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zur Analyse von Wortbildungserscheinungen in der Mundart

1. Je d e n atü rlich e S prache ist ihrem W esen nach als ein heterogenes G ebilde zu betrachten und zudem auch variabel. Es geht um je n e inhärenten E igenschaften der natürlichen Sprache, die bei d er B esch reib u n g einer S prache/V arietät unum gänglich in R echenschaft gezogen w erden m üssen. D urch die H eterogenität und d ie V ariabilität entsteht zw ar eine erhebliche K o m p le x itä t im A n a ly s e v o rg a n g , g le ic h z e itig w ird ab e r d a d u rc h d ie V ita litä t und F u n k tio n stü c h tig k e it d er betreffenden S prache/V arietät signalisiert und in einem gew issen S inne auch garantiert.

D er vorliegende Beitrag will einen in der ungarländischen D ialektforschung bislang ziem lich vernachlässigten B ereich, den d er dialektalen W ortbildung, bzw . deren m ethodologische F ra g en , a n s c h n e id e n . D ie s e s F o rsc h u n g sth e m a so w ie an d ere aus d em sy n ta k tisc h en , lexik alisch en und p h o n etisch en B ereich lassen sich in die R eihe je n e r dialektologischen U n tersu ch u n g en ein o rd n en , d ie vom Ju b ilar in seiner B udapester W erkstatt schon seit m ehreren Jah rzeh n ten v o rangetrieben w erden.

D as U ntersu ch u n g sp h än o m en S prache, ob das nun die S tandardvarietät, eine regionale V arietät o d er eben eine n ur m ündlich existente V arietät einer S p rachgem einschaft oder kleineren S prach g ru p p e ist, w ird im m er als offenes, sich ständig änderndes und keinesfalls h o m o g e n e s S y s te m b e tra c h te t, d a s v o n v ie le n in n e r- und a u ß e r s p ra c h lic h e n , vo n kom m unikativ, sozial und situativ bedingten F aktoren bestim m t wird. Insbesondere gilt dies für das S ystem d er M undarten: „ ... je d e gram m atische D arstellung ein er natürlichen Sprache steht vor der unlösbaren A ufgabe, w ie zeitliche, soziale und geographische V arianten innerhalb ein es S p rach sy stem s zu beschreiben sind.” (T atzreiter 1988: 71).

F ür eine g leichgestellte B ehandlung der M undart plädiert H utterer in seinen „Sieben Thesen zur D ialek tfo rsch u n g ” , die bis heute nichts von ihrer A ktualität eingebüßt haben. E indeutig w ird dies in d er zw eiten T h ese ausform uliert:

daß die Mundart über ein eigenes System verfügen kann - und im Falle des Deutschen auch verfügt - und somit sich nicht einmal von den strukturellen Untersuchungen ausschließen läßt. Die Mundart ist demnach ein in sich faßbarer, auch nach ihrem eigenen System erklärbarer Komplex, mit einem strukturalistischen Terminus: ein eigenständiges Korpus, dessen Erforschung letzten Endes auch methodologisch der Erforschung sonstiger Korpora ähnlicher Rangordnung gleichgesetzt werden kann (Hutterer 1991: 55).

D as E rfo rsch en der H etero g en ität und V ariabilität einer sprachlichen E rscheinung in den D ialekten stellt den F orsch er/D ialek to lo g en bei der U ntersuchung und auch B eschreibung

seines F orsch u n g sg eg en stan d es, bzw . bei der B eschreibung d er einzelnen S prachebenen der M undarten, vor erhebliche Schw ierigkeiten. In der vorliegenden E rörterung sollen einige S c h w ie rig k e ite n m e th o d isc h e r A rt, n am en tlich die bei d e r W a h l d e r en tsp re c h e n d e n U n tersuchungsm ethoden angesprochen w erden.

2. In der ungarndeutschen D ialektforschung w urde in dialektologischen Forschungsarbeiten und w issen sch aftlich en U ntersuchungen d er Frage d er M ethoden und d er M ethodenw ahl, bis in d ie letzte Z eit, nich t allzu viel bzw . fast keine A ufm erksam keit geschenkt. In den zu dialektologischen T h em en entstandenen A rbeiten orientierte m an sich in d er R egel an den m ethodischen V orgehens w eisen d e r internationalen und heim ischen F o rsc h u n g sliteratu r.1 Jeder F o rsch er erarb eitet(e) selbst für sein F orschungsgebiet eigene, a u f das betreffende G ebiet und a u f seinen F o rschungsgegenstand zugeschnittene M ethoden, d och es fand d azu kein öffentlicher Erfahrungsaustausch und auch keine w issenschaftliche A useinandersetzung F orschungssituation des untersuchten B ereichs. Selten findet sich je d o ch ein N äherkom m en der M ethoden, oder eine Integration beider genannten A nsätze. A u f die konkreten M ethoden bezogen verläuft die T rennung zw ischen d eskriptiver und soziolinguistischer V erfahren folgenderw eise: Bei d er B eschreibung einzelner system linguistischen E rscheinungen, w ie z.B. flexionsm orphologischer Fragen, syntaktischer Fragen o der W ortschatzfragen, w erden e h e r s tr u k tu r e ll- ta x o n o m is c h e V e r fa h r e n b e v o r z u g t; b e i h a n d lu n g s o rie n tie r te n F ra g e s te llu n g e n z.B . d e s d ia le k ta le n S p ra c h g e b ra u c h s , d e r S p ra c h k o m p e te n z , d e r S pracheinstellungen, greift m an eher zu den gängigen soziolinguistischen M ethoden.

Im F olgenden m öchte ich a u f die V or- und N achteile von einigen M ethoden eingehen, die m .E. auch fü r w o rtb ildungsdialektologische U ntersuchungen verw endet w erden können.

D er grundsätzliche A usgangspunkt ist, dass die m eisten dialektalen U ntersuchungen, so auch eine U ntersuchung der dialektalen W ortbildung, ohne Korpus - und in A nbetracht einer fehlenden S chriftlichkeit d er D ialekte, auch ohne S precher - nicht v orstellbar ist. D ie U ntersuchungsgrundlage m uss vor allem eine solide M aterialbasis sein, die zur A nalyse der W ortbildungsarten und W ortbildungsprozesse konkrete Belege liefert. D ie B elegsam m lung entsteht durch die gründliche A nalyse und Auswahl gesprochener Texte, die von native Speakern gesprochene M undarttexte sind. Hierbei tauchen gleich mehrere Fragen auf, deren Beantwortung in K enntnis der kom plexen Situation der Sprachinselm inderheiten gar nicht so leicht ist. W er gilt überhaupt als native Speaker? Ist ein native Speaker etw a identisch m it einem idealen D ialektsprecher? O der ist gar je d er D ialektsprecher ein native Speaker? Es kann die Frage üb erhaupt auch so g estellt w erden: G ibt es heute noch ideale D ialek tsp rech er in einer Sprachinselsituation? E s ist nicht Ziel dieses A ufsatzes, diese Fragen zu beantw orten, doch will dam it angedeutet w erden, dass bereits die Erstellung eines Belegm aterials m it erheblichen R eliabilitätsfragen verbunden ist.

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'V g l. dazu die auch in Ungarn in den letzten Jahren erschienenen Werke, wie W ardhaugh (1995), die entsprechenden Kapitel zur M ethodik in Kiss (1995) bzw. zur M ethodik der Erforschung der Zw eisprachigkeit in Bartha (1999).

G ew iss ist, dass je d es erhobene sprachliche M aterial „nur” ein R egister der G ew ährsperson repräsentiert, ein R egister, das durch diastratische und vielm ehr d iasituative P aram eter eingeordnet ist, und es ist auch Tatsache, dass jed er Sprecher, auch D ialektsprecher, über m ehrere R egister verfügt.

D ie oben g estellten F rag en führen uns zu ein er nächsten F rage, nam entlich, w ie und m it w elchen M eth o d en so eine M aterialbasis (B elegsam m lung) erstellt w erden kann.

G rundsätzlich kann bei U ntersuchungen d er einzelnen S prachebenen in den D ialekten auf vorhandene, bereits p ublizierte K orpora,2 bzw. a u f nicht publizierte, doch in D issertationen3 erschienene K o rp o ra zurückgegriffen w erden, d ie eine gute B elegquelle bieten. D abei spielt d ie Z e it d e r A u f n a h m e n d e r K o rp u s b e le g e e in e w ic h tig e R o lle . E s is t n ä m lic h G r u n d v o r a u s s e t z u n g , d a s s a u f d e n Z u s ta n d d e r G e g e n w a r ts s p r a c h e e i n e r S p rach g em ein sch aft bezogene U ntersuchungen w om öglichst nicht anhand älterer und alter sprachlicher B elege vorgenom m en w erden sollten. D ie objektive D arstellung eines aktuellen S prachzustandes soll und m uss a u f d er F olie von aktuellen B elegen und T exten erfolgen.

In der Dialektsoziologie ist die Unterscheidung zwischen quantitiven und qualitativen M ethoden bekannt und geläufig. Zu den ersteren gehören die sog. harten M ethoden, jene, bei denen die gesam m elten D aten und Angaben quantitativ, also statistisch ausgewertet werden können4 und die über eine Reliabilität verfügen. Dazu eignen sich am besten die Fragebogenerhebungen.

D iese M ethode scheint nur au f den ersten Blick einfach zu sein, in W irklichkeit ist es eine recht komplizierte M ethode, deren Vorbereitungsphase mindestens so viel Zeit, wenn nicht mehr, in A nspruch nimm t, als die Auswertungsphase. A uch innerhalb dieser M ethode gibt es zahlreiche Arten. Bei m einen U ntersuchungen zu den dialektalen W ortbildungserscheinungen habe ich mit der Interview-Methode sowie m it zwei Arten von Fragebogen gearbeitet.5 Die Interviews benötigte ich zur G ew innung von W ortbildungen in einem gesprochenen mundartlichen Text.

B ei d er Interview -M ethode ist je d o c h d am it zu rechnen, dass die P räsenz des Forschers, des E xplorators, die n atürliche K om m unikationssituation - sei das auch eine gew öhnliche L ebenssituation - im m er stört. V on vielen w ird die M einung vertreten, dass Interview s zur E rhebung norm alsprachlichen M aterials ungeeignet seien, doch - aufgrund der E rfahrungen in U ngarn - scheint diese M ethode bei den S prachinselm inderheiten erfolgreich angew endet w erden kön n en , w eil G ew ährspersonen viel m ehr bereit und o ffener sind, frei über ein selb stg ew äh ltes T h em a zu sprechen, als sich ein er zeitaufw endigen, nach b estim m ten, vorgegebenen F ragen erstellten F ragebogenuntersuchung zu stellen.

A uch der psychische Effekt fällt für die erste M ethode positiver aus als für die zweite. Ein weiterer Vorteil des Interviews ist, dass man verhältnismäßig zusamm enhängende Texte erheben kann, die auch einen E inblick in den them enabhängigen W echsel der V arietäten des Sprechers e rm ö g lic h e n . A lle rd in g s is t d a m it zu re c h n e n , dass d ie A n a ly se bzw . A u sw a h l d er entsprechenden B elege aus dem T ext eine zeitintensive Phase der F orschung darstellt.

Ein V orteil von gut zusam m en gestellten Fragebogenuntersuchungen ist ihre im allgem einen g e n a u e u n d o b je k tiv e A u s w e r tu n g s m ö g lic h k e it. E s g ib t b e s tim m te B e re ic h e v o n

S prachkom petenz d er G ew ährspersonen, die m it der F ragebogen-M ethode sehr gut erhoben w erd en k ö n n e n . In m e th o d is c h e r H in sic h t p ro b le m a tis c h e r e rw ie s sic h ein z w e ite r F ragebogen, d e r die S am m lung von dialektalen W ortbildungsbelegen erzielte.

K einer von den beiden verw endeten F ragebogenuntersuchungen w ar unkom pliziert. Bei dem ersten F ragebogen m usste d ara u f geachtet w erden, dass keine suggestiven, die A ntw ort d er G ew äh rsp erso n in irgendeiner W eise beeinflussenden F ragen gestellt w erden, zum anderen w ar auch w ichtig, dass durch die allzu offenen F rag en d ie A usw ertu n g seh r schw ierig w erden konnte. D ennoch scheint m it einem F ragebogen zur S prachkom petenz eine solide G rundlage für den H intergrund der sprachlichen D aten gesichert zu sein.

D a für je d e F orm d er gesprochenen S prache die Paraphrasierungen und auch ein bestim m tes M aß an R edundanz typisch ist, konnten durch die im V orfeld aufgenom m enen Interview s (freie E rzählungen und G espräche m it G ew ährspersonen über beliebige T hem en) nicht g enügend W o rtbildungsbelege erhalten w erden. So w urden im zw eiten F ragebogen Fragen verschiedenen T y p s gestellt, z.B. w urde ein gebildetes W ort um schrieben, bzw . es w urde d er B e g riff in u n g a risc h e r S p ra ch e an g e g eb e n , o d er es so llte in e in em K o n tex t ein e N om inationslücke gefüllt w erden. D ie Fragestellungen standen unter m einen V orannahm en, die a u f m einen bisherigen allgem einen E rfahrungen und V orkenntnissen über die dialektale V arietät basierten.

In vielen F ällen kon n te ich auch die erw arteten A ntw orten nicht b ekom m en, d.h. die betreffende W ortbildung „kam nicht” von der nach A lter, G eschlecht, sozialer S chichtung ausgew ählten G ew ährsperson.

W enngleich in d er d ialektsoziologischen F achliteratur die teilnehm ende B eobachtung als

„so fte” und um strittene M e th o d e6 erachtet w ird, betrachte ich diese - au fgrund m einer Erfahrungen in der Feldforschung - als eine wichtige, nicht ignorierbare M ethode bei der Erforschung von M inderheitensprachen, denn sie ist „gut geeignet, um 1. m öglichst natürliches und 2. schw er zugängliches Sprachm aterial zu erhalten” (Schlobinski 1997: 51).

A uch H utterer plädiert fü r die R elevanz dieser M ethode: „Infolge d er im Idealfall absoluten D ich te d e r F o rsc h u n g sp u n k te ko m m t in d e r S p rach in sel dem d u rch B e o b ac h tu n g zu erhebenden S p o ntanm aterial ein größeres G ew icht zu, als dies bei G roßatlanten m öglich ist” (ders. 1991: 108). A uch w enn diese D ichte d er F orschungspunkte schon lange nicht m ehr gegeben ist, kann m an die B eobachtung als eine kom plem entäre M ethode zu anderen betrachten, so zu d er o.g. F ragebogenerhebung. So heißt es an ein er anderen S telle bei Hutterer: „ Die M ethode der B eobachtung eignet sich zw ar am besten zur System forschung, d.h. als F o rsc h u n g sm ittel d er D ialek to lo g ie, d och ist sie seh r ze itin ten siv ” (eda. 109).

Je d e n fa lls sp ric h t d ie E rfa h ru n g d afür, dass sie se lb st zur E rh e b u n g g ra m m a tisc h e r E rscheinungen in S prachinseln sehr gut geeignet ist, weil sie viele w ertvolle E rkenntnisse und E rfahrungen über konkrete spontane W ortform en und W ortbildungen liefert, auch viele - b ereits erh o b e n e - D etails ins rec h te L icht rücken kann. E in g ro ß er N achteil b leib t allerd in g s ihre A u sw ertu n g , die äu ß erst zeit -u n d e n e rg iea u fw en d ig ist. B e o b ach tete sp rac h lic h e P h än o m en e m üssen zu n äch st sorgfältig so rtiert (z.B . in d iesem F all nach W ortbildungsart, W o rtbildungsbedeutung) und in das G esam tkorpus in tegriert w erden.

E ine w eitere S chw äche zeigt sich u.a. auch darin, dass die R olle des B eobachters in dieser

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‘ Z.B. bei Jodlbauer (1993).

eigentlich aus d e r E thn o g rafie stam m enden M ethode um stritten bleibt. D er E xplorator wird näm lich selbst T eil d er beobachteten Situation, des G esprächs, zum anderen aber darf/soll e r die S ituation, das G espräch keinesfalls durch seine A nw esenheit beeinflussen. In m anchen Situationen ist dies nicht durchführbar. Bei einer teilnehm enden B eobachtung zur E rhebung d e s S p ra c h g e b ra u c h s e in e r S p ra c h m in d e rh e it k ann m an w ohl e in e p a s siv e S tellu n g einnehm en, d och k ann m an dies nicht tun, w enn m an als teilnehm ender B eobachter an O rt und S telle auch m al V ergew isserungsfragen stellen m uss, w odurch m an w ichtige D etails, z.B . ü b er S prach b ew u ssth eit, erfahren kann.

A ls eine w eitere w ich tig e E rgänzung d er erw ähnten M ethoden erachte ich das zu den einzelnen A u fn ah m esitu atio n en , bei der Fragebogenbefragung, bei Interview s, und auch bei d er teiln eh m en d en B eobachtung erstellte Protokoll.

Die in kleinen D etails zusam m engetragenen Daten, W ortbelege und H intergrundinform ationen m üssen geordnet, dann m iteinander korreliert werden und zuletzt in einen Zusam m enhang gestellt w erden, dam it sie eine kohärente M ethode ergeben. So wurde aus m ethodischer Sicht d ie A u fn a h m e s itu a tio n als T e il d e r H in te rg ru n d in fo rm a tio n e n , zu e in e m w ic h tig e n E influssfaktor auf das Sprachverhalten der G ew ährspersonen. D ie anfangs w ahrnehm bare Gespanntheit der Aufnahm esituation w ar u.a. aus der nicht-alltäglichen Situation (Vorbereitung d er technischen A ufrüstung, A ufnahm egerät usw .) herzuleiten. D och auch nach längeren G esprächen konnte w ahrgenom m en werden, dass besonders M änner - ungeachtet ihres sozialen Status - gerne ihren Sprachregister w echselten. Sie w aren sichtlich bestrebt, sog. hochdeutsche W örter in ihr G espräch einzubauen (vgl. Bebauung, das in der M undart kein übliches W ort ist), oder sie versuchten oft ungarische W örter ins D eutsche zu übersetzen. Die auf diese W eise

„entstandenen” W örter verdanken ihr D asein allein der Situation (Eingetalti - als einfache Ü bersetzung aus dem U ngarischen beosztottak). In A nbetracht der Situationsaspekte kann in solchen Fällen auch eine V orselektion der „kreierten” W örter nötig werden.

Z u s a m m e n f a s s e n d z u r M e th o d e n w a h l k a n n f e s tg e s te llt w e r d e n , d a s s e s k e in e A u sschließlichkeit d er einen o d er anderen M ethode zu geben scheint, sondern entsprechend d er je w e ilig en F orschungssituation und dem je w e ilig en U ntersuchungsgegenstand eine K om bination bzw . eine spezifische A nordnung d er bew ährten M ethoden in d er gegebenen S ituation an zu streb en ist.

3. In seinem A u fsatz ü b er den S tatus der D ialektbeschreibung im B ereich M orphologie stellt T atzreiter (1994: 30 ff.) aufgrund des Stands der 80er bis M itte der 90er Jahre eine T ypologie d er m orp h o lo g isch en A rbeiten hinsichtlich d er verw endeten M ethode auf. Im S inne d ie ser E in te ilu n g k ann m an im dialektologischen B ereich ü b er 1. registrierend- deskriptive, 2. über taxonom isch-strukturell orientierte A rbeiten sprechen oder 3. über die, etw a in den letzten 20-25 Jahren erschienenen, m odifizierend-generativ angelegten A rbeiten.

D ie durch d ie Sprachtheorie angeregten neueren Richtungen in der sprachw issenschaftlichen B e sc h re ib u n g d e r zw e ite n H ä lfte d e s 20. Ja h rh u n d e rts h ab e n te ilw e ise auch in d er D ialektologie ihren N ied ersch lag in F orm eines neuen B eschreibungsansatzes7 gefunden.

E s w erden m oderne linguistische M ethoden a u f ein S prachsystem oder a u f die M undart eines B elegortes angew endet, d er soziolinguistisch als D ialekt gilt. D enn es soll keinesw egs

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7 A usschlaggebend sind die A rbeiten von Harnisch (1987) und Rowley (1993).

in A brede gestellt w erden, dass die in der D ialektologie gut bew ährten O rtsgram m atiken w eiterhin ein interessantes T errain für die E rprobung m ethodischer N euerungen bilden und g leichzeitig auch allgem einlinguistisch interessante E rkenntnisse zu dem analysierten sprachlichen P hänom en liefern. Ü b er die unentbehrliche R olle d er O rtsgram m atik in der h e u tig e n d ia le k ta le n F o rsc h u n g h e b t D ie te r S te llm a c h e r vor: „D ie d ia le k to lo g isc h e F orsch u n g sg esch ich te hat je d o c h erw iesen, dass die O rtsgram m atik nicht nur in der areal ausgerichteten D ialektgeographie einen Platz hat(te), sondern sehr w ohl auch in der vertikal bestim m ten S o zio lin g u istik ” (1989: 431).

D och in sg esam t - das stellt T atzreiter (1994: 32) fest - gibt es eine relativ geringe Zahl von m orphologischen U ntersuchungen und auch diese beschränken sich größtenteils au f die sog. klassischen P roblem e d er W ortartenabgrenzung, der P luralform en und d er V erbflexion.

W ährend die phonetischen Erscheinungen der einzelnen Dialekte in ihrer Vielfältigkeit reflektiert wurden und werden, syntaktische Forschungen auch im m er öfter fokussiert werden, sind jedoch die W ortbildungserscheinungen in den einzelnen M undarten bislang unzureichend erforscht.

An Ursachen, die hier als Erklärungsgrundlage dienen können, fehlt es wohl nicht. So wird immer wieder die M einung laut, dass man sich keine besonderen und neuen Forschungsergebnisse von einer solchen Forschung versprechen kann, zumal - wie das auch die spärlich vorhandene Forschungsliteratur auf deutschem Sprachgebiet zeigt - bislang keine völlig neuen, noch nicht bekannten oder gar auffallenden Wortbildungsmittel- und muster in den M undarten ermittelt werden konnten. Zum anderen scheint in Fachkreisen noch imm er die Annahm e zu herrschen, dass dialektale W ortbildung ausschließlich diachron angegangen werden sollte.

In A nbetracht d er v ielfältigen B eschreibungsm öglichkeiten d er W ortbildung kann je d o ch b eh au p tet w erden, dass W o rtb ild u n g sersc h ein u n g e n der M un d art nicht nur vor einem diachronen H in terg ru n d w ichtige sprachgeschichtliche E rkenntnisse liefern können, w ie d u r c h d ie B e s c h r e ib u n g d e r E n ts te h u n g d e r e i n z e ln e n A f f ix e u n d d e r e n B edeutungsentw icklung, sondern auch synchron gesehen ist die W ortbildung ein Spiegelbild der k o ntinuierlichen W echselw irkung von außerlinguistischen und system linguistischen F aktoren in S p rachkontaktsituation. W ie das bei W ilss - zw ar nicht a u f eine M undart, sondern a u f d ie S tandardvarietät bezogen - nachzulesen ist, dass

h ie r [d.h. in der W ortb ild u n g ] w erden die k om m unikativen B ed ü rfn isse einer Sprachgemeinschaft kristallisationspunktartig sichtbar. Diese kommunikativen Bedürfnisse sind an der außersprachlichen W irklichkeit oder der Lebenswelt orientiert. Zwischen außersprachlicher Wirklichkeit und sprachlicher Bewältigung dieser Wirklichkeit besteht eine Ursache/Folge-Beziehung, weil nämlich die für einen bestimmten Zeitraum maßgebenden referentiellen und soziokulturellen Ereignisse und Entwicklungen sprachliche Aktivitäten auslösen, die u.a. in der Dynamisierung der vorhandenen W ortbildungsm uster ihren Niederschlag finden [...] (Wilss 1986: 81).

Bezogen au f die dialektalen W ortbildungen heisst dies, dass die Sprachgem einschaft die in ihrem Leben w ichtigen soziokulturellen Ereignisse reflektiert, und diese dann ihren sprachlichen N iederschlag finden. D adurch entsteht eine sprachliche Form , die in gew isser H insicht von einer ursprünglichen Form abw eichen kann oder auch mit Hilfe nicht-nativer, hier ungarischer Elem ente, in dialektalen M atrix-W ortbildungsarten gebildet wird, z.B D er is reich wore, d er is zöldseghändler wore [D er ist reich geworden, er ist G em üsehändler geworden] und un no hem r noch am ol gefellebezt [und dann haben w ir noch einm al Berufung eingelegt]. Den

W ortbildungserscheinungen kam in den auf die Sprechsprachlichkeit begrenzten D ialekten in der bisherigen Forschungsliteratur eine ziem lich bescheidene Rolle zu. N eben den bereits erw ähnten U rsachen könnte zusätzlich eine andere hinzugefügt werden: Es geht um die herköm m liche A uffassung der Rolle und A ufgabe der W ortbildung in der D ialektologie.

In der Dialektologie überließ m an - bis in die letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts - die Erfassung der „begrifflichen Seite der W ortbildung” (vgl. Paul 1929: 23) den W örterbüchern, die den onom asiologischen Aufgaben gerecht werden mussten. Doch dabei war nicht nur die Inventarisierung kom plexer dialektaler Sprachzeichen eine zu lösende Aufgabe, die m ehr oder weniger gut von W örterbüchern geleistet werden konnte, sondern noch wichtiger war und ist die Berücksichtigung des morphologischen Aufbaus und die Bildungsweise dieser komplexen Zeichen einer M undart, m itsam t der diesen (gebildeten Wörtern) zugeordneten Funktionen. Hermann Paul plädiert für eine ganzheitliche Betrachtung von Form und Funktion in der Wortbildung:

Bei der Gruppierung müssen die gesamten möglichen morphologischen und funktionalen Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Ohne solche allseitige Berücksichtigung lässt sich, was besonders hervorgehoben werden muß, nicht ausmachen, welche Bildungsweisen in einer bestimmten Epoche noch lebendig sind, so daß sie zur Neuschöpfung von Wörtern verwendet werden können, und innerhalb welcher Grenzen. Dies ist eine Aufgabe der Wortbildungslehre,

Bei der Gruppierung müssen die gesamten möglichen morphologischen und funktionalen Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Ohne solche allseitige Berücksichtigung lässt sich, was besonders hervorgehoben werden muß, nicht ausmachen, welche Bildungsweisen in einer bestimmten Epoche noch lebendig sind, so daß sie zur Neuschöpfung von Wörtern verwendet werden können, und innerhalb welcher Grenzen. Dies ist eine Aufgabe der Wortbildungslehre,