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Textbeschreibung

5 Der Text

5.2 Textbeschreibung

Der Text wird in der Textlinguistik modellhaft dargestellt. Zu diesem Zweck sind verschiedene Modelle entstanden, die „Zugänge zur Bestimmung der Wesensmerkmale von Texten und zur Charakterisierung einzelner Text-phänomene“ ermöglichen (Heinemann/Viehweger 1991: 19). Diese Modelle beschreiben das Phänomen Text aus der Perspektive der Textualität. Die Be-schreibungsmodelle haben die Entwicklung und Differenzierung des Text-begriffs ebenfalls beeinflusst (Feld-Knapp 2005: 49). Die im Folgenden darzu-stellenden Modelle sind für integrative Textbeschreibungsansätze bis heute grundlegend. An dieser Stelle soll überblicksmäßig dargestellt werden, wie diese Modelle den Text als Phänomen erfassen, inwiefern sie einander ergän-zen bzw. wissenschaftlich bereichern und wie sie die Entwicklung des lin-guistischen Textbegriffs geprägt haben.

Vor der kommunikativ–pragmatischen Wende bzw. vor der Herausbil-dung der Textlinguistik (Mitte der 1960er Jahre) galt der Satz als die kom-plexeste sprachliche Einheit und das Forschungsinteresse richtete sich auf den Einzelsatz. Mit der Herausbildung der Textgrammatik wurde die am Einzel-satz orientierte Grammatikbeschreibung im Sinne des sog. Erweiterungs-postulats überwunden: Texte wurden in diesem Sinne als satzübergreifende Einheiten aufgefasst. Der Begriff des Erweiterungspostulats bezieht sich auf die Erweiterung der traditionellen Satzlinguistik zu einer Textlinguistik, in der der Text die oberste linguistische Einheit darstellt. Texte wurden in diesem Sinne als transphrastische Ganzheiten aufgefasst, wobei für das Erfassen der Textualität die Überschreitung der Satzgrenze maßgebend war (Heinemann/

Viehweger 1991: 22ff.; Gansel /Jürgens 2002: 33ff.). Textgrammatische Kon-zepte gehen von der Satzverknüpfungshypothese aus, nach der Texte als einfa-che Kombination von Sätzen konzeptualisiert werden, zwiseinfa-chen denen ko-härente Beziehungen bestehen (Isenberg 1974). In dieser textgrammatischen Auffassung bezogen sich die Textbetrachtung und daher der Textbegriff auf oberflächenstrukturelle Phänomene wie die Satzverknüpfung: Der Text wur-de hier als Ausdruck von Zeichenrelationen aufgefasst, unter besonwur-derer Be-rücksichtigung der Fragen der strukturellen Prinzipien der Textkonstitution und der Regeln der Satzverknüpfung (Feld-Knapp 2005: 49).

Dabei ist nach Harweg (1968) die Pronominalisierung eine grundlegende grammatisch–syntaktische Bedingung der Kohärenz und stellt das entschei-dende Mittel der Textkonstitution dar. Der Text ist in diesem Sinne „ein durch ununterbrochene pronominale Verkettung konstituiertes Nacheinander sprachlicher Einheiten“ (Harweg 1968: 148). Harweg zufolge zeigt sich die Pronominalisierung im Prinzip der Wiederaufnahme, das für die Textkon-stitution von hoher Relevanz ist.

Im Vergleich zu Harwegs Auffassung hebt Weinrich ebenfalls ein Ober-flächenphänomen, nämlich die grammatische Perspektive hervor. Im Zen-trum seines Textbeschreibungsmodells „steht das Problem der Kommunika-tionssteuerung mit Hilfe grammatischer Mittel“ (Heinemann/Viehweger 1991: 30). Bei der Steuerung der Textrezeption wird den Artikeln und Tempus-morphemen eine große Bedeutung zugeschrieben. Wie schon in Harwegs Modell wird die Textkonstitution auch bei Weinrich grammatisch aufgefasst, wobei der Versuch unternommen wird, grammatische Phänomene in ihrer Rolle für die Textkonstitution und für die Textrezeption zu beschreiben. Als ein erhebliches Defizit dieser Modelle erweist sich der Umstand, dass sie Texte gleichsam an sich, d.h. von den am Kommunikationsprozess Beteiligten ge-trennt behandeln (Heinemann/Viehweger 1991: 30f.; Feld-Knapp 2005: 49).

Gegenüber den Textbeschreibungsmodellen, in denen die Oberflächen-struktur des Textes im Mittelpunkt stand, betonen semantische Textbeschrei-bungsansätze die inhaltliche Verflechtung des Textes. Im Mittelpunkt dieser Untersuchungen stehen semantische Basisstrukturen, wodurch die Gesamt-heit der semantischen Informationen reflektiert werden kann. Zu den seman-tischen Textbeschreibungsansätzen gehören der Isotopieansatz, der Ansatz der funktionalen Satzperspektive bzw. der thematischen Progression und der Ansatz der semantischen Beschreibung. Bei diesen Ansätzen geraten die Text-tiefenstruktur, Thema–Rhema-Strukturen und die Beziehungen zwischen Propositionen in den Vordergrund (Heinemann/Viehweger 1991: 36ff.; Feld-Knapp 2005: 49).

Seit 1970, der kommunikativen Textauffassung, wurde das Funktionieren von Texten in praktischen Lebenszusammenhängen fokussiert, wobei die Blickrichtung vom Text zum Satz läuft und der Text als eine kommunikative Einheit aufgefasst wird (Gansel/Jürgens 2002: 46). Für die Textdefinition wer-den kommunikativ–pragmatische und kompositorische Prinzipien, nach

de-nen die sprachlich–kommunikative Tätigkeit organisiert ist, herangezogen. In kommunikativen Textmodellen werden auch situative und Kontext-Faktoren in die Textbeschreibung einbezogen (Heinemann/Viehweger 1991: 50).

In Schmidts Theorie von 1976 wird der Text in eine Kommunikations-situation eingebettet, in der Texte thematisch orientiert sind und über eine kommunikative Funktion verfügen. Die Erfüllung der kommunikativen Funktion setzt aber beim Sprachbenutzer die Kompetenz voraus, mit dem Text handeln, also mit ihm in Kommunikation treten zu können (Feld-Knapp 2005: 50). Texte werden daher „im Prozess ihrer Konstituierung, Versprach-lichung und Verarbeitung durch die Kommunikationspartner“ untersucht (Heinemann/Viehweger 1991: 65). Dabei ist hervorzuheben, dass Texte nicht als isolierte Repräsentationsformen des Kommunizierens aufgefasst werden, sondern „sie werden durch ihre Makrostruktur an das interaktionale soziale Handeln der Kommunizierenden gebunden“ (Feld-Knapp 2015c: 23).

Psychologische Handlungs- und Tätigkeitstheorien, handlungstheoreti-sche Konzepte bzw. die Sprechakttheorie haben die sprachwissenschaftliche Modellbildung beeinflusst, so dass um die Mitte der 1970er Jahre ein textlin-guistisches Modell entwickelt wurde, das Sprache als eine Form menschlichen Handelns definierte und in dessen Mittelpunkt somit das Handeln mit der Sprache als eine sprachliche Tätigkeit stand (Wunderlich 1976; Rehbein 1977;

Heinemann/Viehweger 1991: 54ff.).

Seit der kognitiven Wende in den 1990er Jahren lässt sich in der linguis-tischen Forschung bzw. in linguislinguis-tischen Modellbildungen eine Hinwendung zur psychologischen Erklärung sprachlicher Prozesse beobachten. Ausgehend von der Einheit der Tätigkeit und des Bewusstseins wird die Auffassung ver-treten, dass jedes Tun von kognitiven Prozessen begleitet wird und Handelnde über innere Modelle von Operationen verfügen. Durch die Akzentuierung des Kognitiven lassen sich Texte als Resultate mentaler Prozesse definieren (Heinemann/Viehweger 1991: 66f.).

Prozedurale Textbeschreibungsmodelle betrachten den Text als „Resultat einer Vielzahl ineinandergreifender psychischer Operationen“ (ebd., S. 67) und sollten psychische Prozesse bei der Textverarbeitung (sowie auch bei der Textproduktion) berücksichtigen. Das Neue des prozeduralen Ansatzes be-steht im Vergleich zu den Tätigkeitskonzepten darin, dass Kenntnissysteme der Kommunikationspartner in die Textbeschreibung mit einbezogen und

Prozeduren für deren Aktualisierung und Verarbeitung aufgedeckt werden.

Dadurch werden Prozesse der Textproduktion und der Textrezeption in den Vordergrund gestellt (Tolcsvai Nagy 2001; Feld-Knapp 2005: 51; Kertes 2014 und 2018).

Der kognitive Textbegriff rückt also Textverarbeitungsprozesse in den Mittelpunkt. Dies hat den Vorteil, dass dadurch Text und Rezipient mitein-ander verbunden werden können. Mit Hilfe dieses Textbegriffs kann über-prüft werden, wie der strukturell analysierte Text vom Rezipienten mental verarbeitet wird (de Beaugrande/Dressler 1981; Heinemann/Viehweger 1991;

Börner/Vogel 1996; Feld-Knapp 2005 und 2014d).

Der empirischen Forschung der vorliegenden Arbeit liegt einerseits – um die unsichtbaren mentalen Textverarbeitungsprozesse des Rezipienten unter-suchen zu können – der kognitive Textbegriff, andererseits die kommuni-kative Textdefinition (Brinker 1997; Brinker /Cölfen/Pappert 2014) zugrunde, die ermöglicht, an den Text strukturell und funktional heranzugehen. Da-durch wird also möglich, einerseits eine strukturelle Textanalyse Da- durchzu-führen, andererseits die sprachlichen Mittel auf der Textoberfläche in ihrer textuellen Funktion zu untersuchen. Durch die kommunikative Textdefini-tion, nach der „ein Text eine in sich inhaltlich und sprachlich kohärente, begrenzte Abfolge sprachlicher Zeichen ist, die unter einem gemeinsamen Thema steht und als Ganzes eine kommunikative Funktion erfüllt“ (Brinker 1997: 17), lässt sich der Text als sprachliche und kommunikative Einheit beschreiben.

Im Vorigen wurden die Textbeschreibungsmodelle des transphrastischen, semantischen, kommunikativen, handlungstheoretischen, prozeduralen und kognitiven Ansatzes einerseits aus der Perspektive vorgestellt, wie sie den Text erfassen und ihn beschreiben. Andererseits wurde bei der Vorstellung be-rücksichtigt, inwiefern die Modelle zur Entwicklung des Textbegriffs beige-tragen haben und welche Akzente sie bei der Textbeschreibung setzen. An-hand der BeAn-handlung der einzelnen Modelle hat sich die der empirischen Forschung zugrunde liegende Textdefinition mit Elementen des kognitiven und des kommunikativen Textbegriffs herauskristallisiert.