• Nem Talált Eredményt

Phraseme mit der Konstituente Ei/tojás

In document Cathedra Magistrorum 2019/2020 (Pldal 186-197)

Kulinarische Phraseologismen in der fremdsprachlichen Kommunikation

5 Phraseme mit der Konstituente Ei/tojás

Der Bestandsaufnahme des lexikographischen Materials von Phrasemen mit dem Lexem Ei/tojás im Komponentenbestand (vgl. Quellenverzeichnis) nach scheint es im deutschen Wortschatz wesentlich mehr Phraseme mit der Kom-ponente Ei zu geben: 47 deutsche und 26 ungarische Phraseme konnten ex-zerpiert werden (vgl. Szatmári 2018). Solche sprachvergleichenden Untersu-chungen bieten eine ergiebige Grundlage für eine vielfältige Anwendung im Fremdsprachenunterricht. Dies soll anhand einiger Beispiele im Folgenden gezeigt werden. Zunächst zielt ein korpusbasierter kontrastiver Vergleich des lexikographischen Materials auf inhaltliche Übereinstimmungen und Abwei-chungen ab, denn aufgrund der unterschiedlichen Sprachfamilienzugehörig-keit (das Deutsche als überwiegend fusionierende, das Ungarische als überwie-gend agglutinierende Sprache) ist auf der Ausdrucksseite mehr Abweichendes als Übereinstimmendes zu erwarten. Vor dem Hintergrund, dass sprachliche Zeichen/Zeichenkombinationen arbiträr sind, ist leicht nachvollziehbar, dass inhalts- und ausdrucksseitige Äquivalenzbeurteilungen im interlingualen Phrasem-Vergleich einerseits durch die Regularitäten und Normen der gege-benen Sprachsysteme erschwert werden und andererseits über inhaltsseitige Äquivalenz erst „objektiv“ etwas ausgesagt werden kann, wenn diese durch

Niederschlag findet, indem sie meinen, dass die Welt aus dem Weltenei/Ur-Ei entstanden ist (vgl. Schmitz-Scherzer o.J.). Ein kurzer Überblick zur Bedeutung des Eis, das ebenfalls als Orakelrequisit, als Requisit bei verschiedenen Zeremonien sowie im Osterbrauchtum vieler Völker eine wichtige Rolle spielt, findet sich in Szatmári (2018).

23 In vielen Romanen spielen Speisen, ihre Zubereitung, ihr genüsslicher Konsum eine Rolle, um Lokalkolorit zu erzeugen, vgl. die folgende Passage: „Ein einziges Mal hat er in seinem früheren Leben im Vittener Kombüsenstübchen gegessen, zu Renates 40. Geburtstag. Was ganz Besonderes hatte sie sich damals gewünscht, und vielleicht ein bisschen nobel. Im Kombüsenstübchen bestellt Fiete zwei Spiegeleier mit Bratkartoffeln und Flundern. Dazu einen schwarzen Tee. Er lässt es sich schmecken und zahlt, gibt ein gutes Trinkgeld.“ (Grundies, Ariane (2017): Die Toten am Sund. Ein Ostsee-Krimi. München/Berlin: Piper, S. 25, Hervorhebungen im Original)

den Gebrauch in verschiedenen Textsorten nachgewiesen wird (vgl. Farø 2006a,b).24

5�1 Konvergierende Phraseme mit Ei/tojás

Konvergenzen zeigen sich in den folgenden sechs konzeptualisierten Domänen (vgl. Tab. 2, die Erläuterungen zu den Phrasemen basieren auf den im Quellenverzeichnis angeführten Werken/Links).

Einfachheit/Lösung (überraschend einfache Lösung)

Ei des Kolumbus (egyszerű <vmi,> mint a) Kolumbusz tojása Unerfahrenheit

(jmd. ist noch sehr unerfah-ren, unreif; ein Grünschna-bel sein)

kaum aus dem Ei geschlüpft/

gekrochen sein alig bújt [kelt] ki a tojásból;

még csak most bújt [kelt] ki a tojásból

noch Eierschalen hinter den

Ohren haben (még) tojáshéj van <vkinek>

a fenekén [még rajta van a

wie auf Eiern gehen mintha tojásokon járna

Vorsicht,

Sorgfalt/Schonung (behutsam/sehr vorsichtig mit jmdm./etwas umgehen)

jmdn./etwas wie ein rohes Ei

anfassen/behandeln* úgy bánik <vkivel> v�

<vmivel,> mint a hímes tojással; úgy vigyáz <vkire>

v� <vmire,> mint a hímes tojásra

Ähnlichkeit

(einander zum Verwechseln ähnlich sein)

sich/einander gleichen wie ein Ei dem anderen; wie aus demselben Ei gekrochen/

gebrütet

úgy hasonlít <vkihez,> mint egyik tojás a másikhoz [úgy hasonlítanak egymásra, mint két tojás]; (olyanok), mint két tojás

Risikovermeidung (sich nicht festlegen, um-ständlich sein; vorsichtig zu vermitteln versuchen; sich winden, etwas verdecken/

verbergen/verheimlichen)

einen Eiertanz aufführen** tojásokon táncol; tojástáncot jár

Tab. 2: Semantisch äquivalente Phraseme mit Ei bzw. tojás im Komponentenbestand

24 Die interlinguale Phraseologie unterteilt in „Volläquivalenz (Form und Bedeutung stimmen überein), Teiläquivalenz (Variation der Form, Bildhaftigkeit, Metaphorik und z.T. Konnotationen und Gebräuchlichkeit) und Ersatzäquivalenz (kein systemhaftes phraseologisches Äquivalent vorhanden)“ (Hallsteinsdóttir/Farø 2011: 141).

* Martin Luther schrieb: „… auff das er also sie auffs aller senfftest halte / wie ein rohes Ey / das er sie nicht zu rüttel oder erschrecke“ (Kirchenpostilla, Das ist Außlegung der Episteln und Evangelien, 1560, 233b)

** Das Phrasem wird Goethe zugeschrieben, der einem Mädchen bei einem Tanz mit verbundenen Augen zwischen auf einem Teppich platzierten Eiern zusah. Sie bewegte sich dabei so geschickt, dass sie keins der Eier berührte. Der Dichter hielt dieses Ereignis in einer Geschichte fest. Einen Eiertanz aufführen wird angewendet, um auszudrücken, dass jemand sehr vorsichtig sein muss. Aufgrund der Kompliziertheit des Tanzes beschreibt das Phrasem auch Personen, die sehr umständlich sind (vgl. http://www�sprichwoerter-redewendungen�de/redewendungen/

einen-eiertanz-auffuhren [03.10.2019]).

In der Fachliteratur wird davon ausgegangen, dass totale Äquivalenz/

Volläquivalenz minimale Lernschwierigkeiten mit sich bringt, weil der mut-tersprachliche Transfer förderlich wirkt (vgl. Hessky 1997a: 259). Dies lässt sich jedoch nicht automatisch auf das Erkennen von totalen Äquivalenten übertragen. Als zum gemeinsamen europäischen kulturellen Erbe gehörig, sollte man meinen, dass obige Phraseologismen unter dem Phrasemgebrauch (in der Muttersprache) gegenüber positiv eingestellten DaF-Lernern bekannt sind. Eine Spontanumfrage unter Lehramts- und Masterstudierenden am Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur der Károli-Gáspár-Universität zeichnet ein sehr differenziertes Bild. An der Befragung nahmen 11 Stu- dierende teil, denen die in Tab. 2 ermittelten Phraseme vorgelegt wurden. Sie bekamen ein Aufgabenblatt mit folgenden drei Spalten: (Spalte 1) bekannt, Bedeutung; (Spalte 2) der deutsche Phraseologismus; (Spalte 3) der ungarische Phraseologismus. Das Aufgabenblatt lag in zwei Ausführungen vor: Entweder war die 2. oder die 3. Spalte freigelassen. Die Verteilung der Arbeitsblätter erfolgte nach dem Zufallsprinzip. Es wurden aber mehr Blätter der Variante, in der der deutsche Phraseologismus genannt wurde, verteilt, denn ich ging davon aus, dass die Studierenden aufgrund der Äquivalenz leichter die unga-rische Entsprechung nennen könnten. Den Studierenden, die die ungaunga-rischen Phraseologismen bekamen, waren zwei Phraseme unbekannt (Kolumbusz to-jása und tojásokon táncol; tojástáncot jár). Die sieben Studierenden, die das Arbeitsblatt mit den deutschen Phrasemen erhielten, sollten beim Verstehen des Phrasems eine ungarische Entsprechung anführen. Erkannt und mit der ungarischen Entsprechung versehen wurden lediglich die Phraseme kaum aus dem Ei geschlüpft sein (2 Personen), noch Eierschalen hinter den Ohren haben (5 Personen) und sich gleichen wie ein Ei dem anderen (7 Personen). Es zeigt sich, dass, auch wenn die phraseologische Einheit in der Muttersprache be-kannt ist, nicht automatisch davon auszugehen ist, dass sie beim Vorliegen der äquivalenten fremdsprachlichen phraseologischen Wortverbindung auch aus dem Lexikon abgerufen wird. Erhellendes und der Fremdsprachenvermittlung Förderliches sollten in diesem Zusammenhang Spracherwerbsforschungen und psycholinguistische Untersuchungen beitragen.

5�2 Divergierende Phraseme mit Ei/tojás

Für den Gegenstand dieser Arbeit werden nur einige einzelsprachspezifische Phraseme meiner Untersuchung herangezogen. Abweichungen zeigten sich im untersuchten Korpus mit einem deutlichen Unterschied: Im Deutschen handelt es sich um etwa 28 Konzeptbereiche, im Gegensatz dazu gibt es fünf in der ungarischen Sprache (vgl. Szatmári 2018). Hier eine Auswahl der kon-zeptuellen Domänen:

Domänen mit deutschen Phrasemen Domänen mit ungarischen Phrasemen Geringwertiges/Wertlosigkeit:* für

ei-nen Apfel und ein Ei arbeiten, etwas für eiei-nen Apfel und ein Ei kaufen/verkaufen

Zeitintervall: míg egy tojás megsül ‚inner-halb von wenigen Minuten’

Ungeduld, Neugier/ Unvollkommen-heit: sich den Kopf über ungelegte Eier zerbrechen; sich um ungelegte Eier kümmern (ist bereits bei Luther belegt); von ungelegten Eiern reden; ungelegte Eier ausbrüten wollen

Unvernünftigkeit/Gewinnsucht: kakas alatt tojást keres ‚etwas offensichtlich Unsin-niges tun‘, ‚jmd. ist so geizig, dass er aus jeder Situation seinen Nutzen ziehen möchte‘

Sauberkeit: wie aus dem Ei gepellt aussehen/

herumlaufe Aussehen: szeplős, mint a pulykatojás; olyan,

mint egy koraszülött záptojás (Un-)Annehmlichkeit: Ein dickes Ei; das

ist ein (dickes) Ei! bedeutet: (1) Unannehm-lichkeit: eine unangenehme, bedenkliche Sache; es kann allerdings auch genau das Gegenteil (2) Annehmlichkeit bezeichnen:

eine hervorragende, ausgezeichnete Sache

Zweckdienlichkeit: (derb) finggal nem lehet tojást festeni: (a) ‚ohne entsprechendes Werkzeug kann man keine gute Arbeit leis-ten‘ (b) ‚man sollte nicht sparsam sein, wenn man etwas Gutes haben will‘

Missfallen: ein faules Ei; gern mit faulen Eiern um sich werfen; jemanden mit faulen Eiern bewerfen

Erziehung/Konsequenz: tojásból kél a csirke

* Interessant daran ist, dass, obwohl das Ei als Pachtzins ein wichtiges „Zahlungsmittel“ war, es wie der Apfel als Naturprodukt in der bäuerlich geprägten Gesellschaft kaum einen Wert hatte.

Tab. 3 Einzelsprachspezifische Phraseme mit Ei bzw. tojás im Komponentenbestand

Die natürlichen Phraseme dienen der jeweiligen Kulturgemeinschaft zur Abbildung eines gewissen Ausschnitts der realen Welt. Sollte die Vorkommenshäufigkeit eines Kulinariums im Komponentenbestand eines Phrasems ein Kennzeichen für dessen Präferenz unter den Lebensmitteln in der außersprachlichen Welt sein (vgl. Wotjak 2010: 114), sind diesbezüg-lich deutdiesbezüg-liche Unterschiede zwischen der deutsch- und ungarischsprachigen Kulturgemeinschaft feststellbar: Im deutschen Kulturraum scheint das Ei unter den Grundnahrungsmitteln demnach eine exponiertere Stellung ein-zunehmen als im Ungarischen.

Dieser Unterschied wird in Szatmári (2018) mit der ungleichmäßigen Reaktion/Reflexion der jeweiligen Kulturgemeinschaft auf die strengen Abstinenzregeln im Mittelalter erklärt, als der Konsum tierischer Produkte (darunter auch Eier) über eine gewisse Zeit im Jahr strengstens untersagt war.

In dieser Zeit entstanden viele Phraseme, so dass man annehmen kann, dass im Deutschen dem Ei mehr Gewicht beigemessen wurde und es deshalb weitaus häufiger als sprachspielerisches Mittel herangezogen wurde.

5�3 Auf dem Weg zum autonomen Lernen

Die Fremdsprachenvermittlung hat sich bereits seit fast 40 Jahren recht erfolg-reich bemüht, den „praseodidaktischen Dornröschenschlaf“ (Kühn 1987) zu beenden. Zahlreiche international anerkannte Beiträge legen davon Zeugnis ab (vgl. Lüger 1997, 2019). Einig ist sich die Fachliteratur, dass Phraseme nur in konkreten Verwendungskontexten zu behandeln sind (u.a. Jesenšek 2006;

Bergerová 2011; Lüger 2019; Ettinger 2019).

Als grundlegend für die Vermittlung von Phrasemen im Fremdsprachen-unterricht hat sich der phraseodidaktische Dreischritt von Kühn (1992, zit. n. Hallsteinsdóttir 2011: 7) erwiesen. Er beinhaltet die Schritte (1) Erkennen einer kontextuell eingebetteten phraseologischen Einheit, (2) Entschlüsseln der phraseologischen Bedeutung unter Zuhilfenahme des Kontextes bzw. vorhandenen Bildmaterials oder durch das Nachschlagen in Wörterbüchern, (3) Erwerben des Phrasems als Ganzheit und Verwendung in entsprechenden Kontexten (vgl. Hallsteinsdóttir 2011: 7). Darauf basierend wurden die Lernschritte Erkennen (des Phrasems in einem authentischen Text, anhand morphosyntaktischer Anomalien, semantischer Inkompatibilitäten, unikaler Elemente), Verstehen/Entschlüsseln (des Phrasems durch gezielte Fragestellungen und durch den Kontext), Festigen (Einüben des Phrasems) und Anwenden (des neuen phraseologischen Ausdrucks in einem ähnlichen Kontext) herausgearbeitet, die heutzutage als fundamentale Phasen beim Erwerb von Phrasemen gelten (vgl. Lüger 1997: 102), vgl. auch Abb. 1:

Abb. 1: Mögliche Lernschritte der Phrasemvermittlung nach Lüger (2019: 73) Lüger (2019) betont, dass sich unter Berücksichtigung der konkreten Unterrichtssituation die Prioritäten verschieben können. In jedem Fall je-doch kommt dem Verstehen (deshalb in Lügers Darstellung auch hervorge-hoben) eine größere Bedeutung zu: Mit der Bedeutungserschließung sind die Erfassung des kommunikativen Zusammenhangs sowie des semantisch- pragmatischen Mehrwerts verbunden. Unterstützend wirken ferner der Vergleich mit der Muttersprache, die Einordnung in ein onomasiologi-sches Feld, das Herstellen von Text-Bild-Bezügen und gegebenenfalls das Einbeziehen des kulturspezifischen Hintergrundes.

Neben der Vermittlung von Phrasemen im Unterricht wird die Aufmerk-samkeit immer wieder auf die Wichtigkeit des Selbststudiums gelenkt (vgl.

Ettinger 2019; Lüger 2019), wobei vor allem an fortgeschrittene Lerner ge-dacht wird. Anregend ist die praxiserprobte und bewährte Lernmethode, die Regina Hessky, Stefan Ettinger und Manuela Nunes im Laufe ihrer Zusammenarbeit entwickelt und präzisiert haben. Formalisiert wird sie in Form eines Arbeitsblattes, das online zugänglich ist (vgl. Fußnote 13), dabei geht es um Folgendes:

Das Arbeiten mit einem solchen Merkblatt erscheint zunächst als eine Über-forderung. Der Lernende sollte sich aber von dem großen Lernaufwand nicht erschrecken lassen. Im Laufe des autonomen Weiterlernens stellt sich nämlich sehr rasch eine erfreuliche Routine ein, die ein relativ schnelles Erarbeiten einer neuen Redewendung erlaubt. Es dürfte tröstlich zu wissen sein, dass derart inten-siv „gelernte“ Phraseologismen wirklich zum sprachlichen Besitz werden, auf den man problemlos zurückgreifen kann. Einfaches kontextfreies Auswendiglernen von Phraseologismengleichungen erweist sich dagegen nach allen Erfahrungen als wenig ergiebig für die aktive phraseologische Kompetenz. Auch für eine unbedingt anzustrebende umfangreiche passive phraseologische Kompetenz

T E X T

Erkennen V E R S T E H E N Üben / Festigen Anwenden

⇨ ⇨

• Semantisierung, Zuschreiben pragmatischer Funktionen

• Kontrastierung L1–L2

• Zusammenstellen eines onomasiologischen Feldes

• Deuten eventueller Text-Bild-Bezüge

• Erklären der Herkunft

kann ein solches Arbeitsblatt den Blick des Lernenden schärfen und zur besseren Verankerung im Gedächtnis beitragen. (Ettinger/Nunes 2006: 38f.)

Das letztgenannte Arbeitsblatt ist für fortgeschrittene Portugiesischlernende konzipiert worden und beinhaltet insgesamt 10 Punkte (diese gebe ich hier verallgemeinert wieder): Ausgehend von einem authentischen Textbeispiel (mit Notizen zum Schlüsselbegriff und Nennung des Phrasems mit Quellenangabe) folgen die Paraphrasierung des Phrasems in der L2 und/oder Muttersprache sowie Angaben zur muttersprachlichen Entsprechung, dann sollen Angaben zu grammatikalischen und zu klassematischen Restriktionen, zur stilistischen Markierung, zur Frequenz, zu Gebrauchsbedingungen, zur Gestik/Mimik sowie zur Etymologie und zu Sonstigem getätigt werden.

Bergerová (2011) hat – inspiriert durch eine frühere Version – das Arbeits-blatt insofern verändert, als sie aus nachvollziehbaren Gründen (Zeitaufwand, Sprachkompetenz der Studierenden) auf morphosyntaktische Restriktionen und Gebrauchsbedingungen (Wer? Zu wem? Wann? Wo? Mit welcher Absicht?) verzichtete. Sie will fortgeschrittene Lerner/Germanistikstudierende an das selbständige Erarbeiten von Phraseologismen heranführen, in-dem sie sie (im Rahmen einer Lehrveranstaltung) befähigt, nach und in geeigneten Informationsquellen zu suchen. Zugleich macht sie damit die Studierenden – in Bezug auf Phraseologismen – mit Methoden der (kritischen) Wörterbuchbenutzung vertraut und richtet deren Augenmerk auf verschiedene Aspekte der zwischensprachlichen Äquivalenz. Mithilfe der Informationsquellen sollen sich die Lernenden den folgenden Fragenkatalog erarbeiten:

1. unter welchem Stichwort/welchen Stichwörtern haben sie die Phraseo-logismen gefunden;

2. in welcher Form werden die Phraseologismen dort angeführt;

3. wie wird ihre Bedeutung erklärt;

4. beinhaltet der Wörterbuchartikel zusätzliche Angaben zum Gebrauch (z.B. stilistische Markierung, Informationen über Geschlechts- oder Altersspezifik, regionale Markierung u. Ä.);

5. liefern die Wörterbücher Informationen über den Ursprung der Phra-seologismen. (Bergerová 2011: 113f.)

Außerdem sollten die DaF-Lerner den Äquivalenztyp bestimmen, im Internet oder in anderen Quellen drei authentische (von Muttersprachlern verfass-te) Textbelege für den jeweiligen Phraseologismus suchen, wobei besonders Belege für den modifizierten Gebrauch erwünscht waren.25

25 Eine fakultative Aufgabe bestand darin, die phraseologische Bedeutung der Wortverbindung bildlich (z.B. durch Zeichnungen, Bilder/Fotos) darzustellen (es sollte nicht – wie es üblicherweise

Ähnlich gezielt kann auch der fortgeschrittene Deutschlerner der gymna-sialen Oberstufe für die Erarbeitung von Phrasemen sensibilisiert werden.

Auf den Gegenstand meines Beitrags bezogen können ausgehend vom deut-schen Frühstückstisch für die einzelnen Kulinaria Phraseme in authentideut-schen Texten Ausgangspunkt für das Erschließen der Phraseme mithilfe des obigen Katalogs sein, der paarweise oder in kleineren Gruppen „abgearbeitet“ werden kann. Exemplarisch seien hier einige Textsorten für verschiedene deutsche Phraseologismen mit der Komponente Ei angeführt; auf weitere in den Belegen vorhandene Phraseologismen sei hier nur verwiesen (u.a. der Haussegen hängt schief, Andacht abhalten, alles geben, Eier legen).

(1) wie aus dem Ei gepellt

(a) KULINARISCHE REDEWENDUNGEN: WIE AUS DEM EI GEPELLT 13. April 2017

Ostern steht vor der Tür und am Wochenende dreht sich alles um die Oster-eier. Die Kleinen gehen auf Eiersuche und die Erwachsenen geben alles dafür, um „wie aus dem Ei gepellt“ auszusehen. Was es mit dieser Redewendung auf sich hat und warum sich an Ostern alles um das Ei dreht, erfahren Sie in diesem Artikel.

Bedeutung der Redewendung

Der Ausdruck „wie aus dem Ei gepellt“ wird in der Umgangssprache häufig verwendet und steht für ein sehr gepflegtes Äußeres. So werden besonders gut gekleidete Menschen als „wie aus dem Ei gepellt“ bezeichnet.

https://www�speisekarte�de/blog/2017/04/13/kulinarische-redewendun-gen-wie-aus-dem-ei-gepellt/(25.02.2020)

(b)

– Waage: 24. September bis 23. Oktober Schicke Clique

Nicht nur, dass einem die ganze Familie immer hübsch adrett wie aus dem Ei gepellt oder dem Modejournal entstiegen entgegenkommt, nein, die sind auch noch schön harmonisch aufeinander abgestimmt. Und falls bei Waagen mal der Haussegen schief hängt, wird er sanft wieder ausgeglichen und waa-gerecht eingependelt.

https://www�kostenlos-horoskop�de/horoskop/familie/ (25.02.2020) geschieht – die wörtliche wiedergegeben werden). Damit wurden einerseits vertiefende Kenntnisse hinsichtlich der Semantisierung eines Phrasems gewonnen sowie andererseits ein Sich-daran-Erinnern gefördert. Besonders gelungene Bilddarstellungen sind online über http://frazeologie�

ujepurkyne�com/VS_teil04�asp (07.04.2020) zugänglich (vgl. auch Bergerová 2007).

(c) Kriminalliteratur

So zumindest wirkte das emsige Treiben auf die Kommissarin, die den ei-lenden, teuer gekleideten und wie aus dem Ei gepellten Männern und Frau-en hinterhersah, die in das Gebäude oder aus ihm herausströmtFrau-en [sic!].

(Franz, Andreas/Holbe, Daniel (2013): Tödlicher Absturz. Augsburg:

Weltbild. S. 65)

(d) „Grauhe Ruh“ wie aus dem Ei gepellt Arbeiten an der Kapelle sind abgeschlossen 14 FEB 2020 / 16:49 UHR

Die „Grauhe Ruh“ erstrahlt in neuem Glanz: Die Wiedereinsegnung ist für den 1. Mai geplant. Fotos: re

Biebergemünd (in). Die Renovierungsarbeiten an der zwischen Wirtheim und Bad Orb gelegenen Kapelle „Graue Ruh“ sind abgeschlossen. Wie aus dem Ei gepellt, präsentiert sich das 1946 errichte Kleinod nach der Sanie-rung. Nachdem am 1. Mai die letzte Andacht abgehalten wurde, hat sich viel getan, denn erst während der Bauarbeiten stellte sich heraus, wie groß das Ausmaß der Schäden tatsächlich ist.

https://www�gnz�de/region/biebergemuend/grauhe-ruh-wie-aus-dem-ei-gepellt-MX1347961 (07.04.2020)

Die Bedeutung von Phraseologismen wird – wie das Beispiel (1a) zeigt – nicht nur in online zugänglichen Datenbanken,26 sondern auch in Blogs erläutert.

Anhand authentischer Texte können die Lernenden dann ihr Wissen über die

26 Nützliche, mit kurzen Erläuterungen zum Inhalt versehene Links zu Seiten, die Phraseologismen und Sprichwörter verzeichnen, bietet das redensarten-index�de-Portal (https://www�redens-arten-index�de/links/links-redensarten�php [25.06.2020]).

Verwendung vertiefen. Sie lernen, dass der Phraseologismus als Vergleich oder Attribut genutzt wird, vgl. (1b), (1c). Überdies macht (1d) deutlich, dass er nicht nur personenbezogen gebraucht wird, sondern auch z.B. auf renovierte Gebäude anwendbar ist.

(2) ungelegte Eier

„Wir reden über ungelegte Eier“ (Philipp Ortmann, 02.02.2016) https://

www�nrz�de/staedte/wesel-hamminkeln-schermbeck/wir-reden-ueber--ungelegte-eier-id11518906�html (07.04.2020)

[…] Ohne jegliches Wissen der Brüner Bürger“, so kritisiert er, werde im Rat entschieden, die Ackerfläche zu erwerben. Ob es tatsächlich passiert, wird sich erst zeigen. Aber allein die Tatsache, dass sich die Stadt mit dem Grund-stück beschäftigt, ist die Nachricht für die Bürger, die auch bereits wissen wollen, wie es an der Stelle weitergehen soll. Demnach „sollen hier zweige-schossige Holzhäuser entstehen, die das Landschaftsbild Brünens massiv verändern werden“, schreibt Kuhrke.

[…] „Insofern wird hier über Eier diskutiert, obwohl das Huhn, das sie legen soll, noch gar nicht geboren wurde“, sagte der Bürgermeister. Hörbar verär-gert, weil dieses ursprünglich nichtöffentliche Thema so frühzeitig den Weg in die Öffentlichkeit gefunden hat.

Die Passage aus dem Zeitungsbericht in (2) präsentiert eine durchaus drasti-sche Paraphrasierung des Phrasems durch den Muttersprachler.

Eine weitere Möglichkeit, sich Einsichten über den authentischen Gebrauch von Phraseologismen und ihre Übersetzung zu verschaffen, sind Paralleltexte, vgl. (3):

(3) das Ei des Kolumbus

https://www�linguee�hu/ (07.04.2020):

Elnök úr, javaslom, hogy vegyük fontolóra a pénzkínálat bővítését („quantitative easing“) az euróöve-zetben; és lehet, hogy a megoldás oly-an egyszerű lesz, mint Kolumbusz tojása. (europarl�europa�eu)

Herr Präsident, ich schlage vor, eine quantitative Lockerung für den Eu-roraum zu erwägen; es könnte das Ei des Columbus sein. (europarl�

europa�eu) Az Unió a mediterrán térségért

kezdeményezés Kolumbusz tojása, nemde! (europarl�europa�eu)

Die Union für das Mittelmeer, das ist doch das Ei des Columbus! (eu-roparl�europa�eu)

Internet-Suchmaschinen und Internetportale liefern in Sekundenschnelle eine Fülle an Beispielen, als empfehlenswert für die bilinguale Phraseologie

lobt Ettinger die Datenbank Linguee, die Onlinewörterbücher mit einer Suchmaschine kombiniert und zweisprachige, übersetzte Satzpaare anbietet: Sie ist

eine Übersetzungshilfe für selbständiges Übersetzen mit Hilfe einer Datenbank bilingualer Texte, die […] mit Erfolg von Linguisten für die kontrastive Phra-seologie verwendet werden kann und die in der Phraseodidaktik die Ausbildung der Selbstlernkompetenz erleichtern kann. (Ettinger 2015: 3f.)

Allerdings wurde meine Begeisterung etwas gedämpft, denn es sind weit we-niger phraseologische Einheiten für das Sprachenpaar Deutsch-Ungarisch abgespeichert, z.B. konnte ich keine Belege für wie aus dem Ei gepellt finden,27

Allerdings wurde meine Begeisterung etwas gedämpft, denn es sind weit we-niger phraseologische Einheiten für das Sprachenpaar Deutsch-Ungarisch abgespeichert, z.B. konnte ich keine Belege für wie aus dem Ei gepellt finden,27

In document Cathedra Magistrorum 2019/2020 (Pldal 186-197)