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3. Minderheitenmedien

3.1. Geschichte der Minderheitenmedien

Eine Minderheitenpresse existiert seit über 200 Jahren.25 Es waren in der Regel Wochen- oder Monatsschriften, die einen zusätzlichen Auftrag auf sich nahmen, sich in der Rolle eines Sprachrohrs für Angelegenheiten einer Gruppe sahen. Sie waren besonders aktiv, wenn es um Themen wie Unterricht oder die Verbesserung der sozialen Verhältnisse ging. Das Ziel dieser Publikationen war neben den klassischen Aufgaben eines Presseproduktes auch Sprache, Traditionen und Kultur zu bewahren, für die Rechte der Minderheit zu kämpfen und gegen die Assimilation zu wirken.

Nicht selten waren diese Blätter gemischtsprachig, sie erschienen sowohl in der Sprache der Minderheit, als auch in der Sprache der Mehrheit. Auch ihre Mitarbeiter mussten nicht notwendigerweise aus den Reihen der Minderheit kommen, sie konnten auch Journalisten der Mehrheitsgesellschaft sein. Die Presseprodukte wurden aus privaten Quellen finanziert: sehr oft brachten engagierte Mitglieder der Sprachgruppe das Geld für die Kosten der Publikation selbst zusammen. Mit der Zeit wurden diese Veröffentlichungen professioneller gestaltet und in den letzten Jahrzehnten wurden sie teilweise von Tageszeitungen abgelöst. MIDAS, die ‘European Association of Daily Newspapers in Minority and Regional Languages’, eine europäische Organisation der Minderheitentageszeitungen, hat inzwischen 30 Mitglieder.26

Radioprogramme werden seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts ausgestrahlt.

Im selben Jahr, 1920, gingen sowohl in den Vereinigten Staaten, als auch in Deutschland die ersten Programme in Betrieb. In den Vereinigten Staaten gab es gleich am Beginn einige Radioprogramme für sprachliche Minderheiten, auch in Großstädten hatten Radiostationen einige Stunden wöchentlich verschiedenen anderssprachigen Gruppen zur Verfügung gestellt. Da die Stationen immer mehr auf Werbeeinnahmen angewiesen waren, passten sie sich den Wünschen der zahlenden Kunden an. Diese wollten eine möglichst breite Masse an Radiohörern erreichen und das glaubten sie am besten in der Mehrheitssprache tun zu können. So unterlagen diese Programme einem finanziellen Zwang. In Europa strahlte die BBC 1923 in Walisischem und Schottischem gälische Programme aus. In Norwegen in den 30ern und in Schweden und Finnland in den 40ern stellte man für die samische Bevölkerung                                                                                                                

25 Frachon/Vargaftik (1995), Alia/Bull (2005), Browne (2012), Gruffydd Jones/Uribe-Jongbloed (2013)  

26 www.midas-press.org  

gelegentlich eigene Sendungen im öffentlich-rechtlichen Hörfunk ins Programm.

Sendungen für Minderheiten im Hörfunk entwickelten sich, als die Staaten immer mehr unabhängige, kleine, lokale Frequenzen auch den Minderheiten zur Verfügung stellten. Auch im Bereich des öffentlich-rechtlichen Hörfunks gab es eine Öffnung und mit der Entwicklung der Radiotechnologie eröffnete sich mit den UKW-Frequenzen eine Vielzahl an Möglichkeiten. Der nächste Schritt brachte in erster Linie für Gruppen mit Migrationshintergrund die Satellitentechnologie, die auch Radioprogramme aus entferntesten Ländern erreichbar machte.

Fernsehen verbreitete sich seit dem Anfang der 1950er Jahre. Genau wie beim Hörfunk, bei dem die Lizenzen für Radiofrequenzen vom Staat verteilt wurden, ist die Kontrolle über diese für das Fernsehen ähnlich. Hinzu kamen noch die hohen Produktionskosten und die eingeschränkte Zahl an zur Verfügung stehenden Frequenzen, die eine Verbreitung verhinderten. Fernsehen war lange Zeit auch ein

“Nationalgut”, das zu verteilen und den Zugriff darauf zu erlauben, strategisch und politisch gut überlegt sein wollte. Die BBC strahlte 1953 das erste Fernsehprogramm in Walisisch aus, 30 Minuten pro Woche. Als die Einwanderung aus den ehemaligen Kolonien nach Großbritannien zunahm, ging 1968 in Birmingham ein Hörfunkprogramm speziell für Einwanderer aus Südasien und der Karibik ans Netz.27 Auch in anderen Ländern Europas veränderte die große Zahl der Immigranten das Gesicht der Gesellschaft.28 Der Druck auf die öffentlich-rechtlichen Anstalten wurde so groß, dass man anfing, eigene Programme für sie zu produzieren. Es waren in erster Linie praktische Informationen, die bei der Integration behilflich sein sollten und die Beziehung zum Heimatland pflegen sollten, damit der Kontakt nicht verloren ginge. Denn der Aufenthalt dieser Arbeitsmigranten war ja nicht für immer gedacht.

Das ZDF produzierte in Deutschland ab 1963 ‘Nachbarn unsere Nachbarn’ und der WDR ab 1965 ‘Ihre Heimat, unsere Heimat’. Im selben Jahr startete auch der RTBF29 sein Programm für Immigranten in Belgien. In Spanien richtete man – nach dem Ende Francos Diktatur – 1982 sogar einen baskischen, 1983 einen katalanischen Fernsehkanal ein, die noch heute in ihrer Regionalsprache senden. Ebenfalls 1982 wurde der walisischsprachige Fernsehkanal S4C gegründet. Andere Länder zogen                                                                                                                

27 bbc.co.uk/asiannetwork  

28 Frachon/Vargaftik (1995), Hourigan (2003), Alia/Bull (2005), Browne (2012), Cormack/Hourigan (2012), Gruffydd Jones/Uribe-Jongbloed (2013)  

29 Radio Télévision Belge Francophone  

später nach: Rai2 in Italien und in den Niederlanden NOS 1983. Das schwedische Fernsehen SVT gründete 1975 eine Minderheitenredaktion und startete 1987 ein eigenes Magazin für Einwanderer mit der Sendung ‘Mosaik’. Auch der ORF gründete vor 25 Jahren in Österreich die Sendung ‘Heimat fremde Heimat’, die noch immer ausgestrahlt wird.30

Auch in den ehemaligen sozialistischen Ländern wurden Minderheitenprogramme gestartet und Minderheitenzeitungen gegründet. Im Radio teilweise schon vor dem Zweiten Weltkrieg und in den Jahren danach, im Fernsehen einige Jahrzehnte später, in den 70er Jahren. Aus freiem Willen in einem Medium präsent zu sein, selbstbewusst Sprache, Tradition und Kultur pflegen zu wollen, davon konnte jedoch hier nicht die Rede sein. Die Ursachen für die Gründung dieser Produkte waren Bestrebungen der Propagandaabteilung der Partei, die damit die Möglichkeit nutzen wollte, die eigenen Ansichten auch den anderssprachigen Gruppen des Landes näher zu bringen. Diese Medien wurden von oben gesteuert und konnten sich nicht frei entwickeln. Ihre Gestaltung, die Themen, die sie behandelten, waren einer zentralen Kontrolle untergeordnet. So hat die Gründung dieser Medien aus Sicht des Kollektivs eine andere Bedeutung.

Zusammenfassend kann man sagen, dass bei der Entstehung und Entwicklung der Minderheitenmedien ähnliche Gründe eine Rolle spielen. Die Minderheitenpresse blickt auf eine lange Tradition zurück. Bei den elektronischen Medien war die Lage komplizierter. Hier ist der Einfluss des Staates, der über die Verteilung der Frequenzen wacht, zu groß – besonders beim kostenaufwendigen Fernsehen – um ein Produkt in Eigeninitiative starten zu können. Die elektronischen Medien hielten größtenteils erst nach dem Zweiten Weltkrieg ihren Einzug nach Europa, eine Ausnahme bildeten Großbritannien und die Anfangsjahre des Hörfunks in den Vereinigten Staaten. Die große Zahl der Einwanderer nach Westeuropa veränderte die Struktur der Gesellschaft und es wurde unmöglich, sie noch länger außer Acht zu lassen. Es wurden in erster Linie Programme der Integration für sie gestartet. Die gesellschaftlichen Bewegungen der 60er und 70er Jahre begünstigten das Entstehen solcher Medien. Im Osten Europas wurden die Minderheiten hingegen eher aus propagandistischen Gründen zentral mit Medien bedient. Die wichtigsten Faktoren, die das Wirken von Minderheitenmedien beeinflussten, waren die technische                                                                                                                

30 Frachon/Vargaftik (1995), svt.se, bbc.co.uk, s4c.co.uk, orf.at, zdf.de, wdr.de, tv3.cat, eitb.com, rtbf.be, nos.nl  

Entwicklung, finanzielle Unterstützung, soziale und gesellschaftliche Veränderungen und die Anerkennung ihrer Nützlichkeit seitens der Machthaber.