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Medien leiten Inhalte weiter, sie sind Kanäle der Kommunikation. Die Medien erreichen nur dann ihr Ziel, wenn die durch sie weitergeleiteten Inhalte auch konsumiert und verstanden werden. Dafür muss man zunächst die Zielgruppe feststellen, die bei den weiteren, sowohl inhaltlichen, als auch formellen Entscheidungen der Medien die Grundlage darstellt.135 Eine bewusste Entscheidung ist die Wahl der Sprache, die sowohl geographisch, als auch sozial weitreichende Konsequenzen mit sich bringt. Da die Sprache und deren Erhalt ein sehr wichtiges Anliegen von Minderheiten ist, ist es wichtig, in welcher Sprache die Minderheit fähig und bereit ist, zu kommunizieren.

Im Fall der deutschen Minderheit in Ungarn lohnt es sich darauf einzugehen, welche Sprache für die Kommunikation in den Medien nach dem Zweiten Weltkrieg ausgewählt wurde. Diese Entscheidung hatte weitgreifende Konsequenzen für die Gruppe und die Medien selbst. Wenn die Kommunikation einsprachig ist, dann setzt sie voraus, dass die Zielgruppe die Sprache auf einem guten Niveau beherrscht und                                                                                                                

133 Haraszti (1987)  

134 Karátson (1982:15)  

135 „Die Idee der Zielgruppe umfasst eine räumliche Dimension oder, anders gesagt, das Verbreitungsgebiet, die Reichweite des Mediums, die lokal, regional, national, supranational, global etc. sein kann, und eine soziale Dimension (Alter, Geschlecht, Bildungseinrichtung, Einkommen, Mittel zum Zugang, Zugehörigkeit zu einer ethnische Gruppe etc.)” Busch (2004:47)  

zahlenmäßig stark genug ist, um die Medien rentabel zu betreiben, ferner, dass es Informationen gibt, die exklusiv von diesen Medien verbreitet werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Gründung der Medien in Ungarn zentral initiiert, und die Wahl fiel auf einsprachige Medien. Im Falle der deutschen Minderheit bedeutete das die Literatursprache und schloss ihre deutschen Mundarten aus. Dabei spielt der Sprachverlust bei diesem Kollektiv seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert eine bedeutende Rolle. Die Integration in die Arbeitswelt und das städtische Leben brachte die obligatorische Übernahme der ungarischen Sprache, wodurch die eigene Sprache allmählich verdrängt wurde. Obwohl die ländliche Bevölkerung davon nicht so betroffen war, setzte sich dieser Trend zwischen den beiden Weltkriegen fort. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges waren sowohl die deutsche Sprache, als auch die deutsche Kultur in Ungarn unerwünscht. Durch die Verschleppung, Vertreibung und Diskriminierung wurde die Sprache aus dem öffentlichen Raum ins Private zurückgedrängt. Es erfolgte auch sprachlich eine Anpassung an die Umgebung, verbunden mit der Aufgabe der deutschen Sprache. Schon ziemlich früh bewies die deutsche Minderheit, dass sie bereit war, bilingual zu werden oder sogar ihre Muttersprache aufzugeben. „In die zweite Gruppe gehören die Minderheiten, bei denen die Mehrheitssprache, die Sprache des jeweiligen Landes die dominante ist, und die Minderheiten-Muttersprache in ihrem Gebrauch, in ihrer Funktion und Einsetzbarkeit im alltäglichen Verkehr, ja selbst in der familiären Umgebung weitgehend hinter der Sprache der Mehrheit zurücktritt und verschwindet. Hierher gehören fast alle heute in Ungarn lebenden Minderheiten, allen voran die verschiedenen Gruppen der deutschen Minderheit (…)”136

Eine einheitliche deutsche Schriftsprache existierte für die deutsche Minderheit nicht, da sie auf zahlreiche Orte verstreut lebte und verschiedene Mundarten sprach. Die gesprochene Sprache einer Dorfgemeinschaft endete meist an der Dorfgrenze. In den Städten war die deutsche Sprache dem Ungarischen gewichen und die Dialekte verschwanden in der Umgebung von Budapest schon um die Jahrhundertwende, in Südungarn nach dem Zweiten Weltkrieg.137 Die Mundart war doppelt verpönt: zum einen wegen der Diskriminierung der deutschen Minderheit in der Nachkriegszeit, zum anderen wurde die Mundart als weniger wertvoll als die Standardsprache betrachtet. Erfolgreiche Integration und soziale Aufstiegschancen                                                                                                                

136 Knipf-Komlósi (2004:30)  

137 Knipf- Komlósi (2004:37)  

waren mit sehr guten Kenntnissen der ungarischen Sprache verbunden. Nach 1945 verdrängte dieser Umstand sogar in den Familien die Benutzung der deutschen Sprache, eine zweisprachige Erziehung wurde in den meisten Fällen nicht in Erwägung gezogen.138 In der Zeit des Sozialismus mangelte es völlig an einer deutschsprachigen Schriftlichkeit. In der Öffentlichkeit – die zu einer Akzeptanz und Verbreitung der Sprache hätte führen können – erschien kaum etwas auf Deutsch. Das führte zu einem Verlust der deutschen Sprache sowohl als Standarddeutsch, als auch als Mundart.139 Deutsch wurde immer mehr zu einer Fremdsprache, denn der Nutzen der ungarischen Sprache und deren Verwendung auch im privaten Bereich, wurden immer stärker. Erst in den 80er Jahren begann die deutsche Sprache an Prestige zurückzugewinnen, in erster Linie durch die in der Wirtschaft gebotenen Erwerbsmöglichkeiten. In dieser Zeit wurde Deutsch als Fremdsprache in immer mehr Schulen angeboten und der zweisprachige Unterricht in einigen Ortschaften eingeführt. Damit übernahm nunmehr die deutsche Standardsprache den Platz der Dialekte. Auch wenn sie nicht auf Muttersprachniveau gesprochen wurde, bot der Schulunterricht eine solide Basis, die in erster Linie passive Sprachkenntnisse ermöglichte.140 Das Schuldeutsch konnte allerdings die als Muttersprache gesprochenen Dialekte nicht ersetzen, an ihre Stelle trat das Ungarische, das auch zur Sprache der Kommunikation innerhalb der eigenen Gruppe wurde.

Die konsequente Verwendung der deutschen Hochsprache in den Medien in Ungarn bedeutete demzufolge, dass Dialekte, weil es deren so zahlreiche und geographisch unterschiedliche gab, für eine einheitliche Kommunikation in den Medien als ungeeignet befunden wurden. Die sprachliche Sozialisierung der meisten Angehörigen der Gruppe erfolgte in den Schulen, an den Arbeitsplätzen, mithin in der Öffentlichkeit, auf Ungarisch. Die deutsche Sprache – und deren verschiedene Dialekte – wurden ins Private zurückgedrängt. Es wurde die Frage in den Raum                                                                                                                

138   Erb (2010:131)

139 Knipf-Komlósi stellt vier Gruppen auf: Generation A: Dialektgeneration, vor 1930 geboren, ihre Muttersprache ist der lokale Dialekt, Generation B: Stumme Generation, zwischen 1930 und 1945 geboren, ihre primäre Sprachsozialisation erfolgte zwar im Dialekt, doch durch die Arbeit wird Ungarisch die erste Sprache, Generation C: die passiv-zweisprachige Generation ist in erster Linie ungarisch sozialisiert, Dialektkenntnisse sind nur durch die Großeltern sporadisch vorhanden, die Generation D: Deutsch als Fremd- oder Zweitsprache-Generation: ihre Sozialisation verlief ungarisch, Deutsch erlernen sie in der Schule als Fremdsprache. Knipf-Komlósi (2004)  

140 „Das gegenwärtige Ziel des Minderheitenunterrichts wird von der Sprachgemeinschaft und der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen vorgegeben: das Erreichen einer mehrsprache-dominanten Zweisprachigkeit der Minderheitenangehörigen mit allen ihren individuellen wie ökonomisch einschätzbaren Vorteilen.” Knipf-Komlósi (2006:44)  

gestellt, wie weit das Schuldeutsch die Zielgruppe bedienen könne und wie die Inhalte demnach für die Kommunikation ausgewählt und aufbereitet werden sollten. Denn durch die sprachliche Sozialisierung konsumierten auch die Mitglieder der deutschen Minderheit in Ungarn immer mehr ungarischsprachige Medien. Die deutschsprachigen Medien boten keine Alternativen, denn sowohl in ihrem Informationsgehalt, als auch in der Regelmäßigkeit ihres Erscheinens waren Minderheitenmedien im Sozialismus sehr eingeengt. Ihre Aufgabe bei der Vermittlung der Informationen konnten sie deswegen nicht erfüllen. Die Medien der deutschen Minderheit waren deswegen in eine marginale Rolle gedrängt und sie hatten aus sprachlichen, organisatorischen und geschichtlichen Gründen keine Chance, ihr Publikum zu bedienen.