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Phraseologische Kompetenz und Fremdsprachenunterricht

In document Cathedra Magistrorum 2019/2020 (Pldal 175-180)

Kulinarische Phraseologismen in der fremdsprachlichen Kommunikation

2 Phraseologische Kompetenz und Fremdsprachenunterricht

2�1 Primärsprachliche Phraseodidaktik und phraseologische Kompetenz

Phraseme werden vielfältig in zahlreichen Bereichen der mündlichen und schriftlichen Kommunikation in ihrer ursprünglichen Form, variiert oder modifiziert gebraucht. Aber auch

als durchaus aktuelle, potente und flexible Sprachmittel bestätigen sie sich glei-cherweise in Textsorten und Domänen der modernen massenmedialen und digitalisierten Kommunikation. Sie bleiben somit feste Bestandteile des aktuel-len Sprachgebrauchs, was die Annahme erlaubt, dass Sprecher sie als wirksame Sprachmittel empfinden und mehr oder weniger gezielt und absichtlich verwen-den. (Jesenšek 2013: 69)

Gerade die kompetente Verwendung von Phraseologismen wird hinsicht-lich des primärsprachhinsicht-lichen und fremdsprachhinsicht-lichen Unterrichts diskutiert.

Im Zuge dessen hat sich die Phraseodidaktik als eigene Forschungsrichtung innerhalb der Phraseologie herausgebildet. Ihr Ziel ist es, den Gegenstand der Phraseologie zu didaktisieren, „um die lexikologische Relevanz von Phrasemen sprachunterrichtlich abzubilden und adäquat bei der durch Sprachunterricht zu leistenden Wortschatzarbeit zu berücksichtigen“ (Mückel 2014: 394). Im Muttersprachunterricht geht es einerseits um einen sprach-analytisch-systemhaften Zugriff auf Phraseme. Dann gilt es, kontextfrei über ihre Merkmale, Klassifizierungen, Regularitäten, Besonderheiten, Herkunft, lexikalischen Entsprechungen, Modifikationen zu reflektieren. Das ist nach Mückel (2014: 396) der „sprachstrukturelle Ansatz der Phraseodidaktik“.

Andererseits ist der Tatsache Genüge zu tun, dass Phraseme keine isolier-ten Einheiisolier-ten sind und demzufolge adressaisolier-tenspezifisch, kontext- und situationsbezogen gebraucht werden, d.h. es geht um einen sprachsituativ-kontextuellen Zugriff auf Phraseme. Dieser pragmatisch orientierte Ansatz der Phraseodidaktik rückt das Sprachhandlungswissen (Identifizieren, Beschreiben, Bestimmen von Funktionen und Wirkungen, Gebrauch von Phrasemen in entsprechenden kommunikativen Situationen) ins Blickfeld

(vgl. Mückel 2014: 396f.). Ausgehend von diesen beiden Ansätzen formuliert Mückel sieben Aufgabenfelder der Phraseodidaktik und fordert im letzten Aufgabenfeld:

Es sollte angestrebt werden, eine möglichst klare Vorstellung vom Begriff phraseo-logische Kompetenz des Muttersprachlers zu entwickeln, auf dessen Grundlage (le-xikologische) Unterrichtskonzeptionen, die Erstellung von Lehr-/Lernmitteln und die Ausbildung von Lehrkräften (Muttersprachunterricht) aufbauen könnten. Da-ran gekoppelt würden wahrscheinlich die Aufgaben sein, Standardisierungs- und Testverfahren zur Ermittlung der phraseologischen Kompetenz zu entwickeln, die ihrerseits eine Voraussetzung für konzeptionelle Weiterentwicklungen eines in sich geschlossenen phraseodidaktischen Modells für den Muttersprachunter-richt wären, das nachfolgend seinen Niederschlag in einem mit Ergebnissen der Spracherwerbsforschung abgeglichenen, gestuften Curriculum als Leitmedium von Unterricht finden könnte […]. (Mückel 2014: 398f.)

Das Stichwort ist die phraseologische Kompetenz. Überlegungen zur phra-seologischen/idiomatischen Kompetenz werden im Rahmen der kommuni-kativen Kompetenz angestellt. So definiert Ehrhardt (2007) phraseologische Kompetenz in Bezug auf Jugendliche deutscher Muttersprache:

Phraseologische Kompetenz besteht zunächst einmal darin, die Bedeutung von Phrasemen zu kennen und diese dann kontextangemessen verwenden zu können.

Vor allem zeigt sich aber, dass ein Phrasem zum Ausgangspunkt für die Anwen-dung einer produktiven phraseologischen Kompetenz wird: auf seiner Grundlage werden neue Ausdrücke gebildet. Es deutet sich damit an, dass die kompetente Verwendung von Phrasemen mehr voraussetzt als die Kenntnis der syntaktischen und semantischen Eigenschaften von Ausdrücken. (Erhardt 2007: 258) Erhardt betont die Wichtigkeit der pragmatischen Komponente inner-halb der phraseologischen Kompetenz, die sich darin äußert, dass sowohl Konventionen und Wissen über Kommunikationskontext direkt in die Verwendung von Phraseologismen einfließen (vgl. Erhardt 2007: 258). Auf den Muttersprachunterricht mag eine solche Definition von phraseologischer Kompetenz zutreffen, beginnt doch – Ergebnissen der Spracherwerbsforschung zufolge – die Entwicklung der muttersprachlichen phraseologischen Kompetenz bereits im Kindergartenalter (vgl. Jesenšek 2013: 76).7 Damit geht einher, dass vom Muttersprachler Phraseologismen sofort phraseologisch/idiomatisch in-terpretiert werden. Interessant ist außerdem, dass Phraseologismen, die sowohl

7 Dies scheint die Lexikon-These zum Phraseologie-Erwerb zu stärken, die besagt, dass eingebettet in den entsprechenden Kontext Phraseologismen wie Wörter erworben werden (vgl. Jesenšek 2013: 76).

eine wortwörtliche als auch phraseologische Lesart haben, zuerst phraseologisch verstanden werden (vgl. Jesenšek 2013: 77). Über diese Kompetenz verfügen Deutschlernende naturgegebenermaßen nicht, denn sie interpretieren die-se Wortkombinationen primär kompositionell. Obzwar jeder Lernende eine ausgeprägte muttersprachliche phraseologische Kompetenz besitzt, darf sie nicht von vornherein als förderlich angesehen werden. Es zeigen sich durch-aus auch Schwierigkeiten beim Erkennen äquivalenter Phraseme, wie eine Spontanumfrage gezeigt hat (vgl. Abschnitt 5.2.1.).

2�2 Phraseologische Kompetenz und DaF-Unterricht

In den letzten Jahren hat sich die fremdsprachliche Phraseodidaktik als wichtiger Teil der Didaktik beständig gefestigt und „für einen relevanten, systematischen, kontinuierlichen und frequenten Einsatz von Phrasemen im DaF-Unterricht“

(Jazbec/Kacjan 2013: 51) stark gemacht. Jazbec/Kacjan (2013: 52) konstatieren zwei Tendenzen hinsichtlich der unterrichtlichen Praxis:

Einerseits das Bewusstsein über die unabdingbare ‚natürliche‘ Präsenz von Phrasemen auf allen Ebenen des Sprachlernens und -lehrens und andererseits die Problematik der auch Abwesenheit ihres Einsatzes, da sie einen komplexen Gegenstand darstellt, der in verschiedenen Sprachdomänen angesiedelt ist und dessen Gebrauch spezifischen, nicht immer bestimmbaren Restriktionen unter-liegt. (Jazbec/Kacjan 2013: 52)8

Valenčič Arh (2014) meint, dass die oft von Phraseodidaktikern geäußer-te Ungeäußer-terrepräsentation von Phraseologismen in DaF-Lehrwerken viel-leicht darauf zurückführbar ist, dass sie im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER) kaum Beachtung finden und erst im Fortgeschrittenenunterricht (Niveau C2) bei den Deskriptoren das gute Beherrschen idiomatischer und umgangssprachlicher Wendungen sowie der damit verknüpften Konnotationen gefordert wird (vgl. GER 2001: 45, zit. n.

Valenčič Arh 2014: 368f.).9

Die Problematik liegt in der banalen Tatsache, dass man ohne

8 Jazbec/Kacjan (2013) präsentieren eine Untersuchung zur Einstellung von Fremdsprachenlehrkräften zur Phraseologie. Die Lehrkräfte wurden per Mail befragt und brachten generell eine positive Einstellung zu diesen sprachlichen Phänomenen zum Ausdruck. Was die Behandlung im Unterricht betrifft, mussten die Autorinnen feststellen, dass Phraseologismen nur marginal in die Unterrichtspraxis Einzug halten. Begründet wur-de diese „Abstinenz“ mit wur-der geringen zur Verfügung stehenwur-den Zeit und wur-den zahlreichen zu erreichenden Lernzielen, der Unsicherheit bei der Auswahl der Phraseme sowie bei der Umsetzung einer phraseologisch geprägten, kontextangemessenen Kommunikation.

9 Auf dem Niveau C1 geht es lediglich um das Erkennen von Phrasemen.

Wortschatzkenntnisse keine Sprache sprechen kann, so dass Wortschatzerwerb im Zentrum aller Sprachlehr- und Sprachlernprozesse steht (Ulrich 2013;

Ettinger 2019). Der phraseologische Wortschatz aber spielt dabei eine gerin-gere Rolle, denn der Fremdsprachenlernende kann sich auch ohne dessen Kenntnis vollkommen in der Fremdsprache verständigen.10 Hinzu kommt, dass durch die begrenzte Stundenzahl – besonders wenn es sich um die zweite Fremdsprache handelt – häufig eher eine „minimale ‚alltagsbezogene‘

phraseologische Kompetenz“ mit stark individuellen Zügen angestrebt wird (Zenderowska-Korpus 2010: 85).

Die Unterscheidung von rezeptivem Wortschatz (Verstehenswortschatz) und produktivem Wortschatz (Ausdruckswortschatz) im Spracherwerb spiegelt sich in der Unterscheidung von aktiver und passiver phraseologi-scher Kompetenz wider (u.a. Ettinger 2013, 2019). Damit ist die Frage nach der Wortschatzselektion im Allgemeinen und nach dem phraseologischen Minimum/Optimum im Besonderen verbunden.11 Zu Recht stellt Ettinger fest:12

Große Bereiche des Phraseminventars sind für eine neutrale Kommunikation nicht unbedingt erforderlich. Sie drücken zusätzliche individuelle Sprechabsichten für bestimmte Situationen aus. Es dürfte daher schwierig sein, für etwas nicht Erforderliches oder nicht Notwendiges ein Minimum zusammenzustellen. […]

Hier einen Konsens zu finden dürfte recht schwierig sein. (Ettinger 2019: 95) Der passiven phraseologischen Kompetenz sind eigentlich keine Grenzen ge-setzt (lediglich solche, die sich aus der Unterrichtsdauer und den Lernzielen ergeben), denn

[p]rofunde phraseologische Kenntnisse einer Fremdsprache erleichtern das gründ-liche Verstehen von Texten, geben Einblicke in die Sprecherintenionen, machen Allusionen innerhalb der Texte transparenter, ermöglichen das Verstehen von

10 Dies begründet auch die zwiespältige Haltung der Vermittlung von Phraseologismen im FU gegenüber: Einerseits werden sie als „Luxus“ und deshalb überflüssig empfunden. Bestärkt sehen sich die Vertreter dieser Auffassung dadurch, dass sie aufgrund ihrer Einzelsprachenspezifik in den meisten Fällen nicht übersetzt und auch nicht zwischensprachlich miteinander ver-glichen werden können. Wenn überhaupt, sollten Phraseme erst in einer späten Lernphase gelehrt/gelernt werden, meinen sie. Diametral dazu wird die Vermittlung von Phrasemen als grundlegende Voraussetzung der Sprachkompetenz von Anfang an gefordert. Vgl. dazu Hessky (1997b), Hallsteinsdóttir (2011), Jesenšek (2013).

11 Der Terminus des phraseologischen Optimums wurde von Hessky (1992) eingeführt.

12 Vorangeschritten sind auch Frequenzuntersuchungen bei den idiomatischen Phrasemen, wobei diese mit Untersuchungen zum Bekanntheitsgrad, d.h. zur Geläufigkeit, zu verbinden sind (Ettinger 2019: 96). Ein erster erfolgversprechender Ansatz sind die Untersuchungen von Hallsteinsdóttir/Šajánková/Quasthoff (2006).

Wortspielen, vor allem in der Werbung, usw. Sie sind Teil einer anspruchsvollen Sprachkenntnis, ähnlich wie elaborierte Wortschatzkenntnisse. (Ettinger 2019: 94) Anders verhält es sich mit der aktiven phraseologischen Kompetenz.

Während Routineformeln und Kollokationen bereits mit Anbeginn des Fremdsprachenunterrichts gelehrt/gelernt werden sollten, ist nach Ettinger bei idiomatischen Phrasemen „jedoch allergrößte Zurückhaltung ange-sagt“ (Ettinger 2019: 94). Sich auf eigene Erfahrungen berufend stellt er fest, dass sich der Nicht-Muttersprachler „mit ungeschickt verwendeten Phraseologismen“ (Ettinger 2013:17) in eine peinliche und lächerliche Situation hineinmanövrieren kann, so dass eine Auswahl der zu unter-richtenden Phraseologismen zu treffen ist. Der Auswahl der produktiv zu verwendenden Phraseologismen sollten drei Auswahlkriterien zugrunde gelegt werden: Frequenz (damit wird eine numerische Gewichtung mög-lich), Disponibilität/Geläufigkeit, onomasiologische Gliederung (unter einem Oberbegriff werden die Phraseme gebündelt). Von besonderer Relevanz für die Phrasemauswahl seien die beiden Kriterien Frequenz und Geläufigkeit. Da jedoch zu beiden keine zuverlässigen Untersuchungen vor-liegen, die die Zusammenstellung eines phraseologischen Minimums oder Optimums für DaF-Lerner rechtfertigen, „kann jede Phrasemauswahl für didaktische Zwecke nur als willkürlich bezeichnet werden“ (Ettinger 2013:

18). Aus diesem Grunde spielen vorerst bei der Phrasemauswahl subjektive Unterrichtserfahrungen der Lehrenden die ausschlaggebende Rolle. Ähnlich vage äußert sich Zenderowska-Korpus (2010: 91), wenn sie – für eine bereits in der Grundstufe beginnende Vermittlung von Phrasemen (Erwerb von situ-ations- und aufgabenbezogenen Formeln, volläquivalenten Phraseologismen, phraseologischen Vergleichen) plädierend – einen Unterricht fordert, der an die Bedürfnisse der Lernergruppe angepasst ist und „‚typische‘, ‚häufige‘

themen- oder situationsbezogene Phraseologismen“ vermittelt. Sie betont dabei, dass anfangs die „passive Beherrschung“ von Bedeutung wäre und hofft, dass die Lernenden, indem Phraseologismen geordnet, systematisiert, verglichen und modifiziert werden, zum autonomen Lernen ermuntert wür-den (Zenderowska-Korpus 2010: 92).

Unverkennbar ist die Bedeutung des autonomen Lernens. Ettinger spricht in diesem Zusammenhang von der persönlichen Nützlichkeit. Mit diesem Terminus bezieht er sich auf das selbständige Erarbeiten eines Teilbereichs der idiomatischen Phraseme durch den Fremdsprachenlernenden.13 Dadurch wird

13 Um den Fremdsprachenlerner beim Sammeln der seinen persönlichen Vorstellungen und Intentionen entsprechenden Phraseme zu unterstützen, erarbeiteten Ettinger/Nunes (2006) ein formalisiertes Arbeitsblatt, dass über den Internetauftritt des Buske Verlages unter Meine

das Problem der Phrasemauswahl allerdings nicht gelöst, sondern lediglich verlagert. Der Vorteil dieses Vorschlags liegt unverkennbar darin, dass der Lernende vollkommen autonom, mit seinen Sprachintentionen im Einklang stehende Phraseme auswählen kann (vgl. Ettinger 2013: 23; 2019: 95).

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