.702

Positiv bewertet wird zudem der verbesserte Zugang zu Medien, vor allem nach der Einwilligung zur ECRM. Die öffentlich-rechtlichen Sender strahlen nicht nur Programme für Minderheiten zusätzlich in deren Sprachen aus, auch ein eigener Kanal wurde für regionale Gemeinschaften eingerichtet und fünf nationale Fernsehkanäle bieten Programme für Minderheiten sowie ungarische und deutsche Programmabteilungen. Radiosendungen werden in 14 Sprachen gehalten, darunter auch Ungarisch, wobei einzig die schlechten Uhrzeiten der Ausstrahlungen im Fernsehen von Minderheitenvertretern kritisiert werden.

Nicht zuletzt existieren regelmäßige Publikationen der Minderheiten.703

Im Bereich der Restitution drängt der ECRI-Report Rumänien zu einer fairen Umsetzung der entsprechenden Gesetzgebung und zu einer klaren Definition der Rechte und Pflichten beider Seiten während der Prozedur. Wie schon oben im RSNM-Gutachten von 2012 erwähnt, wurden einige Vorkehrungen zur Beschleunigung von Restitutionsverfahren getroffen. Nichtsdestotrotz zeigt sich die Geschwindigkeit der Umsetzung extrem langsam und eine wesentliche Anzahl an Kircheigentum immer noch nicht gelöst (s. a. Fall des Mikó-Gymnasiums; von 2522 Fällen betreffend den Kirchen der ungarischen Minderheit sind 1103 noch nicht gelöst). Dabei scheinen insbesondere die Lokalbehörden im Wege zu stehen, durch das Zurückhalten von Informationen, Verweigerung der Rückgabe und gerichtliche Einsprüche gegen Entscheidungen der Restitutionsbehörde. Die Kommission drängt daher zu einem klaren Bekenntnis und der Initiative der Zentralbehörden. Positiv wird hierbei die Einrichtung einer interministeriellen Stelle zur Koordinierung der Behörden gesehen.

Nachdem die ROK bislang nur langsam und oft widerwillig 1948 vom Staat empfangene Gebäude an die griechisch-katholische Kirche zurückgegeben hat, sollten zudem die

700 Vgl. Europarat (2012), S. 6, 18 f.

701 Vgl. Europarat (2012), S. 5 f.

702 Vgl. Europarat (2012), S. 20.

703 Vgl. Europarat (2012), S. 7, 23 f.

religiösen Gemeinschaften, insbesondere die ROK, zu einem Dialog angehalten werden.704 Nach drei Monitoring-Zyklen sieht das RSNM-Gremium eine sehr positive Entwicklung: Sie sieht seit der Ratifizierung des RSNM 1995 kontinuierliche Anstrengungen und Initiativen zum Schutz von Minderheiten, insbesondere betreffend die Bekämpfung von Diskriminierung, das Bewusstsein für Menschenrechte sowie den Dialog zwischen Mehrheit und Minderheit. Besonders hervorgehoben werden auch die detaillierten rechtlichen Garantien des Unterrichtsgesetzes von 2011. Genannt werden schließlich die weitgehende Lösung von Problemen bezüglich des Gebrauchs der Muttersprache oder bei zweisprachigen Ortsnamentafeln, die Unterstützung kultureller Aktivitäten der Minderheiten, die Fortschritte in Restitutionsfragen sowie der verbesserte Zugang für Minderheitenangehörige zu Medien mit eigenen Minderheitenprogrammen und -kanälen.705 Rumänien wird jedoch gleichzeitig auch aufgefordert, noch bestehende Rechtslücken zu füllen bzw. die Politik des Staates bezüglich seiner Minderheiten zu klären. Zudem sollten die Registrierungsbedingungen für Minderheitenorganisationen überprüft und die Durchsetzung und Einführung des Unterrichtsgesetzes gesichert werden.706

Zusammenfassend sieht auch die ECRI-Kommission gute Fortschritte zwischen 2006 und 2014. Darunter fallen das Gesetz zur Religionsfreiheit 2007, die Einrichtung des Beirats für Streitigkeiten zwischen den Kirchen, das Strafgesetz gegen Rassismus sowie einige positive Resultate der Erweiterung der Kompetenzen des Ombudsmanns. Negativ gesehen wird hingegen der festgefahrene Bearbeitungsprozess um das Minderheitenstatusgesetz, Defizite im Strafgesetz (wie bei öffentliche Beleidigungen oder Verleumdungen aus rassistisch-diskriminierenden Gründen), die Unterfinanzierung etwa des Nationalrats gegen Diskriminierung707 wie auch Defizite bezüglich der Restitution708 und der Nutzung wichtiger ethnischer Symbole. Insgesamt sieht das Gremium u. a. zwei Kernprobleme bezüglich der wachsenden Spannungen zwischen Minderheit und Mehrheit, nämlich erstens die geplante Regionalisierung in nur mehr acht Regionen und damit verbundene Forderungen nach mehr Regionalautonomie und zweitens den Umgang des Staates mit ethnischen Symbolen der Minderheit. Vor diesem Hintergrund werden exemplarisch der bereits erwähnte Flaggenstreit sowie die Vorfälle um den ungarischen Nationalfeiertag709 genannt. In beiden Fällen sieht die Kommission eine Ungleichbehandlung. Besorgnis wird zudem über die Umsetzung des Rechts auf Sprachgebrauch und über die allgemeinen Spannungen zwischen der Mehrheits- und

704 Vgl. Europarat (2014), S. 14 f.

705 Vgl. Europarat (2012), S. 35.

706 Vgl. Europarat (2012), S. 37.

707 Vgl. Europarat (2014), S. 9.

708 Vgl. ECRI (2014), S. 14 f.

709 Vgl. Kapitel 4.1.

Minderheitsbevölkerung geäußert.710