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Bis 1949 hatte sich die Kommunistische Partei in allen Bereichen des Lebens durchgesetzt und begann, nach sowjetischem Modell ein Staats-, Gesellschafts- und Wirtschaftssystem aufzubauen. Die Parolen wie Gleichberechtigung, Bewahrung der Sprache und Kultur, wie andere Losungen, dienten dem Aufbau eines sozialistischen Staates.115 Für die Deutschen in Ungarn begann damit aber nach der Verschleppung, Umsiedlung und Vertreibung eine Phase der Beruhigung. Sie bekamen ihre Staatsbürgerschaft zurück und versuchten ihren Platz in der neuen Ordnung des

„Arbeiter- und Bauernstaates” zu finden. Die Verhältnisse waren jedoch zerrüttet, die Dorfgemeinschaften, für die das Gerüst des ländlichen Lebens einen Orientierungspunkt gegeben hatte, existierten nicht mehr. Die Ungarndeutschen waren außerdem geschwächt durch die Ereignisse der vergangenen Jahre, mit einer neuen Gesellschaftsordnung konfrontiert, die ganz nach der Ideologie des sozialistischen Systems und dessen Politik ausgerichtet war. Jeder hatte sich in Ungarn in die sozialistische Wirtschaft und Gesellschaft zu integrieren, die                                                                                                                

113 Basch formulierte die Aufgaben der Tageszeitung folgenderweise: „Das erste uns verpflichtende Gebot lautet: Das deutsche Volk in Ungarn und seine Führung stehen im Zeichen bedingungsloser Volks- und Staatstreue. Das zweite: Wir dienen und kämpfen für unser Volk und Vaterland zugleich.

Das dritte: Unsere Pflichten dem Staate gegenüber bestimmt der Staat allein. Die Pflichten dem eigenen Volk gegenüber aber bestimmen wir, Männer des deutschen Volkes, selbst.” Szabó (1997:36)  

114 Rózsa (2006:7)  

115 „Unterschiedliche Sprachen und andere Manifestationen national-ethnischer Vielfalt fungierten nur als Medien für den sozialistischen Inhalt, den die Partei zu bestimmen hatte.” Seewann (2012:372)  

Beibehaltung von Sprache und Kultur, solange diese mit der Politik der Partei im Einklang standen, wurde zumindest offiziell toleriert. Diese Förderung der Minderheiten war nur für einen begrenzten Zeitraum gedacht, denn „(…) nach Lenin war diese notwendig, um die historischen Konflikterfahrungen zwischen Mehrheit und Minderheit und damit die Barrieren für eine spätere freiwillige Assimilation zu überwinden”.116 Die erste Verfassung des sozialistischen Staates legte formal die Gleichberechtigung der Nationalitäten fest. Aber verglichen mit den anderen Nationalitäten hinkten die Ungarndeutschen organisatorisch hinterher. Vom Ende 1945, mit der Gründung des Südslawischen Verbandes bis 1948 mit der Gründung des Rumänischen Verbandes wurde eine Struktur für den Umgang mit der Minderheit vorgegeben. Der Deutsche Verband der Werktätigen wurde jedoch erst im Oktober 1955 gegründet. Bis 1968 hielt man an der Automatismusthese117 fest und erst danach begann eine Neuorientierung in der Nationalitätenpolitik. Dies bedeutete aber keinesfalls eine stärkere Vertretung der Nationalitäten oder gar eine wesentliche Veränderung der Politik. Die Verbände waren hierarchisch organisiert, sie reagierten nur auf die Angebote des Systems und waren nicht auf Eigeninitiative ausgerichtet.

Auch im Bereich der Nationalitätenpolitik spielte die Verbreitung und Verinnerlichung der sozialistischen Ideologie die Hauptrolle.118

Weitere Faktoren führten zur Haltung der Ungarndeutschen in Richtung einer Überanpassung an die vom Staat herbeigeführten Veränderungen: Verstaatlichung der Landwirtschaft, Gründung der LPG-Kollektive, und die erzwungene Industrialisierung, durch die Tausende aus den Dörfern in die Städte umsiedelten.

Damit verloren sie nicht nur ihren Wohnort, sondern auch ihre Gemeinschaft, die durch eine gemeinsame Sprache, Kultur und Traditionen miteinander verbunden war.119 Der Versuch, sich an ihre neue Umgebung anzupassen, war verbunden mit der Aufgabe der Traditionen, des bis dahin gewohnten Verhaltens und der Sprache. In der                                                                                                                

116 Seewann (2012:370)  

117 Unter der Automatismusthese Stalins wird verstanden, dass die sozialistischen Verhältnisse die Nationalitätenfrage automatisch lösen würde, denn mit den Klassengegensätzen würden auch die verschiedene Unterschiede in der Gesellschaft, wie Sprache, Kultur, Traditionen gleichfalls verschwinden. Seewann (2012)  

118 „Jedoch beanspruchte die neue Herrschaftsordnung zum Zweck des Machterhalts und der Systemstabilisierung die totale Kontrolle über die gesamte Gesellschaft und all ihre Lebensbereiche.”

Seewann (2012:373)  

119 „Sie ermöglichten die Durchherrschung der gesamten Gesellschaft, ihre Atomisierung über die Zerschlagung von Formen der Selbstorganisation, dezentraler Interessenvertretungen, informeller Beziehungen. Kontakte nach außen wurden monopolisiert bzw. unterbunden, die Kultur hegemonisiert.” Brandt (2008:210)  

ungarischen Minderheitenpolitik wurde bis zu den späten 60ern die Automatismusthese angewandt. Die Mitglieder einer Nationalität bekamen die selben Rechte wie die anderen Staatsbürger auch. Die Nationalitäten sollten in erster Linie gute Genossen sein, Unterschiede würden mit der Zeit verschwinden. Da diese Politik wenig Erfolg hatte, veränderte sich 1968 die Einstellung der Führung. Die Partei und die Regierung fingen an, sich mit der Nationalitätenfrage im In- und Ausland zu beschäftigen. Das Thema „Nationalitäten” bekam einen Platz in der Öffentlichkeit, auch konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation wurden unternommen.

Noch im selben Jahr wurde die Unterrichtssituation der Nationalitäten untersucht, die Partei wollte in erster Linie etwas gegen den starken Sprachverlust der Minderheiten unternehmen. Ihr Ansprechpartner blieb der Verband, durch ihn, mit dessen Vermittlung liefen die Informationen an die Peripherie und nach der Sammlung lokaler Daten, wurden diese an die Zentrale weitergeleitet. Das Ziel blieb unverändert, nämlich die verschiedenen Nationalitäten besser in das gesellschaftlich- politische Leben einzubinden.120 Die Situation der Nationalitäten änderte sich dadurch nicht grundlegend. Auch im Weiteren ließ der sozialistische Staat keine Initiativen von unten zu und behandelte die Minoritäten des Landes von oben herab, als Objekte seiner Politik. Alles musste von der Zentrale kontrolliert werden, Gruppenbildung im Interesse jedweder Gemeinschaft wurde auch weiterhin verhindert. Die Verbände spielten eine mehrfache Rolle im Leben der Minderheiten: sie waren zugleich Massenorganisationen, boten aber auch Positionen, die sich immer abgestimmt mit der Partei, für Belange der Minderheit einsetzten.121 Die Verbände – und damit auch die Nationalitäten selbst – wurden in die sozialistische Gesellschaft integriert und übernahmen in der Politik die ihnen zugewiesene Rolle. Bis zur Änderung der Nationalitätenpolitik Anfang der 80er Jahre war die Assimilation – laut Seewann – soweit fortgeschritten, dass der Sprachverlust unaufhaltbar geworden war: „Deshalb bedeutete sozialer Wandel unter sozialistischen Vorzeichen den Verlust traditioneller                                                                                                                

120 „Törekedni kell a magyar és a nemzetiségi lakosság együttélésének erősítésére, a nemzetiségek iránti bizalom fokozására, a ’szocialista nemzet’ egységének szilárdítására, a nemzetiségi dolgozók mozgosítására a szocialista építőmunkában.” Vorbereitung auf den Kongress der Verbände zitiert nach Tilkovszky (1998:164)  

121 „Diese selbst konnten zudem nur innerhalb der von der Partei gezogenen und recht engen Grenzen als soziale Gruppe nach dem vorgegebenen hierarchischen Prinzip der Zentralisierung agieren, das nur geplante und kontrollierbare, von oben nach unten dirigierte Prozesse vorgesehen hat, also keine spontanen und tatsächlich gemeinschaftsbildenden Prozesse, die im allgemeinen von unten nach oben verlaufen. Den ethnischen Gruppen wurde somit eine entscheidende Qualität vorenthalten, nämlich sich als soziale Gruppen zu konstituieren, die ihre Interessen in autonom verfaßten, selbstgewählten Gremien artikulieren können.” Seewann (1994:108)  

Lebensorientierung und für die Nationalitätenbevölkerung aufgrund ihrer spezifischen Lebensbedingungen noch mehr, nämlich Gefährdung oder gar Verlust ihrer ethnischen Identität. Sprachliche Assimilation bis hin zum Sprachwechsel in der Jugendgeneration ist nur eine der Resultate dieses Prozesses (…)”122 Das Identitätsmanagement der einzelnen Nationalitäten wurde von der Zentrale diktiert und nicht von der Gruppe selbst entworfen und durchgeführt. Auch die Motivation der Parteileitung bezog sich auf die, in den Nachbarländern lebenden ungarischen Minderheiten. Darum auch unterstrich János Kádár, der Erste Sekretär der Partei, die Brückenfunktion der Minderheiten.123 Für eine Änderung in der Nationalitätenpolitik war es in Ungarn zu spät, denn die vorangeschrittene Assimilierung, die Passivität seitens der Nationalitätenbevölkerung machten einen Erfolg von vornherein unmöglich. Die Einstellung der Zentrale hat sich nicht wesentlich verändert und die Umstrukturierung der Gesellschaft, darunter auch die Migrationsbewegung der Ungarndeutschen vom Dorf in die Stadt war so gravierend, dass die teilweise gut gemeinten paternalistischen Maßnahmen keine positive Wirkung erzielen konnten.