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Kommunikationsintentionen und kommunikative Handlungsspielräume

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6. Fallbeispiel: Das transnationale Zusammenspiel zwischen der Europäischen Kommission

6.1 Politische Kommunikation aus akteur*innenzentrierter Perspektive

6.1.3 Kommunikationsintentionen und kommunikative Handlungsspielräume

Handeln – von Max Weber als menschliches Verhalten konzipiert, das der*die Akteur*in mit subjektivem Sinn verbindet (Weber 1972, 1) – dient als gedanklicher Ausgangspunkt für Altides: Interessensmaximierung und Norm-Erfüllung werden von ihr als relevante Kommunikationsintentionen und Motivationsfaktoren für Kommunikationshandlungen identifiziert (Altides 2009, 62). Sie versteht darunter allgemeine (individuelle) Interessen der Kommunikationsakteur*innen, interne Normen sowie externe Erwartungen an die politische Kommunikation. Zudem weist sie auf das mögliche Konfliktpotential unterschiedlicher

Normen nicht kompatibel ist (Altides 2009, 79). Aufgrund divergierender Interessen und Normen sind die dadurch verursachten kommunikativen Reibungsflächen als Problembereiche zur Analyse politischer Kommunikation zu beachten, die wiederum kommunikative Handlungsspielräume begrenzen.

Nach Altides können hierbei sowohl Konflikte zwischen Interessensbereichen und Normen als auch Konflikte innerhalb von Interessensbereichen und innerhalb von Normen auftreten (Altides 2009, 68). Diese existieren sowohl individuell zwischen den Akteur*innen der politischen Kommunikation als auch kollektiv als Respräsentant*innen ihrer Institution bzw.

Organisation, wenn Kommunikationsintentionen politischer Institutionen und des Journalismus aufeinanderprallen (Jarren & Donges 2002, 164). Fokussiert man speziell den Kontext mit seinen zahlreichen Akteur*innen im Mehrebenensystem, die in den EU-Kommunikationsprozess eingebunden sind, so kann von einer zunehmenden Komplexität an konfligierenden Interessen die Rede sein. Nach Gramberger fällt es beispielsweise schwer, der Europäischen Kommission klare Kommunikationsziele zuzuordnen. Er identifiziert diesbezüglich unterschiedliche politische und administrative Kommunikationsinteressen als problematisch (Gramberger 1997, 309). Konflikte können auch dann entstehen, wenn es um die Frage des richtigen Zeitpunktes einer Kommunikationshandlung geht (Delhaes 2002, 17).

Kommunikative Handlungsspielräume kommen laut Altides zudem nicht nur aufgrund von Machtkomponenten ihrer Akteur*innen, öffentlicher Legitimität, Ressourcenausstattung und Expertise zustande. Sie identifiziert diese auch in internen Prozessen aufgrund von intra-institutionellen Beschränkungen (formelle und informelle Strukturen der Planung und Koordination von Kommunikationsaktivitäten) sowie in sozialen Restriktionen (formelle Zuständigkeiten und informelle Gestaltungsspielräume) (Altides 2009, 70–78). Nach Gerhards werden diese als „constraints“ bezeichnet, „unter denen Akteure ihre Wahlen, ihre ‚choices‘, treffen und entsprechend handeln. […] Akteure wählen innerhalb der durch Systeme aufgespannten ‚constraints‘, durch die abstrakte Ziele substantiell vorgegeben und Mittel zur Erreichung der Ziele definiert sind, diejenigen Handlungen, die ihre spezifischen Ziele mit dem geringsten Aufwand erreichbar machen“ (Gerhards 1994, 80–81). Inwieweit sich die Akteur*innen dadurch in ihren kommunikativen Möglichkeiten jeweils begrenzen oder – im Gegenteil – diesen Raum geben, hat letztendlich auch Auswirkungen auf die Durchlässigkeit ihrer Kommunikationsinhalte.

Als Konsequenz dieser Problembereiche für die Analyse politischer Kommunikation fasst Altides zusammen: „Public communication efforts can be regarded as resulting from the interplay between an actor’s intentions and an actor’s ability to act” (Altides 2009, 78). Im Gegensatz zur bisherigen Debatte zum Kommunikationsdefizit der EU, die sich meist auf der Analyse-Ebene struktureller Bedingungen abspielt, eröffnet sich mit der Frage nach den Intentionen kommunikativer Handlungen sowie den kommunikativen Handlungsspielräumen ein alternativer Zugang zur Analyse der politischen Kommunikation, zu dem die bisherige Forschung noch wenig anzubieten hat.

Mit dem folgenden Analyserahmen fasst Altides unterschiedliche Herangehensweisen an eine akteur*innenzentrierte Perspektive auf die politische Kommunikation zusammen und führt analytische Zugangsmöglichkeiten vor Augen, um so Kommunikationsakteur*innen in den Analysefokus zu rücken (vgl. Altides 2009, 63–78) [Anmerkung: Der Analyserahmen von Altides wird im Folgenden zum Teil durch Ergänzungen von Donges und Jarren (2017) bzw. Schimank (1992; 2006) erweitert.]:

1.) Interessenbasierte Kommunikationsziele

Während die Literatur vor allem der Frage nach den normativen Anforderungen einer politischen Kommunikation im transnationalen Raum der EU nachgeht, zeigt die Forschung bislang nur marginales Interesse an den politischen Kommunikationsakteur*innen. Dabei wird vernachlässigt, dass Kommunikationsakteur*innen auch eigene Interessen verfolgen. Nach Donges und Jarren, die dabei auf Schimank (2006) verweisen, beeinflusst die Zugehörigkeit zu einem gesellschaftlichen Teilsystem die grundsätzlichen Interessen eines*r Kommunikationsakteur*in (das „Wollen“) (Donges & Jarren 2017, 33). Dazu gehört beispielsweise das Streben nach Ausdehnung der eigenen Interessenrealisierung, nach öffentlicher Wahrnehmung und Anerkennung, die Schaffung eines öffentlichen Images, die Durchsetzung persönlicher Haltungen, die Stärkung der eigenen Position in Konkurrenzsituationen, die Stabilisierung von Macht usw. Für die Realisierung interessenbasierter Kommunikationsziele nehmen Medien mitunter eine wesentliche Rolle ein. Die Anpassung an Medienbedingungen ist daher eine Konsequenz, die sich mitunter aus der Interessensorientierung ableiten lässt (Altides 2009, 65–68).

2.) Norm-orientierte Motive für Kommunikationshandlungen

Institutionen geben laut Donges und Jarren an ihre Kommunikationsakteur*innen

„Spielregeln“ für bestimmte Situationen vor und bestimmen damit deren normative Orientierungen in Kommunikationshandlungen (das „Sollen“) (Donges & Jarren 2017, 34).

Institutionen definiert Schimank diesbezüglich als „operationale Vorgaben dazu, wie Akteure bestimmte Situationen wahrnehmen und beurteilen und wie sie demzufolge dann handeln sollten“ (Schimank 1992, 170). Die Varianten an möglichen institutionellen Vorgaben sind vielfältig, wie aus der Literatur zur Journalismus- und/oder PR-Forschung entnommen werden kann.

Dass Kommunikationshandlungen zu EU-Inhalten sowohl auf institutioneller als auch auf journalistischer Ebene mitunter nicht den Erwartungen theoretisch-normativer Vorgaben entsprechen, zeigt, dass die Einhaltung der normativen Anforderungen variieren kann:

Externe Erwartungen an demokratische Kommunikationsfunktionen nehmen in der Praxis neben internen institutionellen Normen nur einen Teil hinsichtlich normorientierter Kommunikationshandlungen ein.

Altides weist diesbezüglich auf unterschiedliche Umgangsformen mit Verantwortung, Konflikt und Reaktionsfreudigkeit in den Institutionen hin (Altides 2009, 63–65). „‚Political institutions‘

compliance with the general demands of ‚democratic communication behaviour‘ may vary, as external expectations may be only one component of norm-oriented behaviour, in addition to internal, institutional norms.“ (Altides 2009, 65)

3.) Überschneidende und konfligierende Kommunikationsinteressen

Interessensbasierte Kommunikationsziele und norm-orientierte Motive für Kommunikationshandlungen gilt es nicht nur für den*die individuelle*n Akteur*in, sondern auch in Interaktionen zwischen den Kommunikationsakteur*innen herauszuarbeiten (Altides 2009, 68–70).

Auf der Ebene der unterschiedlichen Akteur*innenkonstellationen bilden andere Akteur*innen mögliche Hindernisse bei der Realisierung eigener Interessen (das „Können“).

Umgekehrt hat das Handeln der Akteur*innen wiederum Auswirkungen auf institutionelle

Ordnungen, die sich durch Verschiebungen der Akteur*innenkonstellationen verändern können (Donges & Jarren 2017, 34).

4.) Beschränkungen von Kommunikationshandlungen

Intentionen alleine reichen nicht, um Kommunikationshandlungen zu erklären, auch die Umstände des Kommunikationskontexts müssen dafür berücksichtigt werden. Altides weist diesbezüglich auf den Zusammenhang zwischen Kommunikationsintentionen und der praktischen Verwirklichung der angestrebten Kommunikationsziele hin (Altides 2009, 70–78).

Um Handlungsspielräume des*der Kommunikationsakteur*in zu bestimmen, müssen die Ermöglichungen und Beschränkungen von Handlungsspielräumen beachtet werden:

„Intentional action has always to be seen against the background of constraints or structural restrictions under which actors make their choices and act accordingly.” (Altides 2009, 70) Unterschiedliche Formen der Beschränkungen kommunikativer Handlungsspielräume teilt Altides wiederum in die drei folgenden Kategorien (vgl. Altides 2009, 70–78):

 Situationskontext (sozio-politische Situation, Kommunikationsumgebung) und Individuum (Wissen, Kompetenzen, Glaubenssätze, Ressourcen)

 Organisation (Prozeduren und Strukturen wie Ressourcen der Organisation, Kommunikationsplanung und Koordination, Verantwortungszuschreibungen, Informationsflüsse, formelle und informelle Regelungen, Leadership und Kontrolle, vorgeschriebene Muster von Interaktionen, Sensibilität für Kommunikationsangelegenheiten)

 Soziale Aspekte (politische Macht und soziales Profil wie öffentliche Legitimität, Medienrelevanz, informelle soziale Ressourcen wie Kontrolle und Leadership Image, klare Rollen- und Machtzuteilung, Konkurrenz, soziale Anerkennung und Restriktionen)

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