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4. Zur Mediengeschichte im östlichen Europa

4.1. Medien – Politik – Gesellschaftsordnung

Eine demokratische Medienlandschaft setzt voraus, dass jedes Mitglied der Gesellschaft gleichwohl die Möglichkeit hat, sowohl technisch, als auch inhaltlich Massenmedien zu erreichen.61 Pürer unterscheidet zwischen der Kommunikationspolitik eines monistischen und eines pluralistischen Systems. In monistischen Systemen sind Massenmedien Teil der Staatsgewalt, sie sind dem Staat, der Regierung, dem Führer oder der Partei unterstellt und arbeiten auch eng mit diesen Institutionen zusammen. Medien besitzen eine Sprachrohrfunktion, der Zugang zu journalistischen Berufen wird kontrolliert, die Nachrichten werden zentral gesteuert und verteilt. In pluralistischen Systemen gibt es keine staatlich organisierte Form der Medien. Nachrichten können frei beschafft und verbreitet werden, es gibt keine Kontrolle über den Zugang zu journalistischen Berufen. In diesem Falle besitzen die Medien noch eine Kontroll- und Kritikfunktion. Diese zwei Gruppen beschreiben die Situation bis zur Wende. Das monistische System bezieht sich auf das Verhältnis von Macht und Medien in den sozialistischen Ländern, das pluralistische –                                                                                                                

60 Laut Pressegesetz vom 07.08.1990 werden Partei- und Minderheitenzeitungen vom Staat subventioniert. Die Bedingungen: die Zeitung muss fünfmal die Woche erscheinen und eine Mindestauflage von 10.000 Exemplaren erreichen. Sowohl ’Dolomiten’, als auch die ’Tageszeitung’

erfüllen diese Kriterien und bekommen eine staatliche Unterstützung.  

61 „In pluralistischen Systemen fungieren die Massenmedien gleichsam im Sinne der Gewaltenteilung:

Sie erfüllen eine demokratieplitisch wichtige Aufgabe, indem sie nicht nur Öffentlichkeit über gesellschaftlich relevante Vorgänge in der Politik, Wirtschaft und Kultur bestellen, sondern vor allem auch Kritik- und Kontrollaufgaben wahrnehmen, indem sie auf die Wahrung rechtsstaatlicher Prinzipien bei Gesetzesgebung, Gesetzesvollzug und Rechtsprechung sorgfältig achten.” Pürer (2003:113)  

im optimalen Fall – auf die Länder des „Westens”. Die politische Wende 1989 veränderte die Machtverteilung und die Kommunikationspolitik. Der Politikwissenschaftler Hallin und der Soziologe Mancini haben 2004 eine neue Analyse erstellt, die die demokratischen Mediensysteme in die folgenden drei Gruppen aufteilte:62

(a) das nord- und zentraleuropäische oder demokratisch-korporatistische Modell,

(b) das nord-atlantische oder liberale Modell,

(c) das mediterrane oder polarisiert-pluralistische Modell.

Diese Analyse beschäftigte sich nur mit den Strukturen Westeuropas. Die Medienstrukturen im Osten Europas wurden hierbei nicht erfasst, obwohl die Medien nach den politisch-gesellschaftlichen Veränderungen versuchten, sich an demokratischen Vorbildern zu orientieren.63 Die Wende bedeutete eine Zäsur in der Kommunikationspolitik dieser Länder. Von einem Tag auf den anderen musste ein neues System eingesetzt und aufgebaut werden.64 Die Umstellung verlief aber nicht ohne Probleme. In den Jahrzehnten der Parteidiktaturen haben auch die Politiker sich daran gewöhnt, mit einem folgsamen Mediensystem umzugehen. Sie konnten diese plötzliche Umstellung, die neu definierten Aufgaben der Medien, die nun nicht nur über gesellschaftlich relevante Vorgänge in der Politik, Wirtschaft und Kultur zu berichten hatten, sondern auch Kritik ausübten und eine Kontrollfunktion wahrnahmen, nur sehr schwer akzeptieren. Jene Politiker, die früher vielleicht selbst für die Pressefreiheit gekämpft hatten, handelten nun – aus Eigeninteresse – nach den bewährten, alten Methoden.65

                                                                                                               

62 Hallin/Mancini (2004) haben vier mediale: (a) Position der Presse, (b) Politischer Paralellismus, (c) Professionalisierungsgrad, (d) Staatskontrolle und vier politische Dimensionen: (a) Konfliktmuster, (b) Regierungsmuster, (c) Organisationsgrad, (d) Staatsrolle als Grundlage ihrer Analyse genommen.  

63 Eine Korrektur dieser Theorie erfolgte 2011 von Voltmer.  

64 „In the established democracies of the West, the structures and methods of operation of key institutions, such as parliaments, elections and political parties, were developed before the media became a pervasive force in everyday and political life. In contrast the new democracies of the late twentieth and early twenty-first century immediatly leapfrog into what has been labelled ’media democracy’ (Meyer, 2002)”. Voltmer (2013:3)  

65 „The top-down approach to agenda setting in the post-communist era may well represent a confirmation from the communist era. During the communist years, the power of the media was an article of faith in the extent political culture of the communist apparat. It remained so after 1989.”

Gross (2002:117)  

Die Übergangsphase im Pressebereich verlief daher nicht ohne Konflikte, so dass davon auch die Medienlandschaft nicht unberührt blieb.66 Da es in den meisten Ländern keinen revolutionären Umsturz gab, rettete sich vieles auch nach dem Systemwechsel in die neu aufgestellten Medien. Die Journalisten blieben und nahmen ihre Werte und Normen in die neu-alten Redaktionen mit. Die Presse wurde schnell privatisiert, im Bereich der elektronischen Medien versuchte die Politik, ihren Einfluss zu bewahren.67 So entstanden in Osteuropa Mediensysteme, die zwischen einem autoritären und einem demokratischen System zu verorten sind. In vielen Ländern führten diese Auseinandersetzungen zu „Medienkriegen”, bei denen es in erster Linie um die Kontrolle der gewählten Politiker über die Medien-Agenda, den Einfluss auf die öffentlich-rechtlichen Medien, die Regulierung der Medienlandschaft und die Normen und Werte des journalistischen Berufes ging. Viele Länder haben lange Jahre gebraucht, um sich mit einem Gesetz über eine Regulierung zu einigen. In manchen Ländern ist dieser Prozess bis heute nicht zum Schlusspunkt angelangt.68 Wenn man nach der Systematik von Hallin und Mancini69 die osteuropäischen Medien einordnen kann, dann wohl in das polarisiert-pluralistische Modell.70

                                                                                                               

66 „They (media) are trasformations of existing institutions that carry with them the norms and power relations of the old regime. The result is a unique mix of persisting structures inherited from the past alongside newly adopted elements from existing- usually western- role models and, in addition, specific features born out of the desire to implement something different and better than the institutional predecessor.” Voltmer (2011:235)  

67 „Being used to subserviant media, they often react with anger and aggression to media that see themselves as an adversary rather than as a mouthpiece of the government.” Voltmer (2011:235)  

68 „The top-down approach to agenda setting in the post-communist era may well represent a continuation from the Communist era. During the communist years, the power of the media was an article of faith in the extent political culture of the communist apparat. It remained so after 1989.”

Gross (2002:117)  

69 „Das mediterrane oder pluralisiert-polaristische Medienmodell ist eingebettet in politische Systeme, die erst spät demokratisiert wurden (Hallin/Mancini, 2004:89–142). Es herrscht ein politischer Pluralismus mit teils Majorz-, teils Proporzregierungen. Der Pluralismus ist gut organisiert (in Gewerkschaften, Kirchen, Parteien). Die Parteien verfügen über eine starke Stellung. Der Staat neigt zum Dirigismus und greift in die Wirtschaft ein. Der Wohlfahrtstaat spielt eine wichtige Rolle. Es herrscht ein Klientel-System. Das Mediensystem ist derweil gekennzeichnet durch niedrige Zeitungsauflagen. Die Presse orientiert sich an der politischen Elite. Es gibt einen beträchtlichen Parteieneinfluss auf die Medien, es herrscht Pluralismus. Der Journalismus ist stark meinungsbetont. Er ist schwach professionalisiert und kann instrumentalisiert werden. Der Staat interveniert kraftvoll in den Medienbereich. Die Presse wird subventioniert. Der Rundfunk wurde teilweise sehr wild dereguliert.” Blum, Roger: Bausteine zu einer Theorie der Mediensysteme, http://www.sgkm.ch/zeitschrift/2005/2(2005)4Blum.pdf In: Medienwissenschaft Schweiz, 2/2005 (Stand: 08.04.2015)  

70 „Evidently, neither the Western model of democracy, nor the liberal model of independent media can be easily exported to other parts of the world, even though for many journalists, policymakers and citizens alike these models remain an ideal towards which to strive. In fact, the more that non-Western countries are adopting democratic forms of governance, the larger the divergence between the ’original product’ and its local implenentation becomes.” Voltmer (2013:5)