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Wort im Diskurs – Wort im DaF-Unterricht

In document Cathedra Magistrorum 2019/2020 (Pldal 152-156)

1 Einleitung 

Die lexikalische Kompetenz bildet nach wie vor eine Schlüsselkompetenz der FS-Lernenden, ihre Vermittlung gilt daher als eine grundlegende Aufgabe der FS-Lehrenden. Der Wortschatzvermittlung kommt im universitären DaF-Unterricht im heutigen Ungarn eine Rolle zu, die sie bisher nicht innehatte. Die Studierenden mit ungarischer Muttersprache treten ihr Germanistikstudium ca. nach 6–8 Jahren schulischen Deutschunterrichts mit Sprachkenntnissen im Allgemeinen auf B1–B2-Niveau an. Sie verfügen zwar über relativ gute kommunikative Kompetenzen in Alltagsthemen, weisen jedoch (mitunter erhebliche) Mängel im bewussten Umgang mit grammatischen, lexikali-schen und textuellen Strukturen auf. Daraus ergeben sich bei den meisten Verstehensdefizite bei komplexen und anspruchsvollen Texten bereits zu Alltagsthemen, von den literatur- und sprachwissenschaftlichen Texten ihres Faches ganz zu schweigen. Dazu kommt noch, dass sich auch die Art, wie die Studierenden als Vertreter der Generation Z in unserer digitalisierten Welt Informationen über die Welt erwerben (z.B. die Lesegewohnheiten) grund-sätzlich verändert hat. Wortschatzeinheiten sollten deshalb im universitären DaF-Unterricht anders als bisher vermittelt werden.

Zum einen halte ich es für wichtig zu betonen, dass dies nicht auf der Ebene des Sprachsystems, sondern auf der des Sprachgebrauchs erfolgen sollte. Der konkrete Sprachgebrauch von bestimmten SprecherInnen in be-stimmten sozialen und kulturellen Kontexten sollte im Zentrum des DaF-Unterrichtes stehen. Das Lernziel sollte dabei sein, „sprachliche Form- und Funktionszusammenhänge exemplarisch in konkreten Kontexten erkennen und analysieren zu können“ (Ziem 2012: 189). Das bedeutet, dass das Aneignen von sprachlichen Einheiten wie Wörtern nicht „sprachstrukturelles Lernen“

im Sinne des Verstehenlernens unabhängig von ihren möglichen Bedeutungen und Funktionen sein solle (ebd.).

Zum anderen sollte ein intergrativer Ansatz in der Wortschatzvermittlung geltend gemacht werden. Aus der Perspektive der Linguistik bedeutet das, dass sprachwissenschaftliche Disziplinen, die sich mit dem Sprachgebrauch

befassen, mit Blick auf ihre Anwendungsmöglichkeiten betrachtet werden sollen. Sie sollen darauf hin überprüft werden, in welchem Maße sie sich (auch) zur Förderung der alltagssprachlichen Kenntnisse der Studierenden eignen und sie sollen in diesem Sinne auch effektiv eingesetzt werden. Ein solcher integrierter Ansatz sollte auch ermöglichen, Querbezüge zu an-deren Fächern und universitären Kursen, z.B. zur Landeskunde, zur ak-tuellen Sozial- und Kulturpolitik oder zur Geschichte herzustellen, damit die Studierenden die Inhalte und Methoden ihrer Fächer und Kurse nicht atomistisch betrachten, sondern in ihren komplexen Zusammenhängen sehen und ihre erworbenen Kenntnisse und Kompetenzen im Gebrauch vielfältig einsetzen können.

Oben ist das Primat des Sprachgebrauchs hervorgehoben worden. Mit der linguistischen Erforschung des Sprachgebrauchs befassen sich linguistische Disziplinen wie die Pragmatik, Werbesprachforschung, Medienlinguistik oder die kognitive Linguistik (vgl. Ziem 2012). Auch die relativ junge linguistische Disziplin Diskurslinguistik ist ihr zuzuordnen. Das Ziel dieses Beitrags ist es, die Diskurslinguistik bzw. die linguistische Diskursanalyse (LDA) für die Sprachdidaktik nutzbar zu machen. Es soll exemplarisch veranschaulicht wer-den, wie die LDA zur Förderung der lexikalischen Kompetenz im universitären DaF-Unterricht beitragen kann.

Im ersten Schritt wird als linguistischer Hintergrund die LDA kurz vorge-stellt und dabei der Fokus von ihren vorhandenen Analysemodellen auf die DIMEAN (Diskurslinguistische Mehrebenenanalyse von Warnke/Spitzmüller 2008) gelegt. Einen Analyseaspekt in diesem Modell stellt die sog. wortbe-zogene Analyse dar. Diese besteht in der Ermittlung der in den Texten eines Diskurses typischen (weil häufig vorkommenden), diskursspezifischen, inhalt-lich relevanten Wortschatzeinheiten. Letztere erlauben näminhalt-lich Rückschlüsse auf die im Diskurs in Bezug auf das Diskursthema ausgehandelten, oft auch kontrovers diskutierten Wissensbestände, Wertungen und Einstellungen.

Im zweiten Teil des Beitrags wird in diesem Sinne in ausgewählten Texten des deutschsprachigen Mediendiskurses über den Klimawandel eine de-skriptive linguistische Diskursanalyse auf der Wortebene durchgeführt. Der Klimawandel stellt nämlich aktuell ein öffentlich-politisch relevantes und kontrovers behandeltes Themenfeld dar.

Im dritten Schritt wird skizziert, wie die Ergebnisse der LDA didaktisiert werden können, wie also vor dem Hintergrund einer solchen wortorientierten Analyse von Texten im DaF-Unterricht die Wortschatzvermittlung erfolgen kann bzw. wie sie mit der Diskussion über aktuelle sozio-kulturelle oder po-litische Ereignisse verknüpft werden kann.

2 Linguistischer Hintergrund

2�1 Diskurs und linguistische Diskursanalyse

An dieser Stelle ist es nicht möglich, die vielfältigen Deutungen des Diskursbegriffes in verschiedenen Wissenschaften wie in der Philosophie oder Soziologie zu skizzieren, denn selbst in der Linguistik ist der Terminus „Diskurs“

mehrdeutig (vgl. ausführlich z.B. Spitzmüller / Warnke 2011; Niehr 2014). Im Kontext dieses Beitrags wird von dem von Gardt formulierten Kennzeichen des Diskurses ausgegangen. Unter Diskurs versteht man „die Auseinandersetzung mit einem Thema, die sich in Äußerungen und Texten der unterschiedlichsten Art niederschlägt“ (Gardt 2007: 30). Diskurse bilden also sowohl schriftliche als auch mündliche Texte und Äußerungen zu einem gleichen Thema, zum Diskursthema. In der letzten Zeit werden auch nicht-sprachliche Elemente wie Bilder, Videos usw. als Teile des Diskurses aufgefasst (vgl. Gür-Şeker 2015, Klug 2017). Das Diskursthema ist ein aus sozialer Sicht relevantes, oft brisantes Thema. Die Auseinandersetzung mit dem Diskursthema wird „von mehr oder weniger großen gesellschaftlichen Gruppen getragen“ (Gardt 2007:

30) und zwar meistens in der Öffentlichkeit. Die gesellschaftlichen Gruppen und Einzelpersonen, die im Diskurs das Wort haben, nennt man Akteure. Sie trachten danach, „das Wissen und die Einstellungen dieser Gruppen zu dem betreffenden Thema“ (ebd.) im Diskurs zum Ausdruck zu bringen und durch-zusetzen. Somit spiegelt der Diskurs diese Wissensbestände wider.

Die Texte und Äußerungen sind jedoch als Produkte der sprachlichen Handlungen der Akteure anzusehen. Eine der wichtigsten erkenntnistheore-tischen Vorüberlegungen der Diskurslinguistik besagt, dass der Gegenstand

„sprachlicher Beschreibungen und Erklärungen […] hinsichtlich seiner spe-zifischen Erscheinungsform selbst abhängig von den sprachlichen Mitteln [ist], mit denen er dargestellt bzw. erklärt wird“ (Ziem 2012: 185). Die Art der sprachlichen Erfassung prägt und formt also das Dargestellte, d.h. die Sprache ist in diesem Sinne auch wirklichkeitskonstitutiv. Das bedeutet, dass die Art des Sprachgebrauchs der Akteure in den Texten des Diskurses das Wissen einer Sprachgemeinschaft über das Diskursthema prägt und dank der wirklichkeitskonstitutiven Rolle der Sprache auch „handlungsleitend für die zukünftige Gestaltung der gesellschaftlichen Wirklichkeit in Bezug auf dieses Thema wirkt.“ (Gardt 2007: 30). Wer im Diskurs mitreden darf, wer Wissen, Wertungen und Einstellungen mittels Sprache im Diskurs prägen kann, hat auch Macht. Somit spielen im Diskurs Macht, Wissen und Sprache in ihrem Zusammenhang eine Rolle.

Diskurse sind für die Linguistik in Form von Textkorpora greifbar und ana-lysierbar. Der analysierende Wissenschaftler stellt dabei abhängig von seinem Forschungsziel und seinen Forschungsfragen ein repräsentatives Korpus auf.

Da sich in den Diskursen sog. sedimentiertes, d.h. verfestigtes gesellschaftliches Wissen kondensiert, erlaubt die Analyse von Diskursen einen Zugriff „auf die Wissensordnungen einer Gesellschaft und auf die Interessen ihrer maßgebli-chen, handlungsleitenden Gruppen und Akteure“ (ebd., S. 5).

Die linguistische Analyse des Diskurses versteht sich im Kontext der Zielsetzung dieses Beitrags als deskriptive linguistische Diskursanalyse (vgl. Spitzmüller 2017). Diese ist einerseits durch Text- und Korpusbezogenheit, andererseits durch die epistemologische Ausrichtung gekennzeichnet (ebd., S. 45). Ersteres bedeutet, dass die Analysen größere Mengen von Texten (nämlich Korpora) umfassen, „in denen das rekurrente (transtex-tuelle) Auftreten spezifischer sprachlicher oder argumentativer Phänomene (sog. diskursive Muster) in den Blick genommen wird“ (ebd.). Letzteres bezieht sich darauf, dass aus der Analyse solcher sprachlichen Strukturen epistemische Strukturen, also Wissensbestände abgeleitet werden (sollen). Wissen meint verstehensrelevantes Wissen, also Vorannahmen, die die Mitglieder einer Gesellschaft akzeptieren und durch die sie sich in ihren Handlungen und Bewertungen leiten lassen (vgl. Busse 2008). Sprachgebrauchsformen erweisen sich als Hinweise auf dieses kollektive Wissen.

Bei der Eruierung des verstehensrelevanten Wissens greift die LDA auf ein komplexes und heterogenes Methodenset zurück. Da die Sprachgebrauchsformen wegen der Komplexität des Diskurses sehr vielfäl-tig sind (Morpheme, Wörter, syntaktische Muster, Textsorten usw.) und auf den verschiedenen linguistischen Ebenen platziert werden können, entlehnt und adaptiert die LDA Methoden, Analyseverfahren, -aspekte und -kriterien aus den verschiedensten linguistischen Disziplinen (Semantik, Pragmatik, Textlinguistik, Politolinguistik usw.). Diese werden in sog. methodologischen Mehrebenenmodellen, wie z.B. DIMEAN (Warnke/Spitzmüller 2008) oder pragmasemiotische Textarbeit (Felder 2009), sytematisch zusamengefasst.

DIMEAN arbeitet mit den drei diskursanalytischen Ebenen Text, Akteur und Wissen, die mit intratextualen, agentiven und transtextualen Methoden analysiert werden können. Jeder Ebene wird eine Reihe von linguistischen Kriterien und Aspekten zugeordnet. Der Ebene der intratextuellen Analyse sind beispielsweise alle linguistischen Methoden zugeordnet, mit denen sprach-liche Phänomene wie Wörter (z.B. Schlüsselwörter und Okkasionalismen usw.), Propositionen (mit den Kategorien Metaphern, rhetorische Figuren, Präsuppositonen, Implikaturen usw.) sowie Texte (ihre Meso- und Makro-struktur usw.) untersucht werden können. Dieses Mehrebenenmodell

ermöglicht die Auswahl und Fokussierung auf bestimmte Sprachstrukturen im Diskurs für konkrete Analysen, die abhängig vom Forschungsziel und -interesse bestimmt werden. In je mehr Texten, auf je mehr Ebenen, nach je mehr Kriterien Hinweise auf denselben Wissensbestand gefunden werden können, desto plausibler sind Hypothesen zum Diskurswissen.

Das Ziel einer linguistischen Diskursanalyse wird darin gesehen, aufzu-schlüsseln, „warum und wie […] ein Ereignis […] sprachlich gefasst und gedeu-tet […] wird“ (Kämper 2010, zit. nach Fix 2012: 109), warum also „Wirklichkeit auf eine bestimmte Weise sprachlich konstituiert ist“ (Fix, ebd.).

2�2 Das Wort im Diskurs und in der linguistischen

In document Cathedra Magistrorum 2019/2020 (Pldal 152-156)