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3 Politisches Themenmanagement

4.1 Schlussfolgerungen für Politisches Themenmanagement in Wahlkämpfen

Wurde noch in den 40er Jahren davon ausgegangen, dass WählerInnen aufgrund ihrer Prädisposition für eine bestimmte Partei stimmen, so haben die bahnbrechenden Untersuchungen der US-Wahlforschung, die in ‚The American Voter‘ sowie anschließend im

‚The new American Voter‘ beschrieben wurde, diese These abgelöst (Kapitel 2.1.2.). Erstmals konnte nachgewiesen werden, dass das Wahlverhalten zwar in erster Linie von der jeweiligen Parteiidentifikation geprägt war, dass jedoch Sachthemen- und Kandidatenorientierung bzw.

deren Koppelung massive Auswirkungen auf das Wahlverhalten haben. Auf europäische Mehrparteiensysteme übertragen konnten zahlreiche Studien ähnliche Wirkungen nachweisen, und bis heute kann die Gültigkeit der Grundannahmen der auch als, ‚Michigan School‘ bekannten Befunde attestiert werden.

Waren die Erkenntnisse aus den USA in den 50er und 60er Jahren auf Österreich vor dem Hintergrund eines hohen Stammwähleranteils sowie einem von den beiden Großparteien SPÖ und ÖVP dominierten Parteiensystems großteils übertragbar, hat sich die Situation seither stark verändert. Ein Wechselwähler-Anteil von mehr als 50 Prozent, gesteigerter Parteien-Wettbewerb und massiver gesellschaftlicher und ökonomischer Wandel seien an dieser Stelle als markanteste Pfeiler des Wandels angeführt. Damit kommt den beiden, bereits in ‚The American Voter‘ (Campbell u. a., 1980) angeführten Orientierungspunkten an den Sachthemen sowie an den KandidatInnen eine immer stärkere Bedeutung in der Wahlentscheidung zu. Damit allerdings vor allem Sachthemen das Wahlverhalten beeinflussen können, „müssen die Wählerinnen und Wähler aktuelle Sach- und Streitfragen (issues) der politischen Auseinandersetzung überhaupt zur Kenntnis nehmen, ihnen eine gewissen Bedeutung zuschreiben und sich über die Sachfragen eine eigene Meinung bilden.

Sie müssen darüber hinaus zwischen den konkurrierenden Parteien Unterschiede wahrnehmen, was die Leistungs- und Lösungskompetenz der Parteien bzw. deren Positionen und Standpunkte in einem kontroversen Themen- bzw. Problemfeld betrifft“ (Plasser u. a., 2007, S. 177). In Wahlkämpfen wird unter anderem diese Informationsleistung, natürlich

unter Berücksichtigung der jeweiligen Partei-Interessen, übernommen. Im Wandel der Zeit haben sich Wahlkampf-Strategien und -Kommunikation massiv verändert. Die Wahlkampfforschung fasst die Veränderungen in der strategischen Ausrichtung von Wahlkämpfen unter unterschiedlichen Begriffen zusammen. Häufig werden in diesem Kontext die Begriffe Medialisierung, Personalisierung und Entideologisierung genannt. Vor allem die Medialisierung steht in dieser Arbeit im Fokus.

Unter diesem Begriff ist die Zunahme des Einflusses der Medien auf die Bildung der öffentlichen Meinung zu verstehen. Medien sind für politische AkteurInnen besonders im Wahlkampf die zentralen Ansprechpartner, wenn es darum geht eigene Issues an die WählerInnen zu kommunizieren. In Wahlkampagnen werden aber nicht nur Medien angesprochen, sondern auch die direkten Kommunikationskanäle wie Plakate, Spots, Inserate oder verschiedene Formen der Online-Kommunikation. Mit diesen gelingt es, direkt Issues und Botschaften an die WählerInnen zu kommunizieren.

Bevor die Wahlkampagne in die Phase der Wahlkampf-Kommunikation kommt, gilt es die Strategie generell und in Bezug auf Politisches Themenmanagement im Speziellen zu erarbeiten. Es gilt zu entscheiden, ob im Wahlkampf auf ‚eigene‘ Punkte im Sinne der Issue Ownership-Strategie gesetzt wird, oder ob die jeweils aktuellen Themen der Medien bzw. der öffentlichen Diskussion den Kern des eigenen politischen Themenmanagements – im Sinne der Riding the wave-Strategie – übernommen werden.

Werden diese Befunde auf EU-Wahlkämpfe gespiegelt, so zeigt sich ein unterschiedliches Bild.

Es scheint, als hätten wir es bei EU-Wahlen mit einer anderen Art von Wahlen zu tun. Eine Wahrnehmung, die in der first-and-second-order elections-Theorie von Reif und Schmitt (1980) ihren Niederschlag findet und dort anhand von sechs Dimensionen analysiert wird. Vor allem die Less-at-stake-Dimension wird als Hauptgrund dafür extrahiert, warum Parteien und Medien den EU-Wahlen weniger Aufmerksamkeit schenken. Cayrol (1991) bezeichnet dieses reduzierte Engagement der Parteien als low-key campaigns und de Vreese u. a. (2007) sprechen in Bezug auf die Medienberichterstattung von rate coverage. Die second-order elections-Theorie wurde seit ihrer Veröffentlichung 1980 mittels zahlreicher empirischer Studien auf ihre Gültigkeit hin geprüft. Es konnten zwar Trends in Richtung

first-order elections nachgewiesen werden, nichtsdestotrotz folgt die EU-Wahl immer noch eigenen Gesetzen. Eine der Hauptursachen dafür vermutet etwa Holtz-Bacha (2016) in dem Umstand, dass bei der EU-Wahl keine Regierung gewählt wird. Der Nebenwahl-Charakter, so die Erwartungshaltung vieler, würde sich möglicherweise mit den EU-Wahlen 2014 reduzieren, und die Bedeutung der Wahl würde näher an die einer first-order election herankommen. Die Gründe, die diese Hoffnung genährt haben, werden im nachfolgenden Kapitel besprochen.

Einer der Indikatoren, die EU-Wahlen im Falle dieser Arbeit von österreichischen Nationalratswahlen unterscheiden, ist das Politische Themenmanagement. Ein Knackpunkt dabei ist die sogenannte ‚Nationalisierung‘ von Themen: seitens der Parteien als auch der Massenmedien werden Themen zumeist aus einem nationalen Blickwinkel betrachtet, und es kommen vor allem nationale AkteurInnen zu Wort (Tenscher, 2005a, S. 13).

Die zusammengefassten Erkenntnisse aus der wissenschaftlichen Literatur leiten entlang der Forschungsfragen in den empirischen Teil über. Die Forschungsfrage und die zwei Subfragen werden an dieser Stelle in Erinnerung gerufen:

Hauptforschungsfrage:

Unterscheidet sich Politisches Themenmanagement der Parteien bei EU-Wahlkämpfen - am Beispiel der EU-Wahlen 2014 - vom Politischen Themenmanagement bei nationalen Wahlkämpfen - am Beispiel der Nationalratswahlen 2013 - in Österreich, und wenn ja, wie?

Subfrage 1:

Wie lässt sich die EU-Wahl 2014 hinsichtlich des Politischen Themenmanagements vor dem Hintergrund der second-order elections-Theorie einordnen?

Subfrage 2:

Welche Resonanz hat das Politische Themenmanagement von Parteien in den beiden genannten Wahlkämpfen in ausgewählten österreichischen Medien?

Abschließend, und schon mit der Perspektive auf die empirische Ausarbeitung, können folgende Indikatoren aus der wissenschaftlichen Literatur abgleitet und für die Bewertung der Ergebnisse entlang des Forschungsinteresses festgehalten werden:

• Indikator 1: Sachpolitische Substanz

• Indikator 2: Themen-Strategie

• Indikator 3: Konfliktintensität

• Indikator 4: Relevante Arena: Europäische versus nationale Themen

Die Beschreibung der einzelnen Indikatoren erfolgt auch unter Berücksichtung der Ergebnisse aus der anschließenden Vorstudie in Kapitel 7.3.1. Bevor die Ausarbeitung des empirischen Teils begonnen werden kann, ist es nötig zunächst die Kontexte der beiden zu untersuchenden Wahlen in Österreich darzustellen. An diese Kontextuierung schließt die Vorstudie an.