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Kommunikative Praktiken und bilingualer

4 Theoretische Grundlagen

4.1 Zur Minderheitensprache

4.1.2 Kommunikative Praktiken und bilingualer

Minderheitensprecher sind hinsichtlich ihrer Sprachwahl und ihres Sprachverhal-tens flexible Sprecher:199 Sie bedienen sich in ihrer Alltagskommunikation mindes-tens zweier Sprachen oder Varietäten von diesen, somit auch zweier Sprachsysteme und innerhalb dieser Sprachsysteme auch mehreren Varianten. Für die Minderhei-tensprache gilt es in besonderem Maße, dass Sprachzeichen in einem komplexen Gefüge von internen und externen Faktoren in einem Sprachhandlungsprozess entstehen, in welchem die Sprachtraditionen, die strukturellen Möglichkeiten der Sprache sowie die gesellschaftlichen Intentionen mitbestimmend sind.

Aus medialer Sicht ist im Sprachgebrauch der Minderheitensprecher Münd-lichkeit in ihrer Vielfalt und Varianz dominant, auch wenn sporadisch – meistens jedoch nicht-signifikante – schriftliche Formen dieser Varietät existieren.200 Spre-cher entwickeln in den einzelnen historischen Etappen ihrer Geschichte Sprachge-wohnheiten und Handlungsmuster, mit wem sie wann und wie in einer konkreten Situation zu sprechen haben. Auf dieser Grundlage lässt sich die sprachliche Spezi-fik dieser kommunikativen Handlungen als Sprache der Nähe beschreiben.

Zur umfassenden Aufnahme gesprochener Sprache gibt es – trotz zahlreicher, in den letzten Jahrzehnten durchgeführten Projekten mit relevanten Ergebnissen – noch weitere offene Fragen und Probleme, so v. a. auch entsprechende Analyse-kategorien für mixed Varietäten,201 oder es fehlt bislang auch ein adäquates Beschreibungsmodell für die Erfassung der Gesprochensprachlichkeit von Sprach-minderheiten. Das Konzept der kommunikativen Praktiken, bei dem es sich „um gesellschaftlich herausgebildete konventionalisierte Formen zur Bearbeitung rekurrenter kommunikativer Zwecke“ handelt (FIEHLER 2000, 96), scheint für die Beschreibung der Gesprochensprachlichkeit von Sprachminderheiten geeignet zu sein. Diese als kommunikative Praktiken genannten situationsbezogenen Hand-lungsmuster sind für die betreffende sprachliche Gemeinschaft typische, für diese Gruppe konventionalisierte, komplexe kommunikative Muster, die – im Idealfall – von Generation zu Generation weitergegeben werden, den Mitgliedern einer Gemeinschaft eine Orintierung bieten und auf diese Weise erhalten bleiben:

Wenn wir kommunizieren lernen, dann erlernen wir just solche kommunikativen Praktiken, indem wir die für die einzelnen Praktiken konstitutiven Regeln lernen. [...] Man kann dies auf die Formel bringen, dass kommunizieren zu lernen bedeutet, ein Repertoire von kommunikati-ven Praktiken zu erwerben. (FIEHLER 2000, 97)

199 In Anlehnung an den Begriff von MACHA (1991): „Der flexible Sprecher“.

200 Z. B. in Form eines Briefwechsels der älteren Generation, früher auch in persönlichen die Familiengeschichte betreffenden Aufzeichnungen in heiligen Büchern, in den letzten drei Jahr-zehnten auf Wunschkarten, die an bestimmte Programme des deutschsprachigen Rundfunks in Pécs geschickt werden.

201 Behauptungen wie „Die gesprochene Sprache ist im neuen ‚Zeitalter der Oralität‘ (der Globali-sierung) offenbar dabei, für sich ein Sprachsystem sui generis zu postulieren, das nicht nur den Kommunikationsmodus ‚mündlich‘ modelliert, sondern auch die oral-auditiven Rezeptionsbe-dingungen beachtet“ (HINRICHS 2009, 55) stimmen hoffnungsvoll.

87 Bei der ungarndeutschen und auch bei anderen ostmitteleuropäischen deutschen Sprachgemeinschaften sind diese Handlungsmuster in der Nachkriegsgeneration und in den darauf folgenden Generationen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch einen Abbruch in der Weitertradierung der Ortsdialekte nicht mehr vollstän-dig praktiziert worden, daher sind sie zum Großteil – mindestens bei den mittleren und jüngeren Generationen – entweder verloren gegangen, oder es hat sich in der sprachlichen Gestaltung dieser Praktiken ein großer Wandel vollzogen.

Sprachliche Handlungsmuster sind gleichzeitig auch als soziale Praktiken zu betrachten und bilden somit einen wesentlichen Bestandteil des Alltags- und Welt-wissens der Sprecher, denn die Kommunikationsfähigkeit wird nicht allgemein und abstrakt erworben, sondern immer auf konkrete Situationen bezogen, so dass jede Sprechergemeinschaft über einen spezifischen Satz solcher kommunikativen Prakti-ken verfügt. In der Kommunikationspraxis einer Sprachminderheit, die sich von den übrigen Sprechergruppen und der Mehrheit durch ihre ethnischen und sprachlichen Charakteristika abhebt, entstehen diese Handlungsmuster anhand von tradierten Konventionen und sozialen Regeln in den von der Sprechergemeinschaft gebrauch-ten Domänen. Abhängig vom Alter und der sozialen Gruppenzugehörigkeit der Sprecher sind diese Handlungsmuster mehr oder weniger fest, die sich in der Kom-munikationspraxis durch häufiges situationsgebundenes Verwenden in bestimm-ten tradierbestimm-ten Formen wie Ritualien, Sitbestimm-ten und Bräuche des Jahresverlaufs202 der Sprechergemeinschaft festigen und verbreiten. In der Sprachrealität zeichnet sich jedoch alles andere als ein ideales Bild dieser kommunikativen Muster ab: Hinsicht-lich ihrer Verbreitung und Weitergabe an jüngere Generationen sind diese kommu-nikativen Praktiken sehr angeschlagen, und können nur noch durch intendierte und bewusste Maßnahmen im Minderheitensprachgebrauch erhalten bleiben.

Pragmatisch betrachtet wirken diese kommunikativen Praktiken bei einer Sprachminderheit als Kohäsionsmittel, durch die die Sprecher der Minderheit als Gruppe zusammen gehalten werden können, solange diese Praktiken als eigene und typische Handlungsformen der Gemeinschaft empfunden werden. So ist z. B.

die von Ungarndeutschen häufig gebrauchte Mischsprache als ein ihr charakteristi-sches Handlungsmuster zu sehen, das nur gruppenintern und generationenbedingt gebraucht wird. Das folgende Beispiel zeigt einen Gesprächsausschnitt, der zwi-schen zwei Nachbarn abläuft:

(12) A: Ihr baucht eich net beleidige, awr ich muss’s sage, wann’tr des Regewassr vum garázs net mit aner Dachrinne elvezetni tot, na werd mei Keller voll mit Wassr, do messt’r jetzt was mache ..., des kann so net bleiwe. (III-L-F-80-m)

202 Z. B. an bestimmten Familientreffen und sonstigen den Jahresablauf und das Leben der Indi-viduen prägenden Festen, Bräuchen, Sitten gab es (teilweise heute noch praktiziert) bestimmte Kommunikationsformeln, es werden bestimmte Sprechakte wie Anredeformen, Tadel, Lob, Dank, Mitleid etc. vor dem ethnisch-sozialen Hintergrund dieser Minderheit gestaltet, die in den letzten 50–60 Jahren einen großen Wandel mitgemacht haben. Vgl. zu den Anredeformen (TOLNAI 1941).

Zur Minderheitensprache

(Ihr braucht Euch nicht zu beleidigen, aber ich muss es sagen: Wenn ihr das Regenwasser von der Garage nicht mit einer Dachrinne ableiten tut, dann wird mein Keller voll mit Wasser, da müsst ihr was machen ..., das kann so nicht bleiben.)

B: Ja, was soll ich do mache? Ich kann des Regewassr net ufhalde ... des kummt halt und unsr Hof is betoniert, na is wu a szivárgás und des laaft in eire Keller. (III-L-F-71-m)

(Ja, was soll ich da machen? Ich kann das Regenewasser nicht aufhal-ten ... das kommt und unser Hof ist betoniert, dann ist da irgendwo eine Durchsickerung und das läuft in euren Keller.)

Die höflich distanzierte Direktheit am Gesprächsanfang ihr messt eich net belei-dige... deutet auf den nähesprachlichen Bereich, auf eine vertraute Beziehung zwi-schen den Sprechern hin. Die zwei wichtigsten Schlüsselbegriffe des Gesprächs werden durch einen Transfer gelöst, der als dieser Sprachgruppe eigene Strategie zur Überbrückung von lexikalischen Lücken und Defiziten im Lexikon zu betrach-ten ist, derer sich diese Sprachgemeinschaft im spontanen Gespräch mit großer Sicherheit bedient.203 Die Allgegenwärtigkeit der Mehrheitssprache als die überda-chende Sprache der Minderheitensprache und deren Nutzbarkeitswert durch ihre instrumentelle Funktion ist dermaßen hoch, dass es zu einer spezifischen Form der Sprachhandlungsmuster kommt, bestehend aus Elementen der autochtonen Spra-che und aus denen der UmgebungsspraSpra-che.

Die die Sprachminderheit umgebenden narrativen Welten unterscheiden sich zwar im Sprachgebrauch der einzelnen Altersgruppen und Generationen, doch heute werden im überwiegenden Teil diese Narrativen in der Landessprache erlebt und auch durch diese geprägt.204 So erscheint es für die Sprecher der einzelnen Gene-rationen als selbstverständlich, dass Elemente dieser Narrativen, wie Klischees, die gängige Realien, bestimmte Idiome, semiproduktive Elemente, Fachjargonis-men in der Mehrheitssprache gespeichert und auch in dieser abrufbar sind. Diese sprachlichen Handlungsformen sind wie ein Drehbuch in der erlebten Sprache der Narration gespeichert, das in der kognitiv erlebten sprachlichen Form, in der unga-rischen Sprache, aktiviert wird. Somit bilden auch die in Ungarisch gespeicherten lexikalischen Elemente einen wesentlichen Bestandteil des typischen Wortschatzes, d. h. des sprachlichen Repertoires von Minderheitensprechern. Falls die Aneignung dieser typischen Handlungsformen nicht in der primären205 (oder in der sekundä-ren, d. h. Schule) Sozialisation erfolgt, gibt es wenig Chancen, sie zu erhalten, sie

203 Aus dieser Sicht haben wir es tatsächlich mit minderheitentypischen Handlungsmustern in den osteuropäischen Ländern zu tun, denn es ist eine bekannte Tatsache, dass in jedem Land unter-schiedliche Lösungen für sprachliche Defizite gefunden werden, die man – ist man der Kon-taktsprachen einigermaßen kundig – über die suprasegmentale Ebene hinaus auch ganz leicht erkennen kann, ob die sprachliche Form russlanddeutsch, rumäniendeutsch oder ungarndeutsch etc. ist.

204 KNIPF-KOMLÓSI (2003b, 279).

205 Vgl. dazu MANZ-JÄGER (2007, 265–271).

89 als konstitutive Formen dieser sprachlich, teils auch sozial-ethnisch zusammenge-hörenden Gruppe zu integrieren. Auf diese Weise kam es und kommt es zu einer Auflockerung, zu einer Diskontinuität in der sprachlichen Ausdrucksweise dieser Sprechergemeinschaft.206 Gilt jedoch eine Sprachgemeinschaft als stabil, werden diese kommunikativen Praktiken mit großer Häufigkeit aktiviert und produziert, an jüngere Generationen weitergegeben, und werden so Teil der allgemeinen Sozialisa-tion der Sprechergemeinschaft,207 gleichzeitig sind sie auch wichtige Indikatoren der Gemeinschaftskohäsion. Im Falle von instabilen Sprachminderheiten – wie es die meisten ostmitteleuropäischen und auch die ungarndeutschen Minderhei-ten sind – können diese kommunikativen Muster nicht mehr in allen Generationen aktiviert werden, da sie im sprachlichen Umgang nicht mehr produktiv sind und somit als Defizite in der Kohäsionsbildung der Sprachminderheit erscheinen.

Die noch vorhandenen kommunikativen Praktiken verlangen einen spezifischen Sprachmodus. Mehrsprachige Sprecher treffen in der gegebenen Situation jeweils die Wahl, welchen Sprachmodus sie bevorzugen (vgl. GROSJEAN 1999). Es ist zu beachten, dass für bilinguale Minderheitensprecher eine deutschsprachig geführte Redesituation nie die gleiche ist, wie eine einsprachig ungarischsprachige Rede-situation,208 denn bei der ersteren entsteht durch die in der Minderheitensprache notwendigen kontaktsprachlichlichen Neuerungen ein ständiges Alternieren zwi-schen den Sprachen, die einen homogenen Kode ausschließen. Das für zweispra-chige Sprecher entwickelte Konzept der Sprachmodi bietet in solchen Situationen eine solide Erklärungsgrundlage zum Verstehen und Interpretieren der Sprachwahl und des Kodewechsels von mehrsprachigen Sprechern,209 weshalb es bei der Beur-teilung von gemischtsprachigen Äußerungen auch effektiv eingesetzt werden kann.

Spricht ein Sprecher in einem einsprachigen Sprachmodus, wird der Kode der zwei-ten Sprache nicht völlig ausgeschaltet, nur zeitweilig unterdrückt, deshalb kann es auch in einem einsprachigen Modus zu Interferenzen, etwa auf der suprasegmenta-len Ebene, kommen. Gespräche im zweisprachigen Modus – wie dies bei Minder-heitensprechern üblich ist – führen zu effizienten und schnellen Sprachwechseln, zum Alternieren der Kodes, weil in diesem Fall die zwei Sprachen gleichzeitig aktiviert werden. Die die Wahl des Sprachmodus beeinflussenden Faktoren bei den Ungarndeutschen sind soziolinguistische Variablen: der Gesprächspartner und seine Sprachkenntnisse, die Kenntnis seiner sprachlichen Präferenzen, sein allge-meines Verhältnis zur Sprache der Interaktion, sein Alter, seine soziale Stellung,210 das Gesprächsthema, der Ort, die Zeit und der Formalitätsgrad des Gesprächs.

206 Wie dies bei den jüngeren und mittleren Generationen dieser Sprachminderheiten in Mittelost-europa zu beobachten ist (vgl. z. B. LASATOWICZ, TISCHEROVA 2008).

207 Vgl. die Situation bis zur Massenauswanderung bei den Siebenbürger Sachsen in den 1980er Jahren.

208 Vgl. BLANKENHORN zum Beispiel der Russlanddeutschen (2003, 60).

209 Sprachmodi können sowohl im Sprechen, im Verstehen, im Lesen oder im Schreiben als adä-quate Erklärungsgrundlage dienen.

210 So spricht man mit älteren Ungarndeutschen eher in deutscher Sprache, mit anderen mundartkun-digen Ungarndeutschen der mittleren Generation evtl. Ungarisch, weil man mit ihnen in der Re-gel diese Sprache gebraucht oder in einer Situation, wenn man deutsch oder die Mundart spricht, wechselt man beim Hinzutreten einer nicht deutschssprachigen Person sofort auf Ungarisch.

Zur Minderheitensprache

Das folgende Gespräch zwischen Sprecherinnen der jungen und der älteren Gene-ration signalisiert einen zweisprachigen Sprachmodus. Die ältere Sprecherin weiß genau, dass ihre junge Gesprächspartnerin der Mundart und des Hochdeutschen mächtig ist, ungeachtet der Tatsache, dass sie ungarisch von ihr begrüßt wird:211 (13) J: – Csókolom, Anna néni!

(Grüß Gott, Tante Anna!)

A: – Á, die Kleine is auch do! Kann sie schon biciklizni? Há ja, sie is jo schun zwei.

(Ach, die Kleine ist auch da! Kann sie schon Rad fahren? Naja, sie ist ja schon zwei.)

J: – Schon drei!

A: – Drei? Die hot noch nyáron im babakocsi geschlof.

(Drei? Die hat ja im Sommer noch im Babywagen geschlafen.) J: – Können wir Tulpen pflücken?

A: – Wellt ihr virágot szedni? Tessék! Do werd heit geöntözt.

(Wollt ihr Blumen pflücken? Bitte! Da wird heute gegossen.) J: – Danke.

(III-L-F-35-sch) (III-L-F-71-m)

Ähnliche Gesprächssituationen treten besonders häufig in asymmetrischen Kontakt-situationen auf, sie werden von den Sprechern selbst als Mischsprache bezeichnet und als natürliche Gesprächsform empfunden. Aus einer multilingualen Perspektive betrachtet, können sie auch als eine

Öffnung der Einzelsprachperspektive auf das Zusammenwirken mehrerer Sprachen [gelten].

Es gilt, eine Mehrsprachenperspektive zu entwickeln, die nicht als additional oder gar margi-nal zu einer Grammatik steht, sondern in welcher diese konstitutiv und zentral mitbedacht ist.

(FRANCESCHINI 2003, 248)

Diese Interaktionsmuster zeigen, dass mit dem bilingual language mode im Sinne von GROSJEAN (1999) die Grundlagen für eine Theoriebildung der Mehr-sprachigkeit212 auch der Sprachminderheiten gelegt werden könne, weil die Variabilität als eine grundlegende Eigenschaft der Sprache definiert und anerkannt wird. Es ist anzunehmen, dass sich ältere Sprecher der Mundart als Basissprache bedienen, so erfolgt nach dem bilingualen Sprachmodus der Wechsel von einer in die andere Sprache sehr schnell und fast automatisch, trotzdem leidet die Effizienz der Kommunikation nicht darunter.213

Im zweisprachigen Sprachmodus können aufgrund der Sprachproduktionen der Gewährspersonen folgende Kontakterscheinungen214 ausgemacht werden:

211 Das Gespräch wurde 2009 von der Doktorandin Maria M. (Pécs) in N. aufgenommen.

212 FRANCESCHINI (2003) plädiert für ein Theoriemodell der linguistischen Potentialität für die Mehrsprachigkeit.

213 Von solchen Kommunikationssituationen bleiben freilich nicht zweisprachige Sprecher ausge-schlossen.

214 Die Aufzählung bedeutet keine Häufigkeitsrangfolge.

91 – Lexikalische Entlehnung (Autosemantika aus dem Ungarischen)

– Funktionswörter aus dem Ungarischen

– Codeswitching (zwischen Deutsch und Ungarisch)

– Kalkierung (Entlehnung von morphosyntaktischen Strukturmustern)

Die im zweisprachigen Modus vorkommenden Sprachmischungen stehen auch mit dem Konzept der Kontextualisierungshinweise215 in Einklang. Kontextualisierungs-hinweise signalisieren in solchen Gesprächen, dass es um Sprecher der gleichen Sprechergemeinschaft, und um eine vertraute, nähesprachliche Gesprächssituation geht, aber auch, dass es bei dieser Mehrsprachenperspektive – in diesem Fall – zwischen den Generationen zu keinerlei Verständnisschwierigkeiten kommt. Das wichtigste Mittel des Kontextualisierungshinweises, wodurch eigentlich die Situ-ation und der Kontext konstituiert wird, ist eben das Mixen der beiden Sprachen, ein ständiger sprecher- und hörerseitig initiierter Wechsel zwischen den Sprachen, wodurch die Appellfunktion der Sprache noch effizienter wird. Der Kontext kenn-zeichnet die sprecherseitige Bezugnahme auf die verwendeten Sprachen und sichert auch den eigentlichen kognitiven Hintergrund zur richtigen Interpretation der Situ-ation. Aus einer psycholinguistischen Position aus betrachtet (vgl. ältere Spreche-rin), handelt es sich hier um ein Entgegenkommen des Gesprächspartners, um ein Anpassungsverhalten von beiden Seiten, damit eine störungsfreie Kommunikation erreicht und gesichert wird.216

Die Sprachwahl bzw. der Sprachmodus signalisieren in diesen Gesprächssitu-ationen gleichzeitig die Wertorientiertheit und den Wirkungsbereich der benutz-ten Sprachen: Bei der ältesbenutz-ten Generation den ungebrochen hohen Gebrauchswert durch die gleichzeitige instrumentelle Nutzung beider Sprachen, den emotionalen Wert durch den Ausdruck der affektiven Erfahrungen und momentanen Gefühle der Sprecher sowie natürlich auch den kulturellen Wert mit dem Signalisieren der Identifikation mit beiden Sprachen.217

4.2 VARIATION UND DYNAMIK IN DER MINDERHEITENSPRACHE