F e stsch rift für K arl M anherz zum 60. G eburtstag
23vTsr
„und Thut ein Gnügen Seinem Ambt”
F estschrift für Karl M anherz zum 60. G eburtstag
H erausgegeben von M aria E rb, E lisabeth K nipf, M ag d o ln a O rosz, L ászló T arnói
MT AK
0 0 0 0 1 4 6 7 1 0
B udapest, 2002
B udapester B eiträge zur G erm anistik, B and 39
© bei den A utoren und H erausgebern
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ISSN 0 1 3 8 9 0 5 X ISB N 963 463 554 7
D ie R eih e B udapester B eiträge zur G erm anistik w ird herau sg eg eb en vom G erm anistischen Institut d e r E L T E T yp o g rafie, D ru ck und B indung: E F O N yom da, B udapest
M . T U D . A k A b f M U K Ö N Y V T A R A KänyvM tAr .
2>2Gl/ C2.
B udapest, 2002
ELTE Germanistisches Institut
H -1 1 4 6 B u d a p est, A jtö si D ü re r so r 19-21.
tel.: (+36 1) 2 5 1 -01-55 - fax: (+36 1) 343-23-11 e -m ail: g e rm a n istik @ m a ilb o x .h u - h ttp ://g e rm a n is tik .e lte .h u
V O R W O R T
TA B U L A G R A TU LA TO R IA I. SPR A C H W ISSEN SC H A FT
P éter Á cs/K atalin Jo b b ág y /H en rik J0rgensen:
Zu den m orp h o lo g isch en und syntaktischen A usw irkungen
d er S ch w a-A ssim ilatio n im D ä n is c h e n ... ... 19 M aria Erb:
Z ugew inn o der A bbau? - U ngarische L ehnw örter in den neueren deutschen
S prachinselm undarten von U ngarn bis 1945 ... 27 C saba Földes:
Z um bilingualen S prech- und G esprächsstil der U ngarndeutschen ... 43 K ároly G erstner:
D eutsche D ialek tersch ein u n g en in ungarndeutschen geographischen N a m e n ... 63 M ária G ósyr
D ie E rscheinung d er A k ze n tv e rsc h ie b u n g ... 71 R egina H essky:
V o rüberlegungen zu ein em W ö rterbuch d er ungarndeutschen M u n d a rte n ... 83 B orbála K eszler:
D ie M o d alität d e r N o m in a ls ä tz e ... ... 97 Jenö Kiss:
F ragen und A ntw orten im Spiegel einer dialektologischen U m frage in U n g a r n ...107 Elisabeth K nipf-K om lósi:
M ethodologische Ü berlegungen zur A nalyse
von W o rtbildungserscheinungen in der M u n d a r t...111 O ttó K orencsy:
Verbale Doppelpräfigierungen im Frühneuhochdeutschen und in der Gegenwartssprache 123
K laus J. M attheier:
S prachinseln als A rbeitsfelder. Zu den zentralen F orschungsdim ensionen
der E rfo rsch u n g d eu tsch e r S p ra c h in s e ln ... 135 E rzsébet M ollay:
Z ur K o nzeption des neuen N iederländisch-U ngarischen H a n d w ö rte rb u c h s...145 Judith M uráth:
F achw issen - eine K ernfrage bei fachlexikographischen E n tscheidungen ...153 István N yom árkay:
D eutsche W ö rte r und W endungen in den W erken kroatischer K lassiker.
D ie F u nktion der d eu tsch en W örter im D ram a von M iroslav K rleza „In A gonie” . . . 163 A ttila Péteri:
T h eo retisch e V o rü b erleg u n g en zu ein er kontrastiven S atzm odusforschung -
A m B eispiel d er d eu tsch e n und ungarischen Interrogativsätze ... 171 K urt R ein:
S p ra chinselforschung in B udapest heute. B ericht ü b er ein H au p tsem in ar
„S p rach in selfo rsch u n g ” an der E L T E B udapest W S 2001 ... 185 Im re Szigeti:
D ie dev erb alen -er-N o m in a des D eutschen - E ine konzeptuelle S tu d ie ... 191 R oberta V. Rada:
E uphem ism en in d e r politischen K o m m u n ik a tio n ... 213 K atharina W ild:
Z ur S tellung des F initum s in den „fuldischen” M undarten Südungarns ...225
II. L ITER ATU RW ISSEN SCH A FT A ndrás F. B alogh:
Die Kontexte der ungam deutschen Dramendichtung am Anfang des 19. Jahrhunderts . . 233 Á rpád B ernáth:
H andlungsm odelle zur E rklärung poetischer W erke. E ine U ntersuchung
des R om ans „U nd sagte kein einziges W ort” von H einrich B ö l l ... 245 Pierre Béhar:
K aiser R udolfs II. K reuzzug in U ngarn und die talism anische M alerei ...263 Z suzsa B ognár:
„G eist als H andw erk” . V ersuch eines Porträts von M ichael Jo se f E is le r ...273 H orst Fassei:
F orm en volkstüm lichen E rzählens in
den frühen P rosatexten von E lla T rie b n ig g -P irk h e rt? ...2 8 7
István Fried:
K arl G eorg R um y. E in .D e u tsc h u n g ar‘ an der G renze zw eier E p o c h e n ...303 Ju d it G era:
H ow did K arel van d e W o estijne read the E arly F lem ish P a i n t i n g s ? ...309 Z oltán K enyeres:
Ä sthetizism us un d E th iz is m u s ... 315 G ábor K erekes:
Erich M a ria R em arq u es D eutschlandzyklus ... 323 E rnő K ulcsár-S zabó:
W ie (u n )zu g än g lich sin d literarische „B ew egungsbilder” ? Z u r L esb a rk eit kin eto g rap h isch er T echniken
in d er L y rik zw isch e n A vantgarde und S p ä tm o d e r n e ... 333 A ndrás M asát:
D ialekte und V olksliteratur in S kandinavien im 19. Jahrhundert.
S prachliche K odes und literarische M a n ife s tie ru n g e n ... 343 A ntal M ádl:
L enau und d er T o k ajer W e i n ... 353 P éter M ádl:
M ehrfache S piegelung. N arration und F igurenstruktur
in Sven D elblancs „G u n n ar E m m anuel” ... 363 H ilda M erkl:
V ierhundertjährige N acht. G esichtspunkte zur B eurteilung
der gem einsam en dänisch-norvegischen L ite ra tu r...369 M agdolna O rosz:
R eiseabenteuer und intertextuelle S purensuche.
D ie A uflösung vorgegebener E rzählm odelle um die Jah rh u n d e rtw e n d e... 377 M ária Rózsa:
D ie „B ibliographie d er deutschsprachigen P resse U ngarns 1 8 5 0 -1 9 2 0 ”
in V o rb e re itu n g ... 389 A ugust Stahl:
B rieflektüre zw ischen T heorie und P r a x is ...399 F erenc Szász:
N ikolaus L enaus G edicht „D ie H eideschenke” ... 411 M ihály S zegedy-M aszák:
T ranslation and C anon F o r m a tio n ... 423 L ászló Tarnói:
„W onn ich von S tudirn aufhear, so bin ich kan Student,
und nix m eh r” . L u stig e B erichte eines T ölpels aus dem alten P e s t- O f e n ...4 2 9
P éter V arga:
„Du bist ein eh rlicher, g uter M ensch, hast ein trefflisches H erz
D ie F ig u r des ‘edlen Ju d e n ’in einem ungarndeutschen D ram a aus dem Ja h r 1806 . . 4 3 9 A ndrás V izkelety:
D rei d eu tsch e G ebetbuchhandschriften
eines u ngarischen F ranziskaners aus d er zw eiten H älfte des 18. J a h r h u n d e r t s ...4 4 7
m . G ESC H IC H TE - V O LK SK U N D E - SPRA C HPO LITIK K atalin A rkossy:
D ie B edeutung un d die heutigen M öglichkeiten d er K ulturtradierung
am B eispiel des u n garndeutschen V o lk s lie d e s ... 4 5 9 G yörgyi B indorffer:
D ie R olle d er G eschichte im Leben der U ngarndeutschen.
D as B eispiel von D unabogdány ... 4 6 7 M arietta B oross:
D ie P ester d eutsche G ä r tn e r z u n f t... 481 M árta Fata:
„D as längere geschäftslose H erum treiben hab ich satt“ - T ypologie
d er deutsch-ungarischen M igrationsbeziehungen im 19. J a h rh u n d e rt...491 T ibor Frank:
D ie A m erikanisierung B erlins nach dem Ersten W e ltk rie g ... 505 F erenc G latz:
D ie E uropäische U nion und die Sprachen: W eltsprachen, regionale
L ingua franca, M uttersprachen und die deutsche S p r a c h e ... 513 E rzsébet G yörgyi:
T irol - B aden - Pest. E gy polgárcsalád kapcsolata az ó h a z á v a l... 523 É va H. Balázs:
A B aranya-három szög (A v isszacsatolás m unkaanyaga 1 9 4 1 -b ő l)...5 3 5 P. M artin A nton Jelli:
S cham beker E rb e im S chw arzw ald: A us der A nsiedlungszeit
der Schw aben im O fn e r B e rg la n d ... 539 H ans-Jürgen K rum m :
D eutschunterricht in ein er m ehrsprachigen W elt - K onsequenzen
für die D eutschlehrerausbildung ... ...543 V ilm os V oigt:
F ragen d er Identität und der E thnizität in der V o lk sü b e rlie fe ru n g ...555 V ERZEIC HN IS D E R SCH RIFTEN V ON KARL M A N H E R Z ... 561
Vorwort
P ro fesso r K arl M a n h erz beging am 1. M ai 2002 seinen 60. G eburtstag. D iesen A nlass nahm en w ir als ein e M ö g lich k eit wahr, seine V erdienste und seine bisherige T ätig k eit zu w ürdigen.
Im R ahm en ein es k leinen F estaktes m it vielen K ollegen, M itarbeitern, W issenschaftlern aus b enachbarten B ereich en und F akultäten aus dem In- und A usland gratulieren w ir ihm h erzlichst und feiern m it ihm gem einsam diesen runden G eburtstag.
Z um G e b u rtsta g e n tsta n d a u c h d ie se F estsch rift, m it d e r d ie H e ra u sg e b e r so w ie die B eiträg erin n en und B eiträg er, den Jubilanten, Prof. D r. K arl M anherz, den D irektor des G erm an istisch en Instituts, den G erm anisten und D ialektologen, den D ekan, den K ollegen und F reund, in den v ie lfältig en A rbeitszusam m enhängen, ehren und beglückw ünschen m öchten.
D er vorlieg en d e B and soll auch die V ielfalt seiner A ktivitäten in fachw issenschaftlichen, w issenschaftspolitischen und gesellschaftspolitischen A rbeitsbereichen und die A usrichtung s e in e r E n e r g ie n z u r M i t g e s t a l t u n g , M itw ir k u n g u n d U n t e r s t ü t z u n g an d e n V eränderungsprozessen in Lehre und F orschung im H ochschulbereich der letzten Jahrzehnte in U ngarn, andeuten.
D ie w issen sch aftlich en W urzeln von K arl M anherz liegen in seiner V erbu n d en h eit m it d em U n g arn d eu tsch tu m des O fner B erglandes, w o er aufgew achsen ist. A ls treu er und e ngangierter S tudent hat er die S em inare von P rofessor C laus Jürgen H utterer zur deutschen D ialek to lo g ie eifrig besu ch t und hat sich dort - a u f A nregung seines P rofessors - der E rfo rsc h u n g d e r S p ra c h e u n d K u ltu r d e r d e u tsc h e n M in d e rh e it v e rsc h rie b e n . S ein e d ialek to lo g isch en und ethnografischen E rhebungen und die F eldforschung, die er bereits E n d e d e r s e c h z ig e r , A n fa n g d e r s ie b z ig e r J a h re d e s 2 0 . J a h rh u n d e rts in d e n vo n U n g a rn d e u tsc h e n b e w o h n te n O rtsc h a fte n d u rc h fü h rte , g a lte n als b a h n b re c h e n d und b eispielgebend für d ie nachfolgenden G enerationen von G erm anisten in diesem L ande. E r h a t als e rs te r in d ie se m B e re ic h je n e s o z io lin g u istisc h e n un d d ia le k tso z io lo g isc h e n M ethoden k en n e n g elern t und hierzulande eingeführt, m it denen im m odernen Z eitalter e in S p ra c h in se ld ia le k t, e in e g e s p ro c h en e S prache, d ie in ein so z iales U m fe ld stren g eing eb ettet ist, erfo rsc h t u n d beschrieben w erden konnte.
Seine D issertation zu m T h em a sprachsoziologische B eschreibung d er deutschen M undarten in W e s tu n g a r n w a r n ic h t n u r d ie e r s te ö f f e n t l i c h e V e r te id ig u n g m it e in e m
M in d erh eiten th em a an d er U ngarischen A kadem ie der W issenschaften, sondern sie galt zugleich als d ie erste größere sprachsoziologische A rbeit über die deutsche M ind erh eit in U n g arn sc h lec h th in . M it sein em so z io lin g u istisc h o rien tierte n H eran g e h en setzt K arl M anherz an d em d ialektgeografischen K onzept seines L ehrers C laus H u tte re r an und führt es - m it m o d ern en M eth o d en bereichert - w eiter.
S p ra ch e un d S p ra c h g e b ra u c h in M in d e rh e ite n situ a tio n ist fü r K arl M a n h e rz an den gesellsch aftlich en M enschen gebunden und in zeitliche, räum liche, gesch ich tlich e und s o z ia l e K o n te x t e e i n g e b e t t e t . D ie O r g a n is a tio n s f o r m d e s g e s e l l s c h a f t l i c h e n Z u sa m m e n le b e n s e in e r M in d e rh e it m it e in e r M e h rh e it in e in e r d re ih u n d e rtjä h rig e n S p rachkontaktsituation b edeutet für K arl M anherz die u n zertrennbare V erflechtung von S p rachgebrauch un d B rauchtum spflege. So schlägt er die B rücke von der S prache, dem D ia le k t d e r M in d e rh e it, z u r E th n o g ra fie und s te llt a u f d ie se W e ise ein en n eu a rtig en B eschreib u n g san satz in d er ungarndeutschen D ialektforschung bereit. D iese S ichtw eise w iderspiegelt sich n ich t nur in seinen P ublikationen und zahlreichen V orträgen zu Sprache, K u ltu rtrad itio n un d Id e n titä t d er d eu tsch en M in d e rh e it in U n g arn , so n d ern p räg t und b estim m t w eitgehend auch seine vielfältige und beharrliche T ätig k eit als H erau sg eb er a u f diesem G ebiet. E s kann ohne Ü bertreibung festgestellt w erden, dass die w issenschaftlichen P ublikationen in d iesem B ereich in U ngarn einzig an die H erau sg eb ertätig k eit von K arl M anherz gebunden sind.
N ach P ro fe sso r H u tte re rs R u f nach G raz b o t es sich gerad ezu an, dass er das O rd in ariat seines D o k to rv a te rs so w ie die g roßen F o rsc h u n g sp ro je k te w ie den U n g arn d eu tsch e n S p ra ch a tlas so w ie den A usb au ein es T o n arch iv s übernahm . In d ie sem S in n e gestalten sic h au c h d ie S c h w e r p u n k te in F o rs c h u n g u n d L e h re fü r P ro fe s s o r M a n h e rz : d ie E rfo rsc h u n g d e r d e u ts c h e n D ia le k te in U n g a rn , d ie F a c h s p ra c h e n fo rs c h u n g in den d e u t s c h e n M u n d a r t e n U n g a r n s , s p r a c h s o z i o l o g i s c h e u n d v o l k s k u n d l i c h e U n tersu c h u n g en un d B esch re ib u n g en d er d eutschen M undarten in U ngarn, die F o lk lo re u nd H an d sc h riften d e r U n g arn d eu tsch e n . M it v ollem E n g ag e m en t in itiie rte er - als ein er u n te r d en E rsten an d e r g e iste sw issen sch a ftlich e n F ak u ltä t - die D o k to ran d e n au sb ild u n g am G erm a n istisch en In stitu t und g estaltet das P ro g ram m bis heute m aßgebend. Zu seinen D o k t o r a n d e n g e h ö r e n z a h l r e i c h e j u n g e W i s s e n s c h a f t l e r , d ie s ic h in d e m M in d e rh e ite n b e re ic h a b e r au ch in so n stig en B e re ic h en d er S p ra c h w isse n sc h a ft ein es guten fac h lich e n R ufs erfreu en . D och neben all diesen T ätig k eiten räu m t er auch der L eh re d e r d eu tsch e n S p ra ch g e sc h ic h te und D ialek to lo g ie, sow ie d e r E in fü h ru n g in die g erm a n isc h en S p rach en ein en w ich tig en P latz ein.
S e in e E in la d u n g e n als H u m b o ld t-S tip e n d ia t u n d als G a s tp ro fe s s o r an v e rsc h ie d e n e U niversitäten in D eutschland, sind beredte B ew eise der A nerkennung seiner A rbeit.
G enauso sind auch die zahlreichen A uszeichnungen, m it denen e r geehrt w urde, ein Z eichen der A nerkennung seiner Tätigkeit. A us P latzgründen können hier nur einige genannt w erden:
D on au sch w äb isch er K ulturpreis des L andes B aden-W ürttem berg (1984) Ö sterreichisches E h ren k reu z für W issenschaft und K unst I. K lasse (1990) B u ndesverdienstkreuz d er B undesrepublik D eutschland (1995).
D er W eg v om w issenschaftlichen W erk zum U niversitätsalltag w ar und ist für K arl M anherz e tw a s S e lb s tv e r s tä n d lic h e s . D ie G rü n d u n g d e r F a c h b e r e ic h e S k a n d in a v is tik u n d N ederlandistik in B udapest, 1992 die G ründung des G erm anistischen Instituts an d er L oränd E ö tv ö s U n i v e r s i t ä t , d ie G rü n d u n g d e s U n g a r n d e u t s c h e n F o r s c h u n g s - u n d L e h rerb ild u n g sze n tru m s 1995 m it dem S ch w erp u n k t U n g arn d eu tsch e r S p rach atlas und D e u ts c h l e h r e r - F o r t b i l d u n g , a lle d ie s e E in r ic h tu n g e n s in d d a s E r g e b n is s e in e r u n erm üdlichen un d erfolgreichen T ätig k eit in der W issenschaftsorganisation.
Sein an g eb o ren es o rg anisatorisches G eschick (heute nennt m an dies „M an ag ertalen t“), sein h o h es E n g ag e m en t fü r eine Sache, aber auch seine assertive A rt im U m gang m it K ollegen, M itarb eitern und Studenten, prädestinierten ihn geradezu für d ie F unktionen als P ro d e k a n , d a n n P ro re k to r, la n g jä h rig e r un d z u r Z e it ern e u t a m tie re n d e r D ek a n d er P h ilo so p h isch en F ak u ltä t d e r ELTE. In d ie ser seiner F unktion hat er einen w esentlichen B eitrag zu r strukturellen U m gestaltung der Philosophischen F akultät in den - nicht leichten - Jahren nach d e r W ende geleistet.
G leichsam gehören in dieses A rbeitsfeld auch die hohen Ä m ter, die w ichtige M eilensteine seiner L au fb ah n w aren. 1989 w urde er als V izem inister für K ultur und B ildung berufen, w o e r veran tw o rtlich für W issenschaft, F orschung und H ochschulw esen, und d er Initiato r der w ic h t ig e n E n t w i c k l u n g s p r o g r a m m e T E M P U S u n d P H A R E im u n g a r is c h e n H ochsch u lw esen w urde. S päter bekleidete er das A m t des S taatssekretärs, zuständig für die B elange d e r M in d erh eiten in U ngarn (1990-1992).
D iese h ohen Ä m te r so w ie seine w issenschaftlichen V erdienste in der D ialek to lo g ie und V olkskunde, in d er M inderheitenforschung, im D aF -B ereich als B egründer der dreijährigen L ehrerau sb ild u n g , als lan g jäh rig er V orsitzender des U ngarischen D eutschlehrerverbandes, a b e r a u c h s e in e V e r d i e n s t e in d e r H e r a u s g e b e r t ä t i g k e i t u n d a ls G r ü n d e r d e r D o ktorandenschule am G erm anistischen Institut in B udapest und dergleichen m ehr, zeugen von einer ausserordentlichen A ktivität und Schaffenskraft, einem G eschenk, das nur w enigen zuteil w erden kann. S eine A rb eitsfeld er und konkreten A ufgaben hat er je w e ils beharrlich und m it einem nie ersch ö p fen d en , j a auch beneidensw ertem E ngagem ent durchgeführt.
F ü r die von ihm als rich tig erkannten Z iele k äm pft und arbeitet er, sich selbst fordernd, die anderen voran treib en d und unterstützend.
D iese A rt von w issen sch aftlich er u nd gesellschaftlich verpflichteter A rb eit geht ein h er m it ein er g roßen B e re itsch aft zu r K ooperation, m it einer E m pathie und L oyalität gegenüber den K ollegen, M itarb eitern , D oktoranden, Studenten, ohne je d o c h den von ihm gesetzten hohen M aßstab in d er A rb e it niedriger zu setzen. E r setzt sich unein g esch rän k t für die Interessen d e r M itarb eiter, S tudenten und D oktoranden ein. N och niem and ist m it „leerer H an d ” von ein em G espräch m it P rofessor M anherz herausgekom m en, je d e r b ekam eine E rm utigung, ein e gu te Idee zu seiner A rbeit, ein zuversichtliches E ntgegenkom m en oder ein trö sten d es W ort.
A uch an eh renvollen Ä m tern fehlt es nicht: von seinem m ehr als zw ei Jahrzehnte dauernden V orsitz im U ngarischen D eutschlehrerverband w ar schon die Rede. In B eiräten und G rem ien d e r U n g a r is c h e n A k a d e m ie d e r W i s s e n s c h a f te n , d e s U n g a r is c h e n A kkreditierungskom m itees, als V orsitzender des D ekankollegs, als Präsident des V erbandes
d er U n garndeutschen (bis 1995), als G ründungsm itglied und V o rsitzen d er (bis 1994) der A ktion Ö sterreich-U ngarn, als M itglied des K uratorium s und des w issenschaftlichen B eirats des E u ro p a Institu ts le iste t er im m er einen konstruktiven Beitrag.
D ie breitg efäch erte P alette d e r A ufsätze dieses B andes ist m it der V ielfa lt d er vom Jubilar abgedeckten T ätig k eitsb ereich en zu erklären: Sie w iderspiegeln je n e A rbeitsschw erpunkte und F elder, denen sich P rofessor M anherz zuw endet und m it denen er sich in irgendeiner W eise beschäftigt. D iese sind kurz aufgelistet die S prachw issenschaft m it den B ereichen D i a l e k t o l o g i e , S o z i o l i n g u i s t i k , D i a l e k t l e x i k o g r a f i e , d ie E t h n o g r a f i e , d ie M in derheitenkunde, die G eschichte, die S prachpolitik, die K om paratistik, die L iteratur und K ulturgeschichte.
D as Z itat aus dem S ankt Jo h an n er K odex „und T hut ein G nügen S einem A m bt“ w urde bew usst als T itel d er F estsch rift gew ählt. Es w iderspiegelt eine G rundhaltung des Jubilars, je n e E n tsch ied en h eit und E ntschlossenheit, m it der er die A ufgaben und P roblem e angeht, m it der er sich fü r d ie W issen sch aft und die je w e ilig e G em einschaft, sei es die U niv ersität und das Institut, die K ollegen, die D oktoranden und S tudenten o d er „nur für eine gute S ache“ u n ein g esch rän k t un d m it vollem E lan einsetzt, um die S ache voranzutreiben und zu E nde zu führen. F ü r diese seine H altung zollen ihm seine M itarb eiter R espekt und A n erkennung.
A n d ie ser S telle sei allen B eiträgerinnen und B eiträgern gedankt fü r ihre B ereitschaft zur M itw irkung und je n e n , die bei d er E inrichtung der M anuskripte m itgeholfen haben: Für die p h ilologische B etreuung und R ed aktionsm itarbeit dem D ozenten D r. L ászló Jónácsik, den D A A D -L ek to ren des Instituts, A nnette T aß ler und Dr. A ndreas H erzog, die bei der L ektorierung d e r B eiträge, den D oktorandinnen A m ália K erekes und K atalin H orváth, die bei den K o rrekturarbeiten geholfen haben sow ie János S zabó für d ie M itw irkung an der technischen G estaltung. Ein D ank geht auch an alle, die bei der H erausgabe dieser Festschrift uns zur S eite standen. O hne sie w äre dieser B and nicht entstanden.
Zu einem b esonderen D ank sind w ir den S ponsoren verpflichtet, ohne deren tatkräftige und g roßzügige fin an z ielle U n terstützung w eder die F estsch rift noch d er F estakt h ätte zustande kom m en können:
S tiftung A k tion Ö sterreich-U ngarn
A M agyarországi N em zeti és E tnikai K isebbségekért K özalapítvány B udapester D eutsche S elbstverw altung
D eutsche M inderh eiten selb stv erw altu n g W erischw ar/P ilisvörösvár D onauschw äbische K ulturstiftung S tuttgart
G allus-R ehm -S tiftung M ünchen
H an n s-S eid el-S tiftu n g B udapest
K onrad -A d en au er-S tiftu n g - A ussenstelle B udapest K ultu rk o n tak t A u stria - P rojektbüro B udapest L an d esselb stv erw altu n g d er U ngarndeutschen
Ö sterreich isch es O st- und S üdosteuropa-Institut - A ussenstelle B udapest P hilo so p h isch e F ak u ltät d er E L T E
P est m egyei K özgyűlés A lelnöke
E s b le ib t d e n H e ra u sg e b e rn nu r noch übrig, d em Ju b ila r w eiterh in viel G lü ck , lang an dauernde S ch affen sk raft un d F reude an seiner vielseitigen A rb eit und dazu eine gute G esu n d h e it im K reise se in er F am ilie zu w ünschen.
B udapest, im A pril 2002 D ie H erausgeber
Á gel V ilm os, S zeged B ábosik István, B u d ap est B acsó B éla, B u d a p est
B anczerow ski, Janusz, B udapest B ánréti Z oltán, B udapest B arabás L ászló , N yíreg y h áza B árdos Judit, B udapest B árdosi V ilm os, B u d ap est B artha M a g d o ln a, B u d ap est B assola P éter, S zeged B ollobás E nikő, B udapest B reier Z su zsa, B erlin
D ingeldein, H einrich, M arburg D roste, W ilhelm , B udapest E perjessy E rnő, B udapest E rdődy G ábor, B udapest F aluba K álm án, B udapest F odor S ándor, B udapest G áborján K atalin, B udapest G ecső T am ás, B udapest G ergely Jenő, B udapest G ranasztói G yörgy, B udapest G yivicsán A nna, B udapest H ajdú E rzsébet, B udapest H am buch G éza, B udapest H argittai E m il, B udapest H aselsteiner, H orst, W ien H einek O ttó, B udapest H unyady G yörgy, B ud ap est H utterer, Irén, G raz
Izsák L ajos, B udapest Jerem iás É va, B udapest Jónácsik L ászló, B udapest K alász M árton, B u d ap est K enesei István, B udapest K elem en János, B udapest
K ertész A ndrás, D ebrecen K iefer Ferenc, B udapest K irály Edit, B udapest Kiss Endre, B udapest K laudy K inga, B udapest K lingham m er István, B udapest K náb Erzsébet, Baja
K ocsány P iroska, D ebrecen K om lósi L ászló, Pécs
K ovács Jó z se f L ászló, B udapest K övecses Zoltán, B udapest Kurdi Im re, B udapest L antosné Im re M ária, Pécs Lányi D ániel, B udapest M edgyes Péter, B udapest N ádasdy Á dám , B udapest N agy M árta, B udapest N elde, H ans-P eter, Brüssel Ö rkény A ntal, B udapest Pál F erenc, B udapest Papp A ndrea, B udapest P assuth K risztina, B udapest P röhle G ergely, Berlin R aczky Pál, B udapest Salvi, G iam paolo, B udapest Schw ob, A nton, G raz S zabó M iklós, B udapest Szalay L ajos, S zom bathely Szendi Z oltán, Pécs S zépe G yörgy, Pécs U zonyi Pál, B udapest V arga L ászló, B udapest W iesinger, Peter, W ien W olfárt János, B udapest W olfárt-S tang, M aria, B udapest Z alán P éter, B udapest
SPRACH W ISSENSCH A FT
Péter Ács
(Budapest),Katalin Jobbágy
(Budapest),Henrik J0rgensen
(Árhus)Zu den morphologischen und syntaktischen Auswirkungen der Schwa-Assimilation im Dänischen
0. E inleitung
D ie v o rlie g e n d e A rb e it ist e in e ku rze Z u sam m en fassu n g der E rg e b n isse e in e r breiteren U n tersu c h u n g , an d e r w ir seit ein ig er Z eit arb e iten .1 Z iel und Z w ec k der D arste llu n g ist, a u f d ie A u s w irk u n g e n d e r S c h w a -A ssim ila tio n au ß e rh a lb d es re in p h o n o lo g is c h e n S y stem b ereic h s im D än isch e n au fm erk sam zu m achen. D iese A u sw irk u n g en sin d von so ein g reifen d er N atur, dass es gerechtfertigt erscheint, hier einen w irksam en G rund zu finden fü r d ie an sch e in en d ath e o re tisc h e V erm utung, dass D änisch eben sc h w ierig zu lern en ist.
V iele prak tisch e U n tersuchungen aus den letzten Jahren (B leses 1998 und 2000; Juul 2001) b e s tä tig e n d e n sc h o n vo n W ern er (1 9 8 1 ) d arg e ste llte n E in d ru c k , d ass D än isch ein e sc h w ierig e S p ra c h e ist, und zw ar nich t nu r für F rem d sp rach en erw erb er, sondern auch für die n a tiv e sp e a ke rs. D ie v ie len S tim m en aus dem p raktischen B ereich k önnen sich nicht irren ; d as A x io m d e r S p ra ch th e o rie, alle S prachen seien u n gefähr gleich sch w ierig , dürfte g erade am B eisp iel D änisch ein e k o m p lizierte A usnahm e finden.
1. Z ur T heorie d er Sch w a-A ssim ilation im D änischen
H istorisch gesehen ist die S chw a-A ssim ilation eine F olge der A kzentverschiebung im frühen D änischen, d ie zum E rg eb n is geführt hat, dass säm tliche dänische D ialekte eine starke K onzentration an B edeutung und phonetischer D ifferenzierung in den betonten Silben haben, w ogegen d ie unbeto n ten sow ohl sem antisch als auch phonetisch w eniger d ifferenziert sind.
D as E xtrem sind die n ich t w enigen jü tlän d isch e D ialekte, die system atischen W egfall der u nbetonten S ilben (A pokope) aufw eisen.2
D ie A ssim ilation von S chw a hat drei S tufen unterschiedlicher R adikalität: H arm onisierung e n tsp re ch e n d dem so n o rste n N ac h b arlau t, A ssim ilatio n m it dem am m eisten sonoren N achbarlaut oder totaler W egfall von Schw a. A u f der ersten Stufe behält das S chw a-Phonem seinen Platz in der P honem kette; auf der zweiten ist dieser Platz bei der klanglichen Realisation m it dem sonorsten N ac h b arlau t assim iliert, und a u f d er dritten S tufe ist d er S chw a-P latz bei
—c o c = —
'V g l. Á cs/T ö rk en czy 1986; Á c s/J0rgensen 1990; Á cs 1996; Á cs/Jobbágy 2001.
1 Vgl. hierzu Braunm tiller 1987.
der R ealisatio n v o llkom m en w eggefallen. E ntscheidend bei dieser A ssim ilatio n ist die S o n o ritätshierarchie; sie sieht im D änischen grob gesagt so aus:
V okale > H albvokale > L iquide > N asale > stim m hafte F rikative > stim m lose F rik a tiv e > K lu sile .
A us P latzg rü n d en unterlassen w ir hier die D arstellung der genaueren D etails.3 1.1. H arm onisierung von S chw a
Bei der H arm o n isieru n g b ehält das S chw a-P honem seinen P latz in d er P honem kette, die K langfarbe ist aber m it dem am m eisten sonorem N achbarlaut völlig harm onisiert. D as ist z.B.
der Fall nach betontem Vokal:
n y e { n e u e } > ['ny:y]
fr ie {freie} > ['fri:i]
fr u e {F rau}> ['fru :u ] (oder ['fro :o ] bei jü n g eren S prechern aufgrund des Ü bergangs ru> ro)
H a rm o n isie ru n g g ib t es au ch n ac h k u rze m V okal p lu s stim m h a fte m K o n so n a n t bzw . H albvokal:
kalde {nennen} > [Tcelj]
kunne {können }> [Tcunn]
veje {Wege} > ['van]
D e r W e g fa ll d e r u rs p rü n g lic h f rik a tiv is c h a u s g e s p r o c h e n e n E n ts p r e c h u n g e n v o n postvokalischem d und g gibt häufig A nlass zur H arm onisierung, da der Stam m vokal in diesen F ällen d er am m eisten sonore N achbarlaut ist:
g o d e {gute} > t'go:o]
p ig e {M ädchen} > ['pi:i]
b ru g e {brauchen} > ['b ru :u ](o d e r['b ro :o ], vgl.oben) k a g e {Kuchen} > [Tcex]
1.2. A ssim ilation von S chw a
B ei d er S ch w a-A ssim ilation verschw indet der P latz des Schw a in der P h onem kette; d ie F u n k tio n als S ilb en trä g er w ird von dem sonorsten N ach b arlau t übernom m en. D ies ist typischerw eise nach langem Vokal + stim m haftem K onsonant (oder H albvokal) der Fall:
g 0 d e {düngen} > t'g0:3]
h a le {Schwanz} > ['he:jj rene {reinigen} > ['rac:n]
3 Viele D etails zu diesem P roblem finden sich in: H eger (M s.); Brink/Lund 1974; Ä cs/J0rgensen 1990.
E in ig e v o n d ie s e n A s s im ila tio n e n h a b e n g e w is s e A u s w irk u n g e n , d ie d u rc h d a s Z usam m enw irken m it den E ffekten der Infortisschw ächung4 entstehen:
k 0 b e {kaufen} > ['k0:b a ]> ['k0:ua]> ['k0:u]
sa v e {sägen} > ['se:v 3 ] > [ 's e :u a ] > ['se:u]
scebe {Seife} > ['s e :ba] > ['s e :u a ] > { 'se:u]
In solchen (historisch gesehen geschw ächten) S chlusssilben wird d er K lusil in diesen Fällen allophonisch als H alb v o k al ausgesprochen. D er dadurch entstandene H albvokal w ird dann d urch d ie S c h w a -A ssim ila tio n w eiter a ssim iliert, w odurch ein e ganz b eein d ru ck e n d e S pannbreite von d u rch au s gängigen A ussprachen entsteht.
1.3 W egfall von S chw a
In den radikalsten F ällen fällt Schw a in der praktischen A ussprache einfach weg. D ies passiert nach oder zw ischen stim m losen Phonem en:
k a ffe {Kaffee} > [Tcaf]
s tik k e s {gestochen w erden} > ['sdegs]
D as P h än o m en d a rf nicht m it d er eigentlichen A pokope in den D ialekten (s.o.) verw echselt w erden. In den D ialek ten ist d ie A ussprache von solchen Silben konsequent. In der je tzig en H ochsprache kom m t d er Schw a-W egfall vor, aber bei langsam er oder deutlicher A ussprache können d ie S ilben ausn ah m slo s Vorkommen.
1.4. F este A ssim ilation
D ie P h o n em k o m b in a tio n e n /a r/, /ra / u nd /tot/ w erden im m er als [a] oder [b] v erw irklicht.
D ie g e n a u e P h o n e m a tis ie ru n g von d ie se n E n d u n g e n ist h ä u fig u n sic h e r u n d lä sst sich n ic h t s e lte n n u r m e h r d u rc h A n a lo g ie s c h lü s s e au s dem m o rp h o lo g is c h e n B e re ic h v o llz ie h e n . D a d ie s e A s s im ila tio n im G e g e n sa tz zu den a n d e ren o b lig a to ris c h ist, h at sie , z.B . bei m o r p h o lo g is c h e n B ild u n g e n , im m er P rio ritä t ü b er d ie drei e rste n T ypen (vgl. u n te r 2.2).
2. Zu den A usw irku n gen im Bereich der M orphologie
In einem A ufsatz aus dem Jahre 1989 hat K urt B raunm üller sehr gründlich dargestellt, w ie die dänische M o rp h o lo g ie anscheinend als völlig natürlich aufzufassen ist: die E ndungen sind klar gegliedert, und es gibt w enige S ynkretism en und Ü berschneidungen. Lars H eltoft (1998) zieht eine ähnliche S chlussfolgerung.
In teressant ist aber, dass diese K onklusion au f dem S chriftbild basiert, w ährend sich für die g esprochene S p rach e ein ganz anderes B ild abzeichnet. D er H auptgrund dafür ist, dass die S chw a-A ssim ilatio n tie f in die D eutlichkeit der E ndungen eingreift; E ndungen, die am
^ = 3 0 0 —
4 Z u r In fo rtissch w äch u n g s. S k au tru p 1944-1970, Bd. 1, 224-235.
S chriftbild deutlich ablesbar sind, w erden in der Tat kaum deutlich signalisiert, bzw. ihr E rsch ein u n g sb ild w ird durch die A ssim ilationsphänom ene stark getrübt.
D as p honologische M aterial der E ndungen im D änischen b esteht ausschließlich aus dem Schw a und dazu 5 K onsonanten, näm lich Id/, /s/, /3 /, /n / und M . D avon sind die beiden e rste n s tim m lo s , d ie d re i le tz te n stim m h a ft. W ie w ir sc h o n g e s e h e n h a b e n , b ild e t po stvokalisches Irl eine feste A ssim ilation m it Schw a. D ie beiden anderen stim m haften verschm elzen häufig m it Schw a, w ährend die stim m losen regelm äßig W egfall von S chw a bew irken. E in e starke V erstüm m elung der m orphologischen M arkierungen ist dah er zu erw arten; das soll h ier anhand der P luralform en der Substantive im D etail d argestellt w erden.
E s gibt fü n f verschiedene A llom orphe für den P lural der S ubstantive:5
1. E ndung -e: a rb e jd er - arbejdere; sn ed ker - snedkere; brev - breve; del - d ele {A rbeiter; S chreiner; B rief,Teil}
2. E ndung -r. p ig e - piger; rive - river {M ädchen; Recken}
3. E ndung -er, gelegentlich synkopiert: sofa - sofaer; liaj - hajer; orgel - org ler { S o fa;H a i; Orgel}
4. O hne E ndung: kort; net; s k o ;film {Karte; N etz; Schuh; Film }
5. M it U m laut: gäs - g ces;fod - f0 d d e r ;fa r - fcedre; datier - d0tre {G ans; Fuß;
Vater; Tochter}
D ie W ö rter m it U m laut haben m eistens zusätzliche E ndungen; nu r drei W ö rter (m a n d - mcend; barn - b0rn; g äs - gces) bilden den Plural durch U m laut allein (vgl. H ansen 1967, Bd.
2, S. 95 und 117).
Hinsichtlich der Natürlichkeit ist Gruppe 4 von vornherein eindeutig nicht-natürlich, da hier kein U nterschied zw ischen Singular und Plural besteht. W örter m it Vokalwechsel (Gr. 5) haben m eistens einen deu tlich en U nterschied zw ischen den F orm en, aber die für die B ildung verw endeten Vokale kom m en nach synchroner Sicht recht planlos vor, und das ursprüngliche System des ¿-Umlauts lässt sich nicht m ehr nachspüren. Bei den ersten drei G ruppen ist in der Schriftsprache ein deutlicher U nterschied vorhanden, der aber bei der praktischen A ussprache durch die Schw a-A ssim ilation häufig stark abgeschwächt wird. D ie A usw irkungen der Schwa- A ssim ilation a u f diese 3 G ruppen sollen hier genauer behandelt werden.
2.1. D ie E ndung -e
Bei n om ina agentis, die bekanntlich au f -er ausgehen, b esteht der U nterschied zw ischen S ingular und P lural ausschließlich in der L änge des a-S chw as:
a rb e jd er - a rb ejd ere {A rbeiter - A rbeiter P I.} ['a : ,bai’dA- 'a : ,bai’dAA]
sn e d ke r - sn ed kere { T isch ler-T isch lerP I.} [ 's n e ’g A - 's n e ’gAA]
^ = a o c —
5 H an sen 1967, B d. 2, S. 95 f., v e rz e ic h n e t in sg e s a m t 7 a llo m o rp h is c h e T y p e n , d ie a u fg ru n d ih re r V erbindungsm öglichkeiten m it verschiedenen V erbalstäm m en e in g eteilt sind; davon sind a llerd in g s zw ei nur bei einem oder zw ei W örtern in Verwendung, und eine andere G ruppe davon um fasst die Pluralbildung in F rem dw örtern. Die E n d u n g en -e r und -r w erden bei H ansen 1967 und D id erich sen 1946 als n ur ein Allom orph aufgefasst; die D istribution davon wird hauptsächlich durch die prosodischen W orttypen geregelt.
Da w ir a u f diese Regeln nicht näher eingehen möchten, behandeln w ir in diesem Z usam m enhang die beiden A llo -A llo m o rp h e g e tre n n t.
E in solcher U nterschied ist m inim al, was die D eutlichkeit angeht, und w ird regelm äßig zum O pfer ein er A llegroaussprache fallen.
N ach V okoiden dürfte A ssim ilation regelm äßig vorhanden sein:
b o rd - b o rd e {Tisch - Tische} [T)o’b -'b o :A ] brev - b reve {B rief-B riefe} ['b re ’u - 'b r e :u ] gcird - g a rd e {H o f - H ö fe } [ 'g ü ’ - 'go:D]
D as G leiche gilt fü r S täm m e, die m it Nasal enden:
d e l - d ele {Teil - Teile} ['d e ’l - 'de:l]
la n d - lan d e {L an d -L än d er} ['le n ’-'lenn]
l0gn - l0g n e { L ü g e -L ü g e n } [ 'U i’n - 'Lvinn]
In d iesen beid en F ällen b esteh t die M arkierung aus dem K ontrast zw ischen n icht-silbischer (Sing.) vs. silbischer (Plur.) A ussprache. A uch hier ist der U nterschied undeutlich und w enig standhaft bei A llegroaussprache.
A ufgrund der phonologischen D istribution sind stim m hafte frikativische S chlusskonsonante n ic h t v o rh a n d e n ; d ie e n tsp re c h e n d e n P h o n e m e w erden p o stv o k a lisc h d u rch V okoide vertreten. E s gibt aber ganz viele B eispiele für stim m lose F rikative und für K lusile (die ja im D änischen im m er stim m los sind):
hus - h u se {Haus - H äuser} [ 'h u ’s - 'h u :s a / 'hu:s]
h a t - h atte {H ut - H ü te } [ 'hed - 'h ed a / 'hed]
h e st - heste {P ferd - P fe rd e } [ 'hassd - 'haesda / 'hacsd]
In solchen F ällen ist das isolierte S chw a bei distinkter A ussprache deutlich zu hören; bei A lleg ro au ssp rach e verschw indet es aber regelm äßig.
2.2. D ie E ndung -r
Bei dieser E n d u n g tritt die feste A ssim ilation von /e / und h l (s. 1.4. oben) regelm äßig auf. In vielen F ällen führt diese A ssim ilation dazu, dass der sem antische U nterschied von zw ei gleich langen F orm en getragen w ird, die sich aber hinsichtlich A ussprache im m er ganz deutlich untersch eid en lassen:
p ig e - p ig e r {M äd c h en -M äd c h en P I.} ['pi:i] - ['pi:A]
ka g e - k a g e r { K u c h e n -K u c h e n P I.} [ 'k e :e ] - ['k e :A ]
W ie m an sieht, kann die feste A ssim ilation zw ischen /r/ und /e/ auch dort verw irklicht w erden, w o S chw a in d er S ingularform durch einen Vollvokal attrahiert wird.
H insichtlich d er D eu tlich k e it lassen diese B ildungen nichts zu w ünschen übrig, aber im Prinzip ist die phonetische M asse in beiden Form en gleich, w as als Bruch des N atürlichkeits
oder Ik o n izitätsprizips b ew ertet w erden m uss.
E in W ort w ie rive - riv er {H arke - H a rk e n } ist ein unklarer Fall. D ie distinkte A ussprache ist
eindeutig n icht-ikonisch; der sem antische U nterschied w ird von der O pposition zw ischen zwei Typen von S chw a getragen:
['ri:u a ] - ['ri:u A ]
- w ogegen d ie w en ig er d istin k te A ussprache m it S chw a-A ssim ilation im S in g u lar viel ikonischer erscheint:
['ri:u ] - ['ri:uA ]
S täm m e, die a u f ,- r e ‘ enden, sind vollständig gleich im S ingular und Plural:
p o rre - p o rre r {P orree - P o rre e s} ['po:o]-['po:D ] h are - h a re r { H a se -H a se n } [ 'h a :a ]- ['h a :a ] m y r e -m y r e r (A m eise -A m eise n } ['my:A]-['my:A]
p c e re -p c e re r {B irne-B irnen} ['pe:A ]-['pe:A ] 2.3. D ie E ndung -er
Bei dieser E ndung gibt es B eispiele für eine deutliche U nterscheidung zw ischen S ingular und Plural:
a v i s - a v is e r {Zeitung - Z eitungen} [e 'v i’s H e 'v i ’sA]
b ib lio tek - b ib lio te k e r {B ibliothek-B ibliotheken} ['b ib liu 'te ’g]-[bibliu'te’gA]
Stäm m e, die m it -r enden, bilden P luralform en, die sich nur durch silbische A ussprache von den S in g u larfo rm en (nichtsilbische A ussprache) unterscheiden:
ko n to r - ko n to rer {Büro-Büros} [kAn'tog’HkAn'tOE]
p a p ir - p a p ire r {Papier-Papiere} [pe'pig’Hpe'pi’e]
2.4. S chlussfolgerung
D as H auptergebnis d er U ntersuchung ist insofern, dass die in der S chriftsprache deutliche U nterscheidung d er S ingular- und P luralform en in d er A ussprache häufig durch gleich lange (d .h . n ic h t- n a tü r lic h e ) F o rm e n v e rtr e te n w ird . G a n z v ie le W o rtty p e n b a u e n d ie P luralaussprache a u f den U nterschied zw ischen nicht-silbischer und silbischer A ussprache.
E ndlich m uss m an noch a u f d ie nicht w enigen Typen aufm erksam m achen, bei denen die A ussprache der Singular- und P luralform en vollkom m en gleich ist. D ie N icht-N atürlichkeit in diesem m orphologischen B ereich dürfte d am it ganz klar dargestellt sein.
3. Zu den A usw irku n gen im B ereich d er Syntax
In der S yntax trifft die S chw a-A ssim ilation gew isse syntaktische F unktionsw örter, die - w enigstens bei norm alem R edetem po - eine S chw a-haltige phonologische F orm haben. D as gilt für das K opulaverb er sow ie für die unbestim m ten Artikel (im Singular) en und et. D adurch
entstehen ganz interessante lautliche K onstellationen, z.B. in Sätzen m it K opulaverb alleine oder gefolgt von einem unbestim m ten A rtikel, eine durchaus nicht seltene F olge in einfachen Sätzen:
L izzie er en s 0 d p ig e {Lizzie ist ein süßes M ädchen} ['lisi i in 's0ö’ pi:i]
A lla n e r en fli n k f y r {A llan ist ein netter Kerl} [ 'e le n n n 'fle q g 'f y ’e]
Sara e r i fa r e {Sara ist in Gefahr} ['s a :a a i 'fa :a]
E s leuchtet ein , dass d ie durch die A ssim ilationen entstandenen v o llkom m en gleichen L autstrecken nicht eben d er D eutlichkeit dienen. In der Tat hört m an im D änischen viele an scheinend lange u nbetonte stim m hafte L aute, die aber im m er durch B allung assim ilierter P h o n em e e n tsta n d en sind. A uch d ie A uflösung der anscheinend überlangen V okalsegm ente in kleinere, strukturell differenzierte Elemente ist eine ganz komplexe Aufgabe im Spracherwerb.
4. S ch lu ssb em erk u n gen
D ie vorlieg en d en T atsachen im B ereich der Schw a-A ssim ilation erm öglichen, w ie gesagt, die F rage, o b die durch allgem eine E rfahrung belegten S chw ierigkeiten des D änischen auch theoretisch zu rech tfertig en sind.
E ine solche Theorie ließe sich anhand der Q uantität der strukturellen Schw ierigkeiten ablesen.
W ie w ir g eseh e n h ab e n , g ib t es im D än isch en seh r v iele K o n seq u e n ze n d er S chw a- A ssim ilation; nicht n ur im B ereich der L autlehre, sondern auch im B ereich d er M orphologie und d er S yntax. A ußerdem führen d iese K onsequenzen häufig dazu, dass U nterschiede, die m an eigentlich in ein er S prache von diesem Typus deutlich hätte hören m üssen, nicht m ehr hörbar sind, bzw. durch U ntersch ied e w ie ‘silbisch | nich t-silb isch ’ vertreten w erden. Z u diesen b eid en F aktoren: D em verzerrten A ufbau m it vielen u nerw arteten S ynkretism en und der V erw endung ungew ö h n lich er U nterschiede für m orphologische Z w eck e gesellen sich noch m ehr u n g ew öhnliche Z üge. D änisch hat z.B. V okalkonstellationen, die sich am B esten als f ü n f S tu fe n d e r V ö k alö ffn u n g v erste h e n la ssen .6 B e k an n tlich sind drei ein selten überschrittener N orm alfall (vgl. Schane 1973).
All dies deutet d arauf hin, dass einer, der D änisch lernen will, in seinen Erw artungen häufig enttäuscht w ird und sich gezw ungen sieht, ganz seltene phonetische S trukturen fü r den se m io tisc h e n A u fb a u zu v erw en d e n . In so lc h en F eststellu n g en lie g t die th e o re tisc h e Rechtfertigung der Annahm e, Dänisch sei schwieriger lernbar als die meisten anderen Sprachen.
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Skautrup, P. 1944-1970: Det danske Sprogs Historie. 5 Bde. K0benhavn.
Werner, O. 1981: Weshalb ist das gesprochene Dänisch für uns so schwierig? In: Poul (Hg.): Akten der 4. Arbeitstagung der Skandinavisten des deutschen Sprachgebiets. Hattingen, 37-71.
ZUGEWINN ODER ABBAU? - UNGARISCHE LEHNWÖRTER IN DEN NEUEREN DEUTSCHEN SPRACHINSELMUNDARTEN UNGARNS BIS 1945
0. S p rach in sel als K on tak tin sel
G e h t m a n d a v o n aus, d a ß L eh n b e z ie h u n g e n zw isch en zw ei S p ra ch e n q u a lita tiv und qu antitativ u n tersch ied lich gelagerte und geartete K ontakte voraussetzen, dann beinhaltet der T erm inus S p ra c h in sel - „eine W ortschöpfung von außerordentlich starker B ildkraft und L eb e n sn ah e” (K uhn 1934: 13) - schon an und für sich die M öglichkeit, aber darüber hinaus sogar d ie U num g än g lich k eit von K ontakten unterschiedlicher, so auch sprachlicher N atur, denn d ie geographische N ähe von V ölkern, Sprachen und K ulturen ist - dies bew eisen d iv e rs e F o rs c h u n g e n - e in e r d e r w irk sa m s te n und tra g e n d ste n S tim u lie ru n g s- und S teu e ru n g sfa k to re n in K ontak tp ro zessen . Bei S prachinseln ist so g ar eine u n m ittelbare geo graphische N ähe und d am it ein sehr hohes K ontaktpotential, das allerdings außerdem auch noch a u f andere F aktoren zurückzuführen ist, von vornherein gegeben, denn sie stellen
„Sprach- und S iedlungsgem einschaften in einem anderssprachigen, relativ größeren G ebiet”
(W iesinger 1980: 491) [...] dar, oder um m it H utterer zu sprechen: sie sind „[...] räum lich a b g r e n z b a r e [...] S ie d lu n g s r ä u m e e in e r s p r a c h lic h e n M in d e rh e it in m itte n e in e r an derssprachigen M e h rh e it” (H utterer 1982: 178). A uch die verschiedenen D efinitionen von S p ra c h in sel - ohne detaillierter a u f die durchaus lehrreiche, aufgefächerte, zeitw eise auch durch- und ü b erpolitisierte B egriffsgeschichte des W ortes an dieser S telle eingehen zu w ollen - , reflektieren direkter oder indirekter W eise au f diese T atsache. A m eklatantesten fo rm uliert diesb ezü g lich W alter K uhn, d er diesen A spekt sogar ins Z entrum se in er D efin i
tion stellt: er sp rich t näm lich von „M arschengebieten [...], die den A ngriffen des M eeres au sg esetzt sin d ” , von „H alligen im V ölkerm eer” , die „vom M eere des frem den V olkstum s um brandet und b ed ro h t” sind, denn „S tück für S tück nagt die gierige F lu t sie los, spaltet ein ze ln e In seln un d v e rsc h lin g t sie g a n z ” (K u h n 1934: 13). A uch in d e r - allerdings wesentlich späteren und m ehr soziolingusitisch ausgerichteten - D efinition von K laus Jochen M atth eier k o m m t d ie ser A spekt zum T ragen, denn er definiert Spra ch in sel unter anderem , als „[...] ein e d urch verh in d erte oder verzögerte sprachkultureile A ssim ilation entstandene S prach g em ein sch aft [...]” (M attheier 1994: 334).
D ie Tatsache, daß Sprachinseln für die Erforschung von Kontakten jeglicher A rt sehr üppige und vielschichtige, w enn auch spezifische U ntersuchungsobjekte darstellen, w ird seit einiger Zeit allgem ein akzeptiert und von verschiedenen W issenschaften auch genutzt. H ervorzuheben wären diesbezüglich bestim m te Bereiche der Linguistik und die der V olkskunde; die V ertreter
d e r le tz te re n D isz ip lin h ab e n sich im R a h m e n d er S p ra c h in se lv o lk s k u n d e bzw . d er interethnischen und A kkulturationsforschungen ziem lich früh des Them as angenom m en - ich verweise nur auf die A rbeiten von K arasek, W eber-Kellerm ann und Schenk und haben sowohl in der T heorie als auch in der Praxis zur objektiven Beschreibung der tatsächlichen Lebenswirklichkeiten und der vielschichtigen Beziehungssysteme solcher Bevölkerungsgruppen beigetragen. V or allem für frühere A rbeiten sind aber eher kritische T öne charakteristisch, besonders w as die B ew ertung der Kontakte anbelangt: M an hat diese zw ar signalisiert, wenn des öfteren auch nur stillschw eigend hingenom m en und auch beschrieben - schon 1930 spricht Jungbauer, einer der ersten und m aßgebendsten Theoretikern des Them as von A 1 t g u t, N e u g u t und L e h n g u t - , m an hat in ihnen aber, ohne die einzelnen K ontaktphänom ene auf E ntstehungsgründe und Funktion zu prüfen, oft generell den B eginn des U ntergangs der V olksgruppe gesehen.1
In den nun folgenden A usführungen w idm en w ir uns a u f G rund eines sprachlichen K orpus eben diesem B ew ertungs-, Funktions- und W irkungsaspekt der P roblem atik der usualisierten ungarischen L ehnw örter in den nachtürkischen deutschen S prachinselm undarten von U ngarn bis 1945. U nsere A usgangsbasis und prim äre U ntersuchungsebene ist zw ar eine sprachliche, die M ethoden und die H in terfragungen der k onkreten A nalyse sind je d o c h interdisziplinär.
A bbau vs. Z ugew inn, V erlust vs. B ereicherung, N o tw endigkeit vs. ’L eich tsin n ’, T radition vs. Innovation sind G egensatzpaare, d ie nicht nur in kontaktlinguistischen U ntersuchungen sehr oft d isk u tiert w erden, sondern sehr häufig und m it V orliebe - und dies hat besonders im Falle der deutschen S prache eine lange und bew egte Tradition - auch von Sprachpflegern, S prachpolitikern und S prachplanern aufgegriffen w erden. D aß eine adäquate A ntw ort au f diese F ragen im m er nur eine exem plarische, au f die einzelnen konreten L ehnphänom ene bezogene und nie eine pauschale sein darf, m uß nicht w eiter erörtert w erden. D arüber hinaus ist es aber seh r w ichtig, daß m an dabei über eine ausschließlich g enetisch-sytem linguistisch ausgerichtete buch h alterisch e Z uordnung und Inventarisierung hinausgeht und im Sinne einer k om plexen V orgehens w eise auch je d w e d e Steuerungs- und B edingungsfaktoren in die U ntersuchung m iteinbezieht, die letztendlich zur E ntlehnung führten.
1. Z eitlich er R ahm en u nd K orpus
B e v o r w ir uns a b e r d em k o n k re te n T h em a z u w e n d en , sollen h ie r - in K en n tn is d er P ro blem beladenheit und V ielschichtigkeit des M aterials - einige w ichtige A usführungen über die G run d p ro b lem atik bzw . über den zeitlichen A nsatz und das K orpus stehen.
D ie n a c h tü r k is c h e n o d e r n e u e re n d e u ts c h e n S p ra c h in s e ln v o n U n g a rn e n ts ta n d e n a u f g r u n d s t a a t l i c h u n d p r i v a t h e r r s c h a f t l i c h i n i z i i e r t e r u n d d u r c h g e f ü h r t e r A n s ie d lu n g s a rb e it im V e rla u fe d es 18. Ja h rh u n d e rts und b ild e n so m it im P rin z ip se it d re ih u n d e rt Ja h re n so w o h l in a re a l-g e o g ra p h is c h e r als a u c h in s o z ia l-in te ra k tio n ä re r H in s ic h t p o te n tie lle K o n ta k t f l ä c h e n .2 A ls p rim ä re un d w ic h tig ste K o n ta k tsp ra c h e fu n g ie rte s e it je h e r d ie S p ra c h e d e s s ta a tsb ild e n d e n V o lk e s, d as U n g a risc h e , e rw ä h n t w e rd e n m u ß je d o c h , d a ß im V ie lv ö lk e r s ta a t U n g a rn - in A b h ä n g ig k e it vo n d e r
—< i o c ^ 'V gl. dazu: W eber-K ellerm ann (1959) 1978.
! Z u r A nsiedlung, zu den Siedlungsräum en und zur Sprache siehe z.B. H utterer 1991.
b e v ö l k e r u n g s m ä ß i g e n Z u s a m m e n s e tz u n g d e r e i n z e ln e n , a u c h v o n D e u ts c h e n b e w o h n te n S ie d lu n g s g e b ie te - au c h an d e re S p ra c h e n , so v o r alle m d as R u m ä n isc h e , d a s S lo w a k is c h e u n d das S e rb isc h e , w en n auch in b e d e u te n d g e rin g e re m M a ß e, a b e r als K o n ta k ts p ra c h e n n a c h z u w e ise n s in d .3 D ie A rt und die In te n sitä t d e r B ezieh u n g en d e r d e u ts c h e n S p ra c h in s e lm u n d a rte n zu ih re r s p ra c h lic h -k u ltu re ll a n d e rs g e a rte te n U m w e lt w u r d e n n e b e n v e r s c h ie d e n e n e n d o g e n e n u n d e x o g e n e n D o m in a n te n m a ß g e b e n d a u c h v o m F a k to r Z e it g e s te u e rt. S o la n g e fü r d ie e rs te n (n ) P h a se (n ) d e r K o n t a k t e im a l l g e m e i n e n d e r R e p l i k s p r a c h e ( n ) 4 h ö c h s tg ra d ig a n g e p a ß te n B e z e ic h n u n g s e n tle h n u n g e n (a ssim ilie rte un d u su a lisie rte L e h n w ö rte r) ty p is c h sin d , z e ic h n e n s ic h m it d e r Z e it d ie fe ste n K o n tu ren e in e s im m e r in te n s iv e re n , m e h rfa c h z u s a m m e n g e s e tz te n , d y n a m is c h -k u m u la tiv e n P ro z e s s e s ab: M it d e r w a c h s e n d e n K e n n tn is d e r M o d e lls p ra c h e U n g a risc h e rsc h e in e n n eb e n den in die N e h m e rsp ra c h e (n ) n u n m e h r n ic h t v o lls tä n d ig o d e r g a r n ic h t in te g rie rte n le x ik a lis c h e n E n tle h n u n g e n i m m e r m e h r , o f t n u r o k k a s i o n e l l e B e d e u t u n g s e n t l e h n u n g e n ( v o r a l l e m L e h n ü b e r s e tz u n g e n , s e lte n e r -Ü b e rtra g u n g e n ) bzw . L e h n p h ä n o m e n e a u s a n d e re n s p ra c h lic h e n R ä n g e n (M o rp h o lo g ie , S y n tax ) un d es k o m m t a llm ä h lic h u n d z .T . auch g e n e ra tio n s g e b u n d e n zu v e rsc h ie d e n e n F o rm e n d e r Z w ei- bzw . G e m is c h ts p ra c h ig k e it u n d / o d e r - b e i e i n i g e n O r t s c h a f t e n o d e r G e b i e t e n - e v e n t u e l l s o g a r z u r U n ilin g u a lis ie r u n g , d .h . z u r v o lls tä n d ig e n A u flö su n g d e r S p ra c h in s e lg e m e in s c h a ft m in d e s te n s in s p r a c h lic h e m S in n e . D ie s e n , a u s Z e itg rü n d e n n u r s ti c h w o r t a r tig g e s c h ild e rte n P ro z e ss d u rc h la u fe n im G ru n d e g en o m m en alle n ac h tü rk isc h en d eu tsch e n S p r a c h in s e lg e m e i n s c h a f te n u n d - m u n d a r te n v o n U n g a r n , b e m e rk t w e r d e n m u ß a lle rd in g s, d aß fü r d as N a c h e in a n d e r d ie se r ein z e ln e n In te n sitä ts- und Q u a litä tse ta p p e n e i n e r s e i t s f l i e ß e n d e Ü b e r g ä n g e u n d z e i t w e i l i g e Ü b e r la p p u n g e n t y p is c h s in d , a n d e re rs e its , d a ß in A b h ä n g ig k e it vo n s ie d lu n g s g e s c h ic h tlic h e n un d -ty p isc h e n bzw . w i r t s c h a f t l i c h - i n f r a s t r u k t u r e l l e n B e g e b e n h e ite n g e b ie ts m ä ß ig f a ß b a re z e itl ic h e V e rsc h ie b u n g e n zu k o n s ta tie re n s in d .5
D er zeitlich e R ahm en u n serer A usführungen um faßt - von der A nsiedlung bis 1945 - im P rinzip u n gefähr zw e ihundertfünfzig Jahre, diese Z eitspanne kann je d o c h in A b hängigkeit von d er g enaueren A n sied lu n g szeit d e r einzelnen O rtschaften in konkreten F ällen auch um e in ig e J a h rz e h n te k ü r z e r a u s fa lle n . D ie s e s v ie rte l J a h rta u s e n d m u te t - z u m a l als U ntersu ch u n g sp erio d e an gesetzt - als E in h eit an, und in gew isser H insicht, und zw ar von einer höheren W arte aus betrachtet, stellt es auch eine dar. Das E nde des Zw eiten W eltkrieges ist n äm lich als die einschneidenste und w ichtigste Jahreszahl in der bisherigen G eschichte
3 Teils fungierten diese Sprachen als M odellsprachen teils als Verm ittlersprachen bei bestim m ten, im ostm ittel- und südosteuropäischen R aum verbreiteten Wander- bzw. Kulturwörter. Vgl. dazu A bschnitt 2 ,D ie ungarischen Lehnw örter und ihre Einteilung in S achgruppen’.
J Es geht dabei eigentlich um verschiedene deutsche O rtsdialekte, deshalb hier auch die Pluralform in Klammern.
! S o sin d S tre u sie d lu n g e n , d e u ts c h e O rtsc h a fte n in In d u strie g e g e n d e n bzw . in d e r N äh e d e r H a u p tsta d t B u d a p est d em u n g a risc h e n E in flu ß im g leich en Z e ita b sc h n itt sow ohl q u a lita tiv als au ch q u a n tita tiv m eh r a u s g e se tz t a ls d a s g rö ß e re und k o m p a k te re d eu tsch e S ie d lu n g sg e b ie t in S ü d u n g arn . Bis a u f den h eu tig en Tag lassen sic h d iese tem p o ralen und In ten sitätsu n tersch ied e an d e r K om petenz- und S p rach g eb au ch stru k tu r d e r v e rsc h ie d e n e n d e u tsc h e n S ie d lu n g sg e b ie te ab lesen : D abei g eh t es in e rste r L in ie n ic h t (m eh r) um die E ta b lie ru n g d es U n g a risc h e n im s p ra c h lic h e n R e p erto ire d e r U n g arn d eu tsc h en , so n d e rn viel m eh r um die P o sitio n und den G e b ra u c h d es D ialek tes. V gl. dazu: E rb /K n ip f 2 000; E rb /K n ip f 1998.
d er K o n tak te d e r U n g arn d eu tsch en zum U ngarischen, ja , so g ar in d e r G esch ich te der ungarndeutschen M undarten zu w erten, denn nach 1945 zeigen sich nicht nur in d er A nzahl der K o n ta k tp h ä n o m e n e (ra p id e V erm e h ru n g ), so n d ern auch in ih re r A rt g rav ie re n d e V e r ä n d e r u n g e n im V e r g le ic h z u r v o r a n g e h e n d e n E p o c h e . M it e i n e r f e in e r e n U ntergliederung, einer hierarchischen Periodisierung läßt sich aber diese erste große E poche in k leinere A b schnitte zerlegen, w obei historisch prägende E reignisse - so d er A usgleich zw ischen Ö sterreich und U ngarn im Jahre 1867 und das E nde des E rsten W eltkrieges im Jahre 1918 - j e w e i l s als zeitliche G renzen fungieren.
1945 ist a ls o als Q u a litä ts - und Q u a n titä ts g re n z e in d e r G e s c h ic h te d e r K o n ta k te a n z u s e h e n , e s g ib t a b e r n o c h e in e n a n d e r e n G ru n d , u n d z w a r f o rs c h u n g s - u n d ü b e rlie fe ru n g s g e s c h ic h tlic h e r P ro v e n ie n z , d e r den F o rs c h e r g e ra d e z u z w in g t, tro tz b e o b a c h tb a re r B in n e n g lie d e ru n g die drei Z e ita b s c h n itte se it d e r A n s ie d lu n g zu e in e r P erio d e zu s a m m e n z u le g e n und als so lc h e zu b eh a n d eln und d a m it sin d w ir bei u n se re m K o rp u s a n g e la n g t. A n g a b e n zu d en K o n ta k te n u n d k o n k re te s p ra c h lic h e B e isp ie le flie ß e n in u n se re m F all n ä m lic h e rs t se it d em le tz te n D ritte l d es 19. Ja h rh u n d e rts und d a au c h n u r sp ä rlic h , v o m E rw a rtu n g s h o riz o n t d es L in g u iste n h e r g e s e h e n se h r o ft u n g e n a u u n d b ei w e ite m n ic h t flä c h e n d e c k e n d in a re a le r H in sic h t. G e ra d e fü r d ie von u n s u n te rs u c h te (n ) P e rio d e (n ) ist d e r Q u e lle n m a n g e l se h r ty p is c h , w ir k ö n n e n a u f G ru n d d e r te c h n is c h -m e d ie n g e s c h ic h tlic h e n E n tw ic k lu n g nu r a u f s c h riftlic h e Q u ellen z u r ü c k g re ife n u n d d a a u c h n u r - um d as P rin z ip d e r z e itlic h e n S y n c h ro n iz itä t n ic h t zu v e r le tz e n - a u f j e n e B e le g e , d ie b is z u m E n d e d e s u n te r s u c h te n Z e i tr a u m e s d o k u m e n tie rt w o rd e n sin d , w as e in e e rg ä n z e n d e R e la tiv ie ru n g d u rc h die E in b e z ie h u n g s p ä te re r, a u c h g e s p ro c h e n e r Q u e lle n n ic h t a u s sc h lie ß t. D a d u rc h k a n n a b e r z u m in d e s t e in e re la tiv e , w e n n g le ic h a u c h w e ite rh in p ro b le m a tis c h e un d k e in e s w e g s a b s o lu te C h ro n o lo g ie d e r e in z e ln e n L e h n p h ä n o m e n e e rre ic h t w erd en .
Aus verschiedenen Q uellen - nicht selten mit einer gänzlich anderen G rundausrichtung - konnten letztendlich an die vierhundert usualisierte ungarische Lehnw örter für die untersuchte Epoche isoliert werden.6 Dies ist allerdings eine G esam tm enge, die neben solchen Lehnwörtern, die eine gebietsübergreifende entlehnerische R esonanz erfahren haben, auch solche enthält, die nur für einige oder sogar nur für eine einzige O rtsm undart dokum entiert wurden. Als Belegorte für unser Quellenmaterial können 34 Einzelortschaften und darüber hinaus vier größere Siedlungsgebiete angeführt w erden, das Sathm argebiet, das Banat, das O fner Bergland und d ie S tad t A p atin m it U m g eb u n g . T ro tz d ie se r q u a lita tiv e n und a re al-g eo g rap h isch e n Einschränkungen w eist das au f uns gebliebene Belegm aterial eine innere K ohärenz auf und erm öglicht in vielfach er H in sich t w ichtige E inblicke sow ohl in sprachliche als auch in w irtschaftlich-kulturelle Etablierungsstrategien der U ngarndeutschen. B etont w erden m uß außerdem noch, daß es nicht nur für verschiedene Teilbereiche der Linguistik, sondern auch
—=aoc=—
6 Die A uflistung der von uns bearbeiteten Quellen siehe im Anhang. Die Erschließung der Q uellen erfordert übrigens philologische Kleinstarbeit, denn die überw iegende M ehrheit der Belege ist in Arbeiten mit einer oft gänzlich anderen G rundausrichtung zu finden. D eshalb ist auch davon auszugehen, daß das bisher geortete und bearbeitete Belegm aterial noch ergänzt w erden kann — vor allem in arealer H insicht, d.h. w as die A nzahl der Belegorte der einzelnen K ontaktphänom ene anbelangt —, w ir denken jedoch, daß es auch in diesem U m fang repräsentativ ist und eine solide Basis für die U ntersuchung dieser vielschichtigen Problem atik darstellt.
fü r diverse andere W issenschaften, so u.a. auch für die G eschichtsw issenschaft, für die Volkskunde, für die Soziologie und für die Psychologie als sehr reichhaltiges und vielschichtiges K orpus zu w erten ist.
2. D ie u n garisch en L eh n w örter und ihre E inteilun g in S ach gru pp en
K om m en w ir je tz t nach diesen, w enn auch längeren, aber zum richtigen V erständis der eigentlichen Problem atik wichigen einleitenden G edanken zu unserem Korpus. W ie bereits schon erw ähnt, weisen die vierhundert Lehnw örter auch in ihrer arealen und zahlenm äßigen U nvollständigkeit m ehrfach eine innere K ohärenz und System atik auf, was auch darin zum A usdruck kom m t, daß ihre überw iegende M ehrheit bestim m ten Sachbereichen, them atischen Reihen, bzw . Lekten zugeordnet w erden kann. D ies wiederum legt - bei allen, zw eifelsohne b e s te h e n d e n d iffe re n te n o rtsty p is c h e n B e g e b e n h e ite n und V e rsc h ie d e n h e ite n - das V orhandensein gem einsam er Bedürfnisse, Steuerungsfaktoren, M öglichkeiten und Strategien b eim E n tle h n u n g s p ro z e s s nahe. G e w isse Ü b e re in stim m u n g e n so w o h l im k o n k rete n Lehnw ortm aterial als auch in den eruierbaren Steuerungsfaktoren lassen sich einerseits bei d e n e i n z e ln e n n a c h tü r k is c h e n d e u ts c h e n O rts m u n d a rte n - tr o tz m u n d a r tlic h e r , siedlungsgeschichtlicher und arealer U nterschiede - feststellen, interessant ist jedoch, daß es darüber hinaus in bestim m ten Bereichen des Lehnguts auch zwischen den älteren7 und jüngeren deutschen S prachinselm undarten und sogar auch zwischen diesen beiden und den anderen M inderheitensprachen von Ungarn gewisse Ähnlichkeiten gibt, w orauf wir im V erlaufe unserer A usführungen noch kurz zu sprechen kom m en.
V ertreten sind in unserem B elegm aterial - h ier aus um fänglichen G ründen allerdings nur durch ein ig e B eisp iele rep räsen tiert - fo lgende B ereiche:
1. Kleidung, Tracht: ung. bakancs ‘schwere Schnürschuhe, die bis oberhalb des Knöchels reichen’; ung. bekecs ‘kurzer, taillierter, gefutterter Wintermantel mit Pelz’; ung. bunda 1.
‘aus Schafspelz verfertigtes, ärmelloses, mantelartiges Kleidungsstück’ (Hirtentracht) - 2.
‘Wintermantel mit Pelz gefüttert’; ung. bocskor ‘einfaches, schlichtes Schuh werk aus Leder mit Riemen’; ung. csizma ‘Stiefel’; ung. gatya 1. ‘weites Männerkleidungsstück (Hose) aus Leinen, das bis unter die Knie reicht und unmittelbar am Körper getragen w ird’ - 2.
‘Unterhose’; ung. szűr ‘weites, mantelartiges Oberbekleidungsstück der Männer mit Ärmeln, das man über die Schultern geworfen trägt’ (Volkstracht);
2. Eßkultur, Speisen: ung. csusza ‘dünn aufgerollte, in kleinere Stücke zerschnittene, gekochte Mehlspeise: Flecken’; ung. gulyás ‘Gericht aus gedünstetem Rindfleisch mit Kartoffeln, Pa
prika und Zwiebeln: Gulasch’; ung. kalács (< slaw.) ‘aus feinem Mehl mit Milch, Butter und Eier (im Backblech) gebackener Hefeteig’; ung. palacsinta (< rum.) ‘dünne Mehlspeise aus Milch, Mehl, Eier und Zucker, die in der Pfanne gebacken, mit unterschiedlichen Füllungen bestrichen und danach zusammengerollt wird: Palatschinke’; ung. paprikás ‘Gericht aus kleinen Fleischwürfeln, gebraten und gegart in Paprikaschmalz mit Zwiebeln’; ung. pogácsa (< südslaw.) ‘rundes, salziges Gebäck aus fettigem Teig (oft auch mit Grammeln zubereitet)’;
ung. szárma (< serbokroat., rum.) ‘gefülltes Kraut, Krautwickel’;
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'G u t dokum entiert sind die ungarischen Lehnw örter im Siebenbiirgisch-Sächsischen. Vgl. dazu z.B.: Jacobi 1895.