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9. Die Lenkung der Minderheitenpresse

9.3. Der Verband und das deutschsprachige Programm des Ungarischen Hörfunks

Die Beziehung zwischen dem Verband und dem deutschsprachigen Programm des

’Ungarischen Hörfunks’ war anders aufgebaut, als diejenige zwischen Zeitung und Verband. Ein grundlegender Unterschied war, dass bei der Gründung des Verbandes auch die Aufsicht und Kontrolle der Zeitung als Aufgabe von der Partei für den                                                                                                                

167 Der Bericht des Demokratischen Verbandes der Deutschen in Ungarn für den VII. Kongress, Budapest, Dezember, 1988. Mo-i. Német Dem. Szöv. beszámolója a VII. Kongresszusra, Budapest, 1988. december, LdU-Bibliothek 9/5.  

Verband festgelegt wurde. Die Organisation betrachtete das ‘Freie Leben’ und ebenso die ‘Neue Zeitung’ als Teil des Verbandes und sie nahm besonders bis zum Ende der 60er Jahre an deren Arbeit regen Anteil. Das deutschsprachige Hörfunkprogramm bildete aber einen Teil des staatlichen Rundfunks, der eigenständig funktionierte, eingebettet in die Kontrollmechanismen der Partei und der Regierung. Da die Redaktion in der Hierarchie des Hörfunks ihre Vorgesetzten hatte, war der Einfluss des Verbandes nur indirekt. Außerdem war die Redaktion sowohl technisch, als auch finanziell vom Rundfunk abhängig und die Position, die sie dort innehatte, hing von den eigens ausgebauten Kontakten innerhalb der Struktur ab.

Das deutschsprachige Programm wurde in Fünfkirchen/Pécs im Regionalstudio gestartet, das schon ab 1953 ein südslawisches Radioprogramm ausgestrahlt hat.168 Hier hat man im Dezember 1956 die erste Sendung in deutscher Sprache ausgestrahlt und im August des darauf folgenden Jahres wurden die zunächst 20minütigen Sendungen um 10 Minuten verlängert. Dieses Programm war regional zu empfangen in der Baranya, in der südlichen Tolna und in einem Teil der Somogy.

Eine landesweite Sendung war nicht vorgesehen, auf ein deutsches Programm für ganz Ungarn musste noch Jahrzehnte gewartet werden. Obwohl der Verband mit der Redaktion enge Kontakte unterhielt und auch in Personalfragen kontaktiert wurde, hatte er teils wegen der geographischen Entfernung, teils wegen einer Verflechtung in einer anderen Struktur viel weniger Einfluss auf die tägliche Arbeit der Redaktion.

Um die deutschsprachige Bevölkerung Südungarns zu erreichen, brauchte der Verband die Zusammenarbeit mit der Hörfunkredaktion. Im Referat des Generalsekretärs des Deutschen Verbandes wurde im Jahre 1965 die erzieherische und informative Funktion des Hörfunks hervorgehoben. Der Generalsekretär unterstrich den wichtigen Beitrag des Hörfunks „zur Entwicklung der eigenen Volkskultur, da der Sender oftmals deutsche Volkslieder, deutsche Hörspiele und Volkstanzmusik ausstrahlt”.169 Die Beziehung zwischen Radio und Verband beschrieb der Generalsekretär als eng, die Art der Zusammenarbeit war mehr inhaltlicher Natur, die Arbeit des Verbandes wurde in den Sendungen vorgestellt. Die Zusammenarbeit zwischen der Hörfunkredaktion und dem Verband konkretisierte sich in der Organisation von Rundreisen des Generalsekretärs des Verbandes in der                                                                                                                

168 Gyurok, Sokcsevits (2001)  

169 Das Referat des Generalsekretärs des Deutschen Verbandes auf der Festsitzung vom 22. Mai 1965 LdU-Bibliothek 3083.  

Branau, wo die dort aufgezeichneten Tonbeiträge zum späteren Zeitpunkt vom Hörfunk ausgestrahlt wurden. Auch die ‘Neue Zeitung’ und das Hörfunkprogramm stellten einander vor, über die Programme des Hörfunks informierte die Zeitung regelmäßig.

Bis zum Ende der 60er Jahre und damit der Ära der Automatismus-Politik, korrespondierte der Verband mit der Leitung des Hörfunks, um ein landesweites Programm in deutscher Sprache und eine Verbesserung in den Sendezeiten zu erreichen, weil diese den Wünschen der deutschsprachigen Bevölkerung nicht entsprach. Auch die Unterbesetzung der Redaktion wurde als Thema vom Verband aufgegriffen. In diesem Fall versuchte er für die Interessen der Redaktion einzutreten, da sich die Mitarbeiter der deutschen Redaktion innerhalb der Hierarchie nicht durchsetzen konnten. Es ging nicht zuletzt auch um die Versorgung der Redaktion in Fünfkirchen/Pécs mit Informationen und die Organisation von Veranstaltungen, wie

‘Reicht brüderlich die Hand’, welche in der Baranya von der Hörfunkredaktion veranstaltet wurde. Einige der Journalisten des Hörfunks arbeiteten in den Reihen des Verbandes, so war die Zusammenarbeit nicht nur im inhaltlichen Bereich, sondern auch im Verband selbst gewährleistet. Da die Journalisten einen aktiven Teil der deutschen Gruppe bildeten, gehörten sie wegen ihrer Kontakte und ihrer Sprachkenntnisse zu den aktiven Mitgliedern der Minderheit, waren auch „sichtbar”, und konnten deswegen in die Arbeit des Verbandes miteinbezogen werden. Seitens der Redaktion nahm dazu Lorenz Kerner, Delegierter und Redakteur des Hörfunks auf dem IV. Kongress im November 1973 wie folgt Stellung: „Es mangelt sehr oft an Interesse. Noch mehr müssen wir daran denken, dass die Nationalitätenpolitik von unten, von uns gemacht werden müsste. (…) Der Verband allein kann das nicht, wenn keine Ansprüche da sind, kann man sie nicht realisieren.”170 Für die Journalisten vermischten sich die Funktionen und Aufgaben des Agitators und Propagandisten mit denen des Pressemitarbeiters.

Hinzu kam im sozialistischen Ungarn die Kontrolle und die eingeschränkte Bewegungsfreiheit sowohl von der Seite des Rundfunks und der verschiedenen Regierungs- und Parteiorganisationen, als auch vom Verband selbst, der die Minderheitenpolitik ausführte. Aber auch die Erwartungen gegenüber einem Minderheitenjournalisten waren in der eigenen Gruppe anders ausgerichtet, denn sie                                                                                                                

170 Kongress des Verbandes am 8. und 9. November 1973, LdU-Bibliothek1685.  

waren Teil der Gruppe, so war Aktivismus über Objektivität gestellt. Im Arbeitsplan des Verbandes stand 1974: „Wir verrichten unsere Arbeit in der Weise, dass sie dem proletarischen Internationalismus, unserer, den Sozialismus aufbauenden Gesellschaft dient, gleichzeitig aber unsere deutschsprachigen Werktätigen anspornt und zur Lösung der Aufgaben bezüglich ihrer Vertretung beiträgt.”171

Da die deutschsprachigen Sendungen des Hörfunks nur im Süden zu empfangen waren, war der Verband von Anfang an darum bemüht, ein landesweites deutschsprachiges Programm zu initiieren. Diese Sendung – im Umfang einer halben Stunde – wurde erst ab Juli 1978 ausgestrahlt. Damit vollzog der Verband einen wichtigen Schritt, das Programm konnte nunmehr im ganzen Land gehört werden.

Diese Sendung wurde ebenfalls von der Redaktion in Fünfkirchen/Pécs produziert. Da die Redaktion nur über einen bestimmten Bewegungsradius verfügte, waren für die Landessendung produzierte Themen geographisch immer noch eingeengt, die meisten Beiträge entstanden in Fünfkirchen/Pécs und Umgebung.172 Aber die Botschaften und Informationen des Verbandes, wie auch andere Themen der deutschsprachigen Bevölkerung, konnten durch den Hörfunk überall verbreitet werden.

Der Verband schrieb immerfort die Bewahrung und Förderung der deutschen Sprache durch den Unterricht auf seine Fahne. Da die deutschen Sprachkenntnisse immer geringer wurden, verstärkte der Verband seine Bemühungen um den Ausbau eines zweisprachigen Unterrichtes. Der Rundfunk, der durch das gesprochene Wort die Möglichkeit des Übens und des Lernens bot, startete 1980 den Schulfunk. Damit sollten nicht nur junge Menschen zum potenziellen Hören gewonnen werden, sondern auch mit der Hilfe dieses Mediums für das Erlernen der Sprache motiviert werden.

Der Schulfunk wurde anfangs nur regional ausgestrahlt. Da die Sendezeiten aber nicht dem Schulbetrieb entsprachen, hing die Verwendung dieser Beiträge von einzelnen Lehrern und Schulen ab. Der Verband mobilisierte die Medien durch seine Mitglieder und Aktivisten, unter denen sich viele Pädagogen befanden, damit sie mit ihren eigenen Mitteln, aber auch durch das Schulsystem die wichtigste Aufgabe, die Neuerwerbung der Sprache, unterstützten.173

                                                                                                               

171 Arbeitsplan des Verband 1974 S.2. LdU-Bibliothek 3093.  

172 Da sich die wichtigsten Institutionen der Behörden, die Ministerien usw. in Budapest befanden, mussten sich die Journalisten bei gewissen Themen ihre eingeschränkte Möglichkeiten direkt Informationen zu bekommen, in Kauf nehmen.  

173 „Was die Presseorgane für den Unterricht tun können: (...) Rundfunk: Jugendfunk, populärwissenschaftliche Beiträge, Reportagen aus Schulen /über /oder zur Schularbeit, Organisation

Ein besonderes Hörfunkprogramm war das Programm ‘Gruß und Kuss’, die 1960 von der Abteilung für Auslandsprogramme des ’Ungarischen Rundfunks’ ins Leben gerufen wurde. Das Konzept war, mit der Hilfe einer Kurzwellensendung jene Hörer in der Bundesrepublik Deutschland, in der Schweiz und in Österreich zu erreichen, die in Ungarn noch Verwandte und Freunde hatten. Die Sendung wies zwar qualitative Mängel auf, wurde aber in einem weiten Radius ausgestrahlt und gab damit der deutschsprachigen Bevölkerung – durch das Verschicken von Grüßen – die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme. Hierzu trug auch bei, dass der Generalsekretär des Verbandes, Géza Hambuch, bei dieser Sendung als Redakteur angestellt war. Auch Anton Reger, ebenfalls Generalsekretär des Verbandes, war Angestellter des Hörfunks und er wechselte auch nach seiner Verbandstätigkeit in die Redaktion zurück. Die Sendung vermittelte in erster Linie Grüße in die BRD, die Schweiz und Österreich, sendete aber auch Beiträge zur Situation der Ungarndeutschen. So war eine Zusammenarbeit – neben den persönlichen Verflechtungen – auch mit dem Verband von Nutzen.

Das dritte Medium war das deutschsprachige Fernsehprogramm, das 1978 im Regionalstudio Fünfkirchen/Pécs des Ungarischen Fernsehens auf Sendung ging und dessen Redakteure in eine Zusammenarbeit mit dem Verband eingebunden waren.

Die Beziehung zum Verband verlief wie beim Hörfunk. Einerseits gab es die geographische Distanz, andererseits war die Redaktion Teil des Ungarischen Fernsehens und der Leitung des Regionalstudios untergeordnet. Die Sendung startete mit zwanzig Minuten monatlich, die 1982 auf dreißig Minuten erweitert wurden.

Hinzu kam noch eine Wiederholung des Programmes am Samstag Vormittag. Die Probleme der Redaktion wurden zwar vom Verband aufgegriffen und an die Leitung des Fernsehens weitergegeben, aber die Redaktion hing doch von den Entscheidungen des Fernsehens, konkret des Studioleiters, ab. Da das Fernsehen ein hohes Prestige besaß und die Sendungen mit großem materiellen, finanziellen und personellen Aufwand produziert wurden, war der Verband für das ’Ungarische Fernsehen’

niemals ein wichtiger Partner. Weder in der Frage der Häufigkeit der Programme, noch der Finanzierung oder der Sendezeit konnte der Verband sich bei der Leitung des Fernsehens durchsetzen. Der Presseausschuss beschäftigte sich mit den                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              

von Extraprogrammen /’Singe mit uns’, ’Von der Großmutter für das Enkelkind’, Sprachpflege-Sendungen, ’Musik für junge Hörer’.” Aufzeichnung von der Sitzung des Presseausschusses 1980.

Ungarisches Staatsarchiv - MOL, XXVIII-I-1, 29. Schachtel.  

Fernsehsendungen, aber durch den großen Aufwand und die hohen Kosten war das Fernsehen nie sehr leicht mobilisierbar. Die Förderung und Pflege der Sprache als das wichtigste Anliegen des Verbandes – beim Hörfunk als Schulfunk – war auch Thema der Fernsehredaktion. Die Journalisten nahmen an der Arbeit des Verbandes regen Anteil. Johann Wolfart174, Redakteur des Fernsehens, wurde Mitarbeiter des Verbandes, aber auch vor ihm nahmen die Journalisten des Fernsehstudios an der Arbeit des Verbandes teil.