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Funktionen intertextueller Bezüge in der Fachkommunikation

In document Roberta V . Rada (Pldal 80-84)

5.1 Linguistische Erfassung der Funktionen der IT

5.1.2 Funktionen intertextueller Bezüge in der Fachkommunikation

Zu den Texten mit obligatorischer intertextueller Valenz gehören also die wissen-schaftlichen Texte wegen der Vielfalt ihrer Bezüge auf andere Fachbeiträge. Als wichtigstes Mittel der Vernetzung von Fachbeiträgen gelten dabei nach Jakobs

(1997: 197) Formen der expliziten Bezugnahme, wie Zitate, Verweise und referieren-de Inhaltswiereferieren-dergaben. Solche expliziten Bezugnahmen sind zuminreferieren-dest in referieren-der west-lich geprägten Wissenschaft als konventionell vereinbart, wovon die stark genormten Verweissysteme (in den Geisteswissenschaften etwa das sog. geisteswissenschaftli-che Sgeisteswissenschaftli-chema und Harvard-Sgeisteswissenschaftli-chema) und die Vorgaben von Editorials und Manuals von Fachorganisationen zeugen. Seit dem 19. Jahrhundert gelten Bezugnahmen auf andere Fachbeiträge als obligatorisches Merkmal wissenschaftlicher Prosa.46 Die Be-zugnahmen sollen dabei korrekt erfolgen, sie sind für das Textverständnis notwendig und sollten vom Leser zu jeder Zeit nachvollziehbar sein.

Der Stellenwert von Textbezügen, d.h. konkreten, sprachlich markierten Bezü-gen von Textexemplaren auf andere Textexemplare der Fachliteratur ergibt sich nicht zuletzt aus der Vielzahl der Funktionen, die ihnen in der wissenschaftlichen Prosa zukämen (Jakobs 1997: 200 f). Jakobs zählt zu den wichtigsten Funktionen der inter-textuellen Bezugnahmen in der wissenschaftlichen Prosa a) die Vernetzung des For-schungsgegenstandes in der scientific community, b) Informationstransfer in Form eines Verweises auf weiterführende Literatur sowie des Referierens von Forschungs-daten und Untersuchungsmethoden oder des Zitierens definitorischer Festlegung, c) Funktionen auf argumentativer Ebene, d) Funktionen bei der Gestaltung von Bezie-hungen in der Forschergemeinschaft, z.B. beim Aufbau von Traditionslinien (ebd.

Fußnote 3). Die Funktionalität hängt dabei von Faktoren wie Korrektheit, Adäquat-heit und Nachvollziehbarkeit ab, die stark domänenspezifisch sind.

Harras (1998) fasst die IT ebenfalls als strukturelle Eigenschaft der Implikati-vität von Texten auf und geht davon aus, dass der Autor durch seinen bzw. in sei-nem Text einen anderen Text wieder- bzw. weiterschreibt. Dabei ist von Belang, wie dieses Weiterschreiben erfolgt, ob der Text pro oder kontra weitergeschrieben wird, und in welcher Form, durch welche Veränderungen dies erfolgt. In Bezug auf diese Fragen müssen bestimmte Spezifika der IT in wissenschaftlichen Texten betont wer-den (vgl. Harras 1998: 603). Intertextuelle Bezüge werwer-den in wer-den wissenschaftlichen Texten relativ stark markiert, zumal sie Inhalte früherer Texte in gleichen Formen weiterschreiben. Die IT wissenschaftlicher Texte ist nämlich zu allererst inhaltlicher Natur. Es werden argumentative Gehalte übernommen, wobei die Übernahme auch formal durch den Gebrauch von Termini oder Zitate47 gekennzeichnet ist. Die über-nommenen argumentativen Gehalte werden bereits in verarbeiteter Form in einem Text präsentiert, und zwar entweder personifiziert oder idealtypisiert. Kennt der Re-zipient den zugrunde liegenden Text nicht, kann die Rezeption des vorliegenden Tex-tes offen bleiben. Im Zusammenhang mit diesem rezeptiven Merkmal der intertextu-ellen Bezüge in wissenschaftlichen Texten taucht auch das Problem der Möglichkeit der Aufdeckung von nicht explizit markierten Bezugnahmen auf. Genauer geht es darum, ob in diesem Falle die intertextuelle Qualität eines Textes objektivierbar ist

46 Über die wissenschaftshistorischen Gründe vgl. Jakobs (1997: 198 ff.).

47 Zu den Funktionen des Zitats in literaturwissenschaftlichen Texten vgl. auch Holthuis (1993: 158 ff.).

oder an den subjektiven Kenntnisstand des Rezipienten gebunden ist. Darüber hin-aus ist auch zu fragen, ob der vom Rezipienten angenommene IT-Bezug vom Autor tatsächlich intendiert war. Diese Frage ist beispielsweise in literarischen Texten von keiner Relevanz, wohl aber in wissenschaftlichen Texten, in denen ein Argumentati-onszusammenhang hergestellt werden soll (ebd. 604).

Obwohl die Formen der IT in den wissenschaftlichen Texten traditionellerweise der referentiellen, d.h. Text-Text-IT zugeordnet werden (vgl. z.B. die Typologie von Krause (2000)), weist Harras darauf hin, dass die Textrelationen in der wissenschaft-lichen Kommunikation ausschließlich durch die Beziehung zwischen dem individu-ellen aktuindividu-ellen Text und dem/den individuindividu-ellen Prätext(en) auf der Ebene der Parole nicht genügend erfasst werden können. Individuelle Prätexte können auch mittelbar die intertextuelle Qualität eines aktuellen Textes bestimmen, „insofern sie Gegen-stand eines Diskurses [gewesen] sind, der in einen Prätext mündet, auf den ein aktu-eller Text Bezug nimmt.” (ebd.). Das bedeutet aber schon eine Art Text-Textwelt-IT, also eine Mikrotext-Makrotext-IT. Darüber hinaus deutet Harras auch darauf hin, dass die Prätexte als Elemente des Diskurses sowohl als individuelle wie auch als

„kollektive Texte” vorliegen können, die kollektive, häufig gruppenspezifische Denk- und Meinungszusammenhänge darstellen. Der individuelle Prätext, auf den der ak-tuelle Text Bezug nimmt, wird als Intertext bezeichnet, um ihn von den anderen Prä-texten als Elementen des Diskurses zu unterscheiden.

Funktionen, die die so definierten intertextuellen Relationen in wissenschaftli-chen Texten übernehmen können, behandelt Harras in ihrer Verbundenheit mit For-men der intertextuellen BezugnahFor-men, die sich im konkreten Text manifestieren und objektivierbar sind (Harras 1998: 605 f.). Alle Funktionen werden bei Harras auch an konkretem empirischem Material illustrativ nachgewiesen.

a) Erwähnung eines individuellen Intertextes ohne inhaltliche oder argumenta-tive Funktion, um sich zu einem Traditionszusammenhang zu bekennen. In-tertextuelle Bezüge verstehen sich dann als Identifizierungsetikette. Harras spricht in diesem Zusammenhang auch von der „ornamentalen” Erwähnung des Intertextes, wobei dieser Begriff unerklärt und unillustriert bleibt.

b) Erwähnung als Element mit inhaltlicher Funktion, als Textentlastung, als zu-sätzliches Argument in der eigenen Argumentation, bzw. Autoritätsbeweis.

c) Verarbeitung und Einbindung in eine Theorie mit anderer Aussage, wobei diese Aussage abgelehnt oder argumentativ verarbeitet und korrigiert werden kann. Aber auch die unkorrigierte Unterordnung unter eine andere Theorie, einen anderen Diskurs kann dadurch geleistet werden.

d) Verweise auf Intertexte können – oft auch zu Ungunsten der Verständigungs-wirksamkeit – durchaus Gruppen identifizierend wirken.

Als konkrete Form der IT werden bei Gläser (1997) Mottos im Kontext der Fach-kommunikation ausführlich behandelt. Aus textlinguistischer Perspektive bestimmt

Gläser das Motto als Fremdtext. Es ist entweder ein Sprichwort oder ein geflügeltes Wort oder ein Aphorismus oder ein Zitat, die in einer bestimmten Funktion in den aktuellen Text eingebettet sind.

Das Motto gilt als eine Textsorte sui generis. Seine Merkmale sind: Es hat eine feste makrostrukturelle Stellung, da es zwischen dem Titel eines Buches oder der Kapitelüberschrift und zwischen dem Folgetext, d.h. demjenigen Textteil mit dem größten Umfang und Mitteilungswert steht. Es gilt aber als fakultatives Textsegment, als frei verfügbares Struktur- oder Kompositionselement, seine Verwendung als Vor-spann zu einem Text setzt die subjektive Entscheidung des Autors voraus. Mottos begegnen uns in erster Linie in sämtlichen Textsorten aller Fachgebiete, also in na-turwissenschaftlichen und philosophischen Abhandlungen, in literaturwissenschaft-lichen Aufsätzen und Essays, in Memoiren, aber auch in sprachwissenschaftliteraturwissenschaft-lichen Monografien und Sammelbänden, sogar in Hochschullehrbüchern. Einen bedeutsa-men Platz haben Mottos auch in den populärwissenschaftlichen Textsorten, vor allem in der Domäne des Sachbuches. Meistens werden Mottos in einer entsprechenden typografischen Form, durch kleinere Schriftgröße, durch Kursivdruck und optisch durch die Anordnung am rechten Rand der Seite realisiert. Stellt das Motto ein Zitat dar, erscheint es oft in Anführungszeichen zusammen mit dem Namen des Autors oder (auch) der Angabe des Quellenwerkes.

Das Motto bewirkt in der Regel thematische Kohärenz zwischen dem Titel/der Kapitelüberschrift und dem Folgetext. Dies ist dann der Fall, wenn in dem Motto ein Kohärenz stiftendes Schlüsselwort enthalten ist, das entweder als Primärnomi-nation oder als Kontextsynonym im Folgetext oder aber mithilfe intertextueller As-soziationen und Implikaturen wiederaufgenommen wird. Das Motto kann also den Folgetext mithilfe intertextueller Assoziationen thematisch und auch rezeptionsäs-thetisch bereichern. Ist die durch das Motto gestiftete thematische Kohärenz an der Textoberfläche nicht wahrnehmbar, stellt seine Entschlüsselung für den Rezipienten eine intellektuelle Leistung dar. Erkennt nämlich der Rezipient keinen Zusammen-hang zwischen dem Motto und dem Folgetext, kann er das Motto in den Folgetext nicht eingliedern, d.h. die thematische Kohärenz herstellen, läuft das Motto Gefahr, als redundant zu gelten. Es wird demgemäß auch überlesen und ignoriert und ledig-lich für eine modische Zutat gehalten, und verfehlt damit die vom Autor intendierte Wirkung.

Das Motto hat somit eine Mittlerfunktion zwischen dem Titel bzw. der Über-schrift und dem folgenden Text. Ähnlich wie der Titel, die ÜberÜber-schrift, das Vorwort, die Widmung, das Inhaltsverzeichnis oder Abkürzungsverzeichnis tritt das Motto nie isoliert auf, stellt also eine Textsorte-in-Relation dar (vgl. inkorporierende IT bei Krause (2000)).

Das Motto hat daher lediglich eine Textsorte-in-Funktion. Die aktuelle Funktion des Mottos hängt vom Kommunikationsgegenstand und Thema des Textes, von der Intention des Autors und von der Textsorte selbst ab: „Die Funktionen des Mottos

sind in jedem Fall variabel und komplex; in der Regel ist das Motto polyfunktional.”

(ebd. 265-66).

Gläser hat sich zwar auch mit den Mottos der poetischen Kommunikation be-fasst, aus unserer Sicht sind jedoch ihre korpusbasierten Untersuchungsergebnisse in Bezug auf die Funktion des Mottos in der Fachkommunikation relevant. In den Textsorten der fachinternen Kommunikation, wie wissenschaftliche Monografie, wissenschaftlicher Sammelband, fachbezogener Essay werden Mottos in der Funkti-on des Arguments, des Eigenkommentars und des Autoritätszitats eingesetzt. Durch die Mottos können eigene Thesen, Methoden sogar kontroverse Meinungen, die im Folgetext auftreten, vorweggenommen werden. In den Hochschullehrbüchern kön-nen die Mottos – außer den oben aufgezählten Funktiokön-nen – zusätzlich auch dazu dienen, Vorkenntnisse der Studenten in einer früheren Ausbildung zu reaktivieren und Leseanreiz zu schaffen. In den Textsorten der fachexternen Kommunikation, wie in populärwissenschaftlichen Einführungswerken und in Sachbüchern kann das Motto in ornativer Funktion oder zur emotionalen Einstimmung des Rezipienten, zur Erzeugung von Spannung, aber auch zum Nachweis des Authentischen, sowie dem Autorenkommentar und der inhaltbezogenen Information auftreten.

Insgesamt erscheint in der fachinternen Kommunikation die ornative Funktion des Mottos relativ selten, als typisch können jedoch die inhaltserklärende und die argumentative Funktion genannt werden. In der fachexternen Kommunikation dage-gen dominieren die Schmuckfunktion und die emotionale Einstimmung des Lesers.

In document Roberta V . Rada (Pldal 80-84)