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Leitfaden-Interviews I

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9. OPERATIONALISIERUNG

9.3 Stufe II: Befragungen

9.3.2 Leitfaden-Interviews I

Für die Auswahl der Stichprobe in Hinblick auf die Leitfaden-Interviews I wurde eine genaue

„Vorab-Festlegung“ (Mayer 2013, 37) durchgeführt: Es wurden jene Personen aus dem Bereich der EU-Kommunikation gesucht, die sowohl Expertise zur Kommunikation der Europäischen Kommission als auch zur EU-Berichterstattung des österreichischen Journalismus vorweisen und somit eine Perspektive auf beide Funktionsbereiche politischer Kommunikation legen können.

Als Auskunftsperson von Seiten der Europäischen Kommission mit Einblick in den österreichischen Journalismus bot sich Heinz-Rudolf Miko, Leiter der Pressearbeit und Pressesprecher der Vertretung der Europäischen Kommission in Wien, an. Für die Auswahl geeigneter Journalist*innen fiel die Wahl auf die in Brüssel stationierten Korrespondent*innen. Sie erfolgte anhand des Korrespondent*innen-Verzeichnisses am Internetportal der Presseabteilung der Ständigen Vertretung Österreichs bei der Europäischen Union: Der Stichtag wurde mit 5. März 2017 festgelegt. Zum Zeitpunkt der Erhebung bestand das Register aus insgesamt zwölf Brüssel-Korrespondent*innen, die für acht unterschiedliche österreichische Medien arbeiteten bzw. kürzlich gearbeitet hatten. Eine Person davon war für zwei unterschiedliche Medien tätig (Ständige Vertretung Österreichs bei der Europäischen Union 2017) [Anmerkung: Austria Presse Agentur (zwei Personen), Der Standard, Die Presse, Kleine Zeitung, Oberösterreichische Nachrichten, Österreichischer Rundfunk (drei Personen), Salzburger Nachrichten, Trend, Wiener Zeitung]. Bereitschaft für ein Interview zeigten davon sechs Korrespondent*innen, die jeweils unterschiedliche Medien abdeckten. Auch wenn sich die Analyse dieser Arbeit speziell auf den österreichischen Printjournalismus bezieht, wurde das gesamte Spektrum an Brüssel-Korrespondent*innen – auch die Vertreter*innen der Nachrichtenagentur Austria Presse Agentur (APA) und die Journalist*innen des Österreichischen Rundfunks (ORF) – via E-Mail angeschrieben. Diese Vorgehensweise ist deshalb zulässig, da es sich bei dieser ersten Interview-Phase um explorierende Befragungen handelte, um das Forschungsfeld generell zu öffnen.

Die Frage, ob soziodemographische Daten bei qualitativen Expert*innenbefragungen zur besseren Beurteilung der Interviews eine Rolle spielen, wird in der Literatur unterschiedlich

diskutiert. Während sich Kaiser (2014, 9) dafür ausspricht, widersprechen Meuser und Nagel (2005, 74). In der vorliegenden Arbeit wurde diese Frage pragmatisch geklärt: Da eine Person ausdrücklich um Anonymität gebeten hat und die Anzahl der in Brüssel vertretenen österreichischen Korrespondent*innen ohnedies nur klein ist, wurde eine gänzliche Anonymisierung durchgeführt und die Personen – nach dem Zeitpunkt des Interviews – in alphabetischer Reihenfolge mit einer Buchstaben-Zahlen-Kombination benannt.

Möglicherweise wären Hintergrundinformationen zum Berufsweg (eine klassische Laufbahn als Brüssel-Korrespondent*in bzw. eine Quereinsteiger*innen-Karriere) oder zur Verweildauer in Brüssel für die Interpretation der jeweiligen Perspektive interessant gewesen.

Dies kann jedoch aufgrund der zugesicherten Anonymität nicht offengelegt werden. In der kleinen österreichischen Medienlandschaft wären durch Personen- und Medienangaben Rückschlüsse zu leicht möglich. Daher wurden im Transkript nicht nur Namen, sondern auch Aussagen, aus denen eindeutige Rückschlüsse gewonnen werden könnten, geschwärzt.

9.3.2.2 Erhebungsmethoden

Das Face-to-face-Interview mit dem Leiter der Pressearbeit und Pressesprecher der Vertretung der Europäischen Kommission in Wien fand am 11. April 2017 im „Haus der EU“, dem Sitz der Vertretung in Wien, statt und dauerte eine Stunde und 43 Minuten. Die Leitfaden-Interviews mit den Korrespondent*innen wurden von Mitte März bis Ende April 2017 via Skype durchgeführt und dauerten zwischen 18 Minuten und einer Stunde und sechs Minuten. Die Anfragen erfolgten via E-Mail. Bei Nicht-Beantwortung der E-Mails wurden die angefragten Personen zusätzlich telefonisch kontaktiert.

Die Aufzeichnung erfolgte mit einem digitalen Aufnahmegerät im MP3-Format. Wesentliche Rahmenbedingungen für ein solches Interview wie Ungestörtheit und ausreichende Zeit waren bis auf eine Interviewsituation, bei der das Zeitlimit von Vornherein auf 15 Minuten begrenzt wurde, gegeben. Da aufgrund der Distanz keine Face-to-face-Termine mit den Korrespondent*innen möglich waren, war natürlich mit einer gewissen Einschränkung der Kontrollierbarkeit der Interviews zu rechnen (Bogner & Menz 2005, 39). Ein Telefonat wurde kurz unterbrochen, was den Redefluss jedoch nicht nachhaltig störte. Bis auf zwei Interviews, die marginale technische Unterbrechungen beinhalteten, konnte die Skype-Übertragungsqualität auch für eine Weiterarbeit problemlos verwendet werden.

Sowohl für den Pressesprecher der Europäischen Kommission als auch für die Korrespondent*innen wurde derselbe teilstrukturierte Leitfaden entworfen. Er spielte eine entscheidende Rolle zur Strukturierung des Themenfeldes, diente als Hilfsmittel in der Erhebungssituation und setzte die theoretischen Fragestellungen und das Untersuchungsziel der Arbeit um (Kaiser 2014, 5; Bogner & Menz 2005, 27; Scholl 2015, 143–144). Für rekonstruierende Untersuchungen von Kommunikationsprozessen ist das Leitfaden-Interview das geeignetste Instrument, weil über den Leitfaden sichergestellt werden kann, dass alle für die Rekonstruktion benötigten Informationen erhoben werden (Gläser & Laudel 2010, 116).

Durch seine Strukturierung der Inhalte ist eine bessere Vergleichbarkeit mehrerer Interview-Ergebnisse möglich. Darüber hinaus bietet ein Leitfaden-Interview die Möglichkeit, durch seine flexible Handhabung und offenen Fragestellungen auch Zugang zu subjektiven Orientierungen zu erhalten, und erfüllt somit die Vorgaben des vorliegenden Forschungsdesigns (Mayer 2013, 37). Grundsätzlich ist diese Phase der Leitfaden-Interviews als explorative Interview-Reihe konzipiert: Offenheit gegenüber neuen Erkenntnissen, subjektiven Relevanzsetzungen und Deutungen stehen im Zentrum des Erhebungsprozesses.

Weder die genauen Frageformulierungen noch die Reihenfolge der Fragen waren fixiert (Gläser & Laudel 2010, 30–31). Andererseits ist natürlich auch festzuhalten, dass gewisse Richtungsentscheidungen bereits durch die theoretische Beschäftigung im Vorhinein bzw. die Festlegung der Forschungsfragen stattgefunden hatten, was sich zumindest phasenweise in einem höheren Grad an Strukturierung und Detaillierung abbildete. Dies betraf speziell die Fragen zu Hindernissen und Verstärkern im Berichterstattungsprozess bzw. zu den gegenseitigen Kommunikationsbeziehungen (Gläser & Laudel 2010, 31; Kaiser 2014, 3).

In der Praxis stellte sich heraus, dass die Beantwortung der Einstiegsfrage zu ausschweifend für die intendierten Ziele der Arbeit ausfiel. Sie wurde im Lauf der Interviews daher deutlich kürzer gehalten. Den Korrespondent*innen so viel Freiraum wie möglich zu lassen, war insofern schwierig, weil sie sich zum Großteil sehr erzählfreudig zeigten, aber aufgrund des journalistischen Alltags nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung stand. Vor allem beim Abdriften von der Ebene der Europäischen Kommission zu allgemeinen EU-Themen, wozu die Befragten immer wieder tendierten, mussten Unterbrechungen der Interviews vorgenommen werden.

Bei den Interviews mit den Korrespondent*innen mussten zum Teil Unterschiede der Kommunikation der Europäischen Institutionen erst stärker herausgearbeitet werden. Für ein

besseres Verständnis oder für Konkretisierungen der Antworten zur Europäischen Kommission wurden daher auch Ad-hoc-Nachfragen gestellt. Bei Unklarheit oder Nicht-weiter-Wissen der Befragten wurden inhaltliche Anstöße eingebracht, die sich aus vorhergehenden Interviews bzw. aus der Literaturanalyse ergaben. Bemerkenswert war das zum Teil unterschiedliche Ausmaß an Distanz bzw. Nähe dem Befragungsgegenstand gegenüber, was mitunter durch eher skeptische oder eher interessierte Haltungen bzw. durch mehr oder weniger intensive Auseinandersetzungen mit dem Thema zum Ausdruck gebracht wurde. In unklaren Passagen oder in für die Ergebnisse der Arbeit sehr relevanten Passagen wurde den Befragten die Möglichkeit zur Korrektur oder Ergänzung bzw. zur Erklärung von Vielschichtigkeiten gegeben (Gläser & Laudel 2010, 42).

9.3.2.3 Tests und Auswertungsverfahren

1.) Pretest

Der Leitfaden wurde im Vorfeld bei zwei österreichischen Journalisten getestet und im Anschluss geringfügig ergänzt. Im Rahmen dieses Pretests wurden die Befragten nach dem Vorgang des „lauten Denkens“ instruiert: Alles, was bei der Befragung auf- und einfällt, sollte kurz protokolliert werden. In einem anschließenden Gespräch wurde noch explizit nach Verständlichkeit und einem eventuellen Bias in den Fragestellungen gefragt (Raab-Steiner &

Benesch 2015, 63–64).

2.) Auswertung

Im Anschluss an die Befragungsphase wurden die MP3-Aufzeichnungen transkribiert. Die Transkriptionen wurden an einen Experten ausgelagert. In welcher Detailgenauigkeit und in welcher Art das Interview im Transkript durchgeführt wurde, definieren die einheitlich vorgegebenen Transkriptionsregeln (siehe Appendix – Transkriptionsregeln für die Leitfaden-Interviews) (Fuß & Karbach 2014, 18).

Die Auswertung erfolgte nach dem Code-basierten Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2010). Dabei wurde speziell die Technik der induktiven Kategorienbildung gewählt. Diese kategoriengeleitete Textanalyse wurde mit der Web-Applikation QCAmap (Mayring & Fenzl 2017), die unter der Webadresse www.qcamap.org frei verfügbar ist,

durchgeführt. Sie eignet sich, um dem Textmaterial in einem systematischen Verfahren und den Forschungsfragen entsprechend Informationen zu entnehmen und diese dann komprimierend darzustellen (Mayring 2016, 49). Die induktive Kategorienbildung ermöglicht eine möglichst gegenstandsnahe Abbildung des Materials ohne Verzerrungen durch Vorannahmen. Lediglich die Forschungsfragen geben eine Richtung an (vgl. Mayring 2016, 86–

87):

Grafik 9.3_1: Auswertungsmodell nach Mayring (vgl. Mayring 2016, 86-87; Mayring & Fenzl 2017)

Nach den Vorgaben des Ablaufmodells nach Mayring wurde das Datenmaterial schrittweise systematisch bearbeitet Nach Hochladen des Textmaterials in die Web-Applikation wurden zunächst die Interviews in drei Gruppen geteilt:

a) Pressesprecher der Europäischen Kommission in Wien und Korrespondent*innen b) Kommunikationsverantwortliche in den Kabinetten der Kommissar*innen

c) Pressesprecher*innen des Spokesperson‘s Service der Europäischen Kommission

Anschließend wurden die Fragestellungen an das Textmaterial festgelegt, die sich aus den Forschungsfragen ergeben (jeweils vier pro Gruppe), sowie das Abstraktionsniveau für die Codierung festgelegt. Als Analyseeinheiten wurde für die Codiereinheit eine Phrase oder

Wortfolge (klare bedeutungstragende Elemente im Text) sowie für die Kontexteinheit und Auswertungseinheit jeweils das ganze Interview bestimmt (Mayring 2010, 67–72).

Nach dieser Vorgabe und mithilfe der Software erfolgte die Codierung des gesamten Textmaterials. Mit den Fragen wurden die für die Auswertung der Forschungsfragen relevanten Daten aus den Interviews extrahiert. Diese Abschnitte wurden mit Codes versehen und Kategorien zugeordnet. Die Kategorienbildung erfolgte induktiv und wurde – abhängig vom Materialinhalt – ständig erweitert (Mayring 2010, 70–71). Das Kategoriensystem entstand somit schrittweise: Die thematische Struktur wurde durch die Forschungsfrage und den Interview-Leitfaden vorgegeben. Durch die Inhalte des Textmaterials wurden aber auch andere inhaltliche Aspekte eingebracht, die neue Kategorien zur Folge hatten. Dieses System basiert also sowohl auf theoretischen Ausgangsüberlegungen als auch auf den Spezifika des empirischen Textmaterials (Mayring 2010, 83). Nach einer automatischen Erinnerung des Programms wurde das Textmaterial nach etwa 30 Prozent der Codierung noch einmal codiert und die Kategorien überarbeitet. Auf Basis des neuen Kategoriensystems fand schließlich die Analyse des restlichen Materials statt.

Nach Abschluss der Codierungen erfolgte die Zusammenfassung der codierten und in Kategorien zugeordneten Textbestandteile in folgender Reihenfolge: Im ersten Reduktionsdurchgang wurden bedeutungsgleiche Paraphrasen gestrichen sowie nicht inhaltstragende und ausschmückende Textteile gekürzt. Die zweite Reduktion fasste passende Paraphrasen zusammen und selektierte wesentliche Interview-Zitate. Diese wurden dann gebündelt und anschließend generalisiert. Nach der Zusammenfassung der Paraphrasen bzw.

der Identifikation wichtiger Interview-Zitate, die zu einer möglichst authentischen Darstellung der Interviews mit Anreicherungen von konkreten Beispielen der Befragten führen sollten, erfolgte schlussendlich die Textzusammenstellung, die sich an den Forschungsfragen orientierte (Mayring 2010, 67–72). Die Interview-Zitate wurden zuvor noch von Füllwörtern, unnötigen Satzteilen und sprachlichen Fehlern bereinigt. Für die leichtere Lesbarkeit wurde mitunter auch der Satzbau verändert, Satzzeichen eingefügt und bei starken Vermischungen zwischen unterschiedlichen Sprachen Vereinheitlichungen vorgenommen. Im Rahmen des letzten Materialdurchgangs folgte die Darstellung von Vergleichen auf der Ebene der Befragten sowie die Interpretation der Ergebnisse (Kuckartz 2014, 63).

Für die Interpretation ist zu beachten, dass Interviews als Ansammlung von Informationen selektiv und mitunter widersprüchlich sind. Aus konstruktivistischer Sicht ist es aber dennoch zulässig, nach der systematischen Inhaltsanalyse, der Zusammenfassung und dem Vergleich der Informationen, welche die Expert*innen geliefert haben, mitunter auch Kausalabhängigkeiten aufzuzeigen (Bogner & Menz 2005, 72–73). Ein spezifisches Merkmal der Inhaltsanalyse von Mayring ist darüber hinaus die Überwindung des Gegensatzes zwischen quantitativer und qualitativer Ergebnisanalyse (Mayring 2016, 20): Durch Einbezug quantitativer Analyseschritte, die ebenfalls die Web-Applikation QCAmap (Mayring & Fenzl 2017) zur Verfügung stellt, sind gewisse Verallgemeinerungen der Ergebnisse möglich. Es wird damit gezeigt, dass auch in qualitativ orientierten Untersuchungen Quantifizierungen die Ergebnisse verallgemeinert werden können (siehe Kapitel 10.3.2) (Mayring 2016, 37–38).

3.) Kategorientestungen

Die Kategorien stehen im Zentrum der Analyse und ermöglichen Intersubjektivität. Sie wurden am konkreten Textmaterial entwickelt und entscheiden, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, um zu einer Codierung zu gelangen (Mayring 2016, 51). Daher ist eine Rücküberprüfung des zusammenfassenden Kategoriensystems notwendig. Diese muss nach Vorgaben der Web-Applikation nach 10 bis 50 Prozent des codierten Textmaterials direkt am Ausgangsmaterial nochmals durchgeführt werden (siehe Grafik 9.3_1).

Sechs Monate nach Abschluss der Codierungen wurde außerdem eine weitere Überprüfung durchgeführt: Die Zuordnung der Codes in die vorgegebenen Kategorien wurde anhand zufällig ausgewählter Textteile (zwei Absätze pro Interview) von einer weiteren Person durchgeführt. In einem weiteren vollständigen Revisionsdurchgang wurden anschließend ausgewählte Kategorisierungen und Codierungen leicht adaptiert und somit ein präziseres Kategoriensystem erstellt (Mayring 2015, 70–71).

9.3.3 Online-Befragung

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