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Die Wörter im mentalen Lexikon

In document Cathedra Magistrorum 2019/2020 (Pldal 62-67)

Wortschatzarbeit im DaF-Unterricht

3 Die Wörter im mentalen Lexikon

3�1 Die Aktivierung der Wörter beim subordinierten Bilingualismus Damit die Wortschatzarbeit auch theoretisch fundiert und in der Praxis er-folgreich ist, sollen die Lehrenden und die Lernenden über die Art und Weise der Speicherung der Wörter, genauer über den Aufbau des mentalen Lexikons, Kenntnisse haben:3

Der Aufbau/die Struktur des mentalen Lexikons hängt vom Niveau der Sprach-kenntnisse, vom Typ der Wörter, von den Spracherwerbsstrategien, von der Häufigkeit der Sprachverwendung wie auch von dem Alter, in dem man zwei-sprachig geworden ist, ab.4

Wenn das mentale Lexikon der Fremdsprachenlernenden jeweils anders ist, sollen wir einen anderen gemeinsamen Nenner finden.

Nehmen wir Germanistikstudierende – v.a. angehende Deutschlehrende, deren L1 nicht Deutsch ist – als Zielgruppe, so ist der erste gemeinsame Nenner die Tatsache, dass sie beinahe alle im gesteuerten Deutschunterricht Deutsch gelernt haben, und somit die Charakteristika des sog. subordinier-ten Bilingualismus aufweisen.5 Der Zugang zu den deutschen Wörtern kann schematisch wie folgt dargestellt werden:

3 Vgl. Schwarz/Chur (2001: 13): „Im Langzeitgedächtnis ist unser gesamtes Wissen gespeichert und kann von dort bei Bedarf in das Kurzzeitgedächtnis (KZG) abgerufen werden. Derjenige Teil des LZG, in dem das sprachliche Wissen über Wörter repräsentiert ist, wird mentales Lexikon genannt.“ – Vgl. auch Barkowski/Krumm (2010: 209): „mentales Lexikon: bezeichnet die Gesamtheit der gespeicherten Wörter sowie der lexikalischen Speicher-, Ordnungs- und Abrufprinzipien des Gehirns, zu denen Begriffsysteme wie Metonymie und Homonymie ebenso gehören wie Formen der Koordination durch Antonymie und Synonymie, Kollokation und Kookkurrenz (gehäuft gemeinsames Auftreten von Wörtern). Aus den Forschungen zum m.L. [mentalen Lexikon] sind Hinweise auf Einführungszeitpunkt, pragmatische Einbindung und gemeinsam einzuführende Wörter im Unterricht abzuleiten.“ – Zu den „Ankerhilfen“, d.h. zu den Methoden, mit deren Hilfe Wörter im „inneren Wortspeicher“, d.h. im mentalen Lexikon dauerhaft verfügbar sind, siehe Daum 2019: 7f.

4 Navracsics 2007: 128: „A mentális lexikon rendezettsége függ a nyelvtudás szintjétől, a sza-vak típusától, a nyelvtanulási stratégiától, a nyelv használatának gyakoriságától, valamint a kétnyelvűvé válás életkorától.“ (deutsche Übersetzung von mir – E. D.-Sz.).

5 Zu den Arten des Bilingualismus (nämlich zum zusammengesetzten, zum koordinierten und zum subordinierten Typ), zum Aufbau des mentalen Lexikons, zur Repräsentation der Sprachen im Gehirn siehe Navracsics 2007: 33ff.

subordinierter Bilingualismus (ung. alárendelt, szubordinatív kétnyelvűség; engl. subordinate bilingualism)

Bedeutung (Bezeichnetes) L1 – ‘karácsony’

Lautkette (Bezeichnendes) L1 – ung. karácsony

Lautkette (Bezeichnendes) L2 – dt. Weihnachten

Je weniger die Lernenden die Fremdsprache beherrschen, desto mehr stützen sie sich auf ihre ungarische Muttersprache: Zum Inhalt, d.h. zum Bezeichneten erscheint zuerst das ungarische Wort, d.h. das ungarische Bezeichnende. Die Lernenden denken auf Ungarisch und übersetzen dann aus dem Ungarischen ins Deutsche.6 Vgl. dazu Navracsics (2007: 94):

Zwei- oder Mehrsprachige können ihre andere Sprache oder ihre anderen Spra-chen nie ausschalten, woraus folgt, dass die Verbindungen in ihrem mentalen Lexikon über die Grenzen der Sprachen hinausgreifen können.7

Beim subordinierten Bilingualismus fungiert die Muttersprache / Erstsprache der Lernenden als Vermittlersprache, sie ist – mehr oder weniger − immer anwesend.8 Die erste Frage in Bezug auf die Wortschatzarbeit ist es somit, wie wir damit umgehen: Sollten DaF-Lehrende und DaF-Lernende diesen Umstand als Problem auffassen oder sich ihn zunutze machen? Ich plädiere

− im Sinne der aufgeklärten Einsprachigkeit9 − für die zweite Möglichkeit: Die

6 Vgl. auch Oksaar 2003: 29, in Anlehnung an Weinreich 1953: 8ff.: „Subordination kommt vor, wenn eine Sprache mit Hilfe einer anderen gelernt wird. Ein Engländer lernt z.B., dass dem engl. Wort book das russ. kniga entspricht; zuerst wird nicht das Objekt beachtet, sondern das entsprechende Wort.“

7 „A két- vagy többnyelvű egyén sohasem tudja kikapcsolni a másik nyelvét vagy nyelveit, kö-vetkezésképp a mentális lexikonban meglévő kapcsolatok átnyúlhatnak a nyelvek határain is.“

(deutsche Übersetzung von mir – E. D.-Sz.).

8 Vgl. Budai 2014: 89: „Die Muttersprache ist sowohl im Bewusstsein der Lernenden als auch in dem der Lehrenden ständig anwesend. ‚Sie verursacht Fehler oder hilft, rastet aber nie.‘ Wenn dem so ist, ist es sinnvoll, mit ihr, d.h. mit der Muttersprache, konsequent zu rechnen, zu ver-suchen, ihre positiven Einflüsse uns zugute kommen zu lassen, ihre negativen Auswirkungen zu neutralisieren.“ („Az anyanyelv minden pillanatban jelen van mind a tanulók, mind a tanár tudatában. Az anyanyelv sohasem tétlen. ‚Ront vagy javít, de nem henyél.’ Ha ez így van, akkor az az ésszerű, ha következetesen számolunk vele, és igyekszünk pozitív hatásait a javunkra fordítani, negatív szerepeit pedig semlegesíteni.“ (deutsche Übersetzung von mir – E. D.-Sz.).

9 Zur aufgeklärten Einsprachigkeit siehe Butzkamm 1973. – Trotz der Neubewertung der

Muttersprache/Erstsprache der Lernenden soll in die Wortschatzarbeit – auch durch Übersetzungsaufgaben − mit einbezogen werden (vgl. Drahota-Szabó 2019a,b). Die wichtigsten Argumente dafür können wie folgt subsumiert werden:

1. Das systematische Einbeziehen der Muttersprache/Erstsprache ermög-licht eine kontrastive Wortschatzarbeit. Dies ist die Voraussetzung für die Herausbildung eines komplexen Äquivalenz-Netzes.10

2. Durch die kontrastive Wortschatzarbeit können sowohl die Deutsch-kenntnisse als auch die UngarischDeutsch-kenntnisse gefördert werden.

Wenn die ungarische Muttersprache in die Wortschatzarbeit systematisch mit einbezogen, d.h. konsequent kontrastiv vorgegangen wird, so kann man auch eine andere falsche Annahme aus dem Weg räumen, nämlich dass die Sprachen in ihrer Lexik analog aufgebaut sind, d.h. die Welt gleich abbilden, gliedern und ordnen. Wenn die Lernenden zu einem Inhalt die entsprechende deutsche Lautkette suchen, vergessen sie allzu oft, dass es gewöhnlich mehrere Möglichkeiten gibt (d.h. nicht nur ein bestimmtes Einzellexem für den kon-kret gemeinten Inhalt). Diese Erfahrung soll auch durch explizites Wissen un-termauert werden, nämlich durch die Behandlung der Äquivalenztypen in der Lexik (zu der Eins-zu-eins-Entsprechung, zu der Eins-zu-viele-Entsprechung, zu der Viele-zu-eins-Entsprechung, zu der Eins-zu-Teil-Entsprechung und zu

Erstsprache der Lernenden als Aktivposten des Fremdsprachenlernens ist nach wie vor die Forderung nach der fremdsprachlichen Unterrichtsführung geblieben. Fremdsprachenlehrende sollen heute je nach Unterrichtssituation zwischen einsprachigen und zweisprachigen Arbeitsformen wählen.

10 Vgl. Storch 2009: 62: „Die Lernenden greifen unvermeidlich auf das muttersprachliche Begriffsystem zurück. ‚Es war deshalb ein Irrtum zu glauben, man könne die Begriffsbildung, die in der Muttersprache stattgefunden hat, bei der fremdsprachlichen Bedeutungserschließung (im Semantisierungsprozess) auf so einfache Weise noch einmal nachvollziehen. Vielmehr ist es umgekehrt so, dass der gesteuerte Fremdsprachenerwerb das Begriffsystem der Muttersprache immer schon voraussetzt, und gerade auch dann, wenn er einsprachig verfährt. Man ver-lässt sich dabei nämlich immer auf die Fähigkeit des Lernenden, auf sein muttersprachliches Bedeutungssystem zurückzugreifen und daraus Schlüsse auf dasjenige der Fremdsprache zu ziehen‘ (Quetz u.a. 1981: 93). Entsprechend besteht bei den Lernern in der Regel das Bedürfnis, sich der Fremdsprache über die Muttersprache anzunähern (Scherfer 1989). Das zeigt sich z.B. darin, dass die Lernenden bei einsprachigen Semantisierungen meist nach einem entsprechenden muttersprachlichen Wort suchen (Quetz u.a. 1981) oder auf zweisprachige Vokabellisten zurückgreifen. Meistens sind sie erst zufrieden, wenn sie den entsprechenden muttersprachlichen Ausdruck gefunden bzw. verbalisiert haben. ‚Für den Lernenden ist die Bedeutungsvermittlung mithin zunächst schon dann befriedigend abgeschlossen, wenn es ihm gelungen ist, das fremdsprachliche Wort mit einem muttersprachlichen zu verbinden‘ (Quetz u.a. 1981: 93).“

der Eins-zu-Null-Entsprechung s. Forgács 2007: 192ff.; Drahota-Szabó 2015a, 2017a,b,c).

3�2 Netze im mentalen Lexikon

Der zweite gemeinsame Nenner bei unseren Lernenden ist der Umstand, dass die Wörter im mentalen Lexikon netzartig verbunden sind. Die Netzverbindungen basieren – dem bilateralen Aufbau der sprachlichen Zeichen entsprechend – entweder auf der formalen oder auf der semantischen Ebene: Wörter gehen im mentalen Lexikon auf Grundlage ihrer Form und auf Grundlage ihrer Bedeutung Netzverbindungen ein.

Das sog� phonetische Netz wird von solchen Wörtern gebildet, die ei-nen ähnlichen Klang, eine ähnliche Form haben (s. Kovács 2013: 190). (Auf das phonetische Netz wird hier aus Platzgründen nicht ausführlich einge-gangen.) Die Erfahrung, dass man manchmal ein semantisch nicht passen-des, aber formal ähnliches Wort verwendet, ist der Beweis dafür, dass die lautähnlichen Wörter ein Netz bilden.11 Diese Wörter verdienen auch in der Wortschatzarbeit eine besondere Beachtung. Es gibt viele Zungenbrecher,12 die auf Klangähnlichkeit der Wörter beruhen, d.h. Wörter beinhalten, die zu einem phonetischen Netz gehören, z.B.:

Schnecken erschrecken, wenn Schnecken an Schnecken schlecken, weil zum Schrecken vieler Schnecken, Schnecken nicht schmecken.

Zwischen zwei Zwetschkenzweigen zwitschern zwei Schwalben. Zwei Schwalben zwitschern zwischen zwei Zwetschkenzweigen.

Der Flugplatzspatz nahm auf dem Flugplatz Platz. Auf dem Flugplatz nahm der Flugplatzspatz Platz.

Frische Kirschen knirschen nicht.

Die Wortschatzarbeit erfolgt in Sinnzusammenhängen, jeweils in einem the-matischen Bereich. Je nach Niveaustufe behandeln die DaF-Lehrwerke be-stimmte Themen (z.B. Familie, Gesundheit, Einkaufen, Freizeit, Arbeit und Beruf usw.) und beinhalten thematisch geordnet einen Wortschatz, der für die jeweilige Niveaustufe erforderlich ist (vgl. z.B. Lemcke/Rohrmann 2007 für die Niveaustufe A1; Füleki/Sárvári 2016 für die Niveaustufe B2). Es gibt sogar thematische Wörterbücher (vgl. z.B. Szalai/Wolf-Schäffer 2007). Bei der Vorbereitung auf die Oberstufensprachprüfung bzw. auf das Oberstufenabitur

11 Vgl. auch Barkowski/Krumm (2010: 209): „Aus der Versprecherforschung […], den Fehlern beim Prozess des produktiven Abrufs von Wörtern, lassen sich z.B. Erkenntnisse über die Speichernähe von lautlich ähnlichen Wörtern (Versprecher – Verbrecher) gewinnen.“

12 Zu den Zungenbrechern vgl. Ulrich 1999: 265, zu den Schüttelreimen Maar 2007: 55ff.

empfehlen Füleki und Sárvári (2016: 5), vor der Beantwortung der thema-tisch geordneten Fragen (z.B. Individuum und Kontakte, Lebensweise, Schule und Sprachenlernen, Feste und Feiertage, Kultur und Unterhaltung, Medien, Kommunikation, Wohnen, Verkehr, Reisen, Sport, Wetter und Umwelt, Wissenschaft und Technik usw.) eine Skizze auf Grundlage eines Assoziogramms zusammenzustellen. Durch Assoziogramme kann im menta-len Lexikon das assoziative Netz verstärkt werden. Vgl. dazu Bohn (2000: 82):

Die Wörter in unserem Kopf sind die Knoten, die durch viele Fäden miteinander verknüpft sind. Es gibt nicht nur ein Netz, sondern verschiedene Teilnetze, die ebenfalls miteinander verbunden sind. So sind die Wörter gleichzeitig Elemente verschiedener Teilnetze, z.B. des semantischen, des morphologischen, des syn-taktischen, des affektiven und des phonetischen Netzes (Klangnetz). Je struktu-rierter und vielfältiger ein Wort vernetzt ist, desto sicherer ist es im Gedächtnis aufbewahrt und desto besser kann es abgerufen werden. Dazu muss das bereits gespeicherte Wissen aktiviert werden. Das geschieht im Unterricht häufig durch Assoziogramme. Die Funktion des Assoziierens ist also nicht vorrangig das Ein-prägen, sondern das Bewusstmachen von Anknüpfungsmöglichkeiten.

Neben dem assoziativen Netz ist in der Wortschatzarbeit das semanti-sche Netz am wichtigsten, das vor allem von Synonymen, Antonymen, Hyperonymen und Hyponymen strukturiert wird (vgl. Kovács 2013: 188).

Die Teilnetze im semantischen Netz sind dem Sortieren zu verdanken:

Das Sortieren ist [neben dem Assoziieren] der andere wichtige Prozess, der unser Denken bestimmt. Der Wortschatz (wie alles Wissen) ist in unserem Kopf struk-turiert und geordnet. Neue Wörter lernen heißt zuerst, sie in bereits bestehende Ordnungen einzufügen. […] Das Ordnen geschieht mit dem Ziel, Bündel zu schnüren. Man bringt Wörter zusammen, die etwas Gemeinsames haben. Da-durch wird die große Menge an zu lernenden Wörtern so organisiert, dass die einzelnen Wörter ohne langes Suchen im Gedächtnis wieder gefunden werden.

Deshalb wird das Gedächtnis auch mentales Lexikon genannt. Es ist natürlich nicht alphabetisch gegliedert, sondern nach Ordnungsprinzipien wie Ähnlichkeit, Gegensätzlichkeit und hierarchischen Beziehungen. (Bohn 2000: 82f.)

Bei erwachsenen Fremdsprachenlernern ist das semantische Netz in der Muttersprache (Erstsprache) komplex ausgebaut. Die Aufgabe der Wortschatzarbeit im DaF-Bereich besteht somit darin, das entsprechende Netz auch in der deutschen Sprache auszubauen. Im Weiteren wird darauf eingegangen, wie die Teilnetze im semantischen Netz ausgebaut werden können. Auf Grundlage der obigen theoretischen – doch praxisbezogenen – Überlegungen wird exemplarisch aufgezeigt, wie Wortschatzarbeit in den folgenden Gruppen von Wörtern betrieben werden kann:

Hyperonyme / Hyponyme Synonyme

Oberbegriff Form1

Unter-begriff

Unter-begriff

Unter-begriff Inhalt Form2

Formn

Antonyme Polyseme Homonyme

Form Inhalt Inhalt1 Form Inhalt

Form Inhalt2 Form Inhalt

Form Inhalt

Inhaltn Form Inhalt

In document Cathedra Magistrorum 2019/2020 (Pldal 62-67)