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Wortschatz in der Fachdidaktik

In document Cathedra Magistrorum 2019/2020 (Pldal 31-38)

Fachliche Kompetenzen IV: Zur Rolle der Fach- Fach-kenntnisse von Fremdsprachenlehrenden beim

4 Wortschatz in der Fachdidaktik

In der Fremdsprachendidaktik wird zwischen dem Mitteilungswortschatz, dem Verstehenswortschatz und dem potenziellen Wortschatz unterschie-den. Der Mitteilungswortschatz bezeichnet den aktiven, produktiven Wortschatz und umfasst alle Wörter, die der Lernende produktiv beherrscht und für seine kommunikativen Zwecke verwenden kann. Dazu gehören alle Funktionswörter, weil ohne sie keine strukturierten Mitteilungen, die in Sätzen oder in Texten versprachlicht werden, möglich sind. Wichtige Bestandsteile des Mitteilungswortschatzes sind selbstverständlich Inhaltswörter, die

inhaltlich komplexe, sinnvolle Mitteilungen erst ermöglichen. Wie viele Wörter Lernende für ihre Mitteilungen brauchen, hängt von ihren individu-ellen Bedürfnissen ab.

Der Verstehenswortschatz umfasst die lexikalischen Einheiten, über die der Lernende verfügt, um Lese- und Hörtexte selbstständig zu verstehen. Der optimale Umfang des Verstehenswortschatzes für die Lernenden ist gleichfalls individuell unterschiedlich – man spricht von der fünf- bis zehnfachen Menge des produktiven Wortschatzes.

Zwischen produktivem und rezeptivem Wortschatz gibt es keine festen Grenzen. Der Umfang der beiden verändert sich dynamisch. Der produk-tive Wortschatz kommt aus dem rezepproduk-tiven, wir können nur solche Wörter gebrauchen, die wir verstehen – und auch umgekehrt, produktive Wörter gelangen schnell in den rezeptiven Bereich, wenn sie nicht verwendet wer-den. Im Zeitalter der Wissensgesellschaft nimmt der rezeptive Wortschatz an Bedeutung zu, denn neues Wissen wird grundsätzlich mittels rezipierter Texte erworben.

In der Fremdsprachendidaktik spricht man zudem vom potenziellen Wortschatz. Er umfasst keine im mentalen Lexikon verankerten Wörter, sondern bezeichnet das prozedurale Zusammenspiel aus Vorwissen und Verstehens- und Produktionsstrategien (Neveling 2010a: 332). Zum potenziel-len Wortschatz gehören die zusammengesetzten und abgeleiteten Wörter, die der Lernende in dieser Form zwar nicht kennt, aber aufgrund seiner lexikalischen Kenntnisse ohne Erklärung verstehen kann. Ihm ist die Bedeutung der einzel-nen Bestandteile klar, weil er entsprechende Wortbildungsregularitäten kennt.

Beim Verstehen dieser neuen Wörter ist er in der Lage, seine Vorkenntnisse zu aktivieren oder Hypothesen zu bilden. Der potenzielle Wortschatz stellt eine wichtige Basis für das Textverstehen im mündlichen und im schriftlichen Bereich dar. Der Lernende greift dabei auf seinen produktiven und rezepti-ven Wortschatz zurück und setzt seine Lese- und Hörverstehensstrategien ein (Garay 2017). Der potenzielle Wortschatz ist keine zählbare Menge, sondern vielmehr die Fähigkeit, den Sinn unbekannter Wörter aus bekann-ten Bausteinen zu erschließen (Bohn 2001: 10). Eine wichtige Aufgabe im Fremdsprachenunterricht ist, den potenziellen Wortschatz von Anfang an durch die Bewusstmachung von Bedeutungserschließungsstrategien auf der Wort-, Satz- und Textebene zu fördern.

Unterrichtlich gesteuerter Wortschatzerwerb wird auch als Wortschatzarbeit, Wortschatzvermittlung (aus Sicht der Lehrperson) oder Wortschatzlernen (aus Sicht des Lerners) bezeichnet (Stork 2010: 105). Das Wortschatzlernen im Fremdsprachenunterricht erfolgt in einem gesteuerten Prozess, der durch Textorientierung geprägt ist. Der Unterricht geht vom Text zum Text, vom

Input (gelesener und verstandener Text) zum Output (von den Lernenden im Unterricht produzierter Text). Das Lesen von Inputtexten ermöglicht einen direkten Zugang zum Wortschatz, der gezielt bearbeitet und thematisiert wird, damit erfüllt der Text eine Musterfunktion bei der Wahrnehmung des deutschen Wortschatzes. Der Wortschatz kann direkt über Lesen erworben werden, im Anschluss erfolgt das Wortschatzlernen beiläufig, das primäre Ziel ist die Entwicklung der Lesekompetenz (Abitzsch et. al. 2019). Dabei kommt den Vorkenntnissen der Lernenden in Bezug auf andere Sprachen oder auf ihr Weltwissen und viele persönliche Faktoren (Einstellungen zur Zielsprache, Motivation, Lernkultur der Lernenden) eine wichtige Rolle zu (Boócz-Barna 2014). Parallel zu dieser gesteuerten Form des Wortschatzerwerbs können Lernende selbst ohne Fremdsteuerung neue Wörter erlernen. Traditionell nennt sich diese Aktivität der Lernenden „Vokabellernen“. Diese Form des Wortschatzlernens ist einerseits notwendig, anderseits empfehlenswert:

Zum einen ist es während des Fremdsprachenunterrichts aus zeitlichen Grün-den nicht möglich, Grün-den zu lernenGrün-den Wortschatz ausreichend zu festigen. Zum anderen sollen die Lerner im Sinne eines autonomen und lebenslangen Lernens befähigt werden, Wortschatz selbst gesteuert zu erwerben. (Stork 2010: 106) Für die Vermittlung der Wortschatzkenntnisse etablierten sich im Laufe der Geschichte des Fremdsprachenunterrichts unterschiedliche methodi-sche Konzepte, in denen dem Wortschatzlernen den jeweiligen Zielen des Unterrichts entsprechend eine andere Rolle zugeschrieben wurde (Funk 2010a;

Hüllen 2005; Piepho 1974; Vietor 1882). In der Grammatik–Übersetzungs-Methode galten die Kenntnisse im Bereich des Wortschatzes als Selbstzweck, nach dem heutigen Verständnis vom Fremdsprachenunterricht haben die Wortschatzkenntnisse eine dienende Funktion. Ausgehend davon, dass die Wörter für die Lernenden nicht an und für sich wichtig sind, sondern mit den grammatischen Kenntnissen die sprachliche Basis für ihre Sprachhandlungen beim mündlichen und schriftlichen Sprachgebrauch im rezeptiven und pro-duktiven Bereich im und außerhalb des Unterrichts bilden, wird die lexi-kalische Kompetenz den kommunikativen Fertigkeiten untergeordnet. Die Vermittlung der Wortschatzkenntnisse sollte daher kontextgebunden erfolgen (Neveling 2016: 117).

In der letzten Zeit werden im Kontext der Wortschatzarbeit die Potenziale von „language learning awareness“ und von „focus on form“ genutzt, die zur Effektivierung der Wortschatzarbeit ebenfalls erheblich beitragen kön-nen. Im Programm der language awareness wird die bewusste Beschäftigung mit der Fremdsprache in den Vordergrund gerückt. Language awareness verpflichtet sich dem sogenannten kognitiven Paradigma. Dabei wird der

Fokus auf mentale Prozesse gelegt, die beim Fremdsprachenerwerbsprozess im Kopf der Lernenden ablaufen. Damit wird der Lernerfolg nicht mehr eindimensional auf das Lehren zurückgeführt, sondern Lernen wird als ein komplexer, sich im Lernenden vollziehender Prozess betrachtet. Aus dieser Hinwendung zu mentalen kognitiven Prozessen resultierte, dass auch der Stellenwert von Bewusstmachung neu definiert wurde: Der Schwerpunkt des kognitiven Paradigmas ist natürlich nicht im Sinne der als überholt geltenden Grammatik–Übersetzungs-Methode zu verstehen, sondern Bewusstmachung wird als Reflexion über Lerngegenstände und Lernvorgänge aufgefasst (Brdar-Szabó 2010a,b; Königs 2005: 12; Uzonyi 2016). Vgl. hierzu:

Sprachliche Bewusstheit ist das Sich-im-Klaren-Sein über die Struktur(en) einer oder mehrerer Sprachen sowie über die Verwendung von Sprache in verschie-denen Kommunikationskontexten, um bestimmte kommunikative Absichten zu erreichen. Bewusstheit beruht auf der Wahrnehmung und geistigen Verarbeitung von Sprache und ist Resultat eines Erkenntnisprozesses, der an sprachliche In-teraktion gebunden ist. Die Bewusstmachung sprachlicher Erscheinungen dient als Lernhilfe und tritt in unterschiedlichen Sprachmethoden auf, ist aber selbst keine Sprachlehrmethode. (Gnutzmann 2010: 16)

Das Programm der language awareness ist in der Wortschatzarbeit bei der Bewusstmachung der Wortbildungsregularitäten im Fremdsprachenunterricht von besonders großer Relevanz. Für diese Zwecke werden diverse Verfahren in der Fremdsprachendidaktik für die Praxis zur Verfügung gestellt (s. Abschnitt 5).

An dieser Stelle soll noch auf ein weiteres großes Verdienst der language learning awareness für den Fremdsprachenunterricht hingewiesen werden:

Dieses Konzept trägt der Komplexität des Sprachenlernens Rechnung und in diesem Sinne ist auch der Wortschatz in der Vermittlung betroffen. In diesem Kontext hat learning awareness hohe Relevanz für alle Bereiche des Fremdsprachenunterrichts. Durch die kommunikativ-pragmatische Wende in der Linguistik und in der Folge der Fremdsprachendidaktik (Phiepho 1974) kam der Gebrauchsaspekt von Sprache und sprachlichem Wissen stärker zum Tragen, was sich im Kontext von Sprache und sprachlichem Wissen durch die Einbeziehung von pragmatischem und soziolinguistischem Wissen nieder-schlug (Gnutzmann 2012: 41). Diese Erweiterung der Zielsetzungen wird in der language awareness aufgegriffen und neben der kognitiven Orientierung der Fremdsprachendidaktik auch die affektive, soziale, politische und Performanz-Domäne von Sprache und Sprachlernprozessen in den Blick genommen:

So werden unter language awareness nicht nur die (kognitive) menschliche Sprachfähigkeit und deren Bedeutung für das Denken, Lernen und Handeln ver-standen, sondern auch die affektiven, politischen und sozialen Zusammenhänge

von sprachlicher Kommunikation wie auch von mutter- und fremdsprachlichem Lernen subsummiert. (Gnutzmann 2010: 17)

Das Konzept focus on form bezeichnet eine Unterrichtsphase in einem in-halts- und aufgabenorientierten Fremdsprachenunterricht, in dem der Fokus explizit auf Sprachstrukturen einschließlich der Textgrammatik und der Regeln der Wortbildung liegt (vgl. Funk 2010b: 86). Das Konzept von focus on form unterscheidet sich von dem Konzept von focus on forms, das einem grammatikzentrierten Unterricht zugrunde lag. Das focus on form-Konzept zielt darauf ab, dass sprachliche Regelhaftigkeiten im Unterricht nur in dem Fall behandelt werden, wenn die Lernenden diese bei der Lösung einer inhaltlichen Aufgabe explizit verstehen wollen. Wenn die Lernenden selber dabei nicht interessiert sind, widmen sie diesen keine nachhaltige Verarbeitungsaufmerksamkeit (ebd., S. 86). Focus on form greift also eben-falls den Begriff der Sprachbewusstheit auf und geht davon aus, dass sich die Sprachbewusstheit fördernden Aktivitäten positiv auf das prozedurale Wissen und somit auf das automatisierte sprachliche Handeln auswirken. Zur Klärung dieser Frage gibt es jedoch einen Forschungsbedarf, die Effektivität dieses Konzeptes wurde noch nicht eindeutig nachgewiesen (Gnutzmann 2012: 42).

Bei der Konzeptualisierung der Wortschatzvermittlung kommt der Frage der Plurizentrik (s. Abschnitt 2) bzw. der Vielfalt der deutschen Sprache eine wichtige Rolle zu. Die Herausforderungen an den DaF-Unterricht sind in der letzten Zeit enorm angestiegen. Die DaF-Lernenden haben diverse Möglichkeiten, andere Sprachgebiete via Internet oder persönlich live kennen zu lernen und für sich zu entdecken. Ihre Erwartungen, sich auf diese sprach-liche Vielfalt im Unterricht vorbereiten zu können, sind berechtigt, und der institutionelle Fremdsprachenunterricht muss diesem Anspruch nachgehen.

Im Zeitalter der großen Mobilität in der Welt muss die Schule als Ort des gesteuerten Sprachenlernens diesem kommunikativen Bedarf der Lernenden beispielsweise durch die Organisation von Schüleraustauschprogrammen und sonstigen internationalen Projekten Rechnung tragen und ihre Tore öff-nen. Dabei können die DaF-Lernenden die deutsche Sprache in ihrer Vielfalt wahrnehmen. Einen großen Motivationsfaktor stellt für sie dar, wenn sie in einer für sie fremden Welt durch Aha-Erlebnisse begleitet werden und das vor Ort gebrauchte Deutsch aufgrund ihrer schulischen Kenntnisse ihnen nicht nur bekannt vorkommt, sondern auch verstanden wird, und sie ihre eigenen Sprachkenntnisse für kommunikative Zwecke eigenständig einsetzen können:

„Die Lernenden des Deutschen als Fremdsprache müssten unbedingt mit einer Vielfalt an Variation umgehen lernen, um in alltäglichen Situationen effektiv kommunizieren zu können“ (Durell 2004: 76).

Deutsch als plurizentrische Sprache gehört also zum Fachwissen aller angehenden und praktizierenden Deutschlehrenden. Allerdings wirft die Umsetzung Fragen auf wie beispielsweise:

∙ die Freistellung Lehrender zum Zweck der Erstellung didaktisierter, aktueller Unterrichtsmaterialien

∙ technische Ausstattung

∙ technisches Hintergrundwissen zur sicheren Nutzung neuer Medien.

In den letzten Jahren entwickelte sich in der Fremdsprachendidaktik der Begriff der rezeptiven Varietätenkompetenz. Dabei geht es darum, Augen und Ohren zu schulen, um nationale Varianten in authentischen Texten wahrzu-nehmen. Entsprechende Beobachtungen zum Variantengebrauch finden sich in alltagssprachlichen, literarischen, journalistischen oder wissenschaftlichen Texten, schriftlichen wie mündlichen (Studer 2002: 116ff.).

Zum Schluss schauen wir uns den Begriff der lexikalischen Kompetenz, der in Anlehnung an Tschirner (2010: 237) in Abschnitt 2 bereits eingeführt wur-de, im Kontext der Vermittlung des Wortschatzes näher an. Der lexikalischen Kompetenz oder Wortschatzkompetenz wurde in der Fremdsprachendidaktik lange Zeit keine große Aufmerksamkeit gewidmet, obwohl die Wichtigkeit des fremdsprachlichen Wortschatzes beim Sprachenlernen immer an-erkannt war. Es gilt als Binsenweisheit, dass die Handlungsfähigkeit ohne adäquaten Wortschatz nicht umsetzbar ist. In den 1980er Jahren lässt sich eine sogenannte Wortschatzwende feststellen, die eine Abwendung von der Grammatikorientierung darstellt und sich durch ein verstärktes Interesse an der Vermittlung des fremdsprachlichen Wortschatzes im Fremdsprachenunterricht zeigt. Die Etablierung des Begriffs der lexikalischen Kompetenz fügt sich in die Diskussion über den Begriff der Kompetenz ein (Ehlich 2010: 161; Schön 1983;

Studer 2010: 1264ff.; Weinert 2001: 27). Diese Diskussion wurde in den 1990er Jahren einerseits durch die Entwicklung des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER), andererseits durch den Paradigmenwechsel von der Inputorientierung hin zur Outputorientierung angeregt (Königs 2012: 35).

Bei dieser neuen Orientierung geht es nicht mehr um die Betonung der Rolle und die Beschreibung von Lehrinhalten („Input“), sondern vielmehr um das, was Lernende nach Abschluss der Schule in der Lage sind zu tun („Output“).

Im Gegensatz zu früheren Konzepten stehen also die effiziente Nutzung der Ressourcen und die damit verbundenen „Bildungserträge, Bildungserfolge“

Bildungserträge und -erfolge im Mittelpunkt, um auf diese Weise eine neue Sichtweise zur Qualitätssicherung an schulischen Institutionen zu schaffen.

Weinert liefert eine breit gefasste Definition und beschreibt den Begriff der Kompetenz im Rahmen der Erziehungswissenschaften als Problemlösungsfähigkeit:

Unter Kompetenzen versteht man die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösung in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können. (Weinert 2001: 27f.) Diese Definition wird auf unterschiedliche Kontexte übertragen. Im Kontext von Lehren und Lernen von Sprachen haben wir es mit einem erweiter-tem Kompetenzbegriff zu tun, der auf das sprachliche Handeln bezogen wird. Im Fremdsprachenunterricht wird die Förderung der sprachlichen Handlungsfähigkeit der Lernenden als zentrales Ziel betrachtet. Dieses Ziel kann durch die Entwicklung der sprachlichen Kompetenzen realisiert wer-den. Die sprachliche Kompetenz ist eine Handlungskompetenz, die über die Problemlösungsfähigkeit hinausgeht und savoir (deklaratives Wissen über die Sprache) und savoir faire (prozedurales Wissen über den Umgang mit Sprache) umfasst (Europarat 2001; Thonhauser 2008: 90). Die Lexik (der Wortschatz) stellt die sprachliche Grundlage für die Sprachhandlungen dar, die beim Sprachgebrauch eingesetzt wird.

Die lexikalische Kompetenz ist somit die Kompetenz für den Umgang mit der Lexik. Sie weist einen ebenso dynamischen Charakter auf wie das mentale Lexikon, der Ort der Speicherung der Lexik (s. Abschnitt 3). Der Begriff der le-xikalischen Kompetenz wird im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen als eine Unterkompetenz der linguistischen Kompetenz dargestellt. Laut GER umfasst die lexikalische Kompetenz die Kenntnis des Vokabulars der Sprache der Lernenden, das aus lexikalischen und aus grammatischen Elementen be-steht, sowie die Fähigkeit, es zu verwenden (Europarat 2001: 111). Lexikalische und grammatische Elemente werden also getrennt behandelt.

Aufgrund neuer spracherwerbstheoretischer Erkenntnisse wird diese Auffassung in der letzten Zeit viel kritisiert. So wird in der Fachliteratur zum einen dafür plädiert, dass der dynamische Charakter der lexikalischen Kompetenz berücksichtigt wird und der Begriff komplexer, nämlich anhand der Beschreibung von Teilkompetenzen wie z.B. von Kollokations- oder Wortbildungskompetenz, modelliert wird. Diese haben eine hohe Relevanz beispielsweise für den Ausbau des potenziellen Wortschatzes. Darüber hi-naus umfasst der Begriff der lexikalischen Kompetenz auch strategisches Wissen bzw. strategische Fähigkeiten. Dabei handelt es sich um Strategien des Wortschatzerschließens, -lernens und -behaltens (Targonska/Stork 2013: 82).

Die lexikalische Kompetenz sollte folglich weniger linguistisch orientiert sein, sondern sich stärker auf die Wortschatzerwerbs- bzw. Lernprozesse konzent-rieren. Die Phasen dieser Prozesse sind sowohl für das Wortschatzwissen als auch für den Wortschatzgebrauch wichtig.

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Entwicklung der lexikalischen Kompetenz ist, dass sie im Sinne des vernetzten Lernens (s. Abschnitt 3) nicht isoliert, sondern aus einer gemeinsamen Perspektive des sprachli-chen Handelns betrachtet und mit anderen Bereisprachli-chen verknüpft behandelt wird. Dabei geht es um den Konnex zwischen Wortschatz bzw. Idiomatik, Grammatik und Text bzw. Diskurs (Fandrych/Thonhauser 2008: 7). Um ex-plizit festzuhalten: Es geht nicht darum, strukturelles Wissen (Grammatik) aus dem Unterrichtsgeschehen zu verbannen, sondern um eine sinnvolle Verwendung grammatischer Strukturen zum bewussten und reflektierenden Umgang mit der zu erlernenden Sprache (Feld-Knapp 2008, 2016a).

Für die Entwicklung der lexikalischen Kompetenz ist also die Berücksichtigung des Zusammenspiels zwischen Wortschatz und Grammatik einerseits, Wortschatz und Textkompetenzen andererseits von Bedeutung (Feilke 2009;

Feld-Knapp 2014b, 2016b; Kertes 2019; Perge 2018, 2019).

Der Kompetenzorientierung im Fremdsprachenunterricht kann nur Rechnung getragen werden, wenn Kompetenzbereiche umfassend un-ter Einbezug von rezeptiven, eventuell auch reflektiven und produktiven Kompetenzen beschrieben werden (Fandrych 2008: 21). Diese Beschreibung der lexikalischen Kompetenz hat eine hohe Relevanz für die Wortschatzarbeit, in der eine kompetenzorientierte und prozesshafte Entwicklung der lexikali-schen Kenntnisse ermöglicht wird und eine Abkehr von dem durch den GER vorprogrammierten linguistisch orientierten Konzept für die Wortschatzarbeit darstellt.

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