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3. Minderheitenmedien

3.2. Funktion von Minderheitenmedien

Wirkung und Einfluss von Minderheitenmedien sind bis heute noch nicht ausreichend untersucht worden, um sie eindeutig erfassen zu können. Zum einen, weil die Erforschung der Minderheitenmedien in der Tiefe erst in den 90er Jahren ihren Anfang nahm, zum anderen, weil es kaum Daten zum Medienkonsum der Minderheiten gibt.31 Die Bedeutung der (Massen-)Medien ist für Minderheiten mindestens genauso hoch und wichtig wie für die moderne Mehrheitsgesellschaft.

Hier erhalten sie die Informationen, die es ihnen erlauben, an komplexen gesellschaftlichen Ereignissen teilzunehmen. Außerdem stärken Medien das Gefühl der Zusammenhörigkeit, eine Identifizierung mit der eigenen Gruppe. Die soziale Funktion der Minderheitenmedien ist genauso relevant wie die Funktionen, die mit dem Erhalt der Minderheitensprache in Verbindung stehen: sie haben aber auch eine Erlebnisfunktion, durch die sich der Rezipient wiedererkennen kann. Die Medien spielen nicht nur als Kommunikatoren eine Rolle, sie sind auch soziale Institutionen, die unter anderem über Arbeitsmöglichkeiten verfügen und der Jugend eine Laufbahn eröffnen können. Zudem sind sie eine wichtige Kontakt- und Anlaufstelle, sogar Ansprechpartner der Minderheit.

Nicht nur Minderheitenmedien haben im Leben eines Kollektivs Bedeutung.

Massenmedien der Mehrheit haben im Leben verschiedener sprachlicher und gesellschaftlicher Gruppen eine ähnlich wichtige Funktion. Sie stellen eine gemeinsame Themenbasis bereit, ermöglichen eine Repräsentation für die Mitglieder der Minderheit, konstituieren eine Öffentlichkeit, an der sich die Minderheit beteiligen kann, vermitteln gemeinsame Werte und Normen und schaffen ein Forum für die Selbst- und Fremdwahrnehmung.32 Medieninhalte schaffen eine Basis für die interpersonelle Kommunikation und helfen dabei, sich in der Gesellschaft zu orientieren, denn sie konstituieren eine gemeinsame Wissensbasis. Darum sind beide,

                                                                                                               

31 Browne/Uribe-Joengblad (2013)  

32 Vlasic (2004)  

sowohl die Massenmedien der Mehrheitsgesellschaft, als auch die Minderheitenmedien im Leben einer Gruppe sehr wichtig.

Minderheitenmedien haben die Aufgabe, innerhalb der Gruppe für eine Öffentlichkeit zu sorgen. Aber anders als bei Massenmedien, haben Minderheitenmedien noch andere Aufgaben zu bewältigen. Darunter die Bewahrung der Sprache, die Erhöhung des Selbstwertgefühls, die Bekämpfung negativer Vorurteile, die Verstärkung des inneren Zusammenhalts einer Gruppe und dadurch das Erreichen mehr politischen Einflusses, die Herstellung von sichtbaren und hörbaren Produkten der Minderheit, eine Möglichkeit für kreative Verwirklichung der Minderheit und nicht zuletzt die Schaffung von Arbeitsplätzen.33

Die Frage stellt sich automatisch, wie groß muss die Minderheit sein, um selbst über eigenständige Medien verfügen zu können. Der wichtigste Parameter, der in Betracht gezogen wurde, war die Feststellung der zahlenmäßigen Stärke der Minderheit. Abram De Swaan zog die Linie für die Vitalität einer Sprache bei einer Million.34 Inzwischen wissen wir, dass diese Zahl nicht so hoch gegriffen sein muss, auch zahlenmäßig schwächere Gemeinschaften schaffen es, ihre Medien langfristig zu finanzieren.

Nach Riggins35 sind die wichtigsten Funktionsmerkmale der Minderheitenmedien unter anderem, dass sie die Sprachkenntnisse verbessern, die Sprache erneuern, ein positives Sozialisierungsmodell für Jugendliche bieten und die Wahrnehmbarkeit der Gruppe steigern. Minderheitenmedien nehmen teil an Debatten, die die Minderheit selbst betreffen, spielen als Institutionen des Kollektivs eine wichtige Rolle und unterhalten mit Organisationen und Privatpersonen der Minderheit selbst, aber auch mit Personen und Institutionen der Mehrheit aktive Beziehungen, wodurch Verbindungen zwischen der Gruppe und staatlichen Stellen geschaffen werden. Sie spielen eine Rolle in:

„ (a) They can become mobilizing forces for the ethnic community;

(b) they are indicators of larger social change;

                                                                                                               

33 Browne (1996), Cormack (2012)  

34 „Some 200 languages are spoken by more than one million people. That appears to be roughly the lower limit of viability, for simple reasons of the division of labour: it takes a workforce of many hundreds of thousands, possibly millions, to sustain the major contemporary techniques of production, communication and administration.” de Swaan (1991:310)  

35 Riggins (1992)  

(c) they can redefine the media market and introduce new organizational structures.”36

Minderheiten brauchen verschiedene Formen und Inhalte der Kommunikation. Es war und ist – besonders in den Staaten des ehemaligen Ostblocks – vieles vorgegeben und an diesen Strukturen kann nicht viel verändert werden. Die kommunikativen Bedürfnisse einer Minderheit sind in den Medien sehr unterschiedlich und werden von verschiedenen Faktoren beeinflusst: die vorgegebenen Strukturen, die ökonomischen Ressourcen, das Niveau der Sprachkenntnisse, aber auch geographische Gegebenheiten spielen dabei eine wichtige Rolle. Wie diese Minderheitenmedien inhaltlich und strukturell aufgebaut sind, hängt immer zu einem bedeutenden Maße von der Mehrheit ab: deren politische Macht kann die Form und die Erreichbarkeit regulieren und natürlich auch auf den Inhalt Einfluss nehmen. Aber auch die Mehrheitsgesellschaft selbst fließt genau wie im Alltagsleben auch in die Medieninhalte der Minderheiten ein. Auf der anderen Seite besitzt natürlich die Gruppe selbst die Möglichkeit, über Inhalte der eigenen Medien zu entscheiden.37 Die Bedingungen für Minderheitenmedien und eine funktionsfähige Öffentlichkeit für das Kollektiv hat Cormack38 so zusammengefasst:

(a) regelmäßige Nachrichtenversorgung,

(b) Produktion von aktuellen Inhalten, so dass ein öffentlicher Diskurs über wichtige Themen ermöglicht wird,

(c) vollständige Erreichbarkeit durch die Medien, damit sich alle an den Diskursen beteiligen können.

Das setzt natürlich auch eine aktive Sprachkompetenz voraus. Außerdem darf nicht vergessen werden, dass die Angelegenheiten einer Minderheit, sei es Kultur, Sprache oder Medien immer eine politische Angelegenheit bleiben wird.39

                                                                                                               

36 Matsaganis/Katz/Ball-Rokeach (2011:16)  

37 Almost all ethnic minorities need and expect sympathetic treatment in established mass media and would like to able to speak, on their own terms, to the majority, by way of established mass media. The groups that most want autonomy do not usually want to be reached by dominant media and want their own exclusive channels. Those that want integration, or just treatment on equal terms with the majority(…) are less likely to require their own media or to object to incorporation into normal majority audiences.” McQuail (1992:298)  

38 Cormack (1998:44)  

39 „In den heutigen medienzentrierten Demokratien werden soziale und politische Realitäten massenmedial vermittelt. Dem Grundrecht auf Identitätsbildung durch Massenmedien in der eigenen Sprache folgt parallel die friedensstiftende Funktion von Medien, die in einer Gesellschaft mit mehreren Sprachgruppen operieren. Medien in solchen Gesellschaften haben die Aufgabe, durch eine entsprechende Kommunikation die ethnischen Spannungen zu reduzieren und die Kooperation unter

Minderheitenmedien haben zumeist eine limitierte Sendezeit. Sie werden sehr oft in regionalen und lokalen Kanälen untergebracht. Sie besitzen keine richtige Autonomie in ihrer Entscheidungsgewalt und sind von Entscheidungsträgern in der Zentrale abhängig. Ihr Einfluss auf Sendeplätze und ihre Finanzierung ist sehr beschränkt.40

Massenmedien werden im Allgemeinen als Mittel der Assimilation angesehen.

Mainstreammedien üben einen starken Einfluss aus, lassen auch Minderheiten die Sprache übernehmen, die von der Mehrheit benutzt wird. Daher, „minority language media serve as a defensive tool, balancing the impact of the language(s) that dominate the media landscape”.41 Rezipienten einer Minderheit benutzen im Laufe des Tages, genauso wie andere auch, unterschiedliche Medien um sich zu informieren. Weil es größtenteils um zweisprachige Menschen geht, wendet sich der Rezipient, wenn er in seiner Minderheitensprache nicht den entsprechenden Inhalt bekommt, schnell an die Medien der Mehrheitssprache. Wenn die Formate und Gattungen der Minderheitenmedien die Rezipienten nicht zufriedenstellen, wendet sich das Publikum an andere Medienangebote, nämlich solche der Medienlandschaft der Mehrheit. Minderheitenmedien besitzen wegen der finanziellen und zeitlichen Knappheit weniger Möglichkeiten, ihre Programme vielseitig zu gestalten. Sie bleiben bei den altbewährten Formaten der Nachrichten, Magazine, Kinder- und Jugendprogramme. Es gibt keine wirkliche Vielfalt. Das stimmt allerdings mit dem Ziel der Minderheitenmedien nicht überein. Das Angebot ist klein, es fehlen private Anbieter, die Mehrheitssprache mit ihrer breiten Möglichkeiten bietet hingegen eine weite Palette an Populärkultur an. Neben den Minderheitenmedien existieren meistens Mehrheitsmedien, die eine enorme Konkurrenz für schlechter ausgestattete Redaktionen bedeuten. Die meisten Minderheiten sind zweisprachig, sie können also ihre Informationen gleich aus mehreren Quellen einholen. „Few minority language communities, certainly in Europe, will be consumers of only media in the minority language. Most will also be watching dominant language media as well. Any calculation of minority language media impact must take this into account.”42 Das                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              

den Sprachgruppen zu fördern. Dies gilt gleichermaßen für die Medien der Minderheit(en) wie auch der Mehrheit(en).” Pallaver (2006:319)  

40 „Members of ethnic minorities seldom hold decision-making positions in the media, and content for and about ethnic minorities are marginal.” Lazarte-Morales (2008:1578)  

41 Moring (2012:20)  

42 Cormack (2012:57)  

führt zu dem Ergebnis, dass die Minderheitenmedien, die weder in der Infrastruktur, noch in der Finanzierung mithalten können, schnell von den Medien der Mehrheitsgesellschaft überholt werden. Eine ganzheitlich umfassende Medienlandschaft – von der Tageszeitung bis hin zu den elektronischen Medien – ist hier relevant. Jedes Medium besitzt eine spezifische Funktion, die nicht durch ein anderes ersetzt werden kann. Das Radio informiert schnell, ist billig und ohne großen Kostenaufwand nutzbar. Das Fernsehen genießt das größte Prestige, macht sichtbar, wird aber mit großem Aufwand produziert, kostet viel und ist in seinen Sendeplätzen beschränkt. Der politische Status der Minderheit wird durch die elektronischen Medien – in erster Linie durch das Fernsehen – erhöht, aber die Sprache der Minderheit kann gleichfalls aufgewertet werden. Wochenzeitungen dokumentieren und berichten über das Innenleben einer Volksgruppe. Der Tagespresse kommt eine ganz besondere Rolle zu, sie kann maßgeblich dazu beitragen, die Sprache zu erhalten

„ und zwar nicht nur im konservierenden Sinn, denn diese Funktion wird weitgehend von den periodischen Druckschriften und Wochenzeitungen erfüllt (…), sondern vielmehr spracherhaltend, indem die Minderheitensprache ihren Kommunikationswert für alle Alltagssituationen und Lebensbereiche zurückerhält.”43

Minderheiten werden in den Mehrheitsmedien nicht entsprechend repräsentiert. Nur wenn sie eine bestimmte Zahlenstärke erreichen, wenn ihre sprachliche, politische und wirtschaftliche Position so stark ist oder die Zugehörigkeit zur Minderheit ein hohes Prestige erlangt, kann es vorkommen, dass sie auch in den Mehrheitsmedien Berücksichtigung finden. Selten aber sind sie Teil einer nationalen Öffentlichkeit, in der die öffentlich-rechtlichen oder staatlichen Hörfunk- und Fernsehanstalten eine Schlüsselrolle spielen. Diese Rundfunkanstalten sind vom Gesetzgeber verpflichtet im ganzen Land zu senden, die Bevölkerung umfassend zu versorgen. Wenn dies vermehrt nicht entsprechend geschieht, hebt das die Bedeutung der Minderheitenmedien.44 Da Lizenzen und Frequenzen nur von Staaten vergeben werden, werden die meisten elektronischen Minderheitenmedien von einer Regierungsinstitution oder einem Rundfunkrat kontrolliert, in einigen Ländern, wo sie                                                                                                                

43 Busch (1994:267)  

44 „Die Akzeptanz der Kritik am universalistischen Multikulturalismus führt notwendigerweise zu einer tiefen Skepsis gegenüber der Fähigkeit von Mehrheitsmedien, Erfahrungen und Interessen von Ausgegrenzten und/oder ethnischen Minderheiten in angemessener Weise zu repräsentieren.

Kultureller Pluralismus, eine gutmütige Akzeptanz kultureller Diversität seitens der dominierenden Gemeinschaft, reicht nicht. Institutioneller Pluralismus mit autonomen Besitzverhältnissen und Kontrolle der Medieninstitutionen ist unerlässlich.” Husband (2001:17)  

Teil des staatlichen Systems sind, durch die Leitung dieser Medien. Es liegt auf der Hand, dass derjenige, der die Macht besitzt, auch die Grenzen der Repräsentation der Minderheiten nach seinen eigenen Vorstellungen zieht. Natürlich überlegt sich eine Regierung genau, an wen sie Frequenzen, Lizenzen vergibt. Da diese nur limitiert zur Verfügung stehen, werden sehr unterschiedliche Aspekte erwogen und dabei stehen die Minderheitenmedien meistens am Ende der Schlange, weil sie nicht die nötige politische und wirtschaftliche Macht besitzen. Die Verteilung der Frequenzen, die finanzielle Unterstützung oder gar die Vergabe staatlich ausgerichteter Werbung schwächen oder stärken ein Medium. Denn die Politik der Machthaber verfolgt dabei auch ihre eigenen Ziele.45 In einem demokratischen Staat wird erwartet, dass Massenmedien, insbesondere jene mit einem öffentlich-rechtlichen Auftrag, die in der Gesellschaft existierenden Unterschiede in Kultur, Sprache, Meinungen und sozialen Bedingungen darstellen. Natürlich müssten die unterschiedlichen Ausprägungen dieser Bereiche in der Gesellschaft auch in den Medien zur Sprache kommen. Ob das der Fall ist, hängt von vielen Parametern ab, etwa davon, wie sehr die Medienstruktur, die Mitarbeiter der Medien und nicht zuletzt das Publikum pluralistisch ist. Inhalte der Minderheitenmedien lassen sich nirgendwo sonst finden. Diese Medien schaffen den Mitgliedern dieses Kollektivs eine Welt, in der sie sich als Gruppe wahrnehmen können.

Minderheiten, wie auch ihre Medien, müssen in einer Umgebung bestehen, in der sie in vieler Hinsicht der Mehrheit unterlegen sind. Diesen Nachteil versuchte die Politik in einem europäischen Kontext auszugleichen. Verschiedene Regelungen wurden verabschiedet, Empfehlungen verfasst, sogar eigene Institutionen mit diesem Ziel gegründet. 1982 wurde durch das Europaparlament das EBLUL (European Bureau for Lesser- used Languages)46 gegründet, 1996 das ECMI (European Center for Minority issues)47 ins Leben gerufen. 1992 wurde die ‘European Charta for Regional or Minority Languages’48, 1995 die ‘Framework Convention’49 im Europarat verabschiedet. Sie signalisierten seitens der europäischen Institutionen die                                                                                                                

45   „However, the state is not only a regulator of communications institutions. It is itself a

communicator of enormous power. How this power is exercised is of major interest to a political economy of culture.” Golding/Murdoch (1991:25)  

46  www.eblul.eurolang.net - seit Januar 2010 geschlossen  

47 www.ecmi.de (Stand: 20.04.2015)  

48  http://conventions.coe.int/Treaty/en/Treaties/Html/148.htm (Stand: 20.04.2015)  

49  http://www.coe.int/t/dghl/monitoring/minorities/default_en.asp (Stand: 20.04.2015)  

Anerkennung des Problems und die Bereitschaft, etwas dagegen unternehmen zu wollen. Nebenbei bemerkt, sowohl die Dokumente, als auch die Institutionen selbst können wenig in den einzelnen Mitgliedstaaten ausrichten. Sie schaffen nur einen Rahmen, die wichtigen Entscheidungen werden den einzelnen Staaten überlassen.

Riggins50 unterstreicht, dass Minderheitenmedien nicht die allgemeine Garantie für das Überleben einer Minderheit bedeuten können. Ganz besonders deswegen nicht, weil die Massenmedien der Minderheiten auch in Richtung Assimilierung wirken. Neben den allgemeingültigen Faktoren wie eine kritische Masse, das Bestehen von Institutionen und politische Überzeugungen der Minderheiten, sind andere Gesichtspunkte genauso wichtig. Assimilierung wird in den Minderheitenmedien durch Elemente unterstützt, wie die Diskurshoheit der Mehrheitsgesellschaft, die durch von Journalisten benützten Quellen ihren Weg in die Medien findet; ferner eine intellektuelle Isolierung, oder die Benutzung der Mehrheitssprache. Gegen eine Assimilierung wirke die eindeutige Aufstellung einer

„Gegenideologie”, die Benutzung der Minderheitensprache, die Einrichtung einer Agenda für Minderheitennachrichten, die Mitteilung von Ereignissen des Kollektivs, die symbolische Bedeutung der Minderheitenmedien, der Aktivismus der Minderheitenmedien und Journalisten. Sowohl Browne, als auch Cormack und Riggins machen darauf aufmerksam, dass man Minderheitenmedien weder als Instrument, noch als Garant für den Erhalt der Sprache, noch für die Erreichung weiterer Ziele dieser Minderheiten betrachten darf.51