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Fragen und Antworten im Spiegel einer dialektologischen Umfrage in Ungarn

1. Es ist bekannt, dass die m etalinguistischen Reflexionen den Sprachgebrauch bzw. alles, was m it Sprachen und Sprachgebrauch irgendw ie zusam m enhängt, in großem M aße beeinflussen.

So ist es auch m it den Dialekten, den Dialektsprechern und dem Dialektgebrauch. Eben deshalb ist es w ic h tig , d ie s e m P ro b le m k re is von S e ite n d e r D ia le k to lo g ie d ie g e b ü h re n d e A ufm erksam keit zu schenken. (Die soziolinguistische und dialektologische Fachliteratur über die in F ra g e k o m m e n d en P ro b le m e ist zie m lic h groß, ab e r d en jen ig e n , d ie sich m it diesbezüglichen Problem en beschäftigen, gut bekannt. Aus diesem G runde erlaube ich mir, a u f das M itteilen einer ausgew ählten Bibliographie zu verzichten.)

Im F rühjahr 2001 habe ich eine Erhebung zur Erfassung m etalinguistischer K enntnisse eines bestim m ten, soziologisch klar um rissenen Inform antenkreises begonnen, um relevante Daten bezüglich der M einungen über Dialekte, D ialektsprecher sowie den D ialektologie-U nterricht an U niversitäten und H ochschulen im K arpatenbecken zu gew innen, an denen das Fach U ngarische S prache und L iteratur unterrichtet wird. Ich hatte ferner vor, N äheres darüber zu erfahren, wie ungarische Linguisten - Dialektologen wie Nicht-Dialektologen - die ungarische D ialektologie von heute beurteilen. Ich bediente mich selbst erstellter Fragebögen, deren Fragen schriftlich zu beantw orten waren. Die Untersuchung wurde noch nicht abgeschlossen. D er vorliegende A ufsatz stellt einige der hierbei gew onnenen Ergebnisse vor.

2. D ie S tudenten - 823 an d er Z ahl - haben je einen Fragebogen bekom m en und die Fragen w ährend e in e r lin g u istisc h e n S tu n d e sc h riftlich beantw ortet. E s h an d e lt sich also um sprachliche S elb streflex io n en , m it anderen W orten sog. subjektive A ngaben bzw . D aten.

A ) Ich w o llte m ich u nter anderem d arü b er inform ieren, w ieviel P rozent d er Inform anten diejenigen S tudenten ausm achten, die aus G egenden stam m en, w o D ialekt gesprochen wird bzw . die se lb er m e h r o d er w en ig er D ialekt sprechen können. Es ist näm lich anzunehm en, dass S tudenten m it m undartlichen K enntnissen bzw . H intergrund und K ontakten m ehr konkrete K enntnisse und w en ig er falsche V orstellungen über die D ialekte und M undarten, die D ialek tsp rech er und den D ialektgebrauch besitzen und m eistens doch m ehr Interesse dem D ialektologie-U nterricht entgegenbringen, als diejenigen, die keine D ialektkom petenz und keinen dialek talen H in terg ru n d haben. D as E rgebnis: 78,9% d er Inform anten besitzen keinen D ialek t-H in terg ru n d , dem g eg en ü b er können nur 21,1 % m ehr oder w eniger D ialekt sprechen. W enn m an bedenkt, dass m ehr als die H älfte der ungarischsprachigen B evölkerung im K arpatenbecken (circa 13 M illionen M uttersprachler in U ngarn und den N achbarstaaten)

D ialekt bzw . neben d er regionalen U m gangssprache auch D ialekt sprechen kann, m uss b ehauptet w erden, dass d ie S tudenten m it D ialekt-K enntnissen in d ie ser S tudenten-G ruppe (Fach: U ng arisch e S prache und L iteratur) stark unterrepräsentiert sind. W ie zu erw arten w ar, gibt es signifikante U nterschiede je nach dem , ob es sich um Studenten in d er H auptstadt (B udapest), in den sog. „P rovinzstädten” in U ngarn oder in S tädten d er N achbarstaaten handelt. B ekannterw eise ist näm lich die D om inanz der S tandardsprache in d er H auptstadt am größten und u n te r den M itgliedern d er M inderheiten am geringsten. D ie S tatistik zeigt folgendes Bild:

Studenten m it D ialekt-K enntnissen ohne D ialekt-K enntnisse

In U ngarns N achbarstaaten 66,6% 33,3%

In S tädten a u f dem L ande 14,8% 85,2%

In der H au p tstad t 8,5% 91,5%

B) Ich w ollte auch w issen, inw iew eit die Studenten der H ungarologie sich dessen bew usst w aren, w elche S tereotypen in d er G esellschaft bezüglich des D ialektgebrauchs bzw . der D ialek tsp rech er v orherrschen. G efrag t w urden allerdings nur d iejenigen 650 S tudenten, die noch vor ihrem D ialektologie-S tudium standen, die also über diesen F ragenkreis keinen system atischen U nterrich t b ekom m en hatten. D ie m eisten w ohl im pliziten K enntnisse der Studenten k orrelieren m it den E rfahrungen und E rhebungen d er L inguisten. N äm lich 40,5%

d e r B e fr a g te n m e in e n , d a s s d ie M e in u n g in d e r G e s e lls c h a f t w e it v e r b r e ite t ist, D ialektgebrauch sei ein Z eichen des U ngebildetseins. 16% vertreten die M einung, dass viele M enschen den D ialek tg eb rau ch als fehlerhaft, inkorrekt ansehen.

C ) Seit der A ufklärung w ird die Frage im m er w ieder aufgeworfen, wie lange D ialekte bzw.

M undarten noch gesprochen werden. Alles schien dafür zu sprechen, dass das A ussterben der D ialekte kurz bevorstünde. So w ar es auch in Ungarn. N ur ausnahm sw eise w aren andere Stim m en zu hören. Ein M undartforscher in U ngarn hat im Jahre 1914 au f die frühere düstere Prognose seiner V orläufers so reagiert, dass die älteren Leute in der untersuchten Region auch 82 Jahre später im m er noch so sprechen, wie sein Vorgänger es in seiner dam aligen Beschreibung registriert hatte. D er R ückzug der M undarten hat auch in U ngarn nach dem 2. W eltkrieg stark zugenommen. Es gibt eine Reihe von gesellschaftlichen, soziopsychologischen, wirtschaftlichen, kulturellen usw. Faktoren, die diesen Prozess bestim m ten. U nter diesen Faktoren spielte die V eränderung d er E instellung der D ialektsprecher ihrem eigenen D ialekt gegenüber eine besondere Rolle. Ein w ichtiger W endepunkt in der Einstellung der D ialektsprecher in U ngarn hän g t m it d e r nach so w je tisc h en M ustern d u rch g e fü h rten Z w an g sm o d e rn isie ru n g der Landw irtschaft zusam m en. Es w urden (sehr oft m it verschiedenen Form en staatlicher Gewalt) landw irtschaftliche Produktionsgem einschaften zustandegebracht. G roße M assen von Bauern, also die B asis der dialektsprechenden Bevölkerung, m ussten jahrelang in U nsicherheit leben.

D ie von oben befohlene und dirigierte M odernisierung hatte unter anderem zur Folge, dass die selbsregulierende innere O rdnung der bäuerlichen Gesellschaft zerstört wurde. W ichtige Formen bäuerlicher Traditionen w urden als kleinbürgerlich, reaktionär und schädlich gebrandm arkt.

D as frühere W ertesystem der bäuerlichen B evölkerung wurde teils aufgelöst, und als Folge traten Identitätsproblem e unter der Landbevölkerung auf. D as w ar in den fünfziger Jahren, und w as eben nach diesen Jahren, Ende der fünfziger, A nfang der sechziger Jahre beobachtet

werden konnte, war, dass die in Frage stehende Bevölkerungsgruppe sich ihrer eigenen M undart in öffentlichen G esprächsituationen m assenw eise zu schäm en begann. Zw eifelsohne wurde dies (zum indest teilw eise und nicht unbedingt gewollt) durch die am tliche Ideologie unterstützt, nach der die A rbeiter und Bauern infolge der Kulturrevolution bald ein höheres N iveau an allgem einer B ildung erreichen w ürden, und als deren B egleiterscheinung dann auch die D ialektsprecher nur die Standardsprache sprächen. Es ist nachgew iesen, dass die V eränderung der Einstellung der D ialektsprecher einen großen Anteil daran hat, dass sich die sogenannte b in n e n s p ra c h lic h e D ig lo s s ie in d en s e c h z ig e r Ja h re n u n te r d e r d ia le k ts p re c h e n d e n L a n d b e v ö lk e r u n g in U n g a r n so r a s c h u n d m a s s e n w e is e v e r b r e it e t h a t. Is t d e r S prachvarietätenw echsel (Dialekt > Standardsprache) bei den D ialektsprechern eingetreten?

In einigen F ällen ja , sonst nicht. Steht das Verschw inden der D ialekte in U ngarn vor der Tür?

Nein. Z w ar haben die D ialekte m anche D om änen zugunsten der Standardsprache aufgegeben, zw ar sind sie system linguistisch der Standardsprache näher gerückt, ferner w erden sie von w en ig e r M e n sch e n und selten er gespochen, sie leben aber w eiterhin. D ie allerm eisten D ialektsprecher sind (binnensprachlich) diglott in dem Sinne, dass sie neben ihrem D ialekt auch die Standardsprache bzw. in den meisten Fällen eine regionale U m gangssprache sprechen.

D ie Tatsache, dass sich großräum ige regionale U m gangssprachen herausgebildet haben, ist ein zusätzlicher Bew eis für die Lebenskraft der Dialekte.

W ie sehen die S tudenten die Z ukunft der ungarischen D ialekte? 40,8% d er Studenten, die ihr D ialek to lo g ie-S tu d iu m abgeschlossen haben, vertraten die M einung, dass die D ialekte früher oder später aussterben w ürden ~ die m eisten fügten hinzu: leider. 31,8% d er B efragten m einen, dass die D ialekte erhalten bleiben ~ viele fügten hinzu: w enn auch w eniger D ialekte anzutreffen sein w erden als heute. 32,6% konnte sich nicht entscheiden, m eistens m it der

D ) E s ist bekannt, dass die U n terschiede zw ischen den D ialekten bzw . der S tandardsprache und den D ialekten im U n garischen viel g eringer sind als zum B eispiel im D eutschen und Italienischen. A bg eseh en von den T schango-D ialekten in der M oldau (R um änien) kann v o n s c h w e r w ie g e n d e n K o m m u n ik a tio n s s c h w ie r ig k e ite n n ic h t d ie R e d e s e in . Selbstverständlich g ibt es V erständnisproblem e, w enn M undartsprecher D ialektw örter bzw.

m undartliche P hraseologism en gebrauchen, die in d er S tandardsprache bzw . in anderen D ialekten n ic h t g eläu fig sind. D iese K om m unikationsschw ierigkeiten können aber m it verschiedenen K om m unikationstechniken relativ leicht gem eistert w erden. W ie beurteilen d ie Inform anten dieses P ro b lem ? A u f die F rage, ob d er D ialektgebrauch im U ngarischen P roblem e in d er K om m unikation hervorruft oder nicht, haben w ir folgende A ntw orten bekom m en: 1. der D ialektgebrauch kann unter U m ständen K om m unikationsschw ierigkeiten m it sic h b rin g e n (w e n n n ä m lic h M u n d a rtw ö rte r g e b ra u c h t w erd e n ): 5 3 ,6 % . 2. D er D ia le k tg e b ra u c h b e d e u te t k e in e P ro b le m e in d e r K o m m u n ik a tio n : 3 1 ,2 % . 3. D e r D ialek tg eb rau ch b ringt V erständnisproblem e in der K om m unikation m it sich: 15,1%.

E) W ir haben gesehen, dass die D ialekte auch in U ngarn als stigm atisierte V arietäten gelten (siehe ). A ls solche w erden sie von vielen Sprechern als m inderw ertig, grob usw. angesehen.

Es scheint eben deshalb w ichtig zu w issen, ob S tudenten, die später L ehrer(innen) w erden, auch P ositives in den D ialekten und im D ialektgebrauch sehen o d er nicht. Ich habe also die Frage gestellt, ob die F ähigkeit des D ialektsprechens als P ositivum angesehen w erden kann. 93% d er 650 Inform anten, die also kein D ialektologie-S tudium absolviert haben, haben m it „ ja ” un d nu r 7% m it „n ein ” geantw ortet. D ieses E rg e b n is zeugt von guten d iesbezüglichen m etalinguistischen K enntnissen d er Studenten.

3. Es ist zu hoffen, dass d e r U nterricht dialektologischer K enntnisse überall erfolgreich abläuft und dazu b eitragen wird, die noch anzutreffenden falschen S tereotypen abzubauen und das H eim atgefühl d er D ialektsprecher in ihrem D ialekt zu stärken und zu festigen hilft.