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2 Wahlen und Wahlkampf

2.2 First- and second-order elections-Modell im Kontext der EU-Wahl

2.3.2 Medien im Wahlkampf

Die mächtige Rolle der Medien ist vor dem Hintergrund erodierender Parteiidentifikation in der Bevölkerung zu sehen. Dies verleiht dem medienzentrierten Wahlkampf zusätzliche Bedeutung. Und das bei gleichzeitiger, beinahe flächendeckender Durchdringung der Gesellschaft mit massenmedialer und/oder Internet-basierter politischer Information. Jedoch ist die online vermittelte Politikinformation gesondert zu betrachten. Das findet in kompakter Form nachfolgend statt, stets mit einem abgrenzenden Blick auf die Forschungsfrage.

Zurück zu den Massenmedien hat Rhomberg (2009, S. 214) die Wirkung von Massenmedien auf unterschiedliche Wählergruppen analysiert und das mögliche Auftreten folgender Effekte festgestellt:

• Mobilisierung: Die Mobilisierung vor allem von StammwählerInnen hängt sehr stark von der medialen Berichterstattung ab.

• Aktivierung: Medienberichte können latent vorhandene Prädispositionen aktivieren.

• Überzeugung: Medienberichterstattung trägt eher selten zur Änderung der Wahlabsicht bei. Wenn es tatsächlich zu derartigen Ausnahmefällen kommt, dann vor allem bei WechselwählerInnen.

• Realitätswahrnehmung: WählerInnen werden durch „mediale Realitätskonstrukte“

beeinflusst.

• Agenda Setting: Gewichtung und Bewertung von Themen durch die Medien haben einen Einfluss auf WählerInnen, vor allem bei WechselwählerInnen (Rhomberg, 2009, S. 214).

Aufgrund der zentralen Rolle, die Massenmedien im Wahlkampf spielen, müssen bei der Entwicklung der Wahlkampagnen die Eigenheiten der jeweiligen nationalen Medienlandschaft berücksichtigt werden.

2.3.2.1 Massenmedien in österreichischen Wahlkämpfen

In Österreich sind die Massenmedien die zentrale Arena der Politikvermittlung. Die WählerInnen informieren sich überwiegend über das Fernsehen und in den Tageszeitungen über Politik ganz generell und über Wahlkämpfe im Speziellen (Lengauer & Vorhofer, 2010, S.

146). Bei einer anlässlich des Nationalratswahlkampfes 2013 durchgeführten Studie konnte festgestellt werden, dass sich im Kommunikationsverhalten der ÖsterreicherInnen erstaunlich wenig verändert hat. Parteien konnten sich, wenn sie die Wählerschaft erreichen wollten, weiterhin auf die traditionellen Kanäle öffentlicher Kommunikation verlassen. Die Tageszeitungen, Fernsehen und Radio erreichten mit ihren Informationen zur Politik rund zwei Drittel aller BürgerInnen pro Tag. Darin inbegriffen sind auch die Internetauftritte der Medien.

Social Media nehmen zwar auch in der politischen Kommunikation an Bedeutung zu. Im Nationalratswahlkampf 2013 waren sie in der politischen Kommunikation für die Bevölkerung aber noch nicht besonders wichtig (Aichholzer, Kritzinger, Jenny, u. a., 2014, S. 36).

Das kleinräumige, hochkonzentrierte österreichische Mediensystem zeichnet sich – im europäischen Vergleich – „durch die marktbeherrschende Stellung weniger Medienunternehmen und eine eingeschränkte publizistische Vielfalt der Medienangebote aus“ (Seethaler & Melischek, 2006, S. 351 ff). Die marktführende Tageszeitung in Österreich ist die Kronen Zeitung. Allerdings ist festzuhalten, dass sich die Reichweite der Kronen Zeitung in den Jahren zwischen 2008 und 2013 von 42 auf 36 Prozent reduziert hat. Gemeinsam mit den beiden anderen (Gratis-)Tageszeitungen Österreich und Heute, die ebenfalls den

Boulevardmedien zugerechnet werden, deckt die Boulevard-Presse rund 55 Prozent 4 der Reichweite österreichischer Tageszeitungen ab (Media-Analyse, 2018). Damit erreicht der Boulevardisierungsgrad des österreichischen Pressemarktes einen beispiellosen ‚Spitzenwert‘

im europäischen Vergleich. „Das Besondere der österreichischen ‚Boulevard-Demokratie‘ ist die Bereitschaft der Kronen Zeitung, ihre publizistisch-politische Mache offensiv auszuspielen, indem sie Themen und Stimmungslagen der öffentlichen Diskussion vorgibt, innenpolitische Entscheidungen und Weichenstellungen zu beeinflussen versucht, publizistische Unterstützung konditional anbietet, politisches Wahlverhalten publizistisch belohnt und Widerspruch sowie Kritik durch redaktionelle Angriffskampagnen sanktioniert.“ (Plasser &

Lengauer, 2012, S. 31).

Diesem großen Boulevardanteil stehen deutlich niedrigere Marktanteile der beiden österreichischen Qualitätszeitungen gegenüber. Der Standard und Die Presse erreichen werktags zusammen gerechnet rund 10 Prozent des Leserpublikums (Media-Analyse, 2018).

Eine weitere Besonderheit des österreichischen Mediensystems ist die dichte Konzentration der wirtschaftlichen und publizistischen Macht durch Verflechtungen einzelner Medienunternehmen. Diese Macht- und Einflussbündelung findet nicht nur auf dem österreichischen Pressemarkt, sondern auch am audiovisuellen Nachrichtenmarkt statt (Plasser & Lengauer, 2012, S. 31). Es gab hier jedoch in den letzten 10 Jahren einige wesentliche Veränderungen durch die Zunahme des Angebots an privaten TV-Sendern. Zwar ist die Vormachtstellung der öffentlich-rechtlichen Programme nach wie vor gegeben, und auch die Tagesreichweite des Fernsehens insgesamt liegt in den Jahren zwischen 2008 und 2013 relativ stabil bei 64 Prozent der Bevölkerung ab zwölf Jahren, jedoch hat der ORF gegenüber einigen Privat-Sendern an Reichweite verloren. Die Privatfernsehsender ATV und Puls 4 konnten ihre Reichweite in der Zeit von 2008 bis 2013 deutlich steigern; Puls 4 sogar von 5 auf 10 Prozent (Aichholzer, Kritzinger, Jenny, u. a., 2014, S. 34).

Die vorangegangene Darstellung der österreichischen Medienlandschaft zeigt, dass es nicht ein spezifisches ‚Leitmedium‘ für politische Information in Österreich gibt. Wie eingangs erwähnt kann insgesamt festgehalten werden, dass die ÖsterreicherInnen ihre politische

Information auch 2013 vorwiegend aus den traditionellen Kanälen beziehen (Aichholzer, Kritzinger, Jenny, u. a., 2014, S. 36). Was die Printmedien betrifft, so ist allerdings die Reichweite speziell von Tageszeitungen seit dem Jahr 2001 von 75 Prozent auf 67 Prozent im Jahr 2016 zurückgegangen (Media-Analyse, 2018). Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass zwar ein Abwärtstrend wahrnehmbar ist, dieser aber wenig ‚bedrohlich‘ wirkt. Bei genauerer Betrachtung relativiert sich dieser Schluss: Der Rückgang der Nutzung von Tageszeitungen fiel am stärksten bei den 14- bis 19-jährigen aus, von 68 Prozent (2001) auf 51 Prozent (2016).

Hinzu kommt, dass bei den Daten der Media Analyse im Jahr 2001 die beiden größtenteils gratis vertriebenen Tageszeitungen Heute und Österreich nicht berücksichtigt wurden. Beide Zeitungen waren 2001 noch nicht am Medienmarkt präsent. Sie wurden in den Jahren 2004 und 2006 gegründet und könnten den Abwärtstrend verwässern. Vor diesem Hintergrund kämpfen die Kauftageszeitungen tatsächlich massiv mit rückläufigen Leserzahlen. Ein Trend, der sich fortsetzen dürfte. Die Internet-Nutzung (Messung „mehrmals pro Woche“) nahm im Vergleichszeitraum 2008 und 2013 um 13 Prozent von 60 auf 73 Prozent zu (Aichholzer, Kritzinger, Jenny, u. a., 2014, S. 33). Vor allem von jungen WählerInnen wird das Internet verstärkt als politische Informationsquelle genutzt. Ergänzend muss festgehalten werden, dass „es vor allem die Plattformen der klassischen Massenmedien sind, die politische Informationen anbieten und auch am häufigsten genutzt werden.“ (Aichholzer, Kritzinger, Jenny, u. a., 2014, S. 35).

2.3.2.2 Digitale Medien

Zahlreiche empirische Studien befassen sich mit der Bedeutung und Wirkung digitaler Kommunikation und dem Einfluss digitaler Medien auf die Wahlbevölkerung. Für Tenscher und Hayek (2012) kommt es durch die rasante Verbreitung so genannter ‚Hybridmedien‘ (z.B.

Smart-Phones, i-Pads etc.), welche die zeitunabhängige Nutzung verschiedener digitaler Nachrichtenangebote möglich machen, zu einer Herausforderung für künftige Klassifikationen von politischen Informationsstilen sowie dem Mediennutzungsverhalten. Russmann stellt in ihrer Studie die Frage nach der Diskussionsqualität in Online-Beteiligungsprozessen und kommt (unter anderem) zum Ergebnis, dass im Wesentlichen Facebook und Co. von politischen AkteurInnen zur top-down-Kommunikation genutzt werden. Der Diskurs mit den BürgerInnen entsteht nur selten (Russmann, 2015, S. 178, 192–194).

Im Sinne der Fokussierung und Eingrenzung wird dieses Forschungsgebiet nicht weiter vertieft. Dies auch vor dem Hintergrund, dass zum Zeitpunkt der beiden untersuchten Wahlkämpfe in den Jahren 2013 und 2014 die Rolle der sozialen Medien im Wahlkampf eine noch untergeordnete war (Aichholzer, Kritzinger, Jenny, u. a., 2014, S. 36).

Kommt den Massenmedien in Wahlkämpfen zwar ein hoher Stellenwert zu, so steht dieser Kommunikationskanal (aus Sicht der Parteien) nicht isoliert neben anderen Elementen von Wahlkampagnen, sondern sollte von den WahlkämpferInnen - im Sinne der Kommunikationswissenschaft - integriert betrachtet werden.

2.4 Wahlkampagnen

Wahlkampagnen sind für viele KommunikationsstrategInnen die Kür in der politischen Kommunikation, weil es gilt in der Entwicklung eine Vielzahl von Parametern zu berücksichtigen, die aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen kommen und ein Fingerspitzengefühl im Umgang mit den beteiligten AkteurInnen verlangen.

Zeigt Tenscher (2011) mit den insgesamt fünfzehn Indikatoren (Kapitel 2.3.1.1), anhand derer er Professionalitätsgrad von politischen Kampagnen gemessen werden kann, welche Ingredienzien es bei der Entwicklung von Kampagnenstrategien zu berücksichtigen gilt, so stellt sich für Farell und Schmitt-Beck (2006) das Zusammenspiel unterschiedlicher Einflussfaktoren folgendermaßen dar:

Abbildung 3: Modell Wahlkampfkommunikation

Quelle: (Farrell & Schmitt-Beck, 2006, S. 6)

Wahlkampagnen sind ein zielgerichteter, komplexer Prozess der politischen Kommunikation, der im Wesentlichen eine top-down-Strategie seitens der Wahlkampf-Verantwortlichen verfolgt. Wie oben stehende Abbildung zeigt, beinhalten Wahlkämpfe immer stärker auch bottom-up-Elemente. Massenmedien werden etwa als Feedback-Quelle für Politisches Themenmanagement betrachtet. Ebenso dienen Umfragen in der Wählerschaft als wichtiger Indikator für die (inhaltliche) Ausrichtung der Wahlkampfkommunikation. Neben den Massenmedien kommen in Wahlkämpfen alle anderen Formen der direkten Kommunikationsinstrumente – in der Abbildung als ‚advertising‘ bezeichnet – zum Einsatz.

Darunter fallen unter anderem Plakate, Spots oder Inserate in (Online-)Medien, die einen großen Teil der Wahlkampfbudgets verbrauchen. Andererseits haben bei diesen Kommunikationskanälen politische AkteurInnen einen hohen Grad an „Message control“ – im Unterschied zur Interaktion mit den Massenmedien (Farrell & Schmitt-Beck, 2006, S. 5).

Talkshows und anderen Event-Inszenierungen kommt in Wahlkämpfen ein immer höherer Stellenwert zu, auch weil diese via der eigenen Online-Kanäle rasch einen größeren Verbreitungsgrad erreichen können.

Für alle WahlkampfmanagerInnen, egal für welche Partei sie sich engagieren, gelten die unter institutional settings, political culture, social and economic conditions, random events zusammengefassten Rahmenbedingungen. Darunter sind unter anderem das jeweilige Wahlsystem, andere, in zeitlicher Nähe stattfindende Ereignisse (beispielsweise Fußball-Weltmeisterschaft) zu nennen. Auch zeitliche Vorgaben hinsichtlich Dauer des Wahlkampfes finden sich in der Kategorie ‚institutional settings‘. Während das Ende durch den Wahltag definiert ist, ist der Wahlkampfstart weniger klar. In Österreich gilt eine klare gesetzliche Regelung für den offiziellen Wahlkampfstart und damit die Wahlkampfphase (Kapitel 5.1.2).

Diese Regelung wird in anderen Staaten unterschiedlich gehandhabt. In den USA definiert das Ende der Nominierungsparteitage den Wahlkampfstart. In Großbritannien ist es die Auflösung des Parlaments. Diese zeitliche Abgrenzung kann durchaus irreführend sein, denn es ist häufig schon vor dem offiziellen Wahlkampfstart eine Intensivierung der Kommunikationsarbeit durch die Parteien feststellbar (Schoen, 2014b, S. 671–672).

Bedingt beeinflussbar sind für österreichische Parteien Ressourcen der Organisation, etwa das Wahlkampfbudget und damit im Zusammenhang stehend die personellen Ressourcen. Das

Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien‘ sieht in Abschnitt 2 eine Beschränkung der Wahlwerbungsausgaben vor an die alle Parteien gebunden sind (BKA, 2019). Das zur Verfügung stehende Budget entscheidet maßgeblich über den Einsatz der Instrumente, der im Fall der werblichen, direkten Kommunikationskanäle mit erheblichem finanziellem Aufwand verbunden ist.

Bei der Entwicklung einer Wahlkampagne liefert die Kommunikationswissenschaft sowie das Marketing mit der Entwicklung von Kommunikationskampagnen eine geeignete Grundlage, um die wesentlichen Kernelemente einer Strategie darzustellen.

Abbildung 4: Kampagnenplanungsprozess

Quelle: (Schulz, 2011, S. 237) + eigene Angaben

Das Ziel jedes Wahlkampfes ist es, möglichst viele Wählerstimmen für sich zu gewinnen. Wie bereits Farell und Schmitt-Beck (2006) feststellen, sind Wahlkampagnen im Wesentlichen top-down-Strategien unter Berücksichtigung wesentlicher up-Elementen. Diese bottom-up-Elemente liefern die Massenmedien sowie die WählerInnen, womit ein weiteres Mal das Kommunikationsdreieck im Wahlkampf relevant wird (Kapitel 1.4). Nachfolgend werden die einzelnen Elemente einer Wahlkampagne in Anlehnung an Schulz (2011) beschrieben und im Kontext der Forschungsfragen in unterschiedlicher Intensität behandelt. Am Beginn eines jeden Wahlkampfes stehen Situationsanalysen und Informationsbeschaffung sowohl zur eigenen Position als auch zu jener der anderen Parteien. In der Opportunitätsanalyse werden die eigenen Stärken und Schwächen in verschiedener Hinsicht - vor allem auch hinsichtlich Themensetzung - analysiert.