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In meiner Arbeit möchte ich die deutschsprachigen Medien der deutschen Minderheit im sozialistischen Ungarn von 1953 bis 1990 vorstellen. Die deutsche Minderheit verfügte in dieser Zeit über drei Medien: die ‘Neue Zeitung’, das deutsche Programm des ‘Ungarischen Rundfunks’ und das Programm ‘Unser Bildschirm’ des

‘Ungarischen Fernsehens’. Bis heute wurde die Geschichte dieser Medien nicht umfassend aufgearbeitet. Ich gehe davon aus, dass die Funktion und Wirkung dieser Medien im Kontext ihrer medien- und minderheitenpolitischen Einbettung vorgestellt werden muss. Die Arbeit dieser Redaktionen – Presse, Hörfunk, Fernsehen – wurde von den entsprechenden Parteiorganen der Medienlenkung kontrolliert, wie andere Medien auch. Mit dem einen Unterschied, dass die Partei die politische Organisation der Minderheit in ihre Kontrolle mit einbezog. Um diesen Kontext darzustellen, untersuche ich die Entstehung der deutschsprachigen Presse seit ihren Anfängen in Ungarn, sowie die Minderheiten- und Medienpolitik des Sozialismus. Die Rekonstruktion dieser Mediengeschichte führte zu dem Ergebnis, dass die deutschsprachigen Minderheitenmedien in erster Linie als eine Selbstrepräsentation der sozialistischen Politik anzusehen sind und nur in zweiter Linie die Aufgabe von Minderheitenmedien erfüllen.

1.1. Persönlicher Zugang

Das Thema, das ich gewählt habe, scheint auf den ersten Blick – besonders in einem ungarischen Kontext – sowohl unter dem Minderheiten-, als auch unter dem Medienaspekt eine Randerscheinung zu sein. Meine Motivation ist eine persönliche, ich habe selbst bei zwei der deutschsprachigen Minderheitenmedien gearbeitet: beim deutschen Programm des ’Ungarischen Hörfunks’ in den 90er Jahren und danach in der Minderheitenredaktion des ’Ungarischen Fernsehens’. In dieser Zeit habe ich als Reporterin und Redakteurin erfahren, welchen Stellenwert diese Medien innerhalb des öffentlich-rechtlichen Strukturgebildes haben und wie wenig sich diese Stellung in den zwei Jahrzehnten nach 1989 verändert hat. Es wurde mir erst später klar, dass sich die noch heute existierenden Strukturen der Minderheitenmedien in Ungarn bereits im Sozialismus viele Jahre vor der Wende verfestigt und bis zum heutigen Tag

kaum Änderungen erfahren haben. Die Selbstverständlichkeit, mit der diese Struktur von den verschiedenen Minderheiten akzeptiert wurde und wird, ist sehr bezeichnend sowohl für die Einstellung der Mehrheitsgesellschaft, als auch für die Anpassungsleistung der Minderheiten. Die beiläufige Behandlung seitens der jeweiligen Leitung, aber auch der administrativen Stellen, wie die von oben festgelegten Medienstrukturen der Minderheiten zu funktionieren haben, lässt darauf schließen, dass diese eine eher unbedeutende Rolle spielen. Die Erwähnung einer im Medien- und Minderheitengesetz vorgeschriebenen Pflicht oder die Erfüllung internationaler Verträge werden als die eigentlichen Gründe für die Produktion von Minderheitensendungen angegeben. Die mögliche und wichtige Funktion der Medien beim Erhalt von Sprache, Identität und Kultur von Minderheiten, erscheint nicht auf der Tagesordnung.

Im Gegensatz hierzu habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Medien im Leben der Ungarndeutschen eine wichtige Rolle gespielt haben. Die Radioprogramme aus Fünfkirchen/Pécs, die Mitte der 50er Jahre die deutsche Sprache in Ungarn wieder rehabilitiert und „offiziell” gemacht haben oder das deutschsprachige Fernsehprogramm, wenn auch nur für wenige Minuten monatlich, trugen wesentlich dazu bei, dass dadurch erstmals Ende der 70er Jahre die deutschsprachige Gruppe in eine neue Dimension katapultiert wurde. Aber dies geschah auf dem Bildschirm und wurde dadurch von einem breiten Kreis wahrgenommen. Eines der Verdienste dieser Medien ist die Bestätigung der Ungarndeutschen, die nach 1945 gleich mehrfach um ihre Existenz zu kämpfen hatten, nämlich in einer neuen Weltordnung ihren Platz zu finden, stigmatisiert von der Kollektivschuld und wesentlich beeinträchtigt durch den darauf folgenden Systemwechsel. Am Anfang dieser Arbeit stellen sich nun folgende Fragen: Was sind Minderheitenmedien? Was ist ihre Aufgabe? Seit wann gibt es Minderheitenmedien? Wann begann die Geschichte der deutschsprachigen Presse in Ungarn und wie ging es mit ihr weiter? Wie entwickelten sich die deutschsprachigen Minderheitenmedien nach dem Zweiten Weltkrieg? Wie sieht ihre Situation heute aus? Welche Konsequenzen sind aus der Geschichte und der Funktion der Minderheitenmedien zu ziehen? Und nicht zuletzt, welche Bedeutung hatten und haben sie bis heute für die Minderheit selbst?

Durch meine Arbeit möchte ich die Geschichte der deutschsprachigen Medien, Print- und elektronischen Medien vorstellen, durch die Medientheorie und Medienwirkungsforschung den Platz in der Massenkommunikation dieser Medien

bestimmen. Ich möchte aufzeigen, welche Bedeutung die Kommunikation für eine Minderheit hat und was es bedeutet, daran nicht teilnehmen zu können, davon ausgeschlossen zu sein. Die Geschichte dieser Medien hilft wiederum zu verstehen, wie sie sich im Laufe der Zeit entwickeln, wie ihr Werdegang im 19. und 20.

Jahrhundert ihre Wirkung beeinflusst hat und warum sie sich in ihrer heutigen Situation befinden. Nicht zuletzt tragen Medien, Minderheitenmedien und Massenmedien der Mehrheit zu einem erfolgreichen Identitätsmanagement1 einer Minderheit bei. Die Vernachlässigung von Themen über Minderheiten hat hingegen eine gegenteilige, negative Wirkung.

1.2. Zur Begriffsverwendung

Wenn ich den Begriff ‘Presse‘2 verwende, dann als Sammelbegriff für alle Printmedien. Das bezieht sich auf die deutschsprachigen Zeitungen, Zeitschriften und Periodika. Mit dem Begriff ‘Medien’ meine ich die Gesamtheit der Kommunikationsmittel, damit fasse ich Printmedien jeglicher Art, Hörfunk und Fernsehen zusammen. Zwischen ‘Medien’ und ‘Massenmedien’ ist der Unterschied gering, der Begriff der ‘Massenmedien’ bedeutet öffentliche Kommunikation im Allgemeinen, ‘Medien’ haben eine weitere, allgemeinere Bedeutung. Faulstich beschreibt mit ‘elektronischen Medien’ die auditiven Medien, wie Telefon, Schallplatte, Hörfunk und die (audio)visuellen Medien, wie Foto, Film, Fernsehen und Video.3 ‘Elektronische Medien’ grenze ich in meinem Kontext auf Radio und Fernsehen ein. Andere Medien standen in der untersuchten Periode nicht zur Verfügung.

                                                                                                               

1 Der Begriff „Identitätsmanagement” beinhaltet den Umgang mit dem eigenen Selbst, das mit einer engen Einwirkung des Umfeldes im engen Zusammenhang geschieht. Eine Selbstdefinition gibt es nicht nur für das Individuum, sondern auch für das Kollektiv. Hierzu Hettlage: „Da der Erfolg der kollektiven Selbstdefinition wesentlich davon abhängt, ob und wie sich die gewählten Repräsentationen in den eigenen und den fremden Bezugsgruppen verankern, bedarf es auch auf der kollektiven Ebene eines dauerhaften Identitätsmanagements (z.B. des Aufbaus spezifischer Institutionen, der Verankerung bestimmter Inhalte in den Medien, der Historisierung, Musealisierung, Folklorisierung etc.). Hettlage (1997:11)  

2 Metzler Lexikon; Medientheorie Medienwissenschaft (2002), Lexikon Kommunikations- und Medienwissenschaft (2013)  

3 Faulstich (2000:38)  

‘Minderheitenmedien’ haben dieselbe Funktion, nur auf die entsprechende Minderheit bezogen. Unter dem Begriff ‘Minderheit’4 verstehe ich eine Teilgruppe, die sich innerhalb einer Gesellschaft durch bestimmte Merkmale von der Mehrheit unterscheidet. Mit ‘Kollektiv’ bezeichne ich die Vielzahl von Personen, die durch gemeinsame Traditionen, Sprache etc. miteinander verbunden sind.5 Die ungarische Gesetzgebung verwendet das Wort ‘Nationalität’, definiert sie als eine Gruppe, die innerhalb der Landesgrenzen zahlenmäßig dem Staatsvolk gegenüber unterlegen ist und durch eigene Sprache, Kultur und Traditionen von der Mehrheit unterschieden werden kann.6

1.3. Methodik der Forschung

Um die Geschichte dieser Medien aufzuarbeiten, habe ich primäre Quellen gesucht.

Da diese Medien – ‘Neue Zeitung’, ‘Unser Bildschirm’ im Ungarischen Fernsehen und das ‘Deutsche Programm’ im Ungarischen Hörfunk – immer noch existieren, habe ich die Rundfunkanstalten und die Redaktion der ‘Neuen Zeitung’ aufgesucht.

Sowohl Fernsehen, als auch Rundfunk sind öffentlich-rechtliche Anstalten und ihre Archive sind dem Gesetz nach öffentlich zugänglich. Das Archivmaterial des Ungarischen Fernsehens bis 2000 ist im Ungarischen Staatsarchiv zu finden, darunter auch einiges über die Minderheitenprogramme, in erster Linie aus der Zeit vor der Wende 1990 als Teil des Regionalfernsehens. Dies im Gegensatz zum Ungarischen Hörfunk, bei dem die meisten Unterlagen noch in der Anstalt selbst aufbewahrt und verwaltet werden. Diese Materialien konnte ich einsehen. Die Unterlagen der Regionalstudios des Hörfunks und des Fernsehens in Fünfkirchen/Pécs waren leider wegen der Umstrukturierung der öffentlich-rechtlichen Medienlandschaft und der                                                                                                                

4 Lexikon zur Soziologie (2011); Minderheiten sind „Bevölkerungsgruppen, die aufgrund bestimmter ethnischer, rassischer, religiöser oder anderer Merkmale sich von der Mehrheit einer Bevölkerung unterscheiden (...)” Reinhold (2000:440)  

5 Lexikon zur Soziologie (2011); „Im engeren soziologischen Sinne bezeichnet Kollektiv eine nicht näher definierte Zahl von Personen, die gemeinsam bestimmte Werte und Normen haben und die ein Wir-Bewußtsein, ein Zusammengehörigkeitsgefühl besitzen (...)” Reinhold (2000:338)  

6 1. § (1) E törvény értelmében nemzetiség minden olyan – Magyarország területén legalább egy évszázada honos – népcsoport, amely az állam lakossága körében számszerű kisebbségben van, a lakosság többi részétől saját nyelve, kultúrája és hagyományai különböztetik meg, egyben olyan összetartozás-tudatról tesz bizonyságot, amely mindezek megőrzésére, történelmileg kialakult közösségeik érdekeinek kifejezésére és védelmére irányul. 2011. évi CLXXIX. Törvény a nemzetiségek jogairól.

(Stand: 01. 08. 2014) http://net.jogtar.hu/jr/gen/hjegy_doc.cgi?docid=A1100179.TV  

Schließung der Regionalstudios nicht zugänglich. Der Verbleib der Unterlagen aus dem Regionalstudio des Hörfunks konnte nicht ermittelt werden. Die des Fernsehens sind hingegen 2011 bei der Schließung des Studios nach Budapest transportiert worden und danach von einer Privatfirma ausgelagert worden. Am 15. März 2015 wurde das Regionalstudio des ‘Ungarischen Rundfunks’ geschlossen. Das bedeutete wiederum die Auflösung der von 1956 an gesammelten Bestände. Sowohl Dokumente, als auch Tonträger, mussten wegen Platzmangels aus Pécs wegtransportiert werden. Dieses Material wurde zum großen Bestand des Rundfunks und Fernsehens hinzugefügt. Ferner habe ich Schlüsselpersonen der deutschsprachigen Medien interviewt.

Ich habe außerdem im Ungarischen Staatsarchiv in Budapest und in den Komitatsarchiven Baranyas und Tolnas forschen können. Hier habe ich besonders die Unterlagen der Agitations- und Propagandaabteilung studiert, auch die Schriften der Ministerien und Minderheitenorganisationen. Hier sind auch die Unterlagen des Verbandes der Deutschen in Ungarn zu finden. Um die Situation der Medien im Sozialismus zu verstehen, etwa wie verflochten Politik und Medien waren, habe ich auch im Archiv der Ungarischen Staatssicherheit geforscht.7