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Der zugrunde gelegte Textbegriff

In document Roberta V . Rada (Pldal 110-114)

Sandig arbeitet mit einem Textbegriff, der auf der Grundlage der Prototypentheorie entwickelt worden ist. Es ist zunächst zu fragen, ob sich dieser Begriff für die Ana-lyse von Gebrauchstexten mit stilistisch motivierter typologischer IT eignet.

Bei der Überprüfung dieser Frage können auch die empirischen Forschungser-gebnisse der linguistischen IT-Forschung verwertet werden, indem man von den kommunikativen Bereichen ausgeht, in denen das Phänomen stilistisch motivierte typologische IT als charakteristisch gilt. Fix (1997: 97) zählt Bereiche der öffentli-chen Kommunikation, Sorten von Alltagstexten auf, in denen man zunehmend auf das Phänomen der stilistisch motivierten typologischen IT stößt. Diese sind:

- Werbetexte politischer und kommerzieller Art (vgl. Adamzik 1994, 2007, Fix 1997, 2005, 2008a, Opiłowski 2006, 2007),

- Pressetexte, vor allem solche in populärwissenschaftlichen Zeitschriften (vgl.

Burger 2005, Rößler 1997, 1999, auch Sandig 1986), - Anzeigentexte (Fix 2008a, Sandig 1989),

- öffentliche Mitteilungen (Fix 2008a),

- Sprüche, Losungen, Graffiti (Fix 2008d, M. Heinemann 1997),

- jugendkulturelle Textsorten: Flyer, Falschlogos, Sprüche usw. (Androutsopoulos 1997, 2007 und Fix 2005).

Betrachtet man prototypische Repräsentanten dieser Textsorten und -typen, merkt man, dass sie zwar dominant verbal, aber meistens mutimedial/multimodal gestaltet sind, d.h. neben den sprachlichen Zeichen auch Zeichen anderer Kodes oder Zei-chensysteme enthalten, z.B. Bilder, typografische Elemente usw. Auch Janichs Be-merkung muss hier berücksichtigt werden, nach der auf Muster von Texten „auch mit Bildern oder über das Textdesign angespielt werden kann” (2008: 192). Opiłowski (2006) arbeitet in seinen Analysen der IT in Werbetexten mit einem semiotischen Textbegriff, weil er die Werbekommunikation als semiotischen Prozess modelliert.

Zwar können meines Erachtens in den Werbetexten Zeichen verschiedener semioti-scher Kodes, wie olfaktorisemioti-scher, topografisemioti-scher, perigrafisemioti-scher, taktiler usw. Kodes vorkommen, aber ein prototypischer Werbetext macht selten von diesen Gebrauch, die Anwendung dieser ist an bestimmte, ganz spezifische Vorkommensweisen ge-bunden, z.B. der olfaktorische oder taktile Kode spielt ausschließlich in Werbepro-spekten für bestimmte Konsumprodukte, wie Kosmetika oder Lebensmittel, eine Rolle. Nur bei einer umfassenden korpusbezogenen Untersuchung der IT von Wer-betexten können und müssen solche Details berücksichtigt werden, obwohl auch hier zu fragen ist, inwieweit diese Kodes bei der IT eine Rolle spielen. Bei einer textsor-tenübergreifenden Betrachtung muss dagegen das Typische im Mittelpunkt stehen.

Aus textstilistischer Perspektive eignet sich ein solcher weiter, semiotischer Text-begriff nicht, weil die Textstilistik bewusst und betont pragmatisch-kommunikativ

und linguistisch vorgehen möchte (vgl. oben). Der Aspekt der Multimodalität von Texten wird jedoch durchaus akzeptiert. Sandig betont auch, dass sie als Texte nicht nur solche annimmt, „in denen das (sprachlich) phonematische oder das (sprachlich) graphematische Medium dominiert”, weil sie eine solche Einschränkung „generell für die Stilistik” nicht für sinnvoll hält (Sandig 2006: 308).

Der für die Textstilistik akzeptierte Textbegriff wird verwendet - für die Gesamtheit aller kommunikativen Äußerungen,

- die in einer kommunikativen Situation untereinander kohärent rezipiert wer-- die ein untrennbares Ganzes bilden,den,

- die im komplexen Zusammenspiel eine kommunikative Funktion signalisie-ren, bzw. für den Rezipienten erkennbar machen (ebd.).

Dies ist eine Begriffsbestimmung für prototypische Texte, im Sinne der Prototypen-theorie (von E. Rosch). Grundsätzlich wird in Anlehnung an die PrototypenPrototypen-theorie davon ausgegangen, dass Kategorien, wie auch die des „Textes”, nicht immer ein-deutig definierbar und einein-deutig abgrenzbar sind von anderen Kategorien. Katego-rien sind über Merkmale beschreibbar. Die Merkmale haben einerseits verschiede-nen Stellenwert, d.h. einige sind zentral, andere eher peripher. Andererseits sind die Merkmale bei den einzelnen Mitgliedern der Kategorie nicht immer auf die gleiche Weise ausgeprägt, d.h., die Merkmale können auf die Mitglieder mehr oder weniger zutreffen. Dazu kommt, dass bei einem Mitglied nicht alle, nicht einmal die zentra-len Merkmale vorhanden sein müssen. Mit diesen Faktoren ist zu erklären, dass die Mitglieder einer Kategorie in der Regel nicht gleich(wertig) sind. Es gibt nämlich gute und weniger gute Vertreter einer Kategorie. Den besten Vertreter nennt man Prototyp. Der Prototyp kann über ein Merkmalsbündel beschrieben werden. Der Prototyp hat mit den anderen Mitgliedern die meisten Merkmale gemeinsam, und teilt möglichst wenig Merkmale mit den anderen Kategorien. Aufgrund übereinstim-mender und verschiedener Merkmale besteht eine bestimmte Beziehung zwischen Mitgliedern einer Kategorie. Diese sog. Familienähnlichkeit sorgt für den Zusam-menhalt der Kategorie.

Die Kategorie „Text” stellt dabei eine abstrakte übergeordnete Kategorie dar, nur die Kategorien der sog. „Basisebene” sind durch Merkmalsbündel ausgezeich-net. Solche Basisebenenkategorien sind etwa Roman, Todesanzeige, Glosse, Bus-fahrschein, Personalausweis usw. Sie unterscheiden sich durch zahlreiche Merkmale, wie Funktion, Durchschnittslänge, Formulierungsweisen, Situationsmerkmale. Auch diese Beispiele stellen unter Beweis, dass die Mitglieder der Kategorie „Text” eine außerordentliche Variabilität zeigen. Diese Variabilität rührt daher, dass es in einer Gemeinschaft die verschiedensten Arten von Handlungsbedarf gibt, und die Texte, mittels derer Handlungen durchgeführt werden, unterschiedlichen gesellschaftlichen

Zwecken dienen können und in ihrer Realisierung den individuellen Gegebenheiten und Zwecken der konkreten Kommunikationssituation angepasst werden.

Es wird also von prototypischen Vorstellungen von Text ausgegangen, wie sie sich im Alltagsverständnis über Texte manifestieren und sich etwa in den Bedeu-tungsbeschreibungen von Bedeutungswörterbüchern niederschlagen oder mithilfe empirischer Tests erhoben werden können (vgl. Aitchison 1987, Adamzik 2001a, Gansel/Jürgens 2007). Ein typischer Text ist sprachlich, monologisch und schrift-lich fixiert, hat ein Thema, besteht aus mehreren Sätzen, die miteinander verknüpft sind und einen sinnvollen Zusammenhang bilden und ist individuell. Das Merkmal

„sprachlich” ist bei Sandig ein graduell vorhandenes Merkmal. Das bedeutet, dass Texte prototypischerweise sprachlich verfasst sind, aber auch von anderen Zeichen-typen Gebrauch machen können. Also sind auch multimodale Texte gemeint, jedoch immer mit sprachlichem Anteil. Ähnliches gilt auch in Bezug auf die Merkmale

„schriftlich” und „monologisch”, weil Sandig auch die nicht prototypischen, z.B. di-alogisch präsentierten (z.B. Interview und Drama) oder mündlich verfassten Texte (z.B. Gespräch, Vortrag) in ihren Textbegriff mit einbezieht.

Zusammenfassend modelliert sie den Text in Anlehnung an Aitchison (1987) wie folgt:

Abb. 2: Modell der Textmerkmale bei Sandig (2006: 311)

Viele Merkmale dieses Modells erinnern an die Textualitätsmerkmale von Beaugran-de/Dressler (1981). Im Unterschied zu diesen gelten die Textmerkmale für Sandig nicht als definitorisch. Die im Modell angenommenen Merkmale sind nämlich

ska-liert zu sehen und miteinander eng verbunden. Wie oben erwähnt, kann ein Merkmal durchaus fehlen, weil es von den anderen vorhandenen kompensiert wird. Im Zent-rum des Modells befindet sich das Merkmal Textfunktion, der das größte Gewicht bei der Produktion und Rezeption von Texten zukommt. Dieses Kriterium entspricht etwa dem Kriterium Intentionalität und Intertextualität (i.S.v. konventionalisierter typologischer IT) bei Beaugrande/Dressler. In diesem Kriterium ist auch Akzepta-bilität mitgedacht, weil die Interpretierbarkeit eines Textes bei der Textfunktion vo-rausgesetzt ist. Das Textmerkmal Thema entspricht dem Textualitätskriterium von Informativität. Die Merkmale Kohärenz, Kohäsion und Situationalität decken sich mit den entsprechenden Kriterien von Beaugrande/Dressler.

Neu sind dagegen die Kriterien Materialität und Unikalität. Die Materialität meint dabei Kanal, Medium, Textträger sowie die grafische und bildliche bzw. die laut-lich-prosodische Textgestalt. Das Merkmal Unikalität übernimmt Sandig von Antos (1982) und Fix (1991a). Antos geht davon aus, dass Texte „unter Berücksichtigung wechselnder individueller, psychischer, situativer, historischer etc. Rahmenbedingun-gen immer wider neu hergestellt werden” müssen (1982: 119). Ein Text ist deshalb immer „unikal”, zumal er als Lösung für einmalig vorkommende Probleme zu be-trachten ist. Unikalität bezieht sich also auf die vom Individuum vollzogene, konkre-te Textherskonkre-tellung im Sinne der Umsetzung von Voraussetzungen und Bedingungen der Kommunikation in die Textrealität. Sie meint also die notwendige individuelle zwangsläufige Angepasstheit eines Textes, produziert nach einem bestimmten Text-muster, an die konkreten Gegebenheiten. Eine so definierte Unikalität kann nach Fix auf drei Quellen zurückgeführt werden (1991a: 51): auf a) subjektive Gegebenheiten des kommunizierenden Individuums (Spracherfahrung, Sprachgefühl, Geschmack, Wertvorstellungen usw.), b) objektive Faktoren, die sich aus dem Charakter der Spra-che und des kommunikativen Handelns ergeben (z.B. Normen, sprachliSpra-che Mittel, gruppengebundene Annahmen und Erwartungen) und c) den Umgang des Individu-ums mit den Faktoren von a) und b). Dieses Umgehen wird als Problemlöseprozess aufgefasst, dessen Resultat jeweils ein unikaler Text ist. Der Problemlöseprozess be-zieht auch den Umgang mit Normen, also die Möglichkeit, mit Normen umzugehen, ein. Zusätzlich zu dieser notwendigen Unikalität kann sich bewusst hergestellte Ein-maligkeit, eine Art bewusste Unikalität, gesellen, die auf dem freien Umgang mit Mustern beruht. In diesem Fall spricht Fix von „Individualisieren”, das der Ausdruck für das nicht notwendige Kreative und Innovative sei. Im Gegensatz zu Fix meint jedoch Sandig mit UNIKALISIEREN einen stilistischen Handlungstyp (vgl. oben, Kap. 7.2).

Die Unikalität kann je nach Textsorte verschiedene Grade aufweisen, die in Form einer Skala erfasst werden können. Den einen Pol dieser Unikalitätsskala (Sandig 2006: 313) bilden festgeprägte Texte, wie Gebet oder Gesetzesparagraf, den ande-ren Pol Textmustermischungen sowie Texte mit Irreführungen. Zwischen den beiden Polen befinden sich a) mustervariierende Texte, wie Glosse oder Werbeanzeige, b) musterbefolgende Texte wie Zeitungsnachricht, Geschäftsbrief, c) formelhafte Texte,

wie Todesanzeige oder Arbeitszeugnis, sowie d) Formulare wie Personalausweis und Fragebogen.

Sandig betont, dass beim Modell als Rahmenmerkmale die Merkmale Kulturali-tät und HistoriziKulturali-tät automatisch mitgedacht sind. Texte als Merkmalkonfigurationen sind nämlich kulturell geprägt und in ihrer gesamten Gestaltetheit auf die Zeit, in der sie entstanden sind, bezogen (vgl. Fix 2006, Fix/Habscheidt/Klein 2007).

Die oben geschilderte Textbestimmung gilt auch für Texte mit selbstständigen Teiltexten, z.B. „Faust”, aber auch für solche mit in sich abgeschlossenen und mög-licherweise selbstständigen Texten als Teilen eines Gesamt-Textes, z.B. Werbebro-schüre. Darüber hinaus gilt sie auch für die Grenzfälle von Texten, wie Ein-Wort-Texte oder Ein-Satz-Ein-Wort-Texte.

Texte begegnen uns in bestimmten Ausprägungen von allgemeinen Textmerkma-len. „Bestimmte Konstellationen von Textmerkmalen sind konventionell zu Textmus-tern geronnen, so dass die Textmusterorientierung von Texten als zentral angesehen wird” (Sandig 2006: 487). Zugleich bildet die Textmusterorientierung von Texten auch die Basis der typologischen IT.

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