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Modellierung des Textmusters bei Sandig

In document Roberta V . Rada (Pldal 116-120)

7.4 Textmuster in der Textstilistik

7.4.2 Modellierung des Textmusters bei Sandig

Für die Beschreibung von Textmustern erarbeitet Sandig ein ganzheitliches, holisti-sches Modell.

Abb. 3: Textmustermodell von Sandig (2006: 489)

Ein Textmuster55 wird in diesem Modell als Zusammenhang von nicht-sprach-lichem Handlungstyp und sprachlicher, parasprachlicher und nonverbaler Textsorte beschrieben.56

Die Textsorte wird als „das standardisierte komplexe Handlungsmittel, mit dem Handlungen nach dem Handlungstyp vollzogen werden” aufgefasst (ebd.). Zum Mus-ter gehört nämlich neben dem Wissen über einen bestimmten Handlungstyp, also Handlungswissen, auch das Wissen über sprachliche Formen und Mittel zur Rea-lisierung dieses Handlungswissens. Sandig präsentiert das Modell am Beispiel der Textsorte Kontaktanzeige (vgl. Sandig 2006: 514 ff.).

Der Handlungstyp ist mithilfe der kommunikativen Aspekte: gesellschaftlicher Zweck, Situationseigenschaften, Situationsbeteiligte erfassbar. Der gesellschaftli-che Zweck kann durch die Bestimmung des sozialen Sinnes sowie durch die Art der Problemlösung ermittelt werden. Der soziale Sinn bei einer Kontaktanzeige ist, dass sich eine Person in der Öffentlichkeit als bindungswillig darstellt und geeignete Partner schriftlich auffordert, den Kontakt aufzunehmen. Die Problemsituation ist, dass die annoncierende Person frei ist für die Bindung und den Kontakt. Für die Lö-sung dieses Problems wird der Weg einer schriftlichen Annonce gewählt, wobei der Partnersuchende auch andere Alternativen hätte, z.B. sich bei einem entsprechenden Büro zu melden, oder an entsprechenden öffentlichen Plätzen regelmäßig auf die Su-che zu gehen.

55 Aus textstilistischer Sicht ist die Relevanz von Textmustern für den Stil in der Relation von Text-musterrealisierungen zum Textmusterwissen, durch die stilistischer Sinn nahe gelegt wird, gesehen.

Diese Relation kann lediglich unter Voraussetzung des einschlägigen Textmusterwissens in der Re-zeptionssituation nachvollzogen werden.

56 Im Gegensatz zu Sandig (1986) werden hier also die Begriffe „Textsorte” und „Textmuster” nicht synonym verwendet. Mit der terminologischen Abgrenzung befassen sich am ausführlichsten Fix/

Poethe/Yos (2003) auf sprechakttheoretischer und Heinemann (2000, 2007) auf eher kognitiver Ba-sis. Für Fix gelten die beiden Termini als unterscheidende Bezeichnungen zweier Seiten ein und derselben Sache. Gemeinsam mit ihnen erfasst man die Tatsache, dass die Sprachteilhaber aus ihrer Alltagserfahrung heraus Wissen über Textkonventionen haben und Merkmale kennen, die einer be-stimmten Gruppe von Texten eigen sind. Diese Merkmale lassen sich Aspekten wie Textproposition, -illokution oder -lokution zuweisen. Daher wird in dem „Textmuster” der qualitative Aspekt dieser Textgruppe gesehen. Das Textmuster gilt als eine Art Anweisung für den Umgang mit Texten, infor-miert über die Gebrauchsbedingungen für Texte einer Textsorte inhaltlicher, formaler, funktionaler usw. Art. Mit dem Terminus „Textsorte” wird dagegen der quantitative Aspekt des Phänomens er-fasst. Unter einer Textsorte ist demnach eine Klasse von Texten zu verstehen, die einem gemeinsa-men Textmuster folgen. Textsorten sind also durch ihre Muster voneinander abgegrenzt.

Heinemann bezieht den Begriff Textmuster auf Idealtypisches. Die konkreten Materialisierungen solcher Textmuster stellen die Textexemplare dar. Die Textexemplare werden „konventionell – zu Zwecken der besseren Identifizierbarkeit und Handhabbarkeit – virtuellen Textklassen auf niedri-gerer Abstraktionsstufe zugeordnet, den Textsorten.” (Heinemann 2007: 24). Der Begriff Textsorte ist an konkrete Realisationsformen von Texten gebunden, meint sprachliche Resultate kognitiver Prozesse, ist daher durch Merkmalbündel beschreibbar. Die Textsorte erweist sich im Vergleich zum Textmuster merkmalhaftiger, schließt auch atypische Merkmale ein. Von Textsorten kann man auf Textmuster schließen, andererseits sind Textmuster „Voraussetzungen für Zuordnungsoperationen bei der Identifikation (und Produktion) von Texten als Repräsentationsformen bestimmter Textsor-ten.” (ebd.).

Betrachtet man die Situationseigenschaften, haben wir es beim Handlungsbe-reich mit einer bestimmten Institution zu tun, die für die Veröffentlichung gewählt worden ist, konkret mit einem Pressemedium. Die Art des Mediums bestimmt den visuellen Kanal und die Zeitung als Textträger.

Die Situationsbeteiligten sind der/die Inserierende einerseits und der gemeinte Adressat andererseits. Die Beziehung zwischen ihnen ist nicht vorgegeben. Bereits durch die Formulierung kann eine bestimmte Beziehung vom Inserierenden als Text-produzenten angezeigt werden.

Die Textsorte kann anhand von Merkmalen, wie Hierarchie der sprachlichen Handlungen, Sequenzmuster, Formulierungsmuster, materielle Textgestalt und Durchschnittsumfang beschrieben werden. Betrachten wir dazu einen prototypi-schen Kontaktanzeigetext:

Jg. Frau, 37/1.67, verw., schlk., dkl.-blond, Int.: Musik, Tanzen u. alles, was Spaß macht. Suche liebevollen Partner und väterlichen Freund bis 40 j. f. Mädchen, 6. J.

und Jungen 10 J., Zuschr. mit Bild erwünscht an …(Chiffre) (Leipziger Volkszeitung, 15.10.1987, Beispiel bei Fix 1991a: 58)

Die Handlungshierarchie der Textsorte Kontaktanzeige ist durch den sozialen Sinn geprägt: als konstitutiv erweisen sich das AUFFORDERN zur Kontaktaufnahme, das BETEUERN der Bindungsabsicht sowie die Adressen-ANGABE. Als subsidiär erscheinen BESCHREIBEN des Selbst und des Wunschpartners, ANGABE von Ort/

Region sowie das SELBSTDARSTELLEN des Inserierenden. Als fakultativ anzu-sehen sind: BITTE um Antwort mit einem BILD oder das BESCHREIBEN dessen, was nicht erwünscht ist.

Das prototypische Sequenzmuster besteht aus Rahmenelementen, nämlich aus einem Blickfang am Anfang und einer Chiffre am Ende, unter der der Kontakt auf-genommen werden kann.

Das Formulierungsmuster enthält relativ wenig obligatorische Elemente. San-dig bezeichnet leSan-diglich die Verbform sucht, Ausdrücke des Bindungswunsches, wie schreiben mit Bild/Foto, Zuschrift oder Bildzuschrift sowie die Art der Formulierung der Chiffre als Formulierungsvorgaben und betont, dass sonst individuelle Formulie-rungen bevorzugt werden. Nach Fix (1991a: 56) müssen bei einer Kontaktanzeige die Informationseinheiten „Jemand sucht jemanden zwecks Heirat oder Kontakt” reali-siert werden, was die Prägung des Formulierungsmusters beeinflusst. Daher gehören zum Formulierungsmuster die Platzierung des Verbs suchen (eventuell wünschen) meistens im ersten Satz, feste Formeln, wie junge Frau mit Interesse für …, Kind kein Hindernis sowie formelhafte, „nichtssagende”, „blasse und beschönigende Aus-drücke“ (ebd.), wie liebevoll, liebenswert usw. Keine sprachlichen Bilder werden ver-wendet, es wird nur eine direkte Information vermittelt, alles ist wörtlich zu nehmen.

Die materielle Textgestalt ist variabel, nutzt verschiedene Möglichkeiten des Layouts, um aufmerksam zu machen, sie wird aber durch das Pressemedium und den Textträger oft beeinflusst.

Der Durchschnittsumfang, in unserem Falle die Textlänge, korreliert meistens mit den finanziellen Möglichkeiten der Annoncierenden. Da wir es aber meistens mit Kleinanzeigen in einer Zeitung zu tun haben, beschränkt sich die Länge des Textes auf einige Zeilen.

Zwischen den Aspekten des Handlungstyps und der Textsorte gibt es vielfältige Beziehungen. Der Handlungstyp steuert die konventionellen Erwartungen bezüglich des typischen Handlungsmittels, d.h. der Textsorte. Die Textsorte als Handlungsmit-tel kontextualisiert den Handlungstyp, zeigt ihn an, wobei Abweichungen möglich sind. Auch hier bemerkt Sandig, dass der historische und kulturelle Rahmen im Mo-dell zwar nicht abgebildet sind, aber sie werden vorausgesetzt.

Das Textmuster von Kontaktanzeigen enthält an zahlreichen Punkten Freiräume, so in Bezug auf die fakultativen Handlungen, die materielle Textgestalt, den Umfang aber vor allem in Bezug auf das Formulierungsmuster, das sehr große Variabilität zeigen kann (vgl. dazu ausführlich Fix 1991a und Sandig 2006: 515 ff.). Die Ausnut-zung des Freiraums im Bereich Formulierungsmuster äußert sich darin, dass man von prototypischen Elementen des Formulierungsmusters bewusst abweicht (vgl. IN-DIVIDUALISIEREN, ORIGINALISIEREN), um z.B. durch die Verwendung von Stilfiguren „Zweitsinn” herzustellen Die Folge ist einerseits, dass man nichts von vornherein wörtlich nehmen (Fix 1991a: 57) soll, andererseits kann dadurch stilis-tischer Sinn hergestellt werden, z.B. Selbstdarstellung der/des Inserierenden, Bezie-hungsgestaltung, Adressatenberücksichtigung:

Blonder Kaktus, weiblich, 1.75, nach 28 Jahren noch nicht verkrümmert, sucht auf-geschlossenen, toleranten und vielseitigen Gärtner, der ihn zum Blühen bringt…

Oder

Haus ohne Hüter, Hund ohne Herrchen, Frau mit Fahrrad (45/1.65) suchen Hüter für Haus, Herrchen für Hund und ständiges Modell für Plastik. Zuschrift an…

(Beide Beispiele aus „Dem Magazin” 1987, in Fix 1991a: 58)

Die Brauchbarkeit des erörterten Modells wurde von Sandig auch an Kochrezepten, Vorworten von Kochbüchern und Glossen erfolgreich getestet.

Anhand dieses Modells kann das Textmuster als ein konventionalisiertes Bündel von allgemeinen Textmerkmalen auch konsequent nachvollzogen werden. Dabei kor-relieren folgende Elemente des Modells mit folgenden allgemeinen Textmerkmalen:

- Handlungshierarchie – Textfunktion

- Sequenzmuster – Kohäsion, Kohärenz, Thema

- Formulierungsmuster – Kohäsion, Kohärenz, Thema, Situationalität

- Materielle Textgestalt und Durchschnittsumfang – Materialität, Situationalität.

Das Merkmal Unikalität hängt mit allen Aspekten zusammen. Je mehr obligatori-sche Vorgaben hinsichtlich der Handlungshierarchie, des Sequenz- und des Formu-lierungsmusters, der materiellen Textgestalt und des Durchschnittsumfangs im Text-muster enthalten sind, desto weniger unikal kann der dieses Muster realisierende Text sein. Dieser Umstand muss für die Beschreibung der stilistisch motivierten IT unbedingt berücksichtigt werden.

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