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7.1 Zensur und Selbstzensur

Zensur124 ist keine Erfindung der kommunistischen Regime, sie existiert seit Jahrhunderten, ausgeführt durch verschiedene Institutionen. Zensur kann formell oder informell sein. „Als Träger von Zensur fungieren staatliche Institutionen, Kirchen, politische Bewegungen oder gesellschaftliche Gruppen. Voraussetzung ist dabei, dass diese Institutionen über entsprechende Machtbefugnisse verfügen, um eine Kontrolle ausüben und Sanktionen vollstrecken zu können.”125 Im sozialistischen System wurden die Medien einer strengen Kontrolle unterworfen. Um die gewünschten                                                                                                                

122 Seewann (2012:375)  

123 „Wir streben danach, dass die in unserer Heimat lebende deutsche, slowakische, rumänische, und andere Nationalitäten, ebenso die Einwohner ungarischer Nationalität der benachbarten Länder, zwischen unseren Staaten Brücken bauen.” Tilkovszky (1998:163)  

124 „Somit bezeichnet Zensur das Verfahren, Druckschriften, audio-visuelle und elektronische Medien, Werke der bildenden Kunst sowie öffentliche Aufführungen anhand gültiger oder als gültig erachteter Normen zu überprüfen, um evtl. Änderungen zu erwirken oder ein Verbot auszusprechen.” Plachta (2006:17)  

125 Plachta (2006:22)  

Kommunikationsinhalte an die Massen senden zu können, um keine falschen Botschaften in den Medien zuzulassen, musste ein System der Zensur eingeführt und aufrechterhalten werden. Dieses war für eine Vor- und Nachzensur zuständig und durchdrang mehrere Ebenen der Hierarchien und reichte vom Zentrum bis hin zur Peripherie. Die Regeln der Zensur wurden von der Partei festgelegt und diesen mussten sich die Akteure des öffentlichen Lebens unterordnen.126 Differenzierungen gab es unter den Akteuren verschiedener Zeitungen, der elektronischen Medien oder der Institutionen des Kulturlebens.127 Im sozialistischen Ungarn war alles der Parteiideologie untergeordnet, auch die Presse. Sie arbeitete zentralistisch, hierarchisch und unter politischer Aufsicht. Es gab zwar keine eigentliche Zensurbehörde, aber die Meinungsbildung war der einheitlichen, sozialistischen Ideologie untergeordnet, wie alle anderen Bereiche des Lebens auch. Wer vom offiziellen Standpunkt abrückte, wurde bestraft. Eine Reihe von Institutionen auf verschiedenen Ebenen übte die Kontrolle über die Medien aus. Die Regierung, die Partei, der Verband der Journalisten von außen, genauso wie die Redaktionen von innen. Sendungen wurden vor ihrer Ausstrahlung abgenommen, genaue Texte im Voraus verlangt und alles wurde auch im Nachhinein kontrolliert.

Im klassischen stalinistischen Journalismus musste sich der Redakteur selbst zum Diener des Systems machen. Er nahm in Kauf, von oben dirigiert zu werden. Der Journalist hatte das Wertesystem der bestehenden Ordnung zu akzeptieren, zu verinnerlichen oder wenigstens zu verstehen und danach zu handeln. Die alleinige Verantwortung der Chefredakteure in den verschiedenen Medien wurde teilweise weiter nach unten delegiert, der Journalist selbst musste wissen, wo seine Grenzen liegen. Verschiedene Studien haben sich damit beschäftigt, dass der Journalist in erster Linie durch die Sozialisierung am Arbeitsplatz nach dem vorherrschenden Wertekodex seine Arbeit zu verrichten lernte. „Der andere vielleicht schwerwiegendere Fall für Selbstzensur war, als es den Journalisten gar nicht mehr einfiel, an Fragen, die zu Tabus deklariert wurden, zu rütteln (…) Wir haben eine gut                                                                                                                

126 „Dass Diskurse nicht zuletzt durch bestimmte ’Ausschlussregeln’ oder ’Einengungen des Sagbarkeitsfeldes’ bestimmt werden, die ’durch direkte Verbote und Einschränkungen, Anspielungen, Implikate, explizierte Tabuisierungen, aber auch durch Konventionen, Verinnerlichungen, Bewusstseinregulierungen etc. erfolgen können.” Jäger (2004:130)  

127 „Beträchtlichen Einfluss auf die Zensurpraxis hatte ferner die potentielle Reichweite des zu beurteilenden Materials. In allen vier Ländern (Sowjetunion, Tschechoslowakei, Polen, DDR) waren die Zensoren bei der Kultur daher eher zu Kompromissen oder zum Nachgeben bereit als bei Massenmedien.” Bock (2011:456)  

entwickelte Selbstzensur, wenn etwas von vornherein hoffnungslos erscheint, dann würden wenige dafür kämpfen – der Journalist ist im Allgemeinen kein Revolutionär, und möchte gerne seine Artikel ausgedruckt sehen. Das bedeutet nicht, dass er sich charakterlos nur damit beschäftigen würde, was ihm aufgetragen wird, aber nach so viel investierter Arbeit, Zeit, Energie, ist es nicht mitreißend, für die Schreibtischschublade zu schreiben.”128 Die Journalisten hatten eine gewisse Bewegungsfreiheit innerhalb der Redaktion. Unter den führenden Journalisten wurde Linientreue sehr hoch eingestuft. Die Treue zur Partei und die journalistische Arbeit waren nicht voneinander zu trennen. Bei der Arbeit in den Redaktionen war vieles nicht eindeutig, in Grenzfällen wiesen Journalisten sogar die Verantwortung von sich und erwarteten eine Entscheidung von oben. Die Journalisten, die sich in der Hierarchie weiter unten befanden, hatten zwar keine direkten Kontakte zur Parteiführung, waren vielleicht auch keine Verfechter des Sozialismus, sie arrangierten sich aber mit dem System und kannten ihren eigenen Spielraum. Nicht nur während der Ausbildung wurden die Grenzen klar aufgezeigt, auch in der Praxis musste schnell gelernt werden, wie man in sozialistischen Medien zu arbeiten hatte.

Zur wichtigsten Erscheinung dieser Zeit wurde die Selbstzensur.129 Nach Noelle-Neumann entsteht in solchen Fällen eine Schweigespirale, der Journalist will sich nicht isolieren lassen, nebenbei möchte er nicht für die Schublade arbeiten und so richtet er sich nach den vorherrschenden Meinungen der Redaktion. Eine Meinung, die nicht oder nur vereinzelt auftaucht, die der Minderheit entspricht, wird weggelassen, denn allein die mehrheitsfähigen Meinungen sind ausschlaggebend.

Keane schreibt: „The internal censor warns us that too much is at stake – our                                                                                                                

128  „Az öncenzúra másik, talán súlyosabb este az volt, amikor az újságíróknak már eszükbe sem jutott, hogy tabunak tekintett kérdéseket feszegessenek. (…) Meglehetősen fejlett az öncenzúránk, ha valami eleve reménytelennek tűnik, akkor kevesen harcolnának érte – az újságíró nem forradalmár, és szeretné látni a cikkeit nyomtatásban. Ami nem jelenti azt, hogy elvtelenül csak azzal foglalkozna, amivel megbízzák, de ennyi befektetett munka, idő, energia felhasználásával nem lelkesítő az asztalfióknak írni.” Hegedűs (2001) http://www.mediakutato.hu/cikk/2001_01_tavasz/04_sajto_es_iranyitas/ (Stand:

03.03.2015)  

129 Selbstzensur ist, wenn „Ein Autor entgegen seiner ursprünglichen Absicht aus Furcht vor einem Verbot oder von Sanktionen vorab zur Korrektur seiner Äusserung entschließt oder im Extremfall auf eine Veröffentlichung überhaupt verzichtet.” Plachta (2006:20)

„Freiwillige Presse-Selbstkontrolle als Konkretisierung der öffentlichen Aufgabe der Presse ist im Minimum ein Instrument journalistischer Selbstbesinnung, das der internen Regelbildung dient.”

Wiedemann (1992:13)

„Autoren und Wissenschaftler hatten vernünftigerweise stets die Zensur im Sinn. (...) In Ungarn trat das Problem häufig als Selbstzensur in Erscheinung. Um ihr Publikum überhaupt erreichen zu können, waren Intellektuelle, Künstler oder Wissenschaftler immer versucht, ihre Argumente anzupassen, zu stutzen oder aufzuweichen, um in vorauseilendem Gehorsam offiziellen Einwänden zuvorzukommen.”

Judt (2009:655)  

reputation our families, our career, our jobs, legal action against our company. It makes us zip our lips, tremble and think twice, with a smile. It succours prevailing opinion and encourages ‘the gramophone mind’ (Orwell).”130

Die innere Stimme des Journalisten bedeutete in erster Linie eine politisch- kontrollierende Funktion. Tabuthemen, gewisse Formulierungen durften nicht auftauchen. Auch ohne Zensurbehörde erschien nichts, was den Vorstellungen der Partei nicht entsprach. György Aczél, der Gestalter der Kulturpolitik der Kádár-Ära, sagte 1979 auf einer Sitzung der Chefredakteure: „Wir werden auch in der Zukunft keine zentrale Zensurbehörde aufstellen. Sie sind unsere Zensoren.”131

Dieses von der Macht kontrollierte Gebiet war die erste Öffentlichkeit. Die Spielregeln in einem weiten Rahmen waren gegeben, es verschoben sich jedoch die Grenzen im Zuge politischer Veränderungen. Dieser Wechsel der Verhältnisse war nicht immer leicht zu interpretieren. Es gab eine Grauzone, in der man sich noch ohne ernsthafte Konsequenzen bewegen konnte. Diese Grauzone war nicht genauer definiert. Die grundlegenden Regeln waren jedoch allen klar. Themen, die nie veröffentlicht wurden, versuchte man gar nicht mehr erst zu publizieren. János Avar, bekannter Journalist der Vorwendezeit, schrieb 1980: „Die offiziellen Mitteilungen fragen in erster Linie danach: wie weit muss man bei der Veröffentlichung dieser Frage gehen. Der Journalist überlegt sich aber, wie weit darf man gehen.”132

Zu Veränderungen kam es nur schrittweise. In den 80er Jahren versuchten die Journalisten nicht nur der Parteizentrale zu genügen, sondern auch ihren Lesern. Sie gingen daher immer mehr daran, realitätsnah zu berichten. Dies erfolgte in kleinen Schritten, die Grenzen der Arbeit bewegten sich, sie mussten fast jeden Tag neu festgelegt werden. Daher bedeutete Journalismus jeden Tag einen Balanceakt, für Journalisten, die mit Grenzen im Kopf gearbeitet hatten, auch einen Kompromiss.

Doch die Arbeit mitsamt ihren Privilegien wurde akzeptiert, man hat sich damit abgefunden. Haraszti, Redakteur der Oppositionszeitschrift ‘Beszélő’, beschrieb in seinem Buch ‘Die Ästhetik der Zensur’ 1987 die wohl markanteste Erscheinung der sozialistischen Kultur, in der sich nämlich Zensor und Zensierter miteinander                                                                                                                

130 Keane (1991:39)  

131  Cseh (2004:474)  

132 „A hivatalos tájékoztatók elsősorban azt nézik: egy-egy kérdés nyilvánosságra hozatalában meddig kell elmenni. Az újságíró mérlegelése: meddig lehet?” Takács (2005) http://www.mediakutato.hu/cikk/2005_01_tavasz/04_sajtoiranyitas  

verständigen und ein gemeinsames Arrangement treffen.133 Der Journalist weiß um seine Grenzen und vermeidet Konflikte im Voraus und zensiert sich dadurch selbst.

Karátson, Linguist und Lektor, schrieb in seinem Band zum Thema Selbstzensur: „in der Praxis, mit der Akzeptanz der Zensur entsteht, aus dem äußeren Zwang eine innere Ohnmacht, oder sogar ein moralischer Zwang.”134 Die Selbstzensur – so Karátson – enge einen dermaßen ein, dass die Macht den Rahmen der Kommunikation festlege. Das Ergebnis: geistige Abhängigkeit und der Verlust von Gedankenfreiheit. Der einzige Ausweg aus dieser Falle schien es zu sein, geeignete Techniken und Wege zu finden, die dabei halfen, das Verbotene auszusprechen und die Lüge falsifizieren zu können. Sowohl die Journalisten, als auch die Leser mussten lernen, zwischen den Zeilen zu lesen. Es entstand in Ansätzen dadurch eine neue Art der Medienauslegung.