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im Apolloniusroman des Heinrich von Neustadt

In document Auf Schmuggelpfaden (Pldal 108-124)

D er buchgelehrte A rzt M ag ister H einrich von N eustadt hat um 1300 einen „entfes­

selten R o m an “ ' verfaßt, d er den R ahm en der antiken H istoria A p ollonii regis Tyri bei w eitem sprengt.2 Von den 20644 Versen der D ichtung entfallen nur 5324 Verse au f die B earbeitung der lateinischen Vorlage, also rund ein Viertel. E tw a 3308 Verse enthal­

ten die sogenannte „V erlängerung“, d.h. die abschließenden Festveranstaltungen, die

' H ie r z itie rt n a c h : He in r ic h[s] v o n Ne u st a d t: 'Apollonius von Tyrland’ nach der Gothaer Handschrift, 'Gottes Zukunft’ und 'Visio Philiberti’ nach der Heidelberger Handschrift. H g . v. S a m u e l S in g er. B e rlin , 1906 (= D e u tsc h e T e x te d e s M itte la lte rs, 7), N ach d r.: D u b lin ; Z ü ric h , 1967.

! A m w ic h tig s te n sin d d ie A rb e ite n vo n Eb e n b a u e r, Al f r e d: D er ’Apollonius von Tyrlant’ des Heinrich von Neustadt und die bürgerliche Literatur im spätmittelalterlichen Wien. - In: Die österreichische Literatur: Ihr Profil von den Anfängen im Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert {1050-1750). T l. 1. H g. v. He r b e r t Ze m a n u n te r M itw . v. Fr it z Pe te r Kna pp. G ra z , 1986, S. 311-347; Rö c k e, We r n e r: Die Wahrheit der Wunder. A b e n te u e r d e r E rfa h ru n g u n d d e s E rz ä h le n s im ‘B ra n d a n ’- un d ‘A p o llo n iu s ’-R o m a n . - In: Cr a m e r, Th o m a s (H g ): Wege in die Neuzeit. M ü n c h e n , 1988, S. 252-269 (bes. z u m A/iVgof-Abenteuer u n d d e r R o b in so n in se l); Wa c h in g e r, Bu r g h a r t: Heinrich von Neustadt, ‘Apollonius von Tyrland’. - In: Ha u g, Wa l te r; Wa c h in g e r, Bu r g h a r t (H g ): Positionen des Romans im späten Mittelalter. T ü b in g e n , 1991, S. 97-115; Ac h n it z, Wo l fg a n g: Einführung in das Werk und Beschreibung der Handschrift. - In: Heinrich von Neustadt, Apollonius von Tyrland. F a rb m ik ro fic h e -E d itio n d e r H a n d sc h rift C h art. A 689 d e r F o rsc h u n g s- u n d L a n d e sb ib lio th e k G o th a.

M ü n ch e n , 1998 (= C o d ic e s illu m in a ti m e d ii aev i, 49); Knapp, Fr it z Pe t e r: Die Literatur des Spätmittelalters in den Ländern Österreich, Steiermark, Kärnten, Salzburg und Tirol von 1273 bis 1439. - In: Ze m a n, He rbert (H g .): Geschichte der Literatur in Österreich von den Anfängen bis zur Gegenwart. B d. 2/1 (1. H a lb b d .). G raz,

1999, S. 280-297 u. 519; z u le tz t: Bir k h a n, He l m u t: Leben und Abenteuer des großen Königs Apollonius von Tyrus zu Land und zur See: Ein Abenteuerroman von Heinrich von Neustadt, verfaßt zu Wien um 1300 nach Gottes Geburt. Ü bertr. m it a lle n M in ia tu re n d e r W ie n e r H a n d sc h rift C , m it A n m . u. e in e m N achw . B ern [u.a.], 2001. D ie se r P u b lik a tio n e n tsta m m e n d ie fo lg e n d e n Ü b e rse tz u n g e n d es T extes.

118 Helmut Birkhan

K onstituierung d er „T afelrunde“ sam t den an ihr abgehandelten „K rim inalfällen“ und die V ertreibung des aufm üpfigen Judenkönigs Jeroboam . D en L öw enanteil von 12012 V ersen oder fast 60% des G anzen m acht d er „B innenteil“ aus, also die E reignisse, zu denen A pollonius nach Z urücklassung seiner T ochter in Tarsus nauem ascen d it altum que p ella g u s p e ten s ignotas et longinquas E gipti regiones deuenit (28, 20f.).3 Es sind über vierzehn Jahre, die H einrich von N eustadt m it A benteuern auszufüllen sucht, ohne dabei au f eine Q uelle von der A rt der gut bekannten und reichbezeugten H istoria zurückgreifen zu können. Es sind R eiseabenteuer des hom o viator A pollonius, und m an d arf wohl verm uten, daß sie aus einem speziellen, ver­

stärkten Interesse an der Ferne erw uchsen. G ehen w ir davon aus, daß der A pollonius- rom an vor 1307 entstand,4 so könnte H einrich bereits die heute verlorene fran zö si­

sche U rfassung des D evisem ent du M onde des M arco Polo, die 1298-99 entstand,5 gekannt haben.

E r fü llt den „B innenteil“ prall m it A benteuern, die in drei K ategorien eingeteilt w er­

den können (w obei alle drei Typen den H elden in die Ehe führen, so daß A pollonius in diesem B innenteil dreim al heiratet):

(1) H eldentaten, durch die M onster überw unden w erden, w elche die M enschenw elt oder „die G u ten “ bedrohen: A pollonius befreit (2919-4009) das nach A sien verlegte Catalon von den m onströsen E ndzeitvölkern G og, M agog und K olk (die - frei nach M orgenstern — w ohl „nur des R eim es w egen sie b egleiten“), überw indet die Scheusale F lata und K olkan, M utter und Sohn, die den Z ugang zum L and G alacides gesperrt hatten (4272-6068), später auch in einer parallel gelagerten Situation das Paar Serpanta und Ydrogant, w elche die Straße in das G oldland C hrysa blockierten (8821-9160, 10594-11188), und bringt hundert von dem W ilden W eib G argana en t­

führte K inder zu ihren E ltern zurück (9479-9765).

D arüber hinaus steht A pollonius auch nichtm enschlichen „guten“ W esen gegen ihre F einde bei: er errettet einen Panther, das C hristus-T ier des P hysiologus, der sich später als „T ierhelfer“ erw eist, vor einem feuerspeienden D rachen (10157-10220) und die Sirene, die K önigin d er m erliu te, vor dem sie verfolgenden K entauren A chiron (4975-5357). In diesem letzten Fall könnte m an freilich zögern, w elche Seite die bessere ist, denn als E rzieher des A chilleus ist d er K entaure Chiron zw eifellos eine positive G estalt, w ährend die Sirene durch ihren G esang O dysseus und — wie m an dank der Integum entenlehre im M ittelalter w ußte - auch dem C hristenm enschen gefährlich wird: in dieser Interpretation entsprach der an den M ast gebundene O dysseus als involucrum dem ans K reuz genagelten H eiland.6 A ber H einrich kehrt

' So in der etwas längeren Redaktion A ; die knappere Redaktion B hat: ignotas et longas petiit Aegypli regiones;

Ko r t e k a a s, Ge o r g iu s A . A . (Hg.): Historia Apollonii Regis Tyri. Groningen, 1984, S. 338f.

4 Bir k h a n: Leben und Abenteuer (w ie A n m . 2 ), S. 3 9 7 f.

’ B r e m e r , E r n s t : Polo, Marco. - In: Die deutsche Literatur des Mittelalters: Verfasserlexikon. B egr. v. W o l f ­ g a n g S t a m m l e r ; fo rtg ef. v. K a r l L a n g o s c h . 2., v ö llig n e u b earb . A u fl. u n te r M ita rb . z a h lre ic h e r F a c h g e le h rte r hg. v. K u r t R u h z u sa m m e n m it G u n d o l f K e i l [u.a.], B erlin ; N ew Y ork: d e G ru y te r, 1978 ff., B d. 7 (1 9 8 9 ), S p.

771.

6 R a h n e r , H u g o : Griechischer Mythos in christlicher Deutung. 2. A u fl. Z ü ric h , 1957, S. 4 1 4 -4 8 6 ; H o l l , O s k a r : Strauß. - In: Lexikon der christlichen Ikonographie. H g. v. E n g e l b e r t K i r s c h b a u m SJ in Z u sa m m e n arb . m it G ü n t h e r B a n d m a n n [u .a.]. 8 B d e. R o m [u .a.]: H erd er, 1 9 6 8 -1 9 7 6 , B d. 3 (1 9 7 2 ), S p . 3 3 9 f.

„Ditz sind abenteure“ 119 diese S ichtw eise um , indem die T ritonin zur verfolgten reizenden Frau, A chiron aber zum geilen, sie sexuell bedrängenden U nhold w ird.7 D ie V orstellung von der Sirene als unterdrückter schöner Frau hat so sehr dom iniert, daß die M iniatoren der H ss B und C die m erm inne als nackte, eher m ollige M enschenfrau darstellen, d.h. ihre bei­

den in der D ichtung erw ähnten F ischschw anzbeine ganz außer A cht lassen. D ieser Parteilichkeit entsprechend w ird A chiron verteufelt und genealogisch m it den übrigen M onstern verbunden, die so eine von der M enschenrasse und „den G uten“ deutlich abgesetzte G eg en w elt bilden.

(2) D aneben gibt es kriegerische U nternehm ungen gegen m enschliche G egner, in denen im „gerechten K rieg “ der „guten S ach e“ zum Sieg verholfen wird. D ie eine ist d er K rieg des K önigs B althasar von A rm en ia gegen den baruch A b a ku k von der G roßen R om ania sam t seinem B undesgenossen N em rot (7187-7840), in dessen G efangenschaft A pollonius durch die Feigheit eines M itstreiters später gerät (7914- 8065). D iese K äm pfe gleichen am ehesten den M assenschlachten, w ie sie in der deutschen L iteratu r in den C hristen-H eiden-K äm pfen vor allem der C hansons de geste, seltener in der H eldenepik und nur ganz ausnahm sw eise im A rtusrom an (Strickers D a n iel vom B lühenden Tal) vorkam en. D agegen entspricht die zw eite kriegerische U nternehm ung des A pollonius, die B efreiung der M ohrenprinzessin P alm ina von dem sie und ihr Reich bedrohenden Prothasius (13708-14293) ganz klar dem arthurischen Schem a von der B efreiung einer (Jung-)Frau von dem zudringli­

chen F reier bzw. U surpator ihres L andes und dem m eist uxorilokalen E inheiraten in dem befreiten R eich. A ls klassisches B eispiel kann Parzivals B efreiung d er Burg Belrapeire und ihrer H errin C ondw iräm ürs von ihrem W erber C lam ide gelten. D as eigentliche V orbild fü r die P alm ina-E pisode w ar freilich, w ie längst b ekannt ist,8 G ahm urets E rringung der M ohrenkönigin B elacäne durch Ü berw indung des R azaltc vor P atelam unt. N icht zufällig heißt P alm inas R eich P ilam unt und dessen H auptburg M ontiplein (durch K om bination und V ariation der beiden N am enselem ente). Daß H einrich den P arzival genau kannte, könnte m an auch dem W appen des T afelrunden­

helden C laranz von Ä gypten entnehm en w ollen: d a f u r t er an den starcken stra u ß / D em hieng zu dem m unde a u ß /A in grosses huffeysen (18479ff.). M an denkt dabei an die B ehauptung W olfram s (Pz. 42, 10f.), daß der w ildgew ordene Strauß E isenstücke verschlinge. M hd. Isen kann w ohl ebensogut als K urzform für huofisen stehen w ie unser R eifen für A utoreifen, und w elches Eisen konnte ein herum rennender Strauß leichter zum Fressen finden als ein verlorenes H ufeisen? Indessen kennt schon Plinius (nat. hist. 10, 1) den eisenfressenden Strauß, und ein halbes Jahrhundert nach H ein­

rich führte K onrad von M engenberg das Phänom en auf die besondere H itze des

7 D a zu u m fa sse n d : E b e n b a u e r , A l f r e d : Apollonius und die Sirene: Zum Sirenenmotiv im ‘Apollonius von Tyrlant' des Heinrich von Neustadt - und anderswo. - In: V a s l e f , I r e n e ; B u s c h h a u s e n , H e l m u t (H g .):

Classica et Mediaevalia. S tu d ie s in H o n o r o f J o se p h S z ö v irffy . W a s h in g to n ; L e y d e n , 1986 (= M ed ie v a l C la ssic s: T e x ts a n d S tu d ie s, 20), S. 31-56; j e tz t au ch : K r o h n , R ü d ig e r : „daz si totfuorgiu tier sint": Sirenen in der mittelalterlichen Literatur. - ln : M ü l l e r , U l r i c h ; W u n d e r l i c h , W e r n e r (H g .): Mittelalter: Mythen -Dämonen - Monster - Fabelwesen. St. G a lle n , 1999, S. 545-563.

" E b e n b a u e r , A l f r e d : „Es gibt ain mörynne vil dick susse mynne": Belakanes Landsleute in der deutschen Literatur des Mittelalters. - In: Zeitschrift fü r deutsches Altertum und deutsche Literatur 113 (1984), S. 16-42.

120 Helmut Birkhan

Straußes zurück. E rstaunlicherw eise w ar das seltsam e M otiv g ar nicht so selten, und der Strauß m it dem H ufeisen im Schnabel galt als Sym bol der G eistesstärke oder auch (hier w eniger w ahrscheinlich) des Leides.9

(3) A pollonius besteht aber auch A benteuer, die lediglich seiner (heldischen) B ew ährung dienen. D a ist der (schlecht m otivierte) S eekam pf gegen A b so lo n von P liant (3152-3414) zu erw ähnen, dann d as/ö rew -S p iel, das Jechonia von A ssiria aus­

bietet (6069-6352). Voll eitler H ybris setzt er die eigene G attin M arm ella als T um ierpreis aus, den natürlich unser H eld gew innt. D ieser w ird später (18425-18790) exem plarisch vorzeigen, w ie ein solches fö re is w irklich durchzuführen ist. Zw ei A benteuer besteht A pollonius im A ufträge Nemrots: die „E xpedition“ in das von G ott verfluchte B abylon, die zur A useinandersetzung m it den dort herrschenden K entauren (natürlich V erw andte des Achirori) und schw eren D rachenkäm pfen führt (8073-8813) und von der er K leinode als B ew eis seiner Tapferkeit m itbringt, und der K am p f gegen zw ölf R iesenbrüder, d er als Serie gottesgerichtlicher Z w eikäm pfe abzuw ickeln ist (9205-9436). D iese K äm pfe sind ein zw eifelhaftes U nternehm en, da A pollonius ein­

deutig au f der Seite des U nrechts steht. D ie zw ölf R iesen sind allesam t Söhne eines gew issen P aligan (ein klassischer H eidennam e der C hansons de g este), dem N em rot aus D ank für geleistete K riegsdienste die F reiheit schenkte. Es ist daher U nrecht, später von den Söhnen P aligans zu sagen: D i sin d zu allen rehten m e in /S i solten auch m ein d ien er sein (9219f.). Jedoch, gleichsam nach dem M otto „D ienst ist D ienst“

steigt der selbst in U nfreiheit geratene A pollonius für N em ro t, den rex iniustus, auf Seiten des U nrechts in den Ring und siegt kraft seiner Stärke und M annhaftigkeit in - m an m uß w ohl sagen - bedenklicher W eise, und dies um so m ehr, als ja in der

„V erlängerung“ solche Z w eikäm pfe als A usw eis richterlicher H errschergew alt vorge­

führt w erden (18791-18914, 19095-19515, 19544-19743, 19856-20326), wobei das R echt natürlich die O berhand behält.

A ußer den K äm pfen gegen einen Riesenaal und einen R iesenkrebs am G anges (9976- 10073), die A pollonius führen m uß, um das nackte Leben zu retten, gehören in diese dritte G ruppe d er B innenteil-A benteuer all je n e K äm pfe, die als T ugendproben (11205-11405, 11458-11665, 12242-12626) in C hrysa auszufechten sind. Sie gehören zu einem etw as seltsam en Venuskult, von dem nicht klar ist, wie er der Stadt und dem Land auferlegt w urde. H ier scheitert A pollonius zunächst in höchst ehrenrühriger W eise (V orw urf der F eigheit und L ügenhaftigkeit), w obei m it der G öttin abgew ik- kelte B eichtgespräche (12094-12195, 12683-12734) deren Vorwürfe als kleinkariert und als M ißverständnisse erw eisen. M an könnte geneigt sein, diese kuriosen Stellen als B eichtparodien zu verstehen, w as jedoch nicht bedeutet, daß H einrich die Institu­

tion der B eichte als solche kritisiert hätte, sagt er doch in G otes zukunft (6590f.): Bih- ten ist ein reiner h ö r t/ N icht bihten ist d er sele mort.

D ieser Typisierung der A benteuer w idersetzen sich drei, die A pollonius als passiven B eobachter od er als in M itleidenschaft G ezogenen zeigen. Es ist die „Insel des

’ Kir n b a u e r, Fr a n z: Der Vogel Strauß mit dem Hufeisen im Schnabel. - In: Biblos 11 (1962), S. 115-122; Van Lo o v e r e n, L . H. D.: Strauß. - In: Lexikon der christlichen Ikonographie (wie Anm. 6), Bd. 4 (1972), Sp. 218.

„Ditz sind abenteure“ 121 L achens“ bzw. des „M enschenm agneten“ (14703-14774) und die Insel, au f der die E rzväter E noch und E lias die A nkunft C hristi und das W eitende erw arten (14784- 14897). W ährend die F unktion der „Insel des L ach en s“ innerhalb der A benteuerserie nicht recht einsichtig ist — es sei denn, um ein zusätzliches B eispiel fü r die Irrfahrten des A pollonius an den R and der W elt und in die N ähe des Paradieses (14773) zu bie­

ten gibt das G espräch m it den Erzvätern a u f deren Paradiesinsel (14892) die M ö g ­ lichkeit, das G eschehen des R om ans im Sinne der christlichen Z eitrechnung au f „ca.

um 43 n.Chr.“ zu datieren (14851-14863), was ja erst den späteren Christenglauben des A pollonius erm öglicht. D ie genannten beiden P aradiesinseln sind durch letztlich iri­

sche Seefahrerm ären w ie die N avigatio Sancti Brendani angeregt, für die „Insel des L a­

chens“ m uß aber auch m it einer orientalischen Tradition gerechnet w erd en .10

G anz aus dem R ahm en fällt das A benteuer au f der sogenannten „R obinson-Insel“ , die auch als „Paradies d er T iere“ bezeichnet w ird (6467-6793, 6868-7074): A pollonius gelangt m it seiner F lotte zu ein er lieblichen, gebirgigen Insel, w o m an an L and geht.

D er H eld folgt einem seltsam en Vogel, w odurch er sich von den Seinen entfernt. Als ein Sturm aufkom m t, m üssen diese ablegen, ohne den Fürsten an B ord nehm en zu können. D as U nw etter treibt die Flotte in die K alm enzone des L eberm eeres, w o sie ein Jah r festsitzt (6794-6831), all dies als R ache des M onsters Flegedin fü r die T ötung seines Vaters A chiron. A pollonius m erkt, daß er verlassen au f dem Eiland zurückblieb und beginnt es, nachdem e r sein Schicksal beklagt hat (dazu unten), zu erforschen. E r findet einen edelsteinführenden Bach, dessen K iesel voll m agischer K raft er einsteckt, um sie später in seine K rone einsetzen zu lassen.

Da sah er, wie ihm ein herrliches Tier nahte, dessen Farbe seltsam und dessen Gang ganz gemächlich war. Es hatte etwa die Länge eines Speeres, seine Haut war grün wie Klee, sein Bauch schneeweiß, sein Gesicht war zurückgesetzt und stumpfnasig wie bei einem Vogel­

hund. Das Tier zeigte, wenn man es betrachtete, in den verschiedenen Richtungen tausend­

erlei Farben. Es trug das Haupt aufrecht, auf dem sich eine eigentümliche Krone befand, schön, wie sie nie die Hand eines Goldschmiedes hätte herstellen können.11

Z unächst fürchtete sich A pollonius, d er nu r ein kleines S cheidem esser bei sich führte, vor dem Tier. D och dieses

sah den Herren an, aber es verhielt sich so, als ob es ganz freundlich gesinnt wäre. Es kroch, den Bauch auf der Erde, auf den Edlen zu und spielte um ihn herum wie ein Hündlein12 Das Tier legte sich vor ihm nieder, das Haupt auf seinen Füßen. Ein Duft ging von ihm aus,

10 B i r k h a n : Leben und Abenteuer (wie Anm. 2), S. 358, Anm. 305.

11 Do sach er das gegen im g ie/A in Her, das was herleich:/ Sein varbe di was wunderleich./ Senftleich was sein gangk./ Es was wolains speres langk./Sein haut was grun als der chle,/Sein pauch weiß als der sehne./Stumpfat was im der m unt/ Und murrat als ain vogelhunt./ Mer dan tausent lay var/ Was das tier her und dar./Sein haupt trug es schon enpar,/A uff seinem hirne da vor/Ain kröne von ir selber a rt./S o schone nie gemachet ward/ Von goltschmides hendenn (6618-6633). Zu ir selber art merkt Singer an: „= von eigener Art?“ . Ich bin ihm in der Übersetzung gefolgt, halte es aber auch für möglich, daß es ursprünglich von sin selber art hieß. Das sin bezöge sich dann auf hirn, das in der Bedeutung von 'Hirnschale, Himbein, Kopf’ stünde, wie heute noch in der Wiener Umgangssprache. Die Krone wäre dann direkt aus dem Knochen des Schädels herausgewachsen, ganz wie es Heinrich von der Krone der Sirene sagt (5146f.): Di was gewachsen schone/Auß irem hirn selben gar dar.

12 Das tier nam des heren war./ Es hett all solche gepär/Als es freund war./ Es kroch zu dem werden/ m it dem pauch a u f der erden:/ Es spilte als ain hundelein (6652-6657).

122 Helmut Birkhan

der dem König Kraft verlieh13 [...]. Sein Herz erkühnte sich. Das Tier ging ihm voraus und deutete ihm mit dem Haupt, er möge folgen. Er gehorchte und folgte ihm auf den Berg hin­

auf. Endlich gelangte er auf eine liebliche Wiese, die herrlich und grün war. Da schrie das Tier mit gewaltiger Stimme dreimal, daß es durch den Wald hallte, womit es den Tieren anzeigte, daß sie sich bei ihm versammeln sollten. Nach einer Weile kam eine Menge von vielerlei wilden Tieren auf die Wiese: Leoparden, Löwen, Panther, Einhörner, Wisente, Bären, Wildeber, Elefanten und Kamele; sie alle drängten herbei. Die ganze Nacht hindurch bis zum nächsten Vormittag verbrachte Apollonius in Sorge, nachdem er all die Tiere gese­

hen hatte14 [...]. Da neigte sich das seltsame Tier, das ihn hierher geführt, und kroch wie ein Hund zu dem Bekümmerten, wie es schon einmal getan hatte. Es verneigte sich, wie Apollonius später selbst erzählte, worauf die anderen Tiere vor ihm auf die Erde fielen und ihn ehrerbietig grüßten.15 [...] Die Tiere blieben einen Tag bei ihm und gruben ihm einen Brunnen, der Sonne zugewandt, und in den Berg hinein ein weites Loch, in dem der edle Held Unterschlupf vor Regen finden konnte. Darauf entfernten sie sich mit freundlichen Lauten, sodaß er wohl merkte, sie würden ihm nichts zuleide tun. Bald darauf brachte das schöne Tier in seinem Maul eine Wurzel herbei. Es deutete ihm an, er möge sich setzen und die Wurzel essen, indem es sie ihm vor den Mund hielt.ls [...] Als er einen Teil der Wurzel verzehrt hatte, kam er wieder zu seiner alten Kraft, ganz so als hätte er von der besten Spei­

se, die es je gab, gegessen.17

M agische Kraft ging auch vom Wasser des Brunnens aus.

Apollonius kam das Messer sehr zustatten: Er schnitt damit Reiser ab, um sich Schatten zu spenden, und aus Holz schnitzte er sich Pfeile und einen Bogen, den er mit Sehnen von Lindenbast bespannte. In einem schönen Täschchen hatte er sein Feuerzeug im Gürtel, das dem Helden gute Dienste leisten würde, falls der Winter kalt werden sollte.18 [...] Er schoß Vöglein, die er sich briet, wie Gott sie ihm eben schickte, und er schnitzte sich feste Reusen, in denen er genug Fische fing [...], die er dann gebraten aß, sodaß ihn nicht dünkte, daß er

13 Das tier legt sich vor im nider,/ Sein haupt auff seine fusse./Sein gesmach was so susse/das er da von ain kraft gewan (6664-6667).

14 Ain küneß hertz er gevieng./ Das dier vor im enweg gieng/ Und tet im mit dem haupte kunt/ das er im volgte an der stund./ Er det es und gieng im nach./ A u ff den perg was im gach./ Es kam an ainen schonen plan,/ Der was grun und wolgetan./ Es schre sein stymme, di was gros,/ das es in dem walde doß./ Den ruff det es dreystund./ Da mit det es den tiren kunt/ Das si komen zu im dar./ Pey ainer weyle kam ain schar/ Von maniger hande w ilde/Zu im a u ff das gevilde:/ Liebarten, leuwen, panthier,/ Ain hüren, wisen komen schir./ Wilde peren und eberschwein,/ Helffan und kamelein/ Drungen alle sampt zu. Di lange nacht all untz fr ii/ A u ff den mitten morgen/ Der herre was mit sorgen,/D a er dy tire hette gesehen (6671-6695).

1! Das erste tier naigte sich/ Und kroch ainem hunde geleich/Zu dem eilenden man,/ Als es ee liet getan./Es naig im, als er sagte sider./ Die tier vielen alle nider/ Für in auff di erden/ Und nigen dem vil werden (6701 -6708).

16 Si waren pey im ainen tag/ Und schurren im ainen prunnen,/ Gerichte gegen der sunnen./Si gruben im dan- noch/ In den perg ain weytes loch,/ Dar inn der ausser weite de gen/ Herbergte fü r den regen./ Si giengen von im alle/M it lieplichem schalle,/Das er wol merckte unde sach/D as sy im daten kain ungemach./ Uber ain weyle, di was kurtz,/ Prachte das schone tier ain wurtz/ Getragen in seinem munde./ Das tier im zaigen künde/ Das er

16 Si waren pey im ainen tag/ Und schurren im ainen prunnen,/ Gerichte gegen der sunnen./Si gruben im dan- noch/ In den perg ain weytes loch,/ Dar inn der ausser weite de gen/ Herbergte fü r den regen./ Si giengen von im alle/M it lieplichem schalle,/Das er wol merckte unde sach/D as sy im daten kain ungemach./ Uber ain weyle, di was kurtz,/ Prachte das schone tier ain wurtz/ Getragen in seinem munde./ Das tier im zaigen künde/ Das er

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