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Forschungsmethodologie in der

3 Mehrsprachigkeit

3.5 Forschungsmethodologie in der

Wie in jeder Disziplin und in jeder Forschungsrichtung nimmt die Frage der Forschungsmethoden auch in der Mehrsprachigkeitsforschung eine wichtige Rolle ein. In der empirischen Mehrsprachigkeitsforschung werden sowohl qualitative, als auch quantitative Methoden bzw. die Kombination der beiden eingesetzt. Während sich in der englischsprachigen Zweitsprachenerwerbs-forschung überwiegend quantitativ orientierte Forschungen finden, dominie-ren in der deutschsprachigen Sprachlehr- und lernforschung und im Kontext von DaF/DaZ eher qualitative Forschungsansätze (Hufeisen/Riemer 2010:

748). Durch standardisierte und strukturierte quantitative Methoden kann man zu repräsentativen Ergebnissen kommen, aus denen man zu Verallge-meinerungen gelangt. Im Rahmen quantitativer Studien, die in erster Linie in experimentellen Designs oder bei beschreibenden Studien eingesetzt werden, wird oft mit Fragebögen eine möglichst große Probandenzahl befragt bzw. ge-testet, um dem Prinzip der Validität Rechnung tragen zu können. Demgegen-über fokussieren qualitative Methoden eine kleinere Anzahl von Probanden, die als typische Vertreter des Untersuchungsgegenstandes gelten. Die Daten-interpretation ermöglicht die Erklärung des Verhaltens der Probanden. In-folge qualitativer Forschungen lassen sich keine verallgemeinernden Aussa-gen machen. Mit qualitativen Studien kann man das Sprachverhalten, die

Sprachverwendung in bestimmten Situationen und die Sprachmischung be-obachten, die Sprachbiographie von Individuen analysieren sowie durch lang-fristige Beobachtung auch die frühkindliche Mehrsprachigkeit besonders gut erforschen (Riehl 2014: 21f.). In Bezug auf die Erforschung der Mehrsprachig-keit dominieren in der Lehrerforschung qualitativ interpretative Methoden, um die Innensicht der Untersuchungspersonen unter die Lupe nehmen zu können. Unter den empirischen und qualitativ orientierten Forschungsme-thoden sind die Subjektiven Theorien, die zur Untersuchung des beruflichen Selbstverständnisses geeignet sind, da sie „die Reflexionsfähigkeit des bewusst handelnden Individuums“ annehmen (Feld-Knapp 2014c: 88), besonders zu erwähnen.

Im Rahmen der Mehrsprachigkeitsforschung gibt es sehr vielfältige und unterschiedliche Methoden, die je nach Untersuchungsziel einzusetzen sind.

Oft wird mit soziolinguistischen Methoden gearbeitet, die durch Fragebögen, Interviews, teilnehmende Beobachtung, linguistic landscaping und Sprachen-porträts zur Erforschung des Sprachgebrauchs, der Sprachbiographie, des Sprachverhaltens von Mehrsprachigen und ihrer Spracheinstellung sowie der Sprachdominanz einen Beitrag leisten können (Busch 2013; Krumm 2010c;

Krumm /Jenkins 2001; Franceschini 2010). Anders als soziolinguistische Her-angehensweisen beruhen psycholinguistische Untersuchungen auf empiri-schen Versuchen. Sie erforempiri-schen Strategien des Sprachverhaltens (wie z.B.

Codeswitching) und des Sprachenlernens, die mentale Repräsentation der Mehrsprachigkeit und die mentale Verknüpfung und gegenseitige Beeinflus-sung der Sprachen im Gehirn. Die im Gehirn ablaufenden Prozesse können mit Hilfe von Versprecheranalysen, Protokollen lauten Denkens, Priming-Experimenten und Eye-tracking aufgedeckt werden (Riehl 2002 und 2014:

26ff.). Über die soziolinguistischen und psycholinguistischen Methoden hin-aus wurden Methoden im Bereich der Neurophysiologie entwickelt, mit de-nen aufzuzeigen ist, „wo die jeweiligen Sprachen eines Sprechers im Gehirn lokalisiert sind“, außerdem „können [derartige Verfahren] die Aktivierung der Sprachen mit genauen Messmethoden nachzeichnen“ (Riehl 2014: 33).

Da in Bezug auf die Mehrsprachigkeit eine breite Palette von Phänomenen untersucht wird, empfiehlt sich eine Kombination der verschiedenen Unter-suchungsmethoden. In Untersuchungen zur Mehrsprachigkeit werden nicht nur Forschungsmethoden der Sozio-, Psycho- und Neurolinguistik, sondern

auch die der Sprachlehr- und -lernforschung bzw. der Fremdsprachen-didaktik verwendet. Die Mehrsprachigkeitsforschung hat methodisch beson-ders viel von den Langzeitstudien profitiert, die bei der Interpretation und Dokumentation von individuellen und gruppenbezogenen Spracherwerbs- und Sprachlernverläufen eingesetzt werden. Weil die langfristige Verpflich-tung in Langzeitstudien von den Probanden Durchhaltevermögen und Zu-verlässigkeit verlangt, besteht dabei die Gefahr, dass sie aus der Studie aus-scheiden. Aus diesem Grund werden Querschnittsstudien, die durch den parallelen Vergleich verschiedener Gruppen Longitudinalstudien simulieren, bevorzugt. Im methodologischen Instrumentarium der Mehrsprachigkeits-forschung finden sich auch Fehleranalysen, die aber wegen der Triangulation oft mit anderen Untersuchungsinstrumenten gemeinsam zum Einsatz kom-men. Darüber hinaus werden auch Sprachstandserhebungen, Tests, Akzepta-bilitätsbeurteilungen sowie subjektive Daten aus Fragebögen, Interviews, Lerntagebüchern und Portfolios bzw. die teilnehmende Beobachtung und Interpretation von Lernerdaten und Lerneräußerungen angewendet (Huf-eisen 2010a: 379f.; Riemer 2010; Settinieri/Riemer et al. 2014). In der Mehr-sprachigkeitsforschung zeigt sich also eine große Bandbreite bzw. Vielfalt von Methoden. Die genannten Disziplinen sind miteinander eng verzahnt, kön-nen von den Forschungsergebnissen gegenseitig profitieren und einander nicht nur fachlich, sondern auch forschungsmethodologisch bereichern.

4 Lesen

Lesen ist ein grundlegender Begriff der Wissens- bzw. der Informations- und Kommunikationsgesellschaft. Es ist ein wichtiges Mittel des Wissenserwerbs und des Bildungserwerbs, ein Lernziel bzw. Bildungsauftrag der Schule und stellt eine Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen und sozialen Leben dar. Lesefähigkeit bedeutet Zugang zur Schrift bzw. zu Informationen und daher vielerlei Möglichkeiten der Kommunikation und zugleich Zugehörigkeit zu einer literalen Gesellschaft. Lesen war in der Ge-schichte immer von zentraler Bedeutung, der Lesebegriff galt als ein Schlüs-selwort in der wissensbasierten Gesellschaft. Seit den 1960er Jahren erlebte aber die Leseforschung mehrere Phasen in Bezug auf die Konzeptualisierung des Lesens und des Lesers. Das hatte weitreichende Konsequenzen für den Lesebegriff und für die Auffassung vom Lesen (Ehlers 1998; Bertschi-Kauf-mann 2007). Daher ist die Behandlung der Definitionsmöglichkeiten und der Abgrenzung des Lesebegriffs von Bedeutung, die den Gegenstand von Ab-schnitt 4.1 darstellen. Dabei wird ausführlich auf zwei unterschiedliche Kon-zeptualisierungen in Bezug auf das Lesen eingegangen: zum einen auf das Le-sen als Dekodierung, zum anderen auf das LeLe-sen als Sprachhandlung.