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der Berliner Akademie der Wissenschaften von 1761

Wissenschaften “ : Die Preisaufgabe

der Berliner Akademie der Wissenschaften von 1761

Ein immanentes Problem jeglicher Aufklärung ist, in welchem Masse, sogar in welcher Ausschliesslichkeit Aufklärung alslinearer Prozessangesehen werden sollte. Das Grundphänomen der Aufklärung, die Veränderung der Inhalte des menschlichen Bewusstseins gilt von Anfang an als linearer Prozess, ganz zu schweigen davon, dass gerade die Aufklärung jene philosophische Strömung war, die die Vorstellung einer linearen Entwicklung in der Philosophie und der Geschichtsbetrachtung zum Siege verholfen hat.1In der Geschichte des neuzeit-lichen Alltagsbewusstseins bedeutet es eine grundsätzliche Modifizierung, deren Bedeutung auch heute noch kaum hoch genug ermessen werden kann.

Es war nämlich die von der Aufklärung getragene Linearität, die die früheren, vor allem zyklisch eingestellten Geschichtserklärungen ablöste.

Die Aufklärung ist also zutiefst mit der Linearität verbunden, diese Linearität ist aber selber Ausfluss von zahlreichen weiteren Komponenten. In diesem Fall aber wird Linearität nicht nur kontinuierlich dauern, bis die betreffenden konkre-ten Erkenntnisprozesse tatsächlich in Bewegung sind. Darüber hinaus ereignete sich auch die für die ganze Geschichte des europäischen Denkens relevante Mu-tation: Die umfassende Vertretung der Sichtweise der historischen Linearität als

„Evidenz“springt von dem philosophischen Denken ins Alltagsdenken hinüber– von jetzt an wird die Geschichte, das Leben der Gesellschaft„linear“und grund-sätzlich als eine anfangs noch näher nicht determinierte und auch noch nicht definierte permanente Entwicklung, alsolinear, angesehen.

Der Prozess der Aufklärung läuft linear, das Denken der Aufklärung fixiert lineare Strukturen. Was aber einmalig in der Geschichte des Alltagsdenkens ist, diesmal schlägt die Philosophie ins Alltagsdenken hinüber und begründet die grundsätzliche Einstellung des Alltagsdenkens zum permanenten Fortschritt.

Die reale Linearität des Denkens und der Prozesse kann jedoch aufgehalten

1 Endre Kiss: A mindennapi tudat tudományelméleti vizsgálata [Alltagsbewusstsein in wissen-schaftstheoretischer Sicht]. In: Mindennapi tudat: Etológia, filozófia, pszichológia. Értelmezési kérdések [Alltagsbewusstsein: Ethologie, Philosophie, Psychologie]. Hg. von Tibor Balogh und Csaba Pléh. Szeged 1997, S. 731.

https://doi.org/10.1515/9783110637649-003

werden–dadurch entsteht das Phänomen, das wir„Inter-Aufklärung“nennen würden. Dieses Nebeneinander der aufgehaltenen oder sonstwie fehlenden konkreten Bewegung mit Sektoren der bestehenden politischen und philoso-phischen Realität macht die Wirklichkeit der Inter-Aufklärung aus, denn das Fehlen der aktuellen Bewegung zieht schon nicht mehr das ganze reale Phäno-men der Aufklärung zurück. Die bewusste und zielorientierte Arbeit der Wis-senschaftlichen Gesellschaften ist ein sehr charakteristisches Zeichen der eingesehenen Inter-Aufklärung. In seinem Reisejournal (1769) liefert Herder eine glänzende Beschreibung des Phänomens„Inter-Aufklärung“:

Frankreich: seine Epoche der Litteratur ist gemacht; das Jahrhundert Ludwichs [!] vorbei;

auch die Montesquieus, DAlemberts, Voltaires, Rousseaus sind vorbei, man wohnt auf den Ruinen; was wollen jetzt die Heroidensänger und kleinen Comödienschreiber und Liederchenmacher sagen? Der Geschmack an Enzyklopädien, Wörterbüchern, an Auszü-gen, an Geist der Schriften, zeigt den Mangel an Originalenwerken. Der Geschmack an äusserlichen fremden Schriften, das Lob desJournal étrangeru. s. w. der Mangel an Origi-nalen: bei diesen muss doch immer Ausdruck, Stempel u. s. w. verlohren gehen und wenn sie doch gelesen werden, so ists ein Zeichen, dass der blosse Werth und die Natur der Gedanken schon reichhaltig gnug sei, um nicht die Wortschönheit nöthig zu haben.

Und da die Franzosen von der letzten so viel und Alles machen, da ihnen Wendung, Aus-druck und überhaupt Kleid des Gedankens alles ist; da die Deutschen so sehr von den Wendungen und dem Lieblingsstaat der Franzosen ausgehen und doch die so verachte-ten Deutschen doch gelesen werden, so ist dies ein grosses Kennzeichen von der Armuth, von dermüthigen Herabkunft des Landes, Marmontel, Arnaud, Harpe sind kleine Stop-peln, oder sprossende Herbstnachkömmlinge: die grosse Ernte ist vorbei.2

2 S. http://gutenberg.spiegel.de/buch/journal-meiner-reise-im-jahr-1769-2011/1. S. auch noch die folgenden Gedanken von demselben Text:Wer kann wider die Natur der Dinge? Der Weise geht auf seinem Wege fort die Menschliche Vernunft aufzuklären, und zuckt nur denn die Achseln, wenn andre Narren von dieser Aufklärung als einem letzten Zwecke, als einer Ewigkeit reden. Alsdenn muß man die Diderotschen und Schweizerischen Politiker wiederle-gen, oder, da dies im Geist unsrer Zeit, da der AntiRoußeauianism herrscht, zu einer Fabel wird und noch zu früh auch für Nutzen und Ausführung wäre, bei sich das beßere denken.

Alle Aufklärung ist nie Zweck, sondern immer Mittel; wird sie jenes so ists Zeichen daß sie auf-gehört hat, dieses zu seyn, wie in Frankreich. . .

In Frankreich wird man bald so weit seyn: wenn die Voltaire und Montesq[uieu] todt seyn werden: so wird man den Geist der Voltaire, Boßvets (sic!), Montesq[uieu] Racine u. s. w. so lange machen: bis nichts mehr da ist. Jetzt macht man schon Encyklopädien: ein DAlembert und Diderot selbst lassen sich dazu herunter: und eben dies Buch, was den Franzosen ihr Tri-umph ist, ist für mich das erste Zeichen zu ihrem Verfall. Sie haben nichts zu schreiben und machen also Abrégés, Dictionaires, Histoires, Vocabulaires, Esprits, Encyclopedieen, u. s. w.

Die Originalwerke fallen weg.Daß ein Volk durch seine Feinheit des Geistes, wenn es einmal auf Abwege geräth, desto tiefer hinein sich verirre, zeigt der unvergleichliche Montesquieu an

Es ist zu fragen, wie der damals immer noch sehr junge Herder auf seiner Studienreise fähig war, eine so fundamentale historische und historisch-philosophischeDiagnose aufzustellen. Es bleibt auch zu fragen, warum viele spätere Herder-Interpreten mit Vorliebe die Züge aus Herder hervorgehoben haben, die in ihren Augen nicht–oder nicht sehr sichtbar aufklärerisch waren, während sie dabei aus den Augen verloren haben, dass gerade der sehr junge Herder es war, der die Periode der Inter-Aufklärung entdeckt und beschrieben hat. An diesem Punkt werden aber die markanten heuristischen Vorteile einer Einführung des Begriffes der Inter-Aufklärung in die Diskussion sichtbar, denn es liegt auf der Hand, dass die Forschung und die Interpretation mit einer Viel-falt der Begrifflichkeit und in ihr auch mit einer des Begriffes der Aufklärung selber zu kämpfen hat und nicht selten aus diesen Schwierigkeiten etwa durch den unablässigen Bedeutungswandel des Aufklärungsbegriffs herauskommen wollte.3

Die geschichtsphilosophische Sicht, das Interesse für Volkskunst, die neue Vision über die Zivilisationen, auch die These von der Gleichrangigkeit der Zivi-lisationen, der Sinn für die eigentümliche Problematik der sozialen Reproduk-tion und die weiteren tiefgreifenden InnovaReproduk-tionen wurden allgemein bekannte Errungenschaften, auch ohne dass ihre Wurzeln in ihrer spezifischen Situation einerInter-Aufklärungklar geworden wären.4

Gerade der Anfang der 1760-er Jahre zeigt demonstrative Momente, die deutliche Spuren der Inter-Aufklärung aufweisen. In seiner Suche nach dem Nachfolger Voltaires in der Leitung der Königlichen Akademie wollte Friedrich II. lange Zeit nur Franzosen und so lange wie möglich sogar auch Enzyklopädis-ten einladen. Dadurch nahm er in dieser inter-aufklärerischen Phase für die Fortsetzung der früheren linearen Progression des aufklärerischen Denkens Stellung.

Auf der anderen Seite tritt, um das andere Beispiel zu nennen, Leibniz in dieser Periode in zwei unterschiedlichen Konzepten auf, wobei gerade solch eine Gleichzeitigkeit ein typisches Syndrom der stets alternativenreichen

den Griechen, die durch ihren feinen Kopf eben so tief hinein in die Spekulation geriethen über die Religion, die ihr Gebäude umwarf.

3 Ein Beispiel: Norbert Hinske: Die tragenden Grundideen der deutschen Aufklärung. In: Die Philosophie der deutschen Aufklärung. Texte und Darstellung. Hg. von Raffaele Ciafardone.

Deutsche Bearbeitung von Norbert Hinske und Rainer Specht. Stuttgart 1990, S. 414.

4 Hier soll erwähnt werden, dass der Begriff derInter-Aufklärungnach dem Muster des Ter-minusInter-Modernebei Veronika Spira gebildet wurde. Vgl. das Buch über Bulgakovs Meis-ter und Margarita: Bulgakov a MesMeis-ter és Margarita című regényének multidiszciplináris értelmezése [Die multidisziplinäre Analyse von Bulgakovs Meister und Margarita]. 1989 (digita-lisiert: 2010). http://www.spiraveronika.hu/kandid_v3.pdf

Inter-Aufklärung ist. Einerseits erscheint Leibniz in VoltairesCandide(erschienen 1759) als eine Karikatur der unverständlich gewordenen philosophischen Harmo-nistik, während er zu derselben Zeit in Mendelssohns Preisschrift eine teilweise Renaissance als die Hintergrundfigur einer neuen rationalen Metaphysik erlebt.

Die schrittweise vor sich gehende Institutionalisierung der Wissenschaft wäre sicherlich ohne den deutlichen Druck der Inter-Aufklärung nicht in der Form möglich gewesen, während dieser Druck durchaus heterogene Motive in sich vereint. Die Tendenz zur Institutionalisierung enthält die aktuelle Legitima-tion der wissenschaftlichen Wahrheit und der Semantik des Diskurses der Auf-klärung, er enthält auch die Artikulation der emanzipativen Interessen des Dritten Standes, er enthält aber auch die Artikulation des Interesses der Herr-scher der Aufklärung„von oben“(gegebenenfalls von der Seite der Königlichen Akademie). Das Aufeinandertreffen der Rationalität der Aufklärung und der der politischen Herrschaft öffnet wieder einen neuen Raum für diese Überlegungen.5

Die„Aufklärung von oben“bildet den Rahmen auch für die Institutionie-rung der Wissenschaft und der Philosophie durch die Königliche Akademie.

Hinter dieser weitgehend systematischen Beziehung soll jedoch auch diese ganze Reihe der historischen Determinationen akzentuiert werden, die durch die dynastischen Kriege des Jahrhunderts, praktisch und aktualisierend, durch den „Imperialismus“ jener Zeit in Bewegung gebracht wurde. Dieser brutale Kampf der damaligen Grossmächte soll in diesem Versuch aktuell nur als Hin-tergrund da stehen, vielleicht trägt er sogar auch dazu bei, diewirkliche aufklä-rerische Arbeit der Königlichen Akademie in dieser Beleuchtung noch höher einschätzen zu können.

H. D. Kittsteiner, ein Schüler von Koselleck, interpretiert die hundert Jahre zwischen 1750 und 1850 als die„entscheidende Periode“im Übergang in die Mo-derne.6Dies ist wieder eine Dimension, die sowohl die Preisauschreibung wie

5 Adornos und Horkheimers klassische Dialektik der Aufklärung (geschrieben 19391944, Erstauflage: 1944) sei ein Hinweis auf diesen Zusammenhang. Vgl. dazu noch Endre Kiss:

Against New Metaphysics. Studies on Positive Metaphysics and Everyday Consciousness. Cux-havenDartford 1996.

6 Um die Zeitspanne zwischen dem 17. Jahrhundert und der Gegenwart zu gliedern, würde ich zwischen einerStabilitätsmoderne, einerdynamischen Evolutionsmoderneund einer he-roischen Moderne unterscheiden; alle drei Begriffe beziehen sich auf die Stellung zur Ge-schichte und zur historischen Zeit. Dabei wird dieStabilitätsmodernein der Mitte und der 2.

Hälfte des 17. Jahrhunderts, dieEvolutionsmoderneder von R. Koselleck so benannten Sattel-zeitzwischen 1750 und 1850, und dieheroische Moderneder 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts und dem frühen 20. Jahrhundert zugeordnet. Zu allen diesen Zeitspannen ist der Blick auf die Geschichte je verschieden, weil ihre Verlaufsform sich jeweils anders darstellt. Soweit nun Alle-gorie und Geschichte miteinander in Verbindung stehen, werden sich auch Form und Funktion

auch Friedrichs vielfache Rollen wieder anders profilieren kann. Dies ist somit auch eine ArtStart der theoretisch aufgefassten Modernisierungin Deutschland.

Uns scheint, dass die Königliche Akademie, zum Teil auch die konkrete Preisausschreibung des Jahres 1761 (auch im direkten Kontext der europäischen Kriege) in einigen Zügen auch zur Deutung der durchaus viel interpretierten historischen Gestalt Friedrichs beitragen können. Die Gestalt Friedrichs weist in der Interpretation vielfach direkt theoretische Dimensionen auf, wir kennen mehrere Dutzend sehr ernstzunehmende und struktur-typologisch relevante In-terpretationen, die nahtlos in die umfassendere Diskussion über die Eigenart der deutschen Geschichte eingegangen sind.

Zum Bild Friedrichs, das ja stets von der Gleichzeitigkeit von rationalen und irrationalen Schwerpunkten zusammengesetzt wird, bringt die Institution der Königlichen Akademie (zu seiner Zeit) einen relevanten Zug mit herein, der einen neuen Einblick in seine Eigenart gewähren könnte. Die entscheidende Frage ist, wen Friedrich in dieser Stellung letztlich vertrat? Für welche ökume-nische Ziele mobilisierte er seine Aufklärung? Diese Frage ist entscheidend, denn unter allen Formen und Typen der Philosophie war es gerade die Aufklä-rung, die von Anfang an sich extrem teleologisch und finalistisch verstand (was auch zur Anfangs aufgeworfenen Problematik der Linearität hinführte).

Es wäre möglich, eine sehr breite Identität Friedrichs von seinem Ver-ständnis von Aufklärung heraufzubauen. Es ist aber nicht unbedingt erforder-lich. Denn die aufklärerischen Anstrengungen Friedrichs führen auf kürzerem oder längerem Weg immer zu Friedrich selber zurück, ihre Früchte haben die Mission, den historischen Akteur und Helden Friedrich in seinem Kampfe zu bestärken.7

Derselbe Zusammenhang zeigt sich ausnegativerSeite vielleicht noch deut-licher. Es scheint wie eine absichtliche Zuspitzung der bekannten Tatbestände, wenn festgestellt wird, dass Friedrich nicht unmittelbar von den Interessen der gesellschaftlichen Entwicklung, nicht unmittelbar von denen der Kultur, auch

der Allegorie verändern.Vgl. H. D. Kittsteiner: Die geschichtsphilosophische Allegorie des 19.

Jahrhunderts. In: Willem van Reijen: (Hg.): Allegorie und Melancholie. Frankfurt am Main 1992, S. 156.

7Weniger politisch, vielmehr historisch und philosophisch formuliert Ernst Troeltsch diesen Tatbestand wie folgt:Die Akademie ist eine Willkürschöpfung des Königs doch mehr in der unbedingten Unterwerfung ihrer Leitung unter Maupertuis, dAlembert und Condorcet. . .“

Ernst Troeltsch, Adolf Harnack: Geschichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissen-schaften zu Berlin. 3. Bände (1900). In: E. Tr., Rezensionen und Kritiken (19011904). Berlin, New York 2004, S. 122.

nicht einer allgemeinen Modernisierung, auch nicht einer hinter ihm stehenden Elite oder politischen Klasse geleitet wurde.8

Das Ziel Friedrichs ist Friedrich selber, es ist sogar durchaus problematisch, für diese reine Form des reflektierten und bewussten Absolutismus einen rele-vanten begrifflichen Rahmen zu finden. Diese Identifizierung der Aufklärung mit der Person selbst kann nur verständlich sein, wenn man auch noch den

„Staat“ als letzten Bezugspunkt der eigenen Identität hinzusetzt.9 In dieser quasi-strukturellenGegebenheit gehen die vielfältigen Facetten der aufgeklärten Rolle und der Persönlichkeit voll ineinander über.

Jegliche bisherige relevante Interpretation von Friedrich begründete eine je andere Interpretation der deutschen Geschichte.10Der Konflikt zwischen Voltaire

8 Zu dieser Negativität, d. h. den fehlenden positiven Bezugspunkten liefert Lessings Brief an Nicolai (am 25. August 1769) einen orientierenden Beitrag. In ihm betont er, dass die

Berliner Freiheitsich letztlich darauf beschränkt, der Religion gegenüber alle möglichen Scherze zu ermöglichen. Vgl. Gotthold Ephraim Lessing: Werke und Briefe in 12 Bänden. Hg.

von Wilfried Barner und andere. Frankfurt am Main 19852003, hier: Bd. 11/1, S. 622.

9 Auch in den 60er Jahren blieb Friedrich auf der ständigen Suche nach neuen Führungsper-sönlichkeiten der Akademie, und in dieser Suche dehnte sich sein Interesse tatsächlich auf erstaunlich breite Kreise aus. Es änderte aber am Wesen der Situation wenig; für die Gesamt-interpretation der deutschen Aufklärung dürfte einleuchtend gewesen sein, wie seine Kommu-nikation mit Winckelmann ablief. Vgl. Adolf Harnack: Geschichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Im Auftrage der Akademie bearbeitet von Adolf Har-nack. Ausgabe in einem Bande. Berlin 1901, S. 360.Friedrich teilte übrigens dAlemberts Po-sition,dass man eine Akademie lieber spärlich als mit wenig tauglichen Gelehrten besetzen solle. (Ebd., S. 275.)Ein weiteres Moment dieses durchaus relevanten und nicht mit ideolo-gischen Vorurteilen zu erforschenden Komplexes ist auch, wenn Wolff bei diesen Verhandlun-gen auf das Dilemma einging, er wolle sich nichtan der Ausbildung von Militärpersonen beteiligen. Vgl. Erich Donnert: Die Reorganisation der Berliner Akademie der Wissenschaften und Christian Wolff zu Beginn der vierziger Jahre des 18. Jahrhunderts. In: Sborník prací Filo-zofické fakulty brněnské univerzity. C,Řada historická. 1980, vol. 29, iss. C27, S. 115.Zur wei-teren Orientierung s. Iwan-Michelangelo DAprile: Friedrich und die Netzwerke der Wissenschaften. In: http://www.perspectivia.net/publikationen/friedrich300-colloquien/fried rich-kulturtransfer/daprile_netzwerke.

10 Wir deuteten bereits an, dass Friedrichs Gestalt eine selten markante und scharfe geschichts-theoretische Relevanz hat. In der Tat weisen erstaunlich viele relevante Studien, grösstenteils Mo-nographien diese Relevanz von ihrer eigenen Perspektive aus auf. Vgl. Karl Otmar von Aretin:

Friedrich der Große. Größe und Grenzen des Preussenkönigs. Bilder und Gegenbilder. Freiburg im Breisgau 1985; Rudolf Augstein: Preußens Friedrich und die Deutschen. Frankfurt am Main 1968;

Thomas Carlyle: Friedrich der Große. Berlin 1917 (1. Ausgabe: 1858); Endre Kiss: Történelemelmé-let és aktualizálás. Viták Nagy Frigyesről [Geschichtstheorie und Aktualisierung. Diskussionen über Friedrich den Grossen]. In: Világosság 28 (1987), Nr. 89, S. 572579; Thomas Babington Ma-caulay: Friedrich der Große. Ein historischer Essay. Berlin 1971 (1. Ausgabe: 1859); Franz Mehring:

Die Lessing-Legende. Gesammelte Schriften. Band 9. Hg. von Th. Höhle u.a. Berlin 1963; Theodor

und Friedrich war deshalb ein doppelter, einerseits zwischen dem Philosophen und dem König der Aufklärung und andererseits zwischen dem König und dem Philosophen Friedrich, der in dieser Situation sich nur mit der einen Rolle begnü-gen musste. Der in dieser Auseinandersetzung innewohnende dritte Konflikt wird dann erst in der Französischen Revolution voll ausbrechen, und zwar der zwischen Aufklärung und Absolutismus.

Ganz allgemein kehrt auch der derzeitige Zustand der rationalistischen und der empirischen Philosophie in ihrer Relation in den Hauptzügen der Ge-schichte der Akademie wieder, auch wenn sich, wie es schon betont wurde, die direkte Ebene der Diskussion einerseitskonkret um die Leibniz-Tradition und die mögliche Rolle von Christian Wolff und andererseitsallgemeinum die An-näherung des rationalen Denkens an diepraktischen Dimensionen der Ethik (und hinter ihr der Theologie) drehte. Die Bedeutung der Preisfrage ist aber ty-pologisch relevant gerade wegen des Schattens der Rationalismus-Empirismus-Kontroverse, dem auch die inkommensurable Teilnahme von Kant zu verdan-ken war.11

Mit dieser Fragestellung traf also die Akademie, Sulzer, vielleicht auch Friedrich selber, ins Schwarze. Die hervorgehobene Bedeutung bestand konkret darin, dass es also noch möglich schien, dass die rationale Metaphysik jene Selbstverständlichkeit wieder erreicht, die sie in vergangenen Jahrhunderten noch inne hatte.

Dieser philosophische Augenblick erschien auch parallel zu jener„linearen“ Hauptströmung, die Herder in der Richtung der„Zwischen-Aufklärung“zwar gerade modifizierte, ohne ihre grundsätzliche Relevanz in Frage gestellt zu haben. Der Empirismus eroberte nämlich die in ideologisch-weltanschauli-cher Sicht allerwichtigsten Schlüsselwissenschaften noch nicht (wie wir auch sehen werden, sogar der damals aufkommende Skeptizismus gesellte sich noch nicht zu dem Empirismus, sondern zu dem den Empirismus bekämpfen-den Rationalismus). Die rationale Metaphysik kann in ihrer vollständigen Form immer kompatibel mit der Religion bleiben, und eine von der Tradition herkommende rationale Metaphysik, die sich selbst noch der Aufklärung

Schieder: Friedrich der Große. Ein Königtum der Widersprüche. Frankfurt am Main 1983; Werner Schneiders: Die wahre Aufklärung. Zum Selbstbewusstsein der deutschen Aufklärung. Freiburg/

München 1974; Eduard Spranger: Der Philosoph von Sanssouci. Heidelberg 1962; Wilhelm Treue:

Preußens großer König. Freiburg 1986.

11 Wir könnten in diesem Zusammenhang etwa auch fragen, ob Friedrichs Anti-Machiavell eher rational oder empirisch gewesen sei, darüber ganz zu schweigen, dass der damalsneue Skeptizismus sich gerade zwischen den beiden grossen Richtungen profilierte und sich nicht zwischen denen entschieden hat.

gegenüber offen zeigen konnte, wäre wirklich eine bestimmende Lösung in den Prozessen der Aufklärung.12

Dass die Führung der Akademie voll in die Hände Friedrichs überging, gilt als eine sehr vielschichtige und komplexe Tatsache. Einerseits kann es als ein Be-weis für die spezifische preussische Entwicklung angewandt werden und da-durch dieses Bild von Mehring zu Augstein da-durchaus unterstreichen (s. dazu die in der Anm. 9. angeführten Werke). Andererseits gab diese Situation Friedrich eine wohl einmalige Macht, um Wissenschaft zu organisieren. Die Geschichte

Dass die Führung der Akademie voll in die Hände Friedrichs überging, gilt als eine sehr vielschichtige und komplexe Tatsache. Einerseits kann es als ein Be-weis für die spezifische preussische Entwicklung angewandt werden und da-durch dieses Bild von Mehring zu Augstein da-durchaus unterstreichen (s. dazu die in der Anm. 9. angeführten Werke). Andererseits gab diese Situation Friedrich eine wohl einmalige Macht, um Wissenschaft zu organisieren. Die Geschichte