• Nem Talált Eredményt

10. Das Printmedium der Deutschen in Ungarn nach dem Zweiten Weltkrieg

10.2. Der Neubeginn: Die Herausgabe der ‘Neuen Zeitung’

10.2.2. Die Zeitung bis zur Wende 1989 erlangt

Die, von der Partei auf die Nationalitäten Ungarns, angewandte Automatismusthese wurde 1968 aufgehoben. Dies brachte eine Veränderung in der Politik gegenüber Minderheiten, erst von diesem Zeitpunkt an kann von einer Nationalitätenpolitik gesprochen werden.232 Zu dieser Zeit werden die für die Nationalitätenpolitik wichtigen Institutionen geschaffen, wie die Nationalitätenabteilung im Bildungsministerium und die Beratungskommission für Nationalitätenangelegenheiten. Die Nationalitätenverbände wurden in die Patriotische Volksfront (Hazafias Népfront) integriert. Das Kádár-Regime betrieb den verschiedenen Nationalitäten gegenüber eine offenherzigere Politik. Ab 1968 galt es, die verschiedenen Gruppen in die sozialistische Gesellschaft und Wirtschaft zu integrieren, nicht aber zu assimilieren. Ein zweisprachiges Schulsystem sollte für die Nationalitäten aufgebaut werden, auch Änderungen in der Nutzung von geographischen Namen und in der Förderung der Kulturaktivitäten konnten beobachtet werden. Der neueingeführte Deutschunterricht und der Versuch der Verbreitung einer Zweisprachigkeit kamen aber für die traditionellen deutschen Dorfgemeinschaften zu spät und konnten im Grunde die schon laufende Assimilierung und den Sprachverlust nicht kompensieren. Nichtsdestotrotz milderte sich das Klima in der Minderheitenpolitik und die Optionen der Minderheit verbesserten sich. Der Verband initiierte die Herausgabe zahlreicher Publikationen, Bücher mit ungarndeutscher Literatur, aber auch Kinderbücher erschienen seit Anfang der 70er und sorgten für einen gewissen Aufschwung in den Schulen und in den Siedlungszentren der deutschen Minderheit.233

Auch in der Pressepolitik der Partei kam es in den späten 60er Jahren zu Veränderungen. Die bis dahin streng kontrollierte Öffentlichkeit wurde liberaler und das Politbüro gestand sich ein, dass die Gesellschaft ein Recht auf Informationen                                                                                                                

232 Seewann (2012:391ff), Seewann (2000:79ff), Sitzler/Seewann (2000:77ff)  

233 Z. B.’Ringel, Ringel, Reihen’ (1974), ’Tiefe Wurzeln’ (1974), ’Der schlaue Bergmannsknappe’

(1973)  

hatte.234 Die Gesellschaft sollte über Themen, die sie betrafen, informiert werden.

Natürlich behielt sich die Parteileitung das Recht vor, über besondere Themen nur über die eigenen und nicht über die Kanäle der Massenkommunikation zu kommunizieren. Dieser Veränderung lag die Erkenntnis zugrunde, dass eine Nicht-Informierung ebenso gefährlich sein könne. So war es für die Leitung der Medien genauso wichtig, über relevante Themen zu informieren, wie für die Redaktionen selbst. In den Bestimmungen der Agitations- und Propagandaabteilung von 1971 steht, dass die bessere Informierung der Staatsbürger „eine grundlegende Voraussetzung für die Entwicklung der sozialistischen Demokratie” sei.235 Die Partei akzeptierte das wachsende Interesse der Bevölkerung an Inhalten und versuchte mit der Umstrukturierung der Medienlenkung auch für eine modernere Medienlandschaft zu sorgen, natürlich ohne dabei die Interessen der Partei aus den Augen zu verlieren.236

Die Änderungen in der Informations- und Nationalitätenpolitik der Partei brachten eine neue Situation in den Redaktionsalltag der ‘Neuen Zeitung’. Die Zeitung hatte einen neuen Chefredakteur, der eine lange Zeit hindurch wenigstens ideologisch für eine stabile Situation sorgte. „Der erwähnte Nachfolger (von Hambuch, Anm.) György Gráber, Chefredakteur von 1965 bis 1978, tat sich eher durch ideologische Festigkeit hervor, und nicht durch Verständnis für die Belange der Volksgruppe und durch Deutschkenntnisse. Auch in der später scheinbar liberalen Minderheitenpolitik Ungarns waren politische Versuche, eine tatsächliche Interessenvertretung der Ungarndeutschen zu schaffen, zum Scheitern verurteilt.”237 Die Kontrolle des Verbandes blieb, auch die Redaktionskommission war dafür gedacht, die Arbeit der Zeitung zu unterstützen, aber sie versuchte auch Themen in der Zeitung unterzubringen, die den Mitgliedern des Gremiums wichtig erschienen.

Sie verfügten zugleich über eine Aufsichtsfunktion, die es möglich machte, sich in die

                                                                                                               

234 Takács (2012:170ff)  

235 Takács (2012:172)  

236 Die Gründe für die Entwicklung der Informationspolitik sah die Partei in den nun folgenden Veränderungen: Das Niveau der Volksbildung ist gewachsen, das steigerte das Interesse an Informationen auf einem hohen Niveau; da die Gesellschaft besser in der Politik gebildet wurde, stiegen die Politik- und die Wirtschaftskenntnisse der Arbeiter; die Veränderungen in den Prozessen der Wirtschaft führten zu mehr Selbstständigkeit der Betriebe und dazu waren mehr Informationen nötig. Takács (2012)  

237 Schuth (2010:87)  

Angelegenheiten der Redaktion einzumischen.238 Die Redaktion hatte – obwohl sich das politische Umfeld sowohl in der Lenkung der Presse, als auch in der Minderheitenpolitik verändert hatte – die Zahl der Leser jedoch nicht erhöhen können. Die Probleme blieben laut eines Memos einer Sitzung der Redaktionskommission die alten: die Passivität der Deutschen in Ungarn und die Schwierigkeiten im Vertrieb. Die Sprache blieb die deutsche Literatursprache, Mundartelemente waren zwar willkommen, wurden aber nur begrenzt benutzt. Da die Literatursprache nicht die Muttersprache der deutschen Bevölkerung in Ungarn war und sie nur begrenzt und nicht effektiv genug unterrichtet wurde, blieb die Zahl der möglichen Leser klein und deswegen verlangte auch der Verband schließlich, die Sprache der Zeitung zu vereinfachen. Die Zeitung wurde von der Post vertrieben, es lag aber nicht im Interesse der Briefträger, für die Verteilung des Blattes zu sorgen.

Man konnte zwar in größeren Städten die ‘Neue Zeitung’ noch bei einigen Zeitungskiosken kaufen, wenn man sie nicht abonnieren wollte. Es gab einige Aktivisten, die versuchten, die Zeitung in ihrer Ortschaft zu verbreiten, aber bis auf die offiziellen Abonnenten, wie Schulen, Bibliotheken und Kulturhäuser, blieb deren Zahl weiterhin niedrig.

Die ‘Neue Zeitung’ wurde gemeinsam mit den anderen Minderheitenzeitungen vom Informationsbüro in die 3. Kategorie eingeteilt, zu den Presseprodukten, die über eine kleinere Erreichbarkeit und geringere Wichtigkeit verfügten. Mit der Kategorisierung war auch das Maß der Unterstützung aus der Zentrale verbunden. Je besser die Kategorie, desto mehr finanzielle Unterstützung, mehr Zugriff auf Instrumente der Zentrale und desto höhere Journalistengehälter waren zu erwarten.

Die Chefredakteure der Minderheitenzeitungen begründeten daher im Jahr 1970 eine Initiative, in die 2. Kategorie zu wechseln, mit den folgenden Argumenten: die Veränderungen in der Innenpolitik der Partei sichere den Nationalitäten eine wichtige Position zu; sowohl für die Kultur, als auch für das Schulwesen stehe mehr Geld zur                                                                                                                

238 „Die Redaktionskommission ist ein Beratungsorgan, das in erster Linie das Blatt unterstützt. Wenn aber die Intentionen von der Redaktion nicht durchgeführt werden, und der Chefredakteur darüber mit entsprechender Begründung die Kommission nicht überzeugen kann, dann wendet sich die Kommission an das Sekretariat oder den Generalsekretär des Verbandes mit seinem Vorschlag und Beschwerde.” Memo der Redaktionskommission des Verbandes vom 24. Oktober 1969. Ungarisches Staatsarchiv - MOL, XXVIII-I-1 Schriften des Verbandes. „A Szerkesztő Bizottság tanácskozó, javaslattevő szerv, amely a lapot leginkább támogatja. Amennyiben az általa javasolt intenciókat a Szerkesztőség nem hajtaná végre, és erről az SZB-t kellő indokkal nem tudja a szerkesztőség meggyőzni, akkor a SZB a Szövetség Titkárságához vagy főtitkárához fordulhat javaslatával és panaszával.”  

Verfügung, die Journalisten der Minderheitenblätter würden in zwei Sprachen arbeiten, auch die Übersetzungen verlangten besondere Qualifikationen, außerdem nähmen die Journalisten dieser Zeitungen – neben ihrer redaktionellen Tätigkeit – an der Propagandaarbeit der Verbände teil. Aus der Platzierung in der 3. Kategorie würden sich Gehälter ergeben, die nicht wettbewerbsfähig seien. Die Nationalitätenzeitungen seien deshalb für Journalisten nicht attraktiv, außerdem sei die politische Verantwortung dieser Blätter in die Gehälter nicht mit eingerechnet worden.239

Die ‘Neue Zeitung’ – als Organ des Verbandes – hatte auf die Veränderungen der Politik zu reagieren. Sie wurde als ein Instrument angesehen, zu deren Aufgaben es gehörte, sich der aktuellen Situation anzupassen und darauf mit ihren Mitteln zu reagieren. Mit der Förderung des Unterrichtes in Nationalitätensprachen, bezog der Verband auch die Redaktion in seine Arbeit mit ein. Nicht nur Berichte und Reportagen auf den Seiten der Zeitung wurden angefordert, sondern auch der Start einer Artikelserie, die sich mit methodischen Fragen des Muttersprachunterrichts auseinandersetzte. In einem Bericht über die Tätigkeit des Verbandes seit dem III.

Kongress verlangte der Verband einen kritischen Ton, wenn es um die Probleme des Unterrichts vom Kindergarten bis zum Gymnasium gehe.240

Die Förderung der nationalitätenausgerichteten Politik der Regierung, die Errichtung von neuen Kindergärten, Schulen und Kulturgruppen der deutschen Nationalität, die Aktionen des Verbandes – wie ’Greift zur Feder’, welche der in deutscher Sprache geschriebenen Literatur zum Aufschwung verhalf – oder die Aktion ’Reicht brüderlich die Hand’, die viele für die Pflege der Volkskultur mobilisierte, gaben der ‘Neuen Zeitung’ ein neues inhaltliches Profil. Die Regierung und die Partei behielten sich zwar Entscheidungen bezüglich der Nationalitäten vor – besonders im Falle der deutschen Minderheit, die ja wegen der BRD besonders stark der „Propaganda” ausgesetzt war –, es entstand jedoch auch etwas Bewegung an der Basis selbst. Die ‘Neue Zeitung’ änderte ihr Format und die altbewährte, von der Zentrale vorgeschriebene Form der Minderheitenblätter, erschien in einer leicht überarbeiteten Form. Die achte Seite, auf der bis dahin Fotos aus der Welt und dem                                                                                                                

239 Brief an den Leiter der Nationalitätenabteilung im Bildungsministerium vom 15. April 1970 vom Chefredakteur der ’Neuen Zeitung’, ’Narodne Novine’, ’Ludive Noviny’, ’Foaia Noastra’ Ungarisches Staatsarchiv - MOL, XXVIII-I-1. Dokumente des Verbandes.  

240 Bericht über die Tätigkeit seit dem III. Kongress des Demokratischen Verbandes der Deutschen in Ungarn, LdU-Bibliothek 3097.  

Leben der deutschen Gruppe in Ungarn gezeigt wurden, wich dem Inhalt auf der Seite sieben, wo bisher das Ressort „Verschiedenes” platziert war. Chefredakteur György Gráber begründete diese Veränderung damit, dass „die ständige Entwicklung der Arbeit der Nationalitätenpolitik, die theoretischen Abhandlungen, die historischen Studien, die Buchrezensionen (...) vorgestellt werden” müssten.241 Die ‘Neue Zeitung’

sollte nun ein Nationalitätenblatt sein, das Artikel „für Schwaben über Schwaben”

veröffentlichte.

Im Jahr 1973 gründete der Verband erneut einen Presseausschuss, zu dessen Aufgaben es gehörte „dem Organ des Verbandes, der ‘Neuen Zeitung’, bei der Lösung von gesellschaftlichen Aufgaben Hilfe zu leisten, über die Arbeit der ‘Neue Zeitung’ zu beraten.”242 Der Ausschuss sollte der Redaktion dabei helfen, die Passivität der Leser aufzubrechen und ein Korrespondentennetz auszubauen, das die Lesermeinungen an die Redaktion weiterleitete und dadurch die Zahl der Abonnenten erhöhen würde. Der Presseausschuss sorgte außerdem für den Ausbau der Kontakte mit der Redaktion des deutschsprachigen Programms vom Ungarischen Hörfunk in Fünfkirchen/Pécs. Dieser Ausschuss brachte die Journalisten der deutschen Nationalitätenmedien zusammen, schuf eine Plattform für sie und dadurch die Möglichkeit einer engeren Zusammenarbeit.

Sowohl die Veränderungen im Pressewesen, als auch die etwas liberalere Minderheitenpolitik waren nur oberflächlich demokratisch. Die Struktur, die Aufgaben blieben gleich: „Die ‘Neue Zeitung’ soll weiterhin die Politik unserer Regierung und Partei vermitteln, soll die Stimmung, Bedürfnisse und Meinung des Deutschtums Ungarns widerspiegeln. Die ‘Neue Zeitung’ soll die theoretischen und fachlichen Schriften weiter veröffentlichen, soll jene Deutschen vorstellen, die in der ungarländischen Arbeiterbewegung und in der Geschichte unserer Heimat bedeutende Taten vollbrachten.”243 Unter der Leitung von György Gráber – obwohl er kein                                                                                                                

241 Über die Arbeit der ’Neuen Zeitung’-vom Chefredakteur György Gráber, S. 3., Stencilnr. 29.

Ungarisches Staatsarchiv - MOL, XXXVIII-I-1. Schriften des Verbandes. „A nemzetiség-politikai munka állandó fejlődése, elméleti tanulmányok, történelmi ismertetések, könyvrecenziók, stb. közlését teszik szükségessé.”  

242 Arbeitsplan-Entwurf für das Jahr 1974 des Demokratischen Verbandes der Deutschen in Ungarn LdU-Bibliothek 3093.  

243 Bericht über die Verwirklichung der Bescheide des IV. Kongresses vom Demokratischen Verband der Deutschen in Ungarn aus dem Jahre 1975. LdU Bibliothek 3094. „A Neue Zeitung közvetítse továbbra is pártunk és kormányunk politikáját, tükrözze a hazai németség hangulatát, igényeit, véleményét; a Neue Zeitung folytassa elméleti és szakmai jellegű írások közlését, fordítson továbbra is figyelmet a magyarországi munkásmozgalomban és hazánk történelmében jelentős tevékenységet kifejtett haladó németek bemutatására.” S. 3.  

Freund der deutschen Nationalität war244 – trat in die Redaktionsarbeit eine gewisse Ruhe ein und es bildete sich eine solide Basis. Die Zeitung fand trotz allem noch kein eigenes Profil und in der ständigen Unschlüssigkeit, wem man eher entsprechen wolle, der Minderheit oder der Parteizentrale, hatte immer der Chefredakteur das letzte Wort.

Das Kultusministerium ließ 1978 eine Untersuchung über das Jahr 1977 durchführen, in der die Zeitung unter mehreren Gesichtspunkten beleuchtet werden sollte. Zu den Experten, die den Jahrgang bewerteten, gehörten Miklós Salyámosy vom Deutschen Lehrstuhl von der ELTE (Eötvös-Loránt-Universität) in Budapest, József Báling, stellvertretender Chefredakteur der Komitatstageszeitung ‘Dunántúli Napló’ aus Fünfkirchen/Pécs und Gyula Eck, Chefredakteur der Tageszeitung

‘Szabad Föld’. Alle drei Experten hatten besondere Aspekte zu beachten. Salyámosy war für die Sprache der Zeitung, József Báling für die Innen-, Gyula Eck für die Außenpolitik und die Leitartikel zuständig. Als wichtige Aufgabe der ‘Neuen Zeitung’

wird der Dienst in der Nationalitätenpolitik der Partei und Regierung beschrieben.245 Diese Bewertung ist deswegen interessant, weil sie auch den Stand am Ende einer Ära, nämlich die des Chefredakteurs Gráber, vorstellt. Die Beurteilung fiel die Sprache betreffend positiv aus, die Verwendung der Literatursprache erachtete der Germanistikprofessor für richtig. Über die Leitartikel stellte Gyula Eck fest, dass sich diese kaum mit den Deutschen in Ungarn beschäftigten. Nur in zweien wurde überhaupt die deutsche Gruppe behandelt und in weiteren Artikeln nur selten auf sie hingewiesen. Allgemein kamen Themen wie die Landwirtschaft und Industrie am häufigsten in den Leitartikeln vor. Das waren die wichtigsten Themen des Landes,

„die vor die Pressepropaganda gestellten Ziele werden gut befolgt”.246 Gyula Eck bewertete auch die außenpolitischen Beiträge der ‘Neuen Zeitung’. Da die zentral vorgeschriebenen Themen in der sozialistischen Presse auch für die Außenpolitik                                                                                                                

244 Schuth (2010)  

245 Brief vom Béla Milassin an Chefredakteur György Gráber vom 15. November 1978. NZ Archiv.

Ohne Signatur. „Das Blatt sieht als wichtige Aufgabe dafür zu arbeiten, dass das Bewusstsein von Gleichrangigkeit und der gleichen Rechte – als Grundlage für einen gemeinsamen Aufbau der Gesellschaft – weiter verstärkt wird und so das sozialistische Ungarn von allen unseren Staatsbürgern deutscher Nationalität, als ihre liebe Heimat angesehen wird.” „A lap fontos feladatának tekinti azon munkálkodni, hogy az egyenrangúság és az egyenjogúság tudata – mint a közös társadalomépítés alapfeltétele – tovább erősödjék, s így a szocialista Magyarországot édes hazájának érezze valamennyi német nemzetiségű állampolgárunk.”  

246 Meinung über die Leitartikel mit innenpolitischem Inhalt der ’Neuen Zeitung’ (Januar-Dezember 1977) von Gyula Eck, Archiv der ’Neuen Zeitung’. Ohne Signatur  

gültig waren, hatte man gewisse Vorgaben zu erfüllen. 1977 beherrschten Themen wie die Sowjetunion und ihre Friedenspolitik, die Abrüstung, die sowjetisch-amerikanischen Beziehungen, die Krise im Nahen Osten, Afrika und die Veränderungen in Spanien das außenpolitische Ressort. Der Experte bemängelte aber das Fehlen von Informationen über die Bundesrepublik und im allgemeinen Westeuropa.247 Die wohl profilierteste Meinung formulierte József Báling, Ungarndeutscher mit einer langen Erfahrung als Redakteur und stellvertretender Chefredakteur des ‘Dunántúli Napló’. Er konnte sowohl aus der Sicht der Minderheit, als auch als Journalist mit Führungserfahrung die innenpolitischen Artikel des Blattes bewerten. Seiner Meinung nach sollte das Blatt in sechs Richtungen arbeiten:

(a) die deutsche Nationalität und ihre Muttersprachenbildung, (b) die Pflege ihrer kulturellen Schätze,

(c) ihre Rolle in der Geschichte Ungarns, (d) ihre Teilnahme am Aufbau des Sozialismus, (e) ihr Platz in der ungarischen Gesellschaft, (f) andere direkte Presseaufgaben.248

Seine Bewertung war mehr ein Programm, in dem er eine Wochenzeitung der deutschen Minderheit im sozialistischen Ungarn anstrebte. Als wichtigstes Gebiet nannte er den Sprachunterricht, der seiner Meinung nach von den Journalisten falsch thematisiert wurde. Er meinte, die Stimme der Germanisten zu hören, die Zeitung nütze ihre Instrumente nicht entsprechend, die Erwartungen dürfen nicht zu hoch gestellt werden.249 In seinem Gutachten formulierte er eindeutig: „Es muss geklärt werden, für wen sie die Zeitung schreiben. Ich weiß nicht, ob sie eine Untersuchung darüber gemacht haben, wer über Abos verfügt und wer was in der Zeitung liest. Ich bin davon überzeugt, dass das Blatt in seiner heutigen Form seinen Aufgaben nicht                                                                                                                

247 Meinung über die Außenpolitische Sektion der ‘Neuen Zeitung’, von Gyula Eck, vom 30. Mai 1978, Archiv der ‘Neuen Zeitung’, ohne Signatur  

248 Bewertung von József Báling, ’Neue Zeitung’ Archiv. Ohne Signatur  

249 „In den offiziellen Stellen wird Ungarisch gesprochen, in der Schule Ungarisch gelernt, auf der Straße verkehren wir Ungarisch miteinander, an den Arbeitsplätzen kommen wir nur Ungarisch klar – diese Wirkung kann nicht mit einigen Stunden ausgeglichen werden. Die Muttersprache der Kinder deutscher Abstammung wird schon in ihrer Kindheit Ungarisch. Wir dürfen uns nicht in dem Traum verlieren, dass auf der Straße noch einmal Deutsch gesprochen wird.” Bewertung von József Báling,

’Neue Zeitung‘ Archiv. Ohne Signatur „A hivatalos helyeken magyarul beszélnek, az iskolákban magyarul tanulnak, az utcán magyarul érintkezünk, a munkahelyen csak magyarul boldogulunk – ezt a hatást néhány órával ellensúlyozni nem lehet. A német származású gyerekek anyanyelve már kiskorukban a magyar lesz. Ne ringassuk magunkat abban az álomban, hogy az utcán valaha is még egyszer németül beszélnek.” Ebd. S.4.  

entsprechen kann. Nicht in der Tätigkeit der Redaktion liegt der Fehler, der Rahmen ist nicht angemessen. Zu viele Aufgaben mussten bis jetzt erfüllt werden, jetzt kommen noch neue hinzu.”250 Er bemängelte auch die Anzahl der Journalisten in der Redaktion: Mit der geringen Mitarbeiterzahl sei es nicht möglich, in guter Qualität zu schreiben, für die Artikel selbst bliebe den Journalisten zu wenig Zeit. Der Gutachter lobte die inhaltliche Struktur der ‘Neuen Zeitung’, die klar in Ressorts aufgeteilt sei, so dass man den Themen Woche für Woche leicht folgen könne. Sein Vorschlag lief darauf hinaus, eine lockere, menschennahe, lesbare Zeitung mit einem neuen Format und mit einer größeren Seitenanzahl in Erwägung zu ziehen. Die verwendete Sprache der Zeitung sei unbefriedigend. Báling schrieb, die Journalisten wollten in der Zeitung beweisen, dass sie gut Deutsch könnten. Das verkompliziere die Sprache unnötigerweise und mache das Blatt für die eigenen Leser unverständlich und verderbe die Lesefreude.

Diese Bewertungen bezogen sich nicht nur auf den Inhalt der Zeitung. Im sozialistischen Ungarn war – unabhängig vom Thema – die Presse immer ein Politikum. Die ‘Neue Zeitung’ hatte sich demnach eine solide Basis erarbeitet, war in Standardsprache geschrieben, auf einem guten Niveau und hatte eine klare und leicht überschaubare Struktur. Sie hatte aber zu wenig Mitarbeiter, die viel zu wenig Zeit für einen Artikel aufbringen konnten; die zu sehr bemüht waren, ein gutes Literaturdeutsch zu benutzen, so dass für ihre Leserschaft die meisten Artikel immer noch schwer zu verstehen waren, und sie hatten sich nur vorsichtig an die für die deutsche Minderheit wichtigen Themen herangewagt. Die Zeitung war zwar für die deutsche Nationalität in Ungarn gedacht, konnte sich aber nicht vollends ihrer Sache verschreiben. Ob das nur an dem Chefredakteur lag – der die alleinige Verantwortung für die Zeitung innehatte – oder an der sozialistischen Ausrichtung der Gesellschaft mit ihren Regelungen und Grenzen oder auch an der deutschen Minderheit, die bis auf ganz wenige nicht für mehr Engagement zu gewinnen war – das ist schwer zu entscheiden.

György Gráber blieb bis Ende 1978 der Chefredakteur der ‘Neuen Zeitung’.

So bestimmte er ab März 1965, also 14 Jahre lang, das Image der Zeitung. Als er sich von dieser Position in die Rente verabschiedete, übernahm der zweite Chefredakteur                                                                                                                

250 Ebd. S. 23. „Tisztázni kellene, hogy kinek írják a lapot. Nem tudom, van-e felmérésük arról, kik fizetnek elő, ki mit olvas el belőle. Meggyőződésem, hogy a lap a mai formájában a feladatainak nem

250 Ebd. S. 23. „Tisztázni kellene, hogy kinek írják a lapot. Nem tudom, van-e felmérésük arról, kik fizetnek elő, ki mit olvas el belőle. Meggyőződésem, hogy a lap a mai formájában a feladatainak nem