• Nem Talált Eredményt

2 Wahlen und Wahlkampf

2.2 First- and second-order elections-Modell im Kontext der EU-Wahl

2.4.1 Analysen, Targeting und Strategische Planung

Verschiedene Formen von Analysen dienen letztendlich dazu, die eigene Position besser einschätzen zu können, die Rahmenbedingungen - beispielsweise die Wirtschaftslage - klarer miteinbeziehen zu können, aber auch den politischen Gegner besser zu kennen. Zur Durchführung dieser Analysen bedienen sich die Parteien häufig der Dienste von Meinungsforschungsinstituten. Auf Basis dieser Datenerhebung können in Opportunitätsanalysen eigene sowie fremde Stärken und Schwächen gegenüber gestellt und Chancen und Risken eingeschätzt werden.

Auf Basis der Erkenntnisse aus den Analysen wird die Zielgruppe für die eigene Kampagne eingegrenzt. Der in diesem Zusammenhang verwendete Begriff ‚targeting‘, wird mittlerweile auch in österreichischen Wahlkampagnen verwendet. Als Zielgruppe sind im Kontext der Wahlen die WählerInnen zu nennen, die nicht als homogene Maße wahrgenommen werden kann, wie bereits in den ersten Studien zum Wahlverhalten rund um Angus Campbell (1954) und Lazarsfeld (1969) erforscht wurde. Wie lassen sich diese unterschiedlichen Wählergruppen einteilen und in der Wahlkampfstrategie berücksichtigen?

Zu Beginn sind die ‚eigenen‘ Parteifunktionäre zu nennen. Mittels einer Mobilisierungs-kampagne gelingt es vor allem ParteifunktionärInnen zu motivieren, zum einen selbst im Wahlkampf aktiv zu werden und zum anderen ihre Stimme für die eigene Partei abzugeben.

Eine weitere Wählergruppe stellen Parteimitglieder und StammwählerInnen dar. Auch sie müssen davon überzeugt werden, an der Wahl teilzunehmen.

Für die Gruppe der Parteifunktionäre, Parteimitglieder und StammwählerInnen mit starker Parteiloyalität sind „in erster Linie Verstärkungs- und Stabilisierungseffekte zu erwarten. (…) Andere Präferenzwechsel sind bei Parteianhängern vor allem unter dem Einfluss intensiver Kampagnen zu erwarten.“ (Schoen, 2014b, S. 702). Je schwächer die Parteibindung desto höher ist die Wahrscheinlichkeit von Präferenzwechsel. Parteilose und WechselwählerInnen sind daher umso empfänglicher für die Wirkung der Wahlkampagnen (Schoen, 2014b, S. 702).

Auf Basis der empirischen Studien von Lazarsfeld u. a. (1944, S. 94–100) sowie Converse (1962, S. 582–590) kommt Schoen (2014, S. 703) zu dem Schluss, dass in Wahlkämpfen politisch involvierte und kompetente Wahlberechtigte kaum zu einer Veränderung ihrer Wahlabsicht zu bewegen sind, während wenig involvierte Personen hinsichtlich ihrer politischen Präferenzen flexibler sind und daher eher bereit sind ihre Wahlentscheidung zu ändern.

Für die WahlkampfstrategInnen bedeuten diese Erkenntnisse auf den Punkt gebracht: Die Gruppe der eigenen ParteifunktionärInnen, Parteimitglieder und StammwählerInnen sind vor allem mittels Motivationskampagnen relativ einfach zu gewinnen. Eine zentrale Zielgruppe der Kampagne ist die immer größer werdende Zahl der Parteilosen und WechselwählerInnen, wobei in dieser Gruppe besonders die politisch wenig interessierten und informierten

dürfen sich vor diesem Hintergrund nicht darauf beschränken, politische Parteiprogramme vorzustellen, sondern es muss versucht werden, über unterschiedliche Kommunikationskanäle und mit unterschiedlichen Instrumenten die zuletzt genannte Wählergruppe zu erreichen.

2.4.2 Kampagnenstrategie

Konkurrierende AkteurInnen bedienen sich dabei ähnlicher Strategien, um ihre Ziele zu erreichen. Schoen (2014b, S. 666 ff) unterscheidet fünf unterschiedliche Strategien, die bei Wahlkämpfen immer wieder eingesetzt werden.

2.4.2.1 Symbolisierung

Politische AkteurInnen stellen ihre Positionen und Themen bevorzugt in symbolisch reduzierter und zugespitzter Form dar, und sprechen damit vor allem politisch wenig involvierte WählerInnen an. Symbolträchtige Bilder, Schlagworte aber auch Inszenierungen bei Veranstaltungen kommen dabei zum Einsatz (Schoen, 2014b, S. 666).

2.4.2.2 Personalisierung

Im Zuge der Wahlkampfstrategie ist darunter zu verstehen, dass der/die SpitzenkandidatIn im Zentrum steht. Dadurch soll die Attraktivität der Wahlen für die Bevölkerung, was sich positiv auf die Wahlbeteiligung auswirkt, aber auch für die Medien erhöht werden. Personen erlauben den BürgerInnen eine leichtere Möglichkeit der Identifikation. Sie verkörpern gewissermaßen politische Inhalte. Insofern schließen Personalisierung und politische Inhalte einander nicht aus. Anders verhält es sich, wenn die ins Rampenlicht gestellten Personen in einem unpolitischen Kontext dargestellt werden, wie es etwa bei den sogenannten ‚home stories‘ praktiziert wird. (Schoen, 2014b, S. 666)

2.4.2.3 Thematisierungsstrategie

Es werden jene politischen Themen in den Vordergrund gerückt, bei denen die wahlwerbende Partei oder die KandidatInnen in der öffentlichen Wahrnehmung als kompetent gelten oder sie populäre Positionen vertreten. In der Umkehrung wird versucht, von Themen, bei denen

eine unpopuläre Meinung vertreten wird oder der/die politische GegnerIn als kompetenter wahrgenommen wird, abzulenken. Es wird mit dieser Strategie versucht die mediale sowie öffentliche Agenda zu beeinflussen. Konkurrierende Parteien und KandidatInnen verfügen in der öffentlichen Wahrnehmung über unterschiedliche Kompetenzen. „Verfolgen Parteien mit unterschiedlichen Kompetenzprofilen konsequent ihre Thematisierungsstrategien, kann das dazu beitragen, dass die konkurrierenden politischen Akteure im Wahlkampf gewissermaßen aneinander vorbeireden und der häufig geforderte Dialog zwischen den Bewerbern nur selten zustandekommt.“ (Schoen, 2014b, S. 666). Eine intensive Auseinandersetzung mit dieser Strategie, die einen zentralen Punkt der vorliegenden Arbeit ausmachen, findet in Kapitel 3.3 statt.

2.4.2.4 Negative campaigning

WahlkämpferInnen stellen die eigene Seite positiv dar und versuchen häufig politische Gegner in ein negatives Licht zu rücken. Negative campaigning geht häufig über die sachlich-politische Frage hinaus und mündet in einer kritischen Auseinandersetzung mit den GegenkandidatInnen als Person. In empirischen Studien konnte herausgefunden werden, dass OppositionspolitikerInnen diese Strategie häufiger anwenden, während AmtsinhaberInnen davon ausgehen können, dass Angriffe auf die Gegner negative Auswirkungen auf sie selbst hat (Lau & Pomper, 2002).

2.4.2.5 Bandwagon- oder momentum-Strategie

Sich bzw. die eigenen KandidatInnen als SiegerIn darstellen, das ist der Kern der bandwagon- oder momentum-Strategie. Diese Strategie zielt darauf ab, Personen, die gerne auf der Seite der SiegerInnen stehen, für sich zu gewinnen. Vermeintliche SpitzenreiterInnen erhalten in den Medien breiten Raum und werden häufig als SiegerIn dargestellt. Als Erklärung für ihren Erfolg werden ihnen positive Eigenschaften und vernünftige Ideen zugeschrieben – eine Strategie, die häufig von den Medien übernommen wird (Schoen, 2014b, S. 667).

2.4.2.6 Wahl der Strategie

In Wahlkämpfen kommen unterschiedliche Strategien, häufig auch Mischformen, zum Einsatz.

In zahlreichen empirischen Studien, vor allem bei Fernsehdiskussionen von SpitzenpolikerInnen, konnten in unterschiedlichen politisch-kulturellen und institutionellen Zusammenhängen weitgehend konsistente Muster erkannt werden. (Maurer & Reinemann, 2003, S. 65–72). Demnach versuchen sich Amtsinhaber als Staatsmänner darzustellen, die über den parteipolitischen Querelen stehen. Sie setzen auf das Ansehen des Amtes, das sie repräsentieren, und die damit verbundene angenommene Kompetenz. Sie präsentieren sich beispielsweise gemeinsam mit international führenden PolitikerInnen, um ihre weltweite Anerkennung zu demonstrieren. Mit einer ähnlichen Zielsetzung werden Personenkomitees eingesetzt, bei denen sich andere, häufig prominente Personen für den Kandidaten oder die Kandidatin aussprechen. Inhaltlich stellen sie die bisherigen Leistungen in den Vordergrund, die als Empfehlung für eine Wiederwahl funktionieren sollen.

OppositionspolitikerInnen setzen ihre Strategie häufig so an, dass sie sich vom Amtsinhaber/von der Amtsinhaberin deutlich absetzen und eine Veränderung ankündigen.

Ferner werden die Mechanismen des negative campaigning eingesetzt, indem die Ziele des Gegenübers angegriffen werden, dessen Kompetenz angezweifelt und zu politischen Themen generelle eher eine offensive Haltung eingenommen wird. Gleichwohl und vor allem um bei den BürgerInnen keine Angst vor zu großen Umwälzungen hervorzurufen, betonen OppositionspolitikerInnen die Grundwerte der Gesellschaft und versuchen Zukunftsoptimismus zu verbreiten.