• Nem Talált Eredményt

Der Text als Forschungsgegenstand

5 Der Text

5.1 Der Text als Forschungsgegenstand

Der Text stellt den Forschungsgegenstand verschiedener Wissenschaften dar, unter denen die Textliguistik eine bedeutende Rolle einnimmt. Textlinguistik ist eine ziemlich junge Teildisziplin der Linguistik, die sich um die 1960er Jahre zu etablieren begann. Textlinguistik eröffnete der Linguistik eine neue Erkenntnisdimension, leistete einen Beitrag zur Neubestimmung der theore-tischen Grundpositionen vieler sprachwissenschaftlicher Disziplinen, wirkte prägend auf die Wissenschaftsentwicklung der Linguistik und weitete sich zu einem interdisziplinären Forschungsfeld aus. Trotzdem ist Textlinguistik eine heterogene Wissenschaft, die über ein komplexes theoretisches Konzept ver-fügt (Nussbaumer 1991; Heinemann/Viehweger 1991: 10ff.; Schoenke 2000:

123ff.; Vater 2001; Adamzik 2001; Károly 2018).

Allen textlinguistischen Beschreibungen ist gemeinsam, dass zu ihrem Forschungsgegenstand der Text und seine sprachliche Gestalt gehört; der Text selbst ist dabei ein komplexer, umfassender Begriff, mit dem sich verschie-dene Textwissenschaften beschäftigen, die sich ihm mit unterschiedlichen Fragestellungen und Interessen annähern. Die Textlinguistik entwickelte sich rasant und erlebte während einer kurzen Zeit relevante Umbrüche.

In der Wissenschaft wird über drei Hauptphasen in der Entwicklung der Textlinguistik gesprochen. Erstens ist der transphrastische Ansatz zu erwäh-nen, in dessen Mittelpunkt die Sätze standen, die sich zu kohärenten Folgen verbinden sollen. Zweitens spricht man über den kommunikativ–pragma-tischen Ansatz, der den Text in erster Linie nicht als bloße Satzfolge, sondern als eine über eine kommunikative Funktion verfügende Ganzheit betrachtet.

Drittens unterscheidet man den kognitivistischen Ansatz, der mentale Pro-zesse der Textproduktion und der Textrezeption in den Vordergrund stellt (Adamzik 2004: 1). Obwohl diese drei Hauptausprägungen eine eindeutige Entwicklungstendenz darstellen, stehen sie in unterschiedlicher Beziehung zu anderen Textwissenschaften bzw. zu Nachbardisziplinen, was auch den Über-blick über die Wissenschaftsgeschichte der Textlinguistik erschwert. Über den Gegenstand, die Aufgaben bzw. die Methoden dieser linguistischen Subdis-ziplin besteht bis heute kein Konsens.

Die Bezeichnung Textlinguistik steht für ein Zukunftsprogramm, das als neue linguistische Teildisziplin eingeführt wurde, die einer linguistischen Aufgabe entspricht. Aus Hartmanns Gedanken, der als einer der Begründer der Textlinguistik betrachtet wird, geht hervor, dass sich aus der Kritik an der Systemlinguistik in den 1960er Jahren eine Forderung nach einer textorien-tierten Linguistik ableitete. In der Programmatik der Textlinguistik wurde eine verwendungsorientierte Sprachwissenschaft angekündigt; außerdem wurde auf die kommunikative Textfunktion bzw. auf die Textbeschreibung mit texttranszendenten Mitteln hingewiesen (Hartmann 1968).

Diese Sichtweise führte zum Phänomen Text als Forschungsgegenstand der Textlinguistik. Text wurde einerseits als verwendete Sprache, andererseits als eine dem Satz übergeordnete Einheit betrachtet. Die Annäherung an den Text als eine dem Satz übergeordnete Ebene bedeutete eine Abkehr vom Strukturalismus. An diesem Punkt tauchte die Frage auf, ob Textlinguistik eine Gegenbewegung zum Strukturalismus oder dessen Weiterentwicklung

darstellt – auch in dieser Hinsicht gibt es keine Einigkeit unter den Textlin-guisten, es finden sich diesbezüglich nämlich weiterhin unterschiedliche, nebeneinander bestehende Ansätze (Adamzik 2004: 2ff.; Weinrich 1978). Es wäre aber für die Wissenschaft fruchtbringend, Text- und Satzlinguistik als komplementär zu betrachten,

[…] wobei satzlinguistische Untersuchungen einerseits als wesentliche Vor-aussetzung für textlinguistische Darstellungen angesehen, andererseits aber in der übergreifenden Textlinguistik „aufgehoben“ werden können. (Heine-mann/Viehweger 1991: 15)

Laut van Dijk lässt sich Textlinguistik nicht als Bezeichnung für eine einzelne Theorie bzw. Methode verwenden. Sie ist eine „sprachwissenschaftliche Ar-beit, die dem Text als primärem Forschungsobjekt gewidmet ist“ (de Beau-grande/Dressler 1981: 15). Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Texten ist nicht neu und der Text wird nicht nur in der Linguistik erforscht. In Bezug auf die theoretische Fundierung bzw. Absicherung der Textlinguistik werden Vorläufer in methodologischer und theoretischer Hinsicht in anderen Diszip-linen, vor allem in der Rhetorik, Stilistik, Literaturwissenschaft, Soziologie und Kulturanthropologie gesucht (de Beaugrande/Dressler 1981).

Rhetorik versteht sich als „eine Theorie und Praxis umfassende Lehre wirkungsvoller Kommunikation“ (Adamzik 2004: 6). In der Rhetorik wurden Texte seit der Antike behandelt, wobei Sprache bereits als kommunikative Handlung definiert wurde. Die Hauptaufgabe der Rhetoriker war die Ausbil-dung der Redner, bei der die Konzipierung von Texten eine wichtige Rolle spielte. Die Rhetorik suchte Antworten auf die Frage, wie linguistische Struk-turen durch Entscheidungs- und Auswahloperationen aufgebaut werden und was die Implikationen solcher Operationen für die kommunikativen Interak-tionen sind (de Beaugrande/Dressler 1981: 15f.; Kalverkämper 2000: 1ff.).

Die Stilistik, die Lehre des angemessenen Sprachgebrauchs, ist ein Nach-folger der alten Rhetorik und zugleich auch Vorläufer der modernen Textlin-guistik. In der Stilistik wurde der Untersuchungsgegenstand von der öffent-lichen Rede auf jegliche Texte aller Bereiche ausgeweitet. Im Mittelpunkt der Stilistik steht die sprachliche Gestaltung von Texten hinsichtlich Korrektheit, Eleganz, Klarheit und Angemessenheit (de Beaugrande/Dressler 1981: 16f.).

Die Stilistik lässt sich als eine Paralleldisziplin betrachten, die „mit der

Text-linguistik in einem Verhältnis fruchtbarer gegenseitiger Ergänzung steht“

(Sanders 2000: 26). Die Textlinguistik soll in diesem Verhältnis die Zusam-menhänge der Textkonstitution erfassen. Demgegenüber ist die Aufgabe der Stilistik die Untersuchung bzw. Interpretation der Wahl bestimmter Textkon-stituenten und ihrer Einzelelemente.

Texte stellten schon immer einen Gegenstand der Literaturwissenschaft dar, in der bestimmte Texttypen im Mittelpunkt standen. In der Literatur-wissenschaft lag der Akzent auf der Beschreibung der Prozesse bei der Text-produktion und deren Ergebnisse, auf dem Auffinden problematischer Be-deutungen sowie auf der Bewertung von Texten. Die systematische und objek-tive Gestaltung dieser Aufgaben führte zur Anwendung linguistischer Metho-den bei literarischen Studien (de Beaugrande/Dressler 1981: 18f.).

Texte werden in der Kulturanthropologie bei der Erforschung kultureller Artefakte genutzt, wozu der Linguistik Methoden der strukturellen Analyse bzw. der Beschreibung entnommen wurden. In der Soziologie wandte man sich der Analyse von Konversationen als einer Form sozialer Organisation und Interaktion zu. Die Beschäftigung mit Konversationen hat eine hohe Re-levanz für eine Textwissenschaft. Die Mechanismen, die Texte als einzelne Beiträge zu aneinander gerichteten Texten kombinieren, deuten auf Kriterien der Textualität hin (ebd., S. 19f.).

Über die im Vorigen aufgezählten Disziplinen hinaus ist der Text For-schungsgegenstand u.a. der Theologie, Geschichtswissenschaft, Rechtswis-senschaft, Psychologie, Pädagogik, Philosophie, Philologie, Psycholinguistik bzw. des Journalismus, die sich dem Text aus unterschiedlichen Perspektiven annähern. Dies zeigt auch der Umstand, dass der Textbegriff in unterschied-lichen Kontexten verwendet wird und Texte als übergreifende Grundeinhei-ten nicht näher bestimmt werden, was dazu führt, dass Begriffselemente in ein allgemeines Alltagsverständnis von Texten eingebracht werden, die ein-ander gegebenenfalls widersprechen (Heinemann/Viehweger 1991: 14; Adam-zik 2004: 5).