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12. Das Ungarische Fernsehen – MTV (Magyar Televízió)

12.2. Das Format: ‘Unser Bildschirm’

Der Programmname für die Nationalitäten war einheitlich. ‘Unser Bildschirm’

symbolisierte das Programm in der eigenen Minderheitensprache und wies darauf hin, dass der Inhalt und das Programm die Nationalität selbst betraf.450 Der erste Mitarbeiter, Johann Wolfart, hatte seine journalistische Erfahrung beim deutschen Programm des Hörfunks in Pécs gesammelt. Von der komplexen Arbeit im Fernsehen hatte er zunächst nur geringe Kenntnisse gehabt. Auch das Regionalstudio steckte noch in der Anfangsphase. Es strahlte die erste ungarische Sendung Ende November 1976 aus und im August 1978 folgte dann die erste deutsch-serbokroatische Sendung.451 Der Studioleiter selbst hatte seine Aufgabe ohne jegliche Instruktion und

                                                                                                               

448 Zum Vorschlag des Kongresses des Verbandes über eine wöchentliche Sendung stand: „Das Politbüro der USAP 1988 dazu: „Die Bedingungen der Nationalitäten-Massenmedien sind zu verbessern. Es gilt zu überprüfen, inwieweit Sendekapazität und Häufigkeit der Nationalitätenprogramme im Rundfunk und Fernsehen erhöht werden können.” Bericht über den VII.Kongress des Verbandes, im Dezember 1988, LdU-Bibliothek 9/5.  

449 Brief vom Generalsekretär des Verbandes Géza Hambuch an den Intendanten des Ungarischen Fernsehens, Gyula Bereczky vom 16. Juni. 1989. Ungarisches Staatsarchiv - MOL, XXVIII-I-1.

Schachtel 6. Dokumente des DeutschenVerbandes.  

450 Die serbokroatische Sendung hieß ’Naš Ekran’, die rumänische ’Ecranul nostru’, die slowakische

’Naša obrazovka’. Die Bedeutung ist dieselbe: wie unser Bildschirm.  

451 ’Egy kicsit hazamentem...’ von Johann Wolfart. In: ’Barátság’, 1994/1. Nr. S.38.  

Vorgabe übernommen.452 Mit der Aufgabe waren politische Erwartungen verknüpft.

Anderthalb Jahre nach der Gründung des Studios kamen die Nationalitätenprogramme hinzu und mussten integriert werden. Für Johann Wolfart war diese Aufgabe von Anfang an zweischneidig: „Der Redakteur und Reporter der Sendung musste auf einmal auch die Rollen des Ideenbringers, des Übersetzers und des Dolmetschers übernehmen (…). Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich in den Augen der Fernsehkollegen unbeabsichtigt ein Mitglied der Nationalität war, während ich in den Augen der in der Sendung vorkommenden Personen aber für das Fernsehen stand und die Rolle eines Produzenten innehatte.”453

Das Format ‘Unser Bildschirm’ war einheitlich aufgebaut und bestand am Anfang aus drei Teilen: Interview, kurze Informationen, Mini-Reportagen. Die Sendung verfügte monatlich über fünfzehn Minuten, was für Fernsehformate nicht geeignet ist, weshalb die Zusammenstellung einzelner Sendungen schwierig war.

Diese Sendezeit war zu kurz und passte in den Programmablauf des Senders kaum hinein. Außerdem löste die Zusammenlegung mit anderssprachigen Sendungen etwas Verwirrung aus. Sándor Békés beschrieb die Situation: „Bis zum heutigen Tag sage ich, dass das Nationalitätenfernsehen nur eine symbolische Bedeutung hat. Ernste Inhalte, Funktionen wegen der minimalen Sendezeit kann sie nicht haben. Das ist nur ein Symbol.”454 Die Bedeutung der Sendung aus der Sicht des Mediums und der Sicht der Partei- und Regierungsorgane war eindeutig als Pflichtübung ausgelegt. Für die Gruppe selbst bedeutete sie jedoch mehr. Wie auch das Hörfunkprogramm in deutscher Sprache Ende 1956, wurde mit dem Programm 1978 eine Gruppe sichtbar, die bis dahin nur selten und nur aus der Sicht der Mehrheit vorgestellt wurde. Durch das Medium Fernsehen, das immer schon – wegen seiner großen Wirkung – ein hohes Prestige besaß, wurde landesweit eine Gruppe visuell sichtbar gemacht. „Die Existenz der Sendung selbst erschuf innerhalb und außerhalb des Studios eine besondere                                                                                                                

452 „Natürlich gab es eine große, allgemeine, nennen wir es, Hinweise oder Erwartung. (...) Es gab keine Vorgaben für das Format, die Thematik, es gab keine Lenkung darüber hinaus.” Gespräch mit Sándor Békés, dem ehemaligen Studioleiter. S. Anhang. „Természetesen nagyon nagy általánosságban volt egy, nevezzük eligazításnak vagy elvárásnak. (...) Sem műfaji, sem terjedelmi, sem tematikai, semmilyen irányítás ezen kívül nem volt.”  

453 Wolfart (1996:53) „A műsor szerkesztője, riportere egyszerre kellett hogy betöltse az ötletgazda szerepétől a fordító, tolmács (szerepét) (...) Jól emlékszem még, hogy a műsorkészítő televíziós kollégák szemében akarva-akaratlanul is egy adott nemzetiséghez tartozó voltam, míg a műsorban szereplők számára a televíziót, a televíziózást jelenítettem meg.”  

454 Gespräch mit Sándor Békés, dem ehemaligen Studioleiter, S. Anhang. „Máig azt mondom, hogy a magyarországi nemzetiségi televíziózás csak szimbolikus jelentőségű. Komoly tartalma, funkciója nincsen a műsormennyiség minimalizálás okán. Ez csak szimbólum.”  

Situation. (…) Das wurde typisch für die Sendung selbst: ein solches Forum, wo sie sich aussprechen können – wir uns aussprechen können.”455

Dreizehn deutsche und serbokroatische Nationalitätensendungen wurden 1979 – monatlich einmal in dreißig Minuten – zusammen produziert. Zwar war die Erhöhung der Sendezeit nicht geplant, aber es war bald klar, dass diese gemeinsame Konstruktion nicht gut funktionierte und die zwei Programme voneinander getrennt werden sollten. Da im Fernsehen ein Format von fünfzehn Minuten für ein Magazinprogramm nicht geeignet war, sollte als Ziel eine selbstständige deutsche Sendung von dreißig Minuten produziert werden.456 Die Sendezeit änderte sich 1980 und ‘Unser Bildschirm’ meldete sich monatlich im Umfang von zwanzig Minuten.

Das Format wurde für das zweite Programm produziert und ab 1982 am Samstagvormittag auf dem ersten Programm wiederholt. Im Laufe der 80er Jahre änderte die Programmleitung die Sendezeiten sehr oft und neben der regulären zwanzig Minuten im Monat stellte nun das Regionalstudio in ungarischsprachigen Sendungen Programmplätze zur Verfügung. 1987 schrieb der Verband, dass die Sendelänge des deutschsprachigen Programms die erwartete Quantität nicht erfülle.

Deshalb wollte der Verband dreißig Minuten pro Woche bekommen.457 Dieser Bitte kam das ‘Ungarische Fernsehen’ bis zur Wende nicht nach.

Inhaltlich wurde dem Programm nicht viel vorgeschrieben, die Redakteure hatten einen gewissen Freiraum. „Es war uns vorgegeben, nicht viel zu politisieren, sondern zu unterhalten. Man kann aber auch mit der Unterhaltung recht wohl politisieren. Selbst die Tatsache, daß wir für die Ungarndeutschen eine Sendung gemacht haben, war Politik mit enormer Wirkung.”458 Die Themen waren ähnlich zusammengestellt wie bei anderen ungarischsprachigen Sendungen, wie das Leben im Dorf, Landwirtschaft, die Industrie, die Aufarbeitung der Vergangenheit, Kunst und Kultur. Hinzu kamen minderheitenspezifische Themen, wie Schule und Unterricht,

                                                                                                               

455 Wolfart (1996:53)  

456 Der Arbeitsplan des Pécser Regionalstudios des MTV für das Jahr 1979. S. 2. Ungarisches Staatsarchiv, Dokumente des Ungarischen Fernsehens - MOL, XXVI-A-9-a, 29. Schachtel .  

457 Stellungnahme (Entwurf), am 24. April 1987 vom Demokratischen Verband der Ungarndeutschen, Ungarisches Staatsarchiv - MOL, XXVIII-I-1. 31. Schachtel.  

458 „ Die „Stunde Null” gesehen” – Interview mit Johann Wolfart, In: ’Neue Zeitung’ 40/98.  

Sprache und Volkskunde.459 Als Ziele formulierten die beiden Redakteure für die Sendung:

(a) Information, (b) Erziehung, (c) Unterhaltung.

Als entsprechendes Format entschieden sich die Redakteure für das Magazin mit Beiträgen verschiedener Länge. In einem Artikel der ‘Neuen Zeitung’ formulierte Johann Wolfart die Hauptaufgaben der Sendungen selbst:

„ (a) Erhalten und Pflege der Muttersprache,

(b) die Sendung sollte zu einem Forum der Nationalitäten werden,

(c) sie sollte den Amateurensembles der Nationalitäten eine Möglichkeit zum Auftritt gewährleisten”.460

Die entsprechenden Mitarbeiter zu finden, war eine schwere Aufgabe. Im Fernsehen – besonders als noch analog gearbeitet wurde – hing der Erfolg der Produktion von sehr vielen Mitarbeitern ab. Das Regionalstudio in Pécs wurde personell mit jungen Journalisten aus Pécs und erfahrenen Fernsehleuten aus Budapest aufgebaut. Da es in Pécs davor keine entsprechenden Fernsehleute gab, wurden Regisseure, Kameramänner und Cutter, ebenso technisches Personal aus der Zentrale für eine gewisse Zeit nach Pécs delegiert, um dort vor Ort den jungen Kollegen Fachkenntnisse beizubringen. Schon seit den Anfängen deutete Wolfart darauf hin, welche Schwierigkeiten es bereitete, das deutsche Programm mit Fachleuten zu gestalten, die die deutsche Sprache und Kultur nicht verstanden. Das Ziel war von Anfang an, für einen entsprechenden Nachwuchs in den verschiedenen Fachbereichen zu sorgen.461 So kam György Hoffmann als Regieassistent ins Studio und die serbokroatische Redaktion wurde gleichfalls erweitert. Da das Fernsehen technologisch gesehen kompliziert aufgebaut ist, bereitete dies für die Produktion in fremder Sprache weitere Erschwernisse. Kollegen, die die Sprache und die Kultur verstanden, waren von Vorteil, sonst fielen solche Aufgaben auf den Redakteur zurück. Dieser musste für den Ausbau eines Vertrauensverhältnisses mit den                                                                                                                

459 ’Naš Ekran- Unser Bildschirm’: Bericht über die Akzeptanz und Bewertung der Minderheitensendungen, August 1979, gezeichnet von István Popovics und Johann Wolfart, aus dem Nachlass von Johann Wolfart. Ohne Signatur.  

460 ’Seit zwei Jahren: Unser Bildschirm’ von Johann Wolfart, In: ’Neue Zeitung’, 33/1980.  

461 ’Naš Ekran- Unser Bildschirm’: Bericht über die Akzeptanz und Bewertung der Minderheitensendungen, August 1979, verfasst von István Popovics und Johann Wolfart. Ohne Signatur.  

Interviewpartnern sorgen und zusätzlich noch das Team instruieren. So war die Herausforderung bedeutend größer und die Arbeit erforderte mehr Einsatz und Zeit.

Zu den inhaltlichen Schwerpunkten gehörte die Bewahrung und Pflege der Sprache.

Durch die Veränderungen in der Unterrichtspolitik – die Zahl der Schulen mit Deutschunterricht erhöhte sich und die ersten zweisprachigen Schulen in Bóly und in Bonyhád begannen ihre Tätigkeit – beschäftigte sich ‘Unser Bildschirm’ auch mit dem Erlernen der Sprache. Die Sendungen starteten eine Serie über Intellektuelle aus den Reihen der deutschen Minderheit und stellten die Tätigkeit von Kulturgruppen vor. Sie starteten eine Reihe, in der sie die Siedlungen vorstellten. Die Zahl der Kulturgruppen wuchs, der Verband gründete eine Künstlersektion, die ebenfalls vorgestellt wurde, neben dem Aufruf für die Teilnahme an einem Wettbewerb in Literatur für UB (Unser Bildschirm). Die Themen häuften sich, ‘Unser Bildschirm’

wurde immer bekannter und das Prestige, im Fernsehen präsent zu sein, trug zur Popularität der Sendung bei.462 ‘Unser Bildschirm’ – aber auch die übrigen Nationalitätenprogramme des ’Ungarischen Rundfunks’ – wurden nie auf Zuschauerquoten hin untersucht. Nach Gizella Sóvári, zu dieser Zeit verantwortliche Redakteurin im Regionalstudio Pécs von MTV, erreichten die Zahlen nie mehr als drei Prozent der Zuschauerquote, sie maß den Erfolg an der Zahl der Zuschauerbriefe.

Deren Zahl ist nicht bekannt, aber zu den Aufgaben der Redakteure gehörte auch die Beteiligung an Zuschauerforen im ganzen Lande. Hier wurde des Öfteren betont, dass

‘Unser Bildschirm’ auch in den Unterricht eingebunden werden sollte.463

Schon 1981 forderte Wolfart, die Sendezeit um zweimal 20 Minuten monatlich zu erweitern, um die geplanten Inhalte unterbringen zu können.464 Die Sendungen hatten zwar einen festen Platz in der Struktur, mussten aber sehr oft anderen Programmen weichen, die für die Leitung wichtiger waren. So beschwerte sich der Generalsekretär des Verbandes, Anton Réger, 1982 in einem Brief an den Intendanten über die ständigen Veränderungen des Programms. Unter Hinweis auf die kurzen Sendezeiten, bat er den damaligen Intendanten um feste Sendezeiten,                                                                                                                

462 „Wenn der Zuschauer der monatlich einmal ausgestrahlten Sendung zuliebe solche Opfer bringt, indem er die Schicht tauscht oder Urlaub nimmt, einen neuen modernen Fernsehapparat kauft, oder gerade am Tag der Sendung einen Verwandtenbesuch in der Nachbargemeinde plant, um sich das Programm ansehen zu können.” Johann Wolfart: ’Seit zwei Jahren: Unser Bildschirm’. In: ’Neue Zeitung’, 33/180.  

463 Protokoll der Sitzung der Leitung des Ungarischen Rundfunks vom 17. Juni 1982 in Budapest.

Programmpunkt die Besprechung des Programmplanes für das Jahr 1983. Ungarisches Staatsarchiv - MOL, XXVI-A-9-a Schachtel 92., Dokumente des Ungarischen Fernsehens.  

464 Johann Wolfart: Bewertung ”Unser Bildschirm” 1. Januar 1980-April 1981’, vom 17. April 1981.  

außerdem um deren Verlängerung und die Verlegung auf einen besseren Zeitpunkt der Ausstrahlung.465

Zuschauer gewöhnen sich an Sendezeiten, bauen diese Termine in ihren Tagesablauf ein, wenn diese Sendungen zuverlässig und regelmäßig auf demselben Sendeplatz ausgestrahlt werden. ‘Unser Bildschirm’ hatte auf Dauer keinen festen Sendeplatz in der Programmstruktur, deswegen mussten sich die Zuschauer immer wieder auf neue Sendezeiten einstellen. Dadurch erreichten die Sendungen der Nationalitäten ihre Zuschauer nicht zuverlässig. Für das ‘Ungarische Fernsehen’

waren diese Spartenprogramme nicht wichtig. Sie wurden ständig verlegt, wenn eine andere, wichtigere Sendung in der Struktur ihren Platz beanspruchte.

Neben diesen regelmäßigen Sendungen, die mit ihrer monatlichen Ausstrahlung nur eine Präsenz von zwei Nationalitäten zeigten,466 gab es noch die Möglichkeit, eigenständige Filme mit Nationalitätenthemen zu produzieren. Dies geschah in erster Linie in ungarischer Sprache, aber diese Filme wurden landesweit ausgestrahlt und bearbeiteten Themen, die bis dahin für ein breites Publikum nicht bekannt waren. Dazu kamen auch Themen, die aus Platzmangel nicht in ‘Unser Bildschirm’ aufgenommen werden konnten. Diese jährlichen vier Filme eröffneten die Möglichkeit, sich in ein Thema zu vertiefen. Filme über Márton Kalász467 oder Görcsönydoboka, dem Herkunftsort des Redakteurs János Wolfart, gehörten wohl zu den wichtigsten Produktionen der Redaktion.468 Ebenso kam es zur Aufarbeitung verschiedener Themen über die deutsche Nationalität, die den deutschen Redakteuren im Regionalstudio zu verdanken war. Der Film über die Bewegung ‘Treue zur Heimat’ griff Inhalte auf, die bis dahin als Tabu galten.469 Diese Filme bewegten sich stets innerhalb des Rahmens des Erlaubten. Es waren Themen, die aus der Kultur, der                                                                                                                

465 Brief von Anton Réger, dem Generalsekretär des Verbandes an Richárd Nagy, dem Intendaten des Ungarischen Fernsehens, vom 26. Juli 1982. Ungarisches Staatsarchiv- Dokumente des Ungarischen Fernsehens - MOL, XXVI-A-9-a 67. Schachtel.  

466  Weitere Minderheitenprogramme im Regionalstudio Szeged des ’Ungarischen Fernsehens’ waren 1982 die rumänische, 1983 die slowakische Sendung. In: 25 éves a nemzetiségi televíziózás, 2003.  

467 Der Schriftsteller Márton Kalász stammt aus einer deutschen Gemeinde und wurde landesweit mit seinem Roman „Téli bárány” (Winterlamm) bekannt, in dem er seine Kindheitserinnerungen beschrieb.

Kalász ist Schriftsteller, Übersetzer, Dichter und war in den 70er und 80er Jahren Redakteur in führenden Literaturzeitschriften des Landes. http://hu.wikipedia.org/wiki/Kalász_Márton (Stand:

15.05.2015)  

468 Filme wie die ’Sathmarer Schwaben’, ’Der Königin von Ungarn Lied’ oder ’Bemalte Bauernmöbel in Hartau’ von Johann Wolfart oder die Vorstellung der Gemeinde Nagynyárád von Martha Stangl waren nur einige dieser Reihe von Filmen.  

469 Der Film beschäftigte sich mit der Treuebewegung der Ungardeutschen, in Bonyhád gegründet, die dem Volksbund gegenüber organisiert wurde.  

Geschichte oder aus dem sozialistischen Alltag kamen. Die Redakteure wussten sehr wohl, was in die Sendung hineinkommen durfte und was nicht. Natürlich war die Kontrolle nicht so handfest zu spüren wie in den 50er und 60er Jahren. Die vom Komitat Baranya gegründete Nationalitätenkommission forderte einen Bericht über den Stand der Programme. In diesem erwähnte Wolfart die ab 1982 regelmäßig – vierteljährlich in 30 Minuten – produzierten Sendungen in ungarischer Sprache und betonte ihre Bedeutung.470 Für ihn als Redakteur von ‘Unser Bildschirm’ war es wichtig, die kritische Stimme der Sendungen zu betonen. Es bedeutete keine “wahre”

Kritik, nur das Bedürfnis der Redakteure, als Journalisten ihren Beruf auch in diesem Sinne ausüben zu können. Die Sendungen wurden aber immer noch als mögliche Foren der Volkserziehung gehandelt.471

‘Unser Bildschirm’ versuchte, mit seinen Themen modern zu sein. Valeria Koch schrieb 1983: „Unser Bildschirm und Johann Wolfart wollen nicht nur in Heimatmuseen, Leselagern, Deutschklubs, auf Sitzungen, Tagungen des Demokratischen Verbandes der Ungarndeutschen und der Literarischen Sektion dabei sein. Sie möchten überall ihren Mann stellen, wo etwas mit Menschen, die im Falle eben Ungarndeutsche sind, geschieht. Für wirtschaftliche, kulturelle, zwischenmenschliche, also kurz und bündig: menschliche Probleme interessiert sich das Team.”472 Sowohl in seinen Themen, als auch in der Gestaltung war ‘Unser Bildschirm’ fortschrittlich. Das städtische Deutschtum, die Veränderungen im Sprachgebrauch, das Leben nicht nur auf dem Lande, das waren alles Themen, die teilweise auch von den ungarischen Kollegen angeregt wurden. Nicht in der eigenen Redaktion eingesperrt zu bleiben, während der ganzen Arbeit Rückmeldungen ausgesetzt zu sein, trug dazu bei, dass ‘Unser Bildschirm’ in den 80er Jahren mit                                                                                                                

470 ’Die Rolle des Pécser Regionalstudios des Ungarischen Fernsehens in der Volksbildung der Nationalitäten’ – ein Bericht an die Nationalitätenkommission des Komitatsrates Baranya, März 1983, von der Nationalitätenredaktion des Regionalstudios in Pécs. Ohne Signatur. ’A Magyar Televízió Pécsi Körzeti Stúdiójának szerepe a nemzetiségi közművelődésben.’ Jelentés a Baranya megyei Tanács Nemzetiségi Bizottságának.  

471 „Die kritische Stimme ist immer stärker, was eine positive Beurteilung auch nicht ausschließt. Mit der Vorstellung der positiven Beispiele möchten wir die „hinten Schlurfenden” vorantreiben.” „Egyre erősebb a kritikai hang, ami pozitív bírálatot sem zár ki. A pozitiv példák bemutatásával igyekszünk a

„hátul kullogókat” serkenteni.” In: ’Die Rolle des Pécser Regionalstudios des Ungarischen Fernsehens in der Volksbildung der Nationalitäten’- ein Bericht an die Nationalitätenkommission des Komitatsrates Baranya, März 1983, von der Nationalitätenredaktion des Regionalstudios in Pécs, S. 4.

Ohne Signatur. ’ A Magyar Televízió Pécsi Körzeti Stúdiójának szerepe a nemzetiségi közművelődésben. Jelentés a Baranya megyei Tanács Nemzetiségi Bizottságának.  

472 Valeria Koch: ’Fünf Jahre „Unser Bildschirm”, In: Pannonia, Jahrgang: XII/1. Frühling 1984, S.

12.  

anderen ungarischsprachigen Sendungen mithalten konnte. Themen wie die Wirtschaft und das Leben der Minderheit, die immer weiter fortschreitende Urbanisierung, die den Minderheiten zugeschriebene Aufgabe der Nationalitäten als Brücke zwischen Ländern und Völkern zu funktionieren, aber auch die Vorstellung – die Verbildlichung – von Ungarndeutschen bewohnten Ortschaften, boten mehr als nur das traditionelle Bild einer Volkskultur.473

Die Nationalitätensendungen bildeten einen Teil der Programmstruktur der Regionalstudios. 1985 begann die Ausstrahlung der Regionalsendungen, – diese wurden nur in Südtransdanubien empfangen – und die Nationalitätenprogramme wurden in die ungarischen Programme integriert. Im ersten Jahr waren es nur zweimal wöchentlich 5 Minuten, 1986 bereits wöchentlich zehn Minuten. Ebenso in den ungarischsprachigen Sendungen entstanden als Teil der Regionalprogramme in dreißig Minuten Magazinprogramme, die die besten Beiträge der Nationalitätenredaktion erneut zeigten.474 1987 wurde die Wiederholung auf den zweiten Kanal verlegt und die Sendungen wurden nicht mehr in den Vormittagsstunden, sondern um die Mittagszeit wiederholt. István Popovics, nach Wolfart Redaktionsleiter in der Redaktion der Nationalitätenredaktion in Pécs, beklagte in seinem Bericht erneut die häufig wechselnden Sendezeiten und deren Kürze. In seinem Vorschlag sah er einen zweiwöchigen Rhythmus für die Sendungen vor, der später um eine wöchentliche Sendung ausgeweitet werden sollte.

Der Weg von ‘Unser Bildschirm’ bis zu den Fernsehgeräten führte durch verschiedene Filter. Die Themen der Sendung mussten im Voraus vorgeschlagen und schriftlich eingereicht werden. Nur vom Studioleiter genehmigte Themen erhielten eine Dreherlaubnis. Nach Fertigstellung des Filmes wurde dieser vom Studioleiter abgenommen. Außer dem damaligen Studioleiter, Sándor Békés gab es keine weitere Instanz, die über die Sendungen entschieden hatte. Seiner Erinnerung nach gab es auch keinen Fall, in dem ein Film umgeschnitten oder etwa nicht ausgestrahlt werden durfte.475 Redakteurin Martha Stangl jedoch beschrieb, wie die Selbstzensur

                                                                                                               

473 Arbeitsplan des Regionalstudios Pécs des Ungarischen Fernsehens für das Jahr 1984. Ungarisches Staatsarchiv - MOL, XXVI-A-9-a, 92. Schachtel.  

474 István Popovics: ‘Die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der deutschen und serbokroatischen Nationalitätensendungen, vom 14. Januar 1987. Ohne Signatur.  

475 Gespräch mit Sándor Békés, s. Anhang.  

funktionierte und wie die Mitarbeiter selbst wussten, wie viel gezeigt werden durfte und was zu Problemen geführt hätte.476

Bei der Abnahme der Minderheitensendungen waren immer Vertreter der jeweiligen Nationalität anwesend. Die deutsche Nationalität wurde durch Béla Szende, damals schon Hochschullehrer, Aktivist im Deutschen Verband, früher selbst Journalist im deutschen Hörfunkprogramm, vertreten. Da der Studioleiter keine Fremdsprachen sprach, wurde durch Béla Szende sichergestellt, dass keine unerlaubten Themen in die Sendungen kamen. Für ‘Unser Bildschirm’ galten die gleichen Tabus wie für alle anderen Medien auch. Themen wie Zwangsverschleppung in die Sowjetunion oder Kritik an der Partei oder an der Sowjetunion blieben ebenso verboten wie in anderen Medien.477 Laut Studioleiter Sándor Békés gab es zwei Phasen der Kontrolle: jeweils bei der Besprechung über die Akzeptanz des Themas und bei der Abnahme der Sendung, bevor sie ausgestrahlt werden durfte. Im Gespräch

Bei der Abnahme der Minderheitensendungen waren immer Vertreter der jeweiligen Nationalität anwesend. Die deutsche Nationalität wurde durch Béla Szende, damals schon Hochschullehrer, Aktivist im Deutschen Verband, früher selbst Journalist im deutschen Hörfunkprogramm, vertreten. Da der Studioleiter keine Fremdsprachen sprach, wurde durch Béla Szende sichergestellt, dass keine unerlaubten Themen in die Sendungen kamen. Für ‘Unser Bildschirm’ galten die gleichen Tabus wie für alle anderen Medien auch. Themen wie Zwangsverschleppung in die Sowjetunion oder Kritik an der Partei oder an der Sowjetunion blieben ebenso verboten wie in anderen Medien.477 Laut Studioleiter Sándor Békés gab es zwei Phasen der Kontrolle: jeweils bei der Besprechung über die Akzeptanz des Themas und bei der Abnahme der Sendung, bevor sie ausgestrahlt werden durfte. Im Gespräch