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Vorschläge für den Deutschunterricht

In document Cathedra Magistrorum 2019/2020 (Pldal 146-152)

auf der Spur der Leistung der Modalpartikeln in der kommunikativen Situation

6 Vorschläge für den Deutschunterricht

Nach wie vor bleibt die Frage offen, wie Modalpartikeln im DaF-Unterricht eingesetzt werden können. Da sie zur lebendigen Alltagskommunikation un-entbehrlich sind, können sie aus dem Fremdsprachunterricht nicht verbannt werden. Bereits auf der Anfängerstufe sind sie sehr wichtig, wie das nächste negative Beispiel zeigt.

Im Jahr 1962 wurde das Kinderlehrbuch Képes német nyelvkönyv gyerme-keknek (Bács/Telegdi 1962) herausgegeben. Ohne seine Bedeutung für den Deutschunterricht in Ungarn in Frage zu stellen,11 muss die hinter ihm stehende Sprachauffassung aus einer kritischen Distanz betrachtet werden.

Beispiel (14) zeigt, dass hier keine lebensnahe Situation vorliegt, sondern locker miteinander zusammenhängende Beispielsätze zu finden sind, die eine bestimmte Lexik (Familie, Kindertätigkeiten) und Grammatik (Fragesätze und Konjugation) demonstrieren. Die sprachlichen Strukturen passen nicht zum Bild. Die Fragen der Mutter sind unangebracht, weil sie sieht, was die Kinder machen. Anders formuliert liegt hier ein Common Ground vor, nämlich eine gemeinsam erlebte, optisch wahrgenommene Situation, an der man nicht vorbeigehen dürfte. Vor diesem Hintergrund kann man keine Sachfrage in Bezug auf die Tätigkeiten der Kinder stellen.

11 Es war schließlich der Auftakt des Deutschunterrichtes für Kinder im Ungarn der Nachkriegszeit.

(14) Beispiel aus Bács/Telegdi (1962: 70)

Anders würden Fragen mit Modalpartikeln wirken. Wenn die Mutter im Zimmer etwas Unerwartetes findet, oder sonst auf die wahrgenommene Situation reagieren will, kann die Frage mit denn, wenn sie einfach ein Gespräch eröffnen möchte, mit eigentlich ergänzt werden.

(15) Peter, was machst du denn? (Frage als Reaktion auf die wahrgenommene Situation)

(16) Peter, was machst du eigentlich? (Neutrale Gesprächseröffnung)

Die Benutzung der Modalpartikeln ist auch dem ungarischen Denken nicht fremd, im ersten Fall könnte im entsprechenden ungarischen Satz hát, im zweiten Fall tulajdonképpen/voltaképpen benutzt werden:12

(17) Hát te mit csinálsz itt, Péter?

(18) Péter, mit csinálsz tulajdonképpen/voltaképpen?

Auch der zweite Satz der Mutter klingt sehr unnatürlich. Wenn Peter fleißig lernt, kann er aufgrund der allgemeinen Verhaltensnormen in dieser Situation von seiner Mutter ein Lob erwarten. Mit dem neutralen Aussagesatz wird je-doch kein Lob, sondern eine Feststellung realisiert, eine logische Konsequenz gezogen. Ein Lob wäre der Satz mit der Modalpartikel aber. Die ungarische Übersetzung ist in diesem Fall keine Modalpartikel, sondern eine syntaktische Konstruktion, aber auch im Ungarischen wird zwischen einer Feststellung und einem Lob deutlich mit sprachlichen Mitteln unterschieden:

(19) Du bist aber fleißig! / Hogy te milyen szorgalmas vagy!

Modalpartikeln müssen von der Anfängerstufe an benutzt werden. Auf die Wort-zu-Wort-Übersetzung muss in diesem Fall verzichtet werden. Da aber das Ungarische auch reich an Modalpartikeln ist,13 werden ungarische Deutschlerner die Funktion dieser Wörtchen schnell verstehen.

Schwieriger ist die Frage, wie Modalpartikeln explizit unterrichtet werden können. Vier sind im Deutschen besonders häufig und wichtig, die anderen ha-ben spezifischere Funktionen und kommen auch seltener vor. In Aussagesätzen ist ja eine Konsensus-Partikel, deutet auf einen symmetrischen Common Ground hin, d.h. darauf, dass der Sprecher und der Hörer das gemeinsame Hintergrundwissen haben bzw. etwas vor dem gemeinsamen Hintergrund be-urteilen. Doch hingegen weist auf eine Asymmetrie hin, damit wird der Hörer oft an etwas erinnert oder auf etwas mit Nachdruck aufmerksam gemacht.

12 Damit wird nicht behauptet, dass denn und hát äquivalent sind. Modalpartikeln sind so eng mit der Äußerungssituation verbunden, dass sie in unterschiedlichen Kontexten auf andere Weise übersetzt werden können. Nach meiner Erfahrung stört dies die sprachlernenden Kinder viel weniger als Erwachsene. Kinder erwarten keine Wort-für-Wort-Übersetzung. Äquivalenz auf Wortebene ist sowieso eine abstrakte Kategorie, die erst auf höheren Stufen relevant werden kann. Schließlich liegen auch für viele Präpositionen, Hilfsverben usw. im Ungarischen keine äquivalenten Wörter vor, wohl können aber Sätze im Kontext mit einem äquivalenten Satz übersetzt werden. Sprachlernende Kinder wollen einfach den Sinn des Satzes verstehen und dabei hilft eine passende ungarische Übersetzung gut.

13 Vgl. dazu meine Monographie mit einem umfangreichen Vergleich der deutschen und unga-rischen Modalpartikeln (Péteri 2002).

Mit einer gewissen didaktischen Vereinfachung könnte man sagen: Wenn du ausdrücken willst, dass du und dein Partner im Großen und Ganzen mitein-ander einverstanden seid, benutze oft die Partikel ja, wenn du hingegen eine leichte Kritik, Erinnerung oder eine Korrektur des Partners im Auge hast, benutze eher doch.

Denn kommt in Fragesätzen vor, markiert, dass die Frage durch den Kontext begründet ist. Häufig wirkt es staunend, aber besonders in Ergänzungsfragesätzen wird es immer wieder auch in neutralen Situationen ohne eine Sonderfunktion benutzt. Mal ist eine auffordernde Modalpartikel, die die Aufforderung freundlicher, beiläufiger macht. Die Benutzung dieser vier Modalpartikeln ist m.E. auch in einfachen Situationen und bereits auf niedrigeren Niveaustufen erforderlich.

Die anderen Modalpartikeln müssen die Deutschlerner eher passiv verste-hen, die aktive Benutzung kann für höhere Stufen vorgesehen werden. Weydt/

Harden/Hentschel (1983) haben auch ein Übungsbuch zusammengestellt. Im Falle der Fragesätze kann man zum Beispiel in einer Situation mit relativ gro-ßer Sicherheit entscheiden, ob mit der Frage eine neue Diskussion/ein neues Thema eingeleitet (eigentlich) oder auf die Voräußerungen des Partners reagiert (denn) oder nach Kenntnissen gefragt wird, die für die gegebene Situation grundlegendend sind (überhaupt). Das folgende Beispiel ist ein Lückentext für die aktive Übung der Modalpartikeln denn, eigentlich und überhaupt in Fragesätzen. Die von den Autoren vorgeschlagene Lösung (hier in eckigen Klammern) ist natürlich nicht die einzig mögliche, aber eine sehr plausible:

(20) Der Reporter Rudi Rufmord interviewt den Politiker Ulrich Unwirsch:

– Herr Unwirsch, was halten Sie als Politiker …[eigentlich]… von der neuesten Krise?

– Tja, das ist ein Problem.

– Wie konnte es …[überhaupt]… zu dieser Krise kommen?

– Tja – da gibt es sicher verschiedene Ursachen.

– Wie könnte man …[denn]… Ihrer Meinung nach die Krise bewältigen?

– Dazu brauchen wir kluge Köpfe.

– Wen haben Sie …[denn]… dabei im Auge? Vielleicht Herrn Dr. Dr.

Vorlaut von der Opposition?

– Den bestimmt nicht!

– Wen …[denn]… dann?

(Beispiel aus Weydt/Harden/Hentschel 1983)

7 Fazit

Modalpartikeln sind in der Forschung sehr eingehend behandelt. Es besteht weitgehend Konsens über ihre Relevanz für die Kommunikation, es liegen detaillierte syntaktische, semantische und pragmatische Beschreibungen vor.

Weniger geklärt ist jedoch ihre Unterrichtbarkeit. Nach einigen ernsthaften Versuchen in den 80er und 90er Jahren, im Fremdsprachunterricht den le-bendigen, natürlichen Sprachgebrauch in den Mittelpunkt zu stellen, in dem unter anderen sprachlichen Mitteln auch den Partikeln eine sehr große Rolle zukommt, scheinen diese Ansätze in letzter Zeit in den Hintergrund gedrängt zu werden, mit der Begründung, dass den Lernenden auch grundsätzliche grammatische und lexikalische Kenntnisse fehlen. Dabei wird außer Acht gelassen, dass der Gebrauch der häufigsten Modalpartikeln gerade in einfa-chen Alltagssituationen genauso grundlegend ist wie etwa der Gebrauch der Artikel oder der Pronomina.

In diesem Aufsatz habe ich versucht zu zeigen, dass eine Neudefinition des Kontextes auch den Sprachunterricht fördern kann. Der Kontext beschränkt sich nicht nur auf die sprachliche Umgebung, auf das bisher Gesagte, son-dern umfasst das gesamte Wissen der Kommunikationsteilnehmer über das Thema bzw. über die Situation, samt aller Annahmen, die sie über das Wissen der Kommunikationspartner machen. In jeder Unterrichtssituation (beim Leseverstehen, beim Hörverstehen oder auch bei der Textproduktion) lohnt es sich zuerst das hintergründige Wissen und die möglichen Erwartungen zusammenzufassen. In diesem Fall werden auch die Modalpartikeln, mit de-nen auf dieses Hintergrundwissen Bezug genommen wird, auch nicht fremd wirken. Dadurch kommt man auch im Klassenzimmer den realen, lebendi-gen Kommunikationssituationen ein bisschen näher, mit dieser Motivation kann auch der Sprachunterricht interessanter, lebendiger und auch effektiver gestaltet werden.

Literaturverzeichnis

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Quellen

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In document Cathedra Magistrorum 2019/2020 (Pldal 146-152)