• Nem Talált Eredményt

5. Geschichte der deutschsprachigen Medien in Ungarn bis zum Ende des Zweiten

5.2. Die Geschichte der deutschsprachigen Presse von 1918 bis 1945

Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Zusammenbruch der Donaumonarchie wurde die deutsche Minderheit in eine völlig neue Situation versetzt. Nicht nur für Ungarn bedeutete der Wegfall von zwei Dritteln des Staatsgebietes einen herben Verlust, auch die Zahl der Deutschsprechenden ging drastisch zurück. „Vor dem Ersten Weltkrieg lebten ca. zwei Millionen Deutsche in Ungarn, davon kamen drei Viertel nach den Pariser Vorortsverträgen zu den Nachbarstaaten. Für den Großteil der deutschen Bevölkerung besaß ihre ethnische Identität vor dem Weltkrieg eine unreflektierte Evidenz, die sich vor allem in ihrem Verhältnis zur Muttersprache, Tradition und Lokalität äußerte, während ihre Anknüpfung zur ungarischen politischen Nation auch mehr oder weniger Teil ihrer Identität wurde.”102 Außerdem befanden sich jene Minderheitengruppen, die in Ungarn verblieben in einer schwierigen Lage. Die ungarische politische Elite konnte den Gebietsverlust nicht überwinden und schrieb Revisionismus auf ihre Fahne. In diesem Umfeld war es für die Minderheiten schwer, bestehen zu können.103

Aus der Sicht der deutschen Minderheit, die ja zu sechsundfünfzig Prozent auf dem Land lebte und sich größtenteils mit Landwirtschaft beschäftigte, spielten in der Zwischenkriegszeit zwei Publikationen eine maßgebliche Rolle: das ‘Sonntagsblatt’

und die ‘Deutsche Zeitung’. Beide stehen für die wesentlichen politischen Richtungen der deutschen Minderheit in Ungarn und stellten dadurch auch ihre zwiespältige Situation dar. Das politisch selbstbewusste Deutschtum blieb außerhalb der Landesgrenzen und die in Ungarn Gebliebenen mussten erst zu einer aktiven Teilnahme motiviert werden.104

                                                                                                               

102 Eiler (2013:3), http://www.heimatmuseum.hu/anyagok/2013/EILERFERENC.pdf (Stand:04.03.2015)  

103 „Das nationalitätenpolitische Erbe Österreich-Ungarns wurde nach Trianon insofern belebt, als die Nationalitäten nach 1919/20 erneut als politische Gefahr betrachtet wurden: Stellten sie kollektive Forderungen, so wurden diese reflexartig als Zeichen von Illoyalität gewertet und somit zur Vorstufe heimlicher Sezessionswünsche apostrophiert.” Spannenberger (2013:203)  

104 „Die politische Emanzipation der Schwaben blieb bis 1918 auf Südungarn – im Grunde genommen auf das Banat – beschränkt, und die Versuche der 1905 gegründeten Ungarnländischen Deutschen Volkspartei, ihre Basis auch in Innenungarn zu erweitern, schlug fehl. Erst als während des Ersten Weltkrieges ein deutsches „Volksgefühl” tief in die schwäbischen Dörfer eindrang, das zum ersten Mal zur öffentlichen Artikulierung der Forderungen der innerungarischen deutschen Landbevölkerung nach der Einführung der Muttersprache in der Schule, Kirche und der unteren Verwaltung sowie nach Selbstverwaltung auf Gemeindeebene führte, stellten sich Deutsche schwäbischer Abstammung und Deutsche aus der Reihe des städtischen Bürgertums an die Spitze der deutschen Bewegung von

„unten”. Fata (1997:16)  

Nur wenige deutschsprachige Zeitungen und Zeitschriften haben das Ende des Ersten Weltkrieges überlebt; darunter der ‘Pester Lloyd’, das ‘Neue Pester Journal’, das ‘Budapester Tageblatt’, das ‘Neue Budapester Abendblatt’ und das ‘Neue Politische Volksblatt’. Diese hatten aber für die Mehrheit der deutschsprachigen Bevölkerung Ungarns keine Relevanz. Sie richteten sich an das städtische Bürgertum und die Intelligenz. Auf dem Lande blieben noch die ‘Ödenburger Zeitung’, die

‘Günser Zeitung’ und auch der Bauernbund in Bonyhád unterhielt noch eine kurze Zeit eine Regionalzeitung.105 Zum wichtigsten Presseorgan der Ungarndeutschen wurde das ‘Sonntagsblatt’ bis zum Tod von Jakob Bleyer 1933.106 Dieser zählte zu den wohl bekanntesten und einflussreichsten Persönlichkeiten der Zwischenkriegszeit. Er trat für einen ungarnfreundlichen, moderaten Kurs ein. Um seinen Zielen eine Plattform zu verschaffen, gründete er die Tageszeitung ‘Pester Zeitung’, die im November 1920 das erste Mal erschien. Bleyers Tageszeitung, die

‘Pester Zeitung’, konnte ein Jahr später finanziell nicht mehr aufrechterhalten werden und wurde eingestellt.107 Am 2. Oktober 1921 erschien das erste Mal Jakob Bleyers

‘Sonntagsblatt’, eine Wochenzeitung, die bis Dezember 1935 in dieser Form erschien.108 Binnen eines Jahres verzeichnete das Blatt 5.000 Abonnenten und wandte sich von vornherein an die schwäbische dörfliche Bevölkerung. 1927 war die Zeitschrift in vierhundert Dörfern präsent und fand ihre Leser auch unter den Mitgliedern der Lesevereine. Das ‘Sonntagsblatt’ folgte dem Kurs der Regierungspartei, beschäftigte sich mit der Situation der deutschen Minderheit auch außerhalb der Landesgrenzen, und war katholisch gesinnt. Das Blatt berichtete über außen- und innenpolitische Themen und beschäftigte sich mit der Wirtschaft, in erster Linie mit der Landwirtschaft. Es gab Rubriken, wie ‘Aus Nah und Fern’ mit                                                                                                                

105 „Nach der Statistik Friedrich Wünschers gab es in Rumpfungarn im Jahre 1928 nur 32 deutsche und deutschungarische Blätter. In Budapest 18 deutsche und 8 deutschungarische, in Güns, Ungarisch-Altenburg, Fünfkirchen und Ödenburg insgesamt 6 deutsche Zeitungen.” Réz (1935:41)  

106Nach der offiziösen ungarischen Historiographie bestand die Tragik der Geschichte der Deutschen in Ungarn nach dem Ersten Weltkrieg darin, dass auf den Ausgleich und Symbiose bauenden, von Jakob Bleyer propagierten Kurs von Loyalität und Integration eine die Segregation propagierende sowie die sozio-politische Emanzipation dieser Minderheit durch Ethnisierung der Politik verfolgende Strategie der „jungen Radikalen” des 1938 gegründeten „Volksbundes der Deutschen in Ungarn”

folgte. Spannenberger (2013:183)  

107 Wildmann (2010:82), Rózsa (2006)  

108 „Bereits das 1917 im Interesse der schwäbischen Landbevölkerung verkündete Programm Bleyers war von seinem im katholischen Glauben verankerten Konservativismus und seiner deutsch-ungarischen Doppelidentität geprägt, das heißt von der Loyalität zur deutsch-ungarischen Nation und zur eigenen deutschen Ethnie. Das Blatt sollte in seinem Inhalt dementsprechend (1) christlich, (2) volksnah und (3) deutsch gestaltet werden.” Fata (1997:10), Rózsa (2006)  

interessanten Beiträgen und die ‘Feierstunde’ brachte Artikel zu Religion und Christentum. Das ‘Sonntagsblatt’ erschien ab 1926 auf sechszehn Seiten in einem kleinen, handlichen Format. 1924 wurde auf Betreiben von Bleyer der

‘Ungarnländische Deutsche Volksbildungsverein’ (UDV) gegründet. Sowohl der Verein, als auch Bleyers ‘Deutsch-ungarische Heimatblätter’ ab 1929, als auch der

‘Deutsche Volkskalender’ wurden finanziell aus Deutschland unterstützt.109 Nach Bleyers Tod wurde das ‘Sonntagsblatt’ umbenannt und erschien ab 1935 bis zu seiner Einstellung durch die Regierung 1940 unter dem Namen ‘Das Neue Sonntagsblatt’.

Die Weltpolitik der 30er Jahre beeinflusste auch die ungarndeutsche Gemeinschaft. Junge, in Deutschland studierte Intellektuelle kamen nach Ungarn zurück und waren mit der bis dahin betriebenen moderaten Politik nicht mehr einverstanden. Mit dem Namen von Franz Basch ist die ‘Volksdeutsche Kameradschaft’ (VK) verbunden, deren Forum die Zeitschrift ‘Deutscher Volksbote’

war. 1938 wurde aus der VK der ‘Volksbund der Deutschen in Ungarn’(VDU) gegründet. Der ‘Deutsche Volksbote’ erschien als Wochenzeitung in dieser Zeit mit einer Auflage von 15.000 und übertraf damit die anderen deutschprachigen Blätter wie den ‘Pester Lloyd’ und das ‘Neues Sonntagsblatt’.110 Der Volksbund gründete neue Zeitschriften, so etwa 1940 eine Monatszeitschrift für die Jugend mit dem Titel

‘Jungkamerad’. Ab Oktober 1940 erschien die Tageszeitung ‘Deutsche Zeitung’ mit einer Auflage von 45.000 Exemplaren. Die ‘Deutsche Zeitung’ beanspruchte, die deutschsprachige Bevölkerung Ungarns zu vertreten. Dabei kam der Zeitung die Presseverordnung 5555/1940 der ungarischen Regierung vom 28. August 1940 zur Hilfe, die eine Zensur auf alle Presseerzeugnisse einführte.111 Die Leitung des Pressekontrollausschusses der ungarischen Regierung unterstützte die ‘Deutsche Zeitung’ im Rahmen des Bündnisses Ungarns mit Deutschland. Deutschland übte dennoch auf die ungarische Regierung Druck aus und artikulierte seine Unzufriedenheit mit der Presselandschaft Ungarns.112 Die Einmischung betraf nicht nur die ungarischsprachigen Printprodukte, sondern auch die in deutscher Sprache.

Zeitungen wie die ‘Deutsche Nachrichten’ (1936–1944) und die ‘Deutsche Zeitung’

(1940–1944), die Zeitung des Volksbundes, wurden von Deutschland finanziell und                                                                                                                

109 Ab 1935 hießen sie ’Neue Heimatblätter’, ab 1940 ’Deutsche Forschungen in Ungarn’ von Franz Basch und Anton Tafferner herausgegeben. Weifert (2013)  

110 Weifert (2013)  

111 Buzinkay S. 60. http://mek.oszk.hu/03100/03157/03157.pdf (Stand: 03.03.2015), Paál (2013)  

112 Paál (2013)  

politisch unterstützt. Die ‘Deutsche Zeitung’ stand unter der Leitung von Franz Basch und erschien das erste Mal am 20. Oktober 1940. Der Umfang der Zeitung betrug acht, beziehungsweise zwölf Seiten am Sonntag und sie erschien bis zum Spätsommer 1944. Die Zeitung konzentrierte sich mehr auf die Außenpolitik, dabei spielten die Ereignisse und Informationen aus Deutschland eine bedeutende Rolle. Darauf folgten Angelegenheiten des Volksbundes, Wirtschaft- und Börsennachrichten, die Wettervorhersage und etwas Kultur. Ziel war die Vermittlung der ideologischen und politischen Zielsetzungen des Dritten Reiches.113 Diese Presseprodukte überlebten das Ende des Zweiten Weltkrieges nicht. Die letzte Ausgabe des ‘Pester Lloyd’ erschien am 1. April 1945 in Ödenburg/Sopron114. Danach musste man in Ungarn bis 1954 auf das nächste Presseprodukt in deutscher Sprache warten.