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Kalmárs akademische Anfänge in England

Wir begegnen Kalmár als Sprachforscher und Philologen des Hebräischen und der orientalischen Sprachen erstmals auf seinen Reisen. Die frühesten lateinischen und englischen Veröffentlichungen wurden in Oxford bzw.

66 Hegedüs: Prodromus (Anm. 24), S. 7791.

London gedruckt. Darin profilierte sich Kalmár in der Auseinandersetzung mit fundamentalistischen Apologeten des Christentums. Eine Dissertatio„ critico-philologico-theologica in Isa VII.4“ (Oxford 1750) widmete Kalmár seinen Lehrern und Kollegen am reformierten Gymnasium in Debrecen und an der re-formierten Kirche Ungarns. Vier Abhandlungen, drei in Englisch, eine auf La-teinisch, setzen sich mit sprachgeschichtlichen Theorien von Oxforder Hebraisten und Orientalisten auseinander. Der junge Ungar nahm Stellung in einer seit 1749 in den englischen Fachjournalen lebhaft geführten Debatte über das Alter der hebräischen Sprache und Schrift und das Verhältnis der hebräischen Sprache zu den benachbarten orientalischen Sprachen. Vor allem John Hutchinsons (1674–1737) Thesen über das Alter der Schrift, in der die Bücher des Alten Testaments geschrieben sind, und die mutmaßliche Ori-ginalsprache, in der Abraham, Mose und David geredet haben, entfachten eine Debatte, in der es um den Altersbeweis des Hebräischen und den Wahr-heitsanspruch der christlichen Religion ging. Hutchinson und seine Schüler bekämpften deistische Ansichten über den Ursprung der Religionen. Sie glaubten, das Hebräische sei eine heilige Sprache, in der sich Gott offenbart habe, und daher dürfe der kanonische Text nicht philologisch-textkritisch be-arbeitet werden. Der Argwohn richtete sich besonders gegen die Rabbiner, ihre Kommentierung und Auslegearbeit; sie hätten die Originalüberlieferung der hebräischen Schrift durch die Einführung der Hilfszeichen, der masorethi-schen Punkte, verfälscht. Spearman und Julius Bate waren Schüler Hutchin-sons und gaben die Schriften ihres Lehrers 1748 heraus.67William Warburton gehörte hingegen zu denen, welche das Hebräische in den historisch-geographischen Kontext stellten und die Gemeinsamkeiten der altorientali-schen Religionen hervorhoben. Er mokierte sich in einem Brief an Bischof Hurd 1750 über die Dogmatik der Hutchinsonianer, nachdem Hutchinson den Deismus als Religion des Satan bezeichnet hatte:„The Hutchinsonians pre-tend that the reason of all institutions in the Mosaic Law, is to be found in the mysteries of the Hebrew roots [of the language and letters].“68

Hutchinson und seine Anhänger vertraten die Ansicht, ein wahrer Christ könne im Alten Testament und seinen Prophezeiungen schon die christliche Trinität herauslesen. Die Riten und Symbole der Israeliten für Gott wiesen

67Art.Hutchinson, John, in: Dictionary of National Biography, Bd. 28. London 1891.

68Derya Gurses Tarbuck: Enlightenment Reform. Hutchinsonianism and the religion in eigh-teenth Century Britain. Routledge 2017, S. 75; vgl. auch David B. Ruderman: Jewish Enlighten-ment in an English Key. Anglo-Jewrys construction of modern Jewish Thought. Princeton, Oxford 2000, S. 6269; Christopher B. Wilde: Hutchinsonianism, natural philosophy and reli-gious controversy in 18th century Britain, in: History of Science 18 (1980), S. 124, hier 2f.

typologisch auf das christliche Trinitätsdogma voraus. Das Studium der heb-räischen Sprache, ihres Alters und ihrer Dignität als Sprache der ältesten Quellen des Christentums war ein Teil ihrer Strategie, deistische, d.h. kompa-ratistische Studien altorientalischer Religionen zu widerlegen.

Thomas Sharp (1693–1758) war Doktor der Theologie in Cambridge und seit 1755 Dekan des Kapitels der Kathedrale von Durham. Als Hebraist wandte sich Sharp gegen die Hutchinsonianische Mode, Hebräisch ohne masorethische Punkte zu schreiben und einzig hebräische Texte als Wiege der christlichen Lehre zu akzeptieren. Die sprachwissenschaftlichen Interpretationen des Gottesnamen Elohim und der Bezeichnung„Berith“für den Gottesbund, welche die Hutchinso-nianer vorlegten, seien aufgrund ihrer polemischen Absicht, das AT und die Spra-che des Moses über andere religionswissenschaftliSpra-che Zeugnisse zu stellen, fragwürdig. Sharp provozierte Entgegnungen von Hutchinson-Anhängern, näm-lich von Julius Bate, Benjamin Holloway und David Aboab, einem zum Christen-tum konvertierten Juden. György Kalmár stellte sich auf Sharps Seite, indem er es offen ließ, in welcher Sprache Abraham, Mose oder David geredet hätten:

Can he [Holloway] tell me then what language (Abraham), Moses and David talked and wrote in? Language which he thinks of Paradise always? Or, if they used sometimes Chal-dee or Syriac, &cc., how can he tell me which is this or that?69

Kalmár führte aber einen anderen, sprachphilosophischen Aspekt in die rein phi-lologische Debatte der Hutchinsonianer ein. Es komme gar nicht darauf an, in welcher Sprache Jesus geredet habe. Jedenfalls habe er Ausdrücke benutzt, die auch andere Sprachen seiner Zeit bereit hielten und die eine universell verständ-liche Botschaft enthielten. Können wir denn nicht dieselben Ausdrücke verwen-den, gleich, ob wir uns auf Englisch, Irisch, Französisch oder Niederländisch äußern?70Dies weist schon auf Kalmárs Programm einer Universalzeichensprache voraus, das er tatsächlich am 9. Januar 1753 in einem gedruckten Proposal be-kannt machte.71

Auch Kennicott, der Briefpartner Breitingers, war ein Gegner Hutchinsons.

Kennicotts Dissertationen im Vorfeld seiner kritischen Ausgabe des hebräischen Bibeltextes brachten die Hutchinsonianer in Harnisch. Für sie waren die

69 Tarbuck: Enlightenment Reform (Anm. 68), S. 76, Fn. 49; Kalmárs Antwort an Benjamin Holloway. Oxford 1750, S. 16f.

70 Kalmár: Mr. Bates Answer to Dr. Sharps two Dissertations answerden. . .Oxford 1751; He-gedüs: Ideas (Anm. 24), S. 68f.

71 Kalmár: Proposals for printing by Subscription an universal language. London, 9. Jan. 1753;

Hegedüs: Prodromus (Anm. 24), S. 120122.

Kollation hebräischer Handschriften und Herstellung eines Variantenapparats bereits ein Sakrileg. Kennicotts Bestreben war aber, dem mutmaßlichen Archtey-pus so nahe wie möglich zu kommen, also Überlieferungskritik auf dem Weg zum‚Original’zu betreiben. In diesem Kontext sah auch er die masorethischen Hilfspunkte als spätere, zum Verständnis der ältesten Textstufe hilfreiche, aber nicht notwendige Zusätze an.72Dies verbindet ihn mit Kalmár.

Das Studium der hebräischen Buchstaben, der Sprache der Bibel und ihrer Grammatik weckte Kalmárs Interesse für die semitisch-arabischen Kulturen.

Durch Sprach- und Kulturvergleiche, für welchen er die hebräische Grammatik als Grundlage ansah, gelangte er zu seinen sprachphilosophischen Ideen über das, was allen Sprachzeichen und ihren logischen Verknüpfungen gemeinsam sein müsse. Die apologetischen Absichten der Hutchinsonianer, die Superiori-tät der biblischen Bücher über andere Texte und Schriftkulturen des Altertums zu erweisen, teilte Kalmár nicht. Der lebhafte Stil, in dem der junge Kalmár seine akademisch profilierten Gegner adressiert, zeugt allerdings von seiner Freude an Polemik, nicht zuletzt auch vom enormen Selbstbewusstsein und Ehrgeiz. Als er in Oxford die Kontroverse über den Gottesnamen Elohim und seine ältesten Wurzeln kennenlernte, welche die Anhänger John Hutchinsons lanciert hatten, erwachte sein Interesse für die orientalischen Sprachen und Kulturen. Die Reise in den vorderen Orient wurde wahrscheinlich durch die sprachgeschichtlichen Studien in Oxford angeregt.

Auf dem Weg zu einer Universalzeichensprache