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Literaturwissenschaftliche Ansätze

In document Roberta V . Rada (Pldal 67-72)

4.2 Der Begriff „Markiertheit/Markierung” in der IT-Diskussion

4.2.1 Literaturwissenschaftliche Ansätze

Betrachtet man die Forschungslage, so kann man in erster Linie literaturwissen-schaftliche Ansätze entdecken, in denen in erster Linie die unterschiedlichen Typen und Ausprägungsformen intertextueller Markierung untersucht worden sind, wäh-rend funktionale oder literaturhistorische Aspekte der Markierung eher unberück-sichtigt blieben (vgl. Helbig 1996: 17). Diese unterscheiden sich in dem zugrunde gelegten Markierungsbegriff bzw. in den Aspekten der Modellierung und Typolo-gisierung. An dieser Stelle können nicht alle vorliegenden einschlägigen literatur-wissenschaftlichen Untersuchungsergebnisse vorgestellt und ausgewertet werden,42 vielmehr wird auf solche Beiträge konzentriert, die in den wenigen einschlägigen linguistischen Arbeiten auf irgendeine Art und Weise ihren Niederschlag gefunden haben, bzw. sich dazu eignen, für die Untersuchung der IT in Sachtexten angemesse-ne Ansätze zu liefern.

40 Vgl. die Markiertheit als Grundbegriff der Natürlichkeitstheorie bei Mayerthaler (1981) und Wurzel (1984).

41 Wie auch in der einschlägigen Fachliteratur üblich, werden die beiden Termini synonym verwendet.

42 Vgl. dazu ausführlich Pfister (1985), Plett (1991) und Helbig (1996).

Betrachtet man die Begriffsbestimmungen, so wird in einigen literaturwissen-schaftlichen Arbeiten die Markierung als Mittel der Materialisierung der IT defi-niert: „eine Wiederholung von Elementen oder Strukturen aus dem Prätext” bzw. als

„ein Zeichen mit Echocharakter” (Rößler 1999: 119). Broich (1985: 34) deutet darauf hin, dass derartige Definitionen der Markierung mit dem engen Begriff der IT im Sinne einer intertextuellen Referenz identisch seien, wodurch der Begriff Markie-rung eigentlich überflüssig werde. Der Begriff MarkieMarkie-rung könne über zusätzliche konkrete „markers” für den Rezipienten als Mittel der Kennzeichnung einer Refe-renz angemessen definiert werden (ebd.).

Darüber hinaus betont Broich (1985: 31), dass der Autor bei der Abfassung sei-nes Textes nicht nur der Verwendung anderer Texte bewusst sei, sondern auch von seinem Rezipienten erwarte, dass er diese Beziehungen als vom Autor intendiert und als für das Verständnis des Textes wichtig erkenne. Das bedeutet eine Erweite-rung der bisherigen Definition der MarkieErweite-rung als Mittel der MaterialisieErweite-rung der IT durch weitere Wesensmerkmale. Einerseits wird die Markierung als ein bewusster Kennzeichnungsakt seitens des Autors aufgefasst, andererseits soll auch das Erken-nen der IT durch den Rezipienten mit in den Begriff einfließen. Doch konzentriert sich Broich auf eine generelle Bestandaufnahme und Systematisierung möglicher Ausprägungsformen der Markierung in literarischen Texten. Um unterschiedliche Markierungsformen ermitteln zu können, wird von Broich die Strategie gewählt, auf der Basis konkreter Einzeluntersuchungen Typen intertextueller Markierung nach dem Ort ihres Auftretens zu differenzieren. Zunächst werden drei Haupttypen der Markierung einer intertextuellen Referenz unterschieden: Markierung in „Nebentex-ten”, „im inneren” und „im äußeren Kommunikationssystem” (Broich 1985: 31 ff.).

Die „Markierung in Nebentexten” findet in Fußnoten, im Abdrucken des gesam-ten Bezugstextes neben einer Imitation oder Übersetzung, sowie im Titel, Untertitel, Motto, Vorwort, Nachwort und Klappentext, die im näheren räumlichen Umfeld des betreffenden Textes situiert sind, Verwendung. Darüber hinaus gehören auch Briefe und Interviews zu dieser Gruppe, die zeitlich und räumlich später auf diesen Text verweisen.

Mit einer Markierung „im inneren Kommunikationssystem” haben wir es zu tun, wenn Charaktere eines literarischen Textes einen anderen Text lesen, darüber disku-tieren, sich mit diesem identifizieren oder von diesem distanzieren, wenn der Autor den referierten Text als physischen Gegenstand seines Textes einführt oder wenn in dem Text Figuren aus einem anderen literarischen Text leibhaftig auftreten.

Zur Markierung „im äußeren Kommunikationssystem” gehören die Wahl von Namen, die Verwendung von Anführungszeichen, von anderen Drucktypen oder ei-nes anderen Schriftbildes (Kursivdruck, Kleinbuchstaben usw.), darüber hinaus die Verwendung von Fremdsprachen oder anderer als hochsprachlicher Register, Stil-kontrast usw.

Diese von der Lokalisierung im aktuellen Text ausgehende Typologie von IT-Sig-nalen stellt ein Instrumentarium bereit, das das Problemfeld der Markierung

syste-matisch beleuchtet, aber auch zu kurz greift. Rößler (1999: 121) und Helbig (1996:

40 ff.) bemängeln, dass bei Broich kein Unterschied hinsichtlich des Gewichtes, der Intensität und der Wirkpotenz der einzelnen IT-Signale gemacht wird, auch auf die Differenzierung des Expliziertheitsgrades von Markierungen, d.h. der Unterschei-dung zwischen Markierungsarten wie „explizit” vs. „implizit” wird verzichtet.

Den Expliziertheitsgrad von Markierungen, genauer eine systematische Unter-scheidung zwischen expliziter und impliziter Markierung leistet Plett (1991) auf rhetorischer Basis, obwohl seine Ausführungen ausschließlich auf die Markierun-gen des Zitats beschränkt sind.43 Unter expliziter Markierung eines Zitats versteht Plett Signale, die ein Zitat „direkt” anzeigen, z.B. performative Verben des Typs „I quote”, standardisierte Formeln wie „quote” – „unquote”, oder die Bezeichnung des Prätextes. Implizite Markierungen werden als inhärente Eigenschaften des Zitats ge-sehen, die erst zum Tragen kommen, wenn das Zitat in seinem neuen Kontext einen Codewechsel und somit eine linguistische Interferenz bedingt. Darüber hinaus gelten auch Ergänzungen zum Zitat als implizite IT-Signale, z.B. Kursive, Kapitälchen, An-führungszeichen, Doppelpunkt usw.

Dem Markierungsmodell von Füger (1989) liegt die Frage nicht nur nach den möglichen Arten sondern auch nach den möglichen Funktionen der Markierungen zugrunde. Dadurch versteht sich dieses Modell gleichzeitig als Unterschied und Er-gänzung zu Broich und Plett. Der Begriff Markierung soll nach Füger (1989: 180 ff.) über folgende drei definitorische Wesensmerkmale verfügen:

a) bewusst vollzogener Kennzeichnungsakt b) Mittel ihrer Materialisierung im Text

c) das Erkennen einer Referenz durch Rezipienten.

Eine solche Auffassung über die Markierung birgt manche Probleme in sich. Kann man beispielsweise von einer Markierung sprechen, wenn deutliche Hinweise im Text auf andere Texte fehlen? Oder wenn im Falle des Plagiats ein Autor geradezu nicht beabsichtigt, einen Bezug zu markieren?

Fügers Ansatz lenkt den Blick auf das Gesamtspektrum der IT und steckt inner-halb dieses Spektrums das potenzielle Anwendungsgebiet für deren Markierung ab.

Helbig bemerkt (1996: 44), dass Füger mit seinem Modell eine Verbindung von theo-retischer Grundlegung und textanalytischer Umsetzung anstrebt.

Füger fasst „sämtliche mögliche Spielarten” der IT tabellarisch zusammen.

43 Das Modell von Plett wird von Holthuis (1993) erweitert, indem zwischen 1) explizit markierten, 2) quasi explizit markierten, 3) nicht explizit markierten (= implizit markierten) und 4) explizit nicht markierten Referenzen differenziert wird, vgl. dazu ausführlich Holthuis (1993: 108 ff.).

Tab. 1: Modell intertextueller Markierung bei Füger (1989: 180)

Die Felder 3 bis 6 repräsentieren Fälle der „nicht-markierten IT” bzw. die „Nullstufe intertextueller Markierung”. In diesen Fällen hat ein Autor nicht die Absicht, dem Leser die intertextuelle Bezugnahme zu signalisieren, z.B. bei einem unbewussten intertextuellen Echo oder beim Plagiat.

Die Felder 1 und 2 gelten demgegenüber als „markiert”, zumal in diesen Fällen der Autor die IT-Referenzen bewusst einsetzt und dem Leser vermitteln will. Eine so aufgefasste intendierte IT wird durch das Kriterium Markiertheit der IT-Referenz charakterisiert.

Innerhalb der „markierten” IT differenziert Füger zwischen expliziter und impli-ziter Markierung. Bereits vor der Wahl einer bestimmten Art der Markierung muss der Autor die Entscheidung treffen, ob die Referenz explizit oder implizit markiert werden soll. Beispiele für die explizite Markierung stellen die Nennung des Prätex-tes, dessen Autors sowie Addenda in Form von Signalen auf grafischer Ebene dar.

Im Zentrum des Interesses von Füger steht die implizite Markierung, bei der ver-schiedene Komplexitätsstufen unterschieden werden. Als einfachster Fall einer im-pliziten Markierung gilt die pure Wiederholung eines Signifikanten bzw. einer Sig-nifikantenreihe des Prätextes, sodass „das betreffende Textstück bereits durch den bloßen Kontrast zu seinem Kontext” „implizit als Fremdkörper markiert” ist (Füger 1989: 182). Die zweite Stufe stellt die modifizierte Wiederholung dar, während die dritte Stufe die totale Negation und die vierte Stufe die partielle Negation der Vorga-be des Prätextes repräsentieren. Füger ist auch Vorga-bestrebt, mögliche Ursachen für die Bestimmung des Transparenzgrades der impliziten Markierungen aufzulisten, z.B.

Komplexitätsgrad der sprachlichen und gedanklichen Differenz zum Prätext oder die Häufigkeit der Verweise auf einen bestimmten Prätext.

Das Modell veranschaulicht auch, dass Füger die Frage der Markierung in be-sonderem Maße an die Sprachbenutzer, an den Autor und den Leser bindet. Selbst Fall 1, ein Idealfall einer erfolgreichen intertextuellen Kommunikationshandlung, verlangt vom Leser nicht einfach die Kenntnis des Prätextes, sondern auch ein de-tailliertes Wissen über die Konventionen, die ihn hervorgebracht haben. Bei Feld 2 ist natürlich die Frage zu stellen, woran das Erkennen des intendierten IT-Verweises

scheitert, am Fehlen von entsprechenden Kenntnissen des Lesers oder an den nicht genug deutlichen IT-Signalen. Da die Vorwissensbestände verschiedener Leser un-terschiedlich ausgeprägt sind, sind jeweils unun-terschiedliche Grade und Ausmaße des intertextuellen Verstehens garantiert. Zwar sollten deutliche Markierungen zum bes-seren intertextuellen Verständnis führen, eine solche Beziehung muss aber nicht not-wendigerweise bestehen. Daher kann die Schlussfolgerung abgeleitet werden, dass die Frage der Markierung immer im Leser und in seinen Wissensvoraussetzungen mündet. Gerade Feld 2 kann dieses Problem der Markierung unter funktionalem Ge-sichtspunkt sehr illustrativ veranschaulichen. Ein vorrangiges Ziel der Markierung wäre demnach, die in Feld 2 angesiedelten Fälle intertextueller Kommunikation ins Feld 1 zu verschieben.

Eine wichtige Forschungslücke in der Literaturwissenschaft stellte relativ lange die Durchleuchtung des Funktionspotenzials intertextueller Markierungen in den literarischen Texten dar. Zur Behebung dieses Desiderats versuchte Helbig (1996), Funktionen intertextueller Markierungen in literarischen Texten zu inventarisieren und ausführlich zu erörtern. Eine funktionale Beschreibung von Markierungsverfah-ren erscheint für Helbig besonders im Hinblick intendierter, markierter IT (i.S.v. Fü-ger) begründet und erforderlich.

Das Funktionsspektrum intertextueller Markierung wird nach Helbig von prag-matischen Gesichtspunkten geprägt, ist daher „aus der in der bisherigen Forschung vorherrschenden Konzentration auf das Verhältnis zwischen manifestem Text und Referenztext zu lösen und stattdessen den Dialog zwischen Autor und Rezipient stärker in den Mittelpunkt des Interesses zu rücken” (1996: 149). Ähnlich zu Füger bewertet auch Helbig den Rezipienten als letzten „Zielpunkt und Adressat intertextu-eller Markierung” (ebd.).

Die Minimalfunktion der Markierung besteht darin, einen Leseservice zu leisten, einen vorab definierten Leserkreis, bei dem eine Bereitschaft zur Aufnahme voraus-gesetzt wird, auf eine literarische Referenz aufmerksam zu machen. Die Markierung dient als Anweisung, den aktuellen Text anders als üblich, nämlich intertextuell zu lesen, die Bedeutung dieses Textes vor dem Hintergrund eines anderen oder meh-rerer anderer Texte zu konstituieren.44 Die Markierungen können dem Leser Instru-mente in die Hand geben, die die Interpretation erleichtern, aber sie können den Re-zipienten auch zu einem spielerisch-kreativen Umgang mit dem Text anregen sogar manipulieren.

Das Funktionsspektrum erschöpft sich jedoch nicht in der Signalisierung und blo-ßen Verdeutlichung der Referenz, selbst wenn diese übergeordnete Funktion allen anderen Funktionen zugrunde liegt. Helbig unterscheidet folgende Typen von Funk-tionen der intertextuellen Markierung in den literarischen Texten (ebd. 168 ff.):

44 Über die Bedingtheit der Bedeutungskonstitution durch die Markierungspraxis vgl.auch Holthuis (1993: 219 ff.).

1) Die referenztextorientierte Funktion der Markierung äußert sich, wenn der ak-tuelle Text bewusst vor dem Hintergrund eines spezifischen Textes konzipiert wurde, und ohne die Kenntnis dieses literarischen Zusammenhangs nicht adäquat rezipiert werden kann, z.B. Parodie.

2) Die textorientierte Funktion der Markierung besteht darin, die Aufmerksam-keit des Rezipienten auf den manifesten Text zu richten, indem beispielsweise fiktio-nale Gestalten mithilfe der Markierungen charakterisiert werden.

3) In ihrer produzentenorientierten Funktion möchte die Markierung die Auf-merksamkeit des Lesers auf die Person des Autors selbst projizieren. Das Bestreben des Autors ist dann zu renommieren, sich mitzuteilen oder sich zu rechtfertigen.

In Bezug auf die Erfassung der Funktionen der Markierung muss darauf hingewiesen werden, dass es im Einzelfall nicht immer eindeutig zwischen der Funktion von der IT als solcher und der der intertextuellen Markierung unterschieden werden kann.

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