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Spezifische Eigenschaften der Untersuchung

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7. ANMERKUNGEN ZUR ANALYSE POLITISCHER KOMMUNIKATION IN TRANSNATIONALEN

7.3 Spezifische Eigenschaften der Untersuchung

Als sowohl supranational als auch zwischenstaatlich organisierte politische Behörde dient die Europäische Kommission in dieser Untersuchung als Beispiel für transnationale Politik-PR. Mit dem seit Anfang der 2000er Jahre verstärkt wahrgenommenen Ziel, in den Nationalstaaten der EU transnationale Inhalte zu vermitteln und Kommunikationsprozesse zur EU zu initiieren, eignet sie sich speziell auch aufgrund ihrer organisatorischen und funktionellen Konzeption als Beispiel: Als einzige zentrale Akteurin der EU überschneidet sich die Europäische Kommission nicht bzw. in wenigen Ausnahmefällen in geringem Ausmaß mit den

Nationalstaaten und sticht innerhalb der EU als Institution mit vergleichsweise nur geringfügigen nationalen Elementen in ihrer strukturellen Zusammensetzung heraus. Die vertraglich geregelte Aufgabe der Europäischen Kommission ist es, sowohl die europäische Integration voranzutreiben als auch Agenda Setting für europäische Perspektiven zu betreiben (Egeberg 2016, 126). Darüber hinaus ist im EU-Vertrag die transnationale Kommunikation der Belange der Europäischen Union als vorrangige Aufgabe der Europäischen Kommission festgelegt. Sie findet dort darüber hinaus auch strukturell in ritualisierter Form statt und ist mit einem eigenen Budget ausgestattet (Peters 2009, 21; Haddick 2010, 46–47).

Für die Darstellung des transnationalen Kommunikationsprozesses der Europäischen Kommission hinein in die Nationalstaaten wird in der vorliegenden empirischen Untersuchung zunächst die österreichische Medienlandschaft als journalistisches Gegenüber zur Europäischen Kommission herangezogen. Sie nimmt in der nationalen Nachrichtenproduktion Selektionsfunktionen wahr. Diese Wahl wurde aus mehreren Gründen getroffen: Zum einen ist ein genereller Mangel an Forschungsergebnissen zur journalistischen Kommunikation von EU-Themen im österreichischen Kontext feststellbar. Zum anderen wurden in bisherigen internationalen Untersuchungen zur Kommunikation der Europäischen Kommission kleinere EU-Länder wie Österreich oft ausgespart (AIM Research Consortium 2007). Die Auswahl gewinnt außerdem zusätzlich an Relevanz, wenn man berücksichtigt, dass zum Zeitpunkt der Analysen Österreich zu den EU-skeptischeren Ländern der EU gehörte (European Commission 2017d, 19).

Aus methodischer Sicht orientiert sich die Untersuchung vorrangig an Zugängen, welche die Exploration vielfältiger Perspektiven auf den transnationalen Kommunikationsprozess zwischen der Europäischen Kommission und dem österreichischen Journalismus berücksichtigen. Sowohl eine quantitative Analyse von Medieninhalten als auch qualitative akteur*innenzentrierte Beschreibungen des Medienproduktionsprozesses werden durch die empirische Bearbeitung der Forschungsfragen inkludiert. Theorien kommunikativen Handelns, welche als Ausgangspunkt für die Konzeption dieser Arbeit festgelegt wurden, machen es erforderlich, speziell auch die Perspektive der Kommunikations-Akteur*innen einzufangen. Dieser Forschungsfokus wird gelegt, um im komplexen transnationalen Kommunikationsprozess zwischen der Europäischen Kommission und dem österreichischen Journalismus relevante Determinanten zu erfassen, die Durchlässigkeit oder

Undurchlässigkeit von Information bedingen. Nach Holsti besteht Kommunikation aus sechs grundlegenden Elementen: „a source or sender, an encoding process which results in a message, a channel of transmission, a detector or recipient of the message, and a decoding process“ (Holsti 1969, 24). Folgt man dieser Darstellung von Kommunikation, so wird klar, dass sich nicht alle Prozessschritte einer kommunikativen Handlung bloß inhaltsanalytisch bearbeiten lassen. Die Analyse von Kommunikation wird daher als ein wesentlich komplexerer Vorgang betrachtet, der mehr als die Hervorbringung geschriebener oder gesprochener Inhalte berücksichtigt, welche zwischen den Akteur*innen ausgetauscht werden.

Kommunikation kann nicht bloß isoliert gesehen werden und ist stets auch in einen sozialen Rahmen eingebettet, der Bedingungen für die jeweilige Kommunikation vorgibt (Lisch & Kriz 1978, 33). Da nicht nur der Kommunikationinhalt über eventuelle weitere (Kommunikations-)Handlungen entscheidet, sondern eine Bearbeitung der Kommunikationsinhalte auch von den Kommunikationsakteur*innen und ihrem Umfeld sowie ihrer Art der Interaktionen abhängt, würden Methoden, die sich nur auf die rein quantitative Auswertung von Medieninhalten beschränken, angesichts der theoretischen Ausrichtung dieser Arbeit daher zu kurz treten.

Um die aufgelisteten Forschungsfragen methodisch umzusetzen, mussten zuvor spezielle Gegebenheiten berücksichtigt und grundlegende Entscheidungen getroffen werden, die dieser Arbeit einen spezifischen Charakter verleihen. Die Beweggründe für die Auswahl der unterschiedlichen Untersuchungsfelder, Herangehensweisen und methodischen Festlegungen werden im Folgenden erklärt:

1.) Empirisches Material:

Für die Beantwortung der ersten Forschungsfrage wurde eine Analyse der journalistischen Berichterstattung zur Europäischen Kommission im österreichischen Printmedien-Journalismus vorgenommen (siehe Kapitel 10.1). Hierzu zählen fünf für den österreichischen Zeitungsmarkt relevante Tageszeitungen als Grundlage: Mit der Kronen Zeitung, dem Kurier und der Kleinen Zeitung wurden die drei auflagenstärksten Printmedienprodukte zum Zeitpunkt der Untersuchung inkludiert. Durch die Wahl der Kronen Zeitung kann ein Produkt dem Segment der sogenannten „Boulevardmedien“ zugeordnet werden. Die Kleine Zeitung gilt darüber hinaus als das Regionalmedium mit der größten Anzahl an Leser*innen. Ihre

Verbreitung als sogenannte „Bundesländerzeitung“ ist vor allem in den Bundesländern Steiermark, Kärnten und Osttirol zu finden. Mit der Auswahl von Die Presse und Der Standard wurden schließlich die zwei relevantesten österreichischen Tageszeitungen gewählt, die dem sogenannten „Qualitätsmedium“-Spektrum angehören (Österreichische Auflagenkontrolle 2015). Auch für die anschließende Online-Befragung wurden Journalist*innen österreichischer Printmedien ausgewählt (Tageszeitungen, wöchentlich oder 14-tägig erscheinende Zeitungen und Magazine, Monatsmagazine und Fachzeitschriften) (siehe Kapitel 10.2).

Dass die Wahl auf den Printjournalismus fiel, mag in Zeiten der sogenannten „Print-Krise“

(Bohrmann 2010, 9) vielleicht erstaunen. Auch wenn die Zahl der Printmedien-Konsument*innen (nicht nur in Österreich) als stark rückläufig gilt (Statista 2020), wird die österreichische Printmedien-Landschaft dennoch explizit als Untersuchungsmaterial herangezogen. Diese Entscheidung basiert auf mehreren Grundlagen:

a) Zahlreiche Studien attestieren den Printmedien Relevanz für die EU-Berichterstattung. Da für die Beantwortung der Forschungsfragen eine Auswahl erforderlich war, die eine möglichst große Menge und Vielfalt an Informationen bringt, war es naheliegend, die empirische Arbeit auf Printprodukte und ihre Akteur*innen zu fokussieren. In elektronischen Medien wie Radio und TV findet die Vermittlung von Informationen zur EU aufgrund ihrer spezifischen Erfordernisse der Nachrichtengestaltung (unter anderem Bild- und Tontauglichkeit) von vornherein weniger häufig und weniger ausführlich statt (Lloyd

& Marconi 2014, 59–64).

b) Durch die Verbreitung der Printmedien-Berichterstattung im Internet ist zudem davon auszugehen, dass die vorliegende Untersuchung auch das österreichische Online-Nachrichtensegment zumindest teilweise abdecken kann. Nicht gänzlich, aber in unterschiedlich großem Ausmaß stellten die ausgewählten Tageszeitungen die eigenen Produkte auch online gratis zur Verfügung. Paywalls oder andere Zugangsbeschränkungen existierten auf den Online-Portalen der untersuchten Printmedien zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht.

c) Hinzu kommt ein Argument der Vielfalt: Eine Heranziehung des TV-Journalismus wäre in Österreich aufgrund seiner nach wie vor marktbeherrschenden Stellung in punkto

Nachrichtenproduktion in erster Linie eine Untersuchung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ORF). Die Fernseh-Landschaft nimmt darüber hinaus insgesamt nur einen kleinen Teil der österreichischen Journalist*innenschaft ein. Mit Ausnahmen gilt das Radio in Österreich im Vergleich als weniger bedeutsam für die Vermittlung politischer Information (Statista 2017).

d) Auch wenn die österreichische Printmedien-Landschaft als kleinräumig und konzentriert gilt, stammen die untersuchten Printmedienprodukte zumindest aus drei unterschiedlichen Medienhäusern: Kronen Zeitung und Kurier gehören zur Mediaprint, Die Presse und Kleine Zeitung zur Styria Media Group sowie Der Standard zur Standard-Gruppe (ORF-Radio Ö1, 2017; Steinmaurer 2012).

e) Auch wenn Vonbun, Kleinen-von Königslöw und Schönbach den österreichischen Printmedien keine dominante Vorbildrolle im Prozess des Inter-Media-Agenda-Settings zusprechen (Vonbun, Kleinen-von Königslöw & Schönbach 2016, 2), nehmen ihre Akteur*innen eine wichtige Sprecher*innenfunktion im nationalen Mediendiskurs ein. Sie dienen in der öffentlichen Debatte in den Social Media sowie in Radio und TV häufig als Beobachter*innen und Analyst*innen politischer Entwicklungen.

2.) Thematischer Rahmen:

Im inhaltlichen Fokus der Befragungen steht keine spezielle Kommunikationskampagne aus Sicht der Europäischen Kommission, keine ausgewählten Fallbeispiele, weder spezifische Kommunikationsstrategien noch abgegrenzte politische Themen, sondern die alltägliche politische Kommunikation zwischen den Beamt*innen der Europäischen Kommission und den österreichischen Journalist*innen. Aufgrund der explorativen Natur der Studie wurde eine Zugangsweise gewählt, die es erlaubt, durch einen Längsschnitt vielfältige Einblicke zu erhalten. Diese offene Vorgangsweise gewährt eine breitere Perspektive, allerdings nicht immer konkrete Vergleichbarkeit der Befragungen, was mitunter auf Kosten tiefergehender Analysen geht. Zugleich entspricht sie jedoch dem zugrundeliegenden theoretischen Zugang:

Um unterschiedliche Perspektiven aus akteur*innenzentrierter Sicht auf den Untersuchungsgegenstand zu erhalten, soll den Kommunikationsakteur*innen auch selbst die Gelegenheit gegeben werden, Beispiele für ihre Argumente zu wählen. Die empirischen Befragungen unterscheiden sich daher auch durch unterschiedliche Grade an Strukturiertheit

und Detailliertheit. Neben quantitativen Fragestellungen wurden auch qualitative gewählt, um möglichst unterschiedliche inhaltliche Perspektiven auf den Forschungsgegenstand zu erhalten (siehe Kapitel 10.2 und 10.3).

3.) Praktische Umsetzung:

Für die empirische Umsetzung der Forschungsfragen ist schließlich festzuhalten, dass beide Gruppen der Befragten – die Beamt*innen der Europäischen Kommission und die Journalist*innen – jeweils besondere Eigenschaften besitzen, auf die es im Untersuchungsprozess zu reagieren galt.

Sowohl was die Politik-PR als auch was den Politik-Journalismus betrifft, wurde der Befragungsprozess in zwei Gruppen unterteilt: jene Akteur*innen, die aufgrund ihrer

„Mittler*innenposition“ Einblick sowohl in die Vorgänge auf Brüssel-Ebene als auch auf Österreich-Ebene innehaben (der Pressesprecher der Europäischen Kommission in Österreich bzw. Korrespondent*innen österreichischer Medien in Brüssel), und jene Akteur*innen, die vor allem detaillierte Expertise für das eigene Kommunikationsfeld vorzeigen (die für Politik-PR Verantwortlichen der Europäischen Kommission bzw. Journalist*innen österreichischer Printmedien).

Für die Journalist*innen österreichischer Printmedien wurde aufgrund mangelnder bisheriger Forschungsergebnisse eine breite Online-Befragung realisiert, um damit eine Ausgangsbasis und möglichst vielfältige Perspektiven zu schaffen. Hinsichtlich der Gruppe der Beamt*innen der Europäischen Kommission im Feld der Politik-PR musste bei der methodischen Konzeption der Befragung von vornherein eine Einschränkung berücksichtigt werden: Aufgrund der Vorgaben der Europäischen Kommission im Umgang mit externen Umfragen und deren häufiger internen Verwendung war von der Konzeption eines Online-Fragebogens weitgehend abzuraten. Daher fiel die Wahl auf mündliche Befragungen von Schlüsselpersonen aus dem Bereich der Politik-PR der Europäischen Kommission. Für Einzelinterviews wurde ein möglichst breites Spektrum an Personen aus unterschiedlichen Aufgaben- und Politikfeldern angestrebt, um auch auf diese Weise Perspektivenvielfalt zu erreichen.

Die Analyse sozialwissenschaftlicher Gegenstände ist immer vom Vorverständnis des*der Analytiker*in geprägt (Mayring 2016, 29–35). Bevor auf die konkrete methodische Umsetzung

der Forschungsfragen sowie auf die Präsentation und Interpretation der Ergebnisse eingegangen wird, muss an dieser Stelle daher auch transparent dargelegt werden, dass die Forscherin durch ihre (bereits einige Jahre zurückliegenden) beruflichen Tätigkeiten im österreichischen Journalismus und in der Europäischen Kommission beide Forschungsfelder zuvor selbst von innen kennengelernt hat und zusätzlich zwei der befragten Korrespondent*innen in diesem Berufsfeld. Ihre dadurch erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten, sich in den untersuchten Settings zurechtzufinden und zu orientieren, haben die Recherche für diese Arbeit und den Zugang zum Forschungsfeld enorm erleichtert. Allerdings ist bei der Lektüre der Ergebnisse freilich auch zu berücksichtigen, dass sie in ihrer Rolle als Interviewerin aufgrund ihrer eigenen persönlichen Erfahrungen in den untersuchten Feldern auch eine gewisse Standortgebundenheit mitbringt, die es mitzudenken gilt (Potter &

Hepburn 2012, 556).

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