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E dit M adas (B udapest)

In document Auf Schmuggelpfaden (Pldal 134-142)

D ie älteste uns bekannte D ichtung in ungarischer Sprache, die A ltungarische M a rien ­ klage, w urde 1922 in ein er lateinischen Predigtsam m lung aus dem dritten Viertel des

13. Jahrhunderts entdeckt. 1982 übergab die K atholische U niversität zu L öw en dieses w ertvolle S prachdenkm al im R ahm en ein er T auschvereinbarung d er Széchényi- N ationalbibliothek B udapest. N un konnte der K ontext der D ichtung, d er Inhalt des sogenannten L ö w en er C odex, näher untersucht w erden. D ie A ufgabe übernahm A ndrás Vizkelety. In den vergangenen Jahren ist es ihm gelungen, die V erfasser der P redigtzyklen des B andes als A utoren des 13. Jahrhunderts aus der U m gebung von O rvieto zu identifizieren und außerdem m ehrere ungarische Scriptores zu bestim m en, die au f den leeren B lättern des K odex im m er w ieder neue Serm ones fü r den G ebrauch in U ngarn niedergeschrieben hatten.2 E r hat seine E rkenntnisse bezüglich des Kodex kontinuierlich publiziert, eine kritische A usgabe der „ungarischen S erm ones“ steht vor dem A bschluß. Im L aufe der A rbeit ist er auch au f zwei neue Q uellen gestoßen, die das W irken der D om inikaner in U ngarn dokum entieren. M eine vorliegende Publikation ist eng m it seinen F orschungsergebnissen verknüpft.

D as einzige D om inikaner-S erm onarium , dessen A utor in U ngarn w irkte, ist die P redigtsam m lung m it der T itelangabe Serm ones com pilati in studio generali Quin- queecclesiensi? D ie T iteleintragung in dem K odex vom A nfang des 15. Jahrhunderts ist jed o ch irreführend. D ie F orschungen von Ede Petrovich und Pál T im kovics haben

' Der Beitrag entstand im Rahmen des OTKA Förderungsprogramms T 029984.

! Viz k e l e t y, An d r á s: Eine Aldobrandin zugeschriebene Predigt mit ungarischen Glossen in „Löwener Codex"

und ihre Parallelüberlieferung in Wien. - In: Codices manuscripti 11 (1985), S. 90-93; De r s.: Die Altungarische Marienklage und die mit ihr überlieferten Texte. - ln: Acta Litteraria 28 (1986), S. 3-27; De r s.: I sermonaria domenicani in Ungheria nei secoli XII!-XIV. - In: Gr a c c io t t i, Sa n t e; Va so l i, Ce sa r e(Hg.): Spiritualitä e let- tere nella cultura italiana e ungherese del basso Medioevo. F ire n z e , 1995, S. 29-38; De r s.: Egy ismeretlen ma­

gyar dominikánus írásai a XIII. századból [S ch rifte n e in e s u n b e k a n n te n u n g a risc h e n D o m in ik a n e rs au s d e m 13.

Jah rh u n d e rt], - In: Ja n k o v ic s, Jó z se f [u.a.] (Hg.): A magyar művelődés és a kereszténység / La civiltá unghe­

rese e il cristianesimo. B d. 2, B u d a p e s t; S z e g ed , 1998, S. 517-526.

J München, Staatsbibliothek, Cod. lat. 22 363b. - In: Pe tr o v ic h, Ed u a r d u s; Tim k o v ic s, Pa u l u s La d isla u s

(Hg.): Sermones compilati in Studio generali Quinqueecclesiensi in regno Ungariae. Budapest, 1993 (= Biblio- theca Scriptorum Medii Recentisque Aevorum, Series nova XIV).

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bew iesen, daß das O riginalcorpus w esentlich früher entstand als die 1367 gegründete U niversität F ünfkirchen/P ecs (U ngarn).4

D er Z yklus de sanctis m it 199 P redigtskizzen w urde - den in die Serm ones aufge­

nom m enen Z itaten zufolge - im letzten D rittel des 13. Jahrhunderts zusam m enge­

stellt. D ie Serm ones kom pilierte ein ungarischer D om inikanerm önch für eine Z u h ö ­ rerschaft ungarischer D om inikaner. D as läßt sich daraus ableiten, daß die ungarischen und die dom inikanischen H eiligen in der Sam m lung einen bedeutenden Platz einneh­

m en. S tephan den H eiligen nennt der A utor „rex noster“ , den H eiligen D om inikus erw ähnt er als „pater noster“ , und ein w ichtiges T hem a d er Serm ones ist das Predigen überhaupt. D ie Serm ones lassen au f eine O rdenshochschule von hohem N iveau schließen. D eshalb ist anzunehm en, daß das S erm onarium in jen e m B udaer K loster entstand, in dem 1304 auch offiziell das Studium generale der ungarischen O rdens­

provinz gegründet w urde. D ie E rw ähnung des Studium generale in F ünfkirchen steht m öglicherw eise m it einem B enutzer des K odex im Z usam m enhang. D ie erhaltene K opie ist im A usland, im deutschen Sprachraum angefertigt worden.

Im Z usam m enhang m it der einzigen originalen Predigtsam m lung der ungarischen D om inikaner sind allerdings noch zahlreiche Fragen zu klären. S ie beziehen sich teils au f den K odex als ganzes, teils auf die unm ittelbaren Q uellen d er einzelnen vom N iveau h er recht unterschiedlichen Serm ones. E rst in diesem U m feld lassen sich A rbeitsw eise und „O riginalität“ des A utors zufriedenstellend untersuchen.

Im vorliegenden B eitrag m öchte ich aufgrund einiger jü n g st entdeckter P aralleltexte über die A rbeitsw eise des anonym en ungarischen D om inikaners und über die o rig in a­

le P redigtsam m lung schreiben. D ie erste E ntdeckung m achte A ndräs V izkelety, als er 1988 in einem K odex von H eiligenkreuz (N iederösterreich) Serm ones fand, die m it zwei Sermones über den Heiligen Ladislaus aus den Sermones Quinqueecclesienses iden­

tisch sind.5 D am it trat der Predigtband aus seiner früheren völligen Isoliertheit heraus.

O bw ohl die A usarbeitung der genannten 199 Serm ones sehr unterschiedliches N iveau hat, gibt es doch spezielle form ale M erkm ale, die häufiger auftauchen und dam it für den A utor beziehungsw eise für den B and charakteristisch sind. Zum V erständnis der w eiteren A usführungen seien hier einige K ennzeichen aufgezählt:

In den „trockenen“ P redigtskizzen fällt die persönliche P räsenz des A utors, seine w ied erh o lte K o n tak tsu ch e zur Z u h ö rersch aft auf. B eso n d ers typisch ist die E in fü ­ gung dico ( ‘ich sag e’), die in 36 Serm ones vorkom m t, in einigen Predigten gar drei- oder vierm al.6

4 P e t r o v i c h , E d e : A pécsi egyetemi beszédgyűjtemény (A Müncheni kódex) [Die Predigtsammlung der Universität zu Fünfkirchen. Der Münchener Kodex], - In: C s iz m a d ia , A n d o r (Hg.): Jubileumi tanulmányok. A pécsi egyetem történetéből. Bd. 1, Pécs, 1967, S. 163-223; T im k o v ic s , P ál: A „Pécsi egyetemi beszédek" szelle­

mi háttere [Der geistige Hintergrund der „Predigten der Universität Fünfkirchen"]. - In: Irodalomtörténeti Közlemények 83 (1979), S. 1-13.

5 Heiligenkreuz, Cod. lat. 292. Viz k e l e t y, An d r á s: Példaképalkotás és argumentáció a középkori Szent István prédikációkban [Vorbildlichkeit und Argumentation in den mittelalterlichen Predigten über den Hl. Stephan], - In: Gl a tz, Fe r e n c; Ka r d o s, Jó z se f(Hg.): Szent István és kora. Budapest, 1988, S. 180-184.

6 Sermon Nr. 7, 24, 27, 35, 36,45, 47,48, 50, 53, 54, 56, 59,65, 66,68, 69, 74, 78, 97, 102, 104, 107, 109, 110, 112, 114, 117, 118, 124, 131, 146, 159, 164, 190, 197.

Zur Geschichte der Dominikanerpredigt 145 32 Serm ones haben ein Prothem a, das heißt, nach dem einleitenden Z itat steht ein zw eites Z itat, das dem P rediger G elegenheit gibt, seine eigene U nzulänglichkeit einzugestehen, und die Z uhörer zum G ebet für eine w irksam e V erkündigung des W ortes G ottes erm untert.7 In der Regel bestehen die Prothem en ebenfalls aus B ibelzitaten, die so ausgew ählt sind, daß sie sich in irgendeiner W eise m it dem Thema verbinden. In diesem S erm onarium stam m t das Z itat in 19 Fällen aber nicht aus der Bibel, sondern von irgendeinem K irchenvater, des öfteren vom H eiligen B ernhard, m anchm al auch von A ristoteles. A us Schneyers m onum entalem S erm ones-R eper- torium geht hervor, daß dieser Brauch recht selten w ar und vor dem 14. Jahrhundert nicht durch B eispiele belegt ist.8

D er Schluß der Serm ones ist ebenfalls charakteristisch. D ie H älfte der Predigten schließt m it einem kurzen G ebet. Ein Teil dieser G ebete sind V ariationen nach dem Schem a „Q uo et nos precibus apostoli perducat Iesus C hristus“ .9 In 16 Fällen kom m t im Schlußsatz in bezug au f C hristus ein ungew öhnliches nom en agentis m it dem Suffix -tor v o r:111 „quietator anim arum “ , „cibator et potator anim arum “ , „im positor igni“, „positor ch eru b in “, „actor pietatis“ usw.

In 16 Serm ones der H andschrift gibt es je einen Verweis auf einen anderen Serm o, also handelt es sich insgesam t um 32 P redigten." D er A utor benutzt im allgem einen die gleiche Form ulierung: „et hoc habes prosecutum inferius in serm one“, danach gibt er das Fest und das Them a an. Das bedeutet, daß die Person, die das Serm onarium zusam m enstellte, nicht nur eine reale od er im aginäre Z uhörerschaft vor A ugen hatte, sondern auch an einen regelm äßigen B enutzer des B andes dachte, der aufgrund des dargebotenen Stoffes selbständig im m er neue Serm ones kom pilierte.

D ie im S erm o n ariu m n achzulesenden 280 k lassischen Z itate sind nicht g leichm äßig unter den S erm ones verteilt. D er größte Teil der Z itate en tfällt au f etw a ein D utzend Predigten.

O bw ohl d er D o m in ik an era u to r nu r einen einzigen Serm o dem H eiligen B ernhard von C lairvaux (1090-1153) w idm ete, w ird dieser doch nach dem H eiligen A ugustinus (354-430) am häufigsten zitiert.

Ein reales B ild von der schöpferischen Selbständigkeit des A utors der Predigt­

sam m lung können w ir uns e rst dann m achen, w enn w ir seine u n m ittelb aren Q uellen kennen, w enn w ir w issen, w as e r fertig vorfand und wo seine eigene In vention zur G eltung kam .

In den letzten Jahren konnten neun Serm ones entdeckt w erden, die sich m it den Serm ones Q uinqueecclesienses in V erbindung bringen lassen und die entw eder zum O riginalcorpus gehören, das der B udaer D om inikaner zusam m enstellte, oder bei denen zw ei A utoren die gleiche Q uelle benutzten.

1 S c h n e y e r , J o h a n n e s B a p t i s t : Die Unterweisung der Gemeinde über die Predigt bei scholastischen Predigern.

Eine Homiletik aus scholastischen Prothemen. München; Paderborn; Wien, 1968.

' S c h n e y e r , J o h a n n e s B a p t i s t : Repertorium der lateinischen Sermones des Mittelalters fü r die Zeit 1150-1350.

Münster (Westfalen): Aschendorff, 1969-1980. (= Beiträge zur Geschichte der Philosophie und Theologie des Mittelalters, Bd. 43, H. 1-9).

* Sermon Nr. 1, 2, 3, 4, 11, 18, 23, 30, 38, 40, 47, 56, 89, 91, 99, 101, 130, 153, 154, 190.

10 Sermon Nr. 1, 3, 16, 18, 36, 39, 40, 47, 48, 82, 139, 146, 155, 161, 168, 169.

" Die Aufzählung s. Sermones Quinqueecclesienses, S. 446.

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Es könnte hilfreich sein, die Serm ones, die m it unserem S erm onarium in V erbindung gebracht w erden können, im Spiegel der oben aufgezählten M erkm ale n äh er zu unter­

suchen. Von den insgesam t neun Serm ones sind fü n f in einem H eiligenkreuzer K odex (Sign. Cod. lat. 292) zu finden, zwei w eitere in einem anderen H eiligenkreuzer K odex (Sign. Cod. lat. 149).

D er K odex Cod. lat. 292 des Z isterzienserklosters von H eiligenkreuz kann aufgrund seiner S chrift in das beginnende 14. Jahrhundert datiert w erden. D ie 133 Predigten des K odex sind völlig unregelm äßig zusam m engestellt. Von einem Teil der Predigten kennen w ir die A utoren aus anderen K odizes. D as S erm onarium ist verm utlich dom inikanischen U rsprungs. D er H eilige D om inikus kom m t in der H andschrift m it zw ei Predigten, der M ärtyrer Petrus m it einer Predigt vor. A uch der H eilige F ranzis­

kus bekam zw ei Predigten, doch die Feste des H eiligen A ntonius von P adua und der H eiligen K lara von A ssisi fehlen. D ie m eisten - genau neun - Serm ones hat der A utor des B andes dem H eiligen N ikolaus gew idm et, w as den dom inikanischen C harakter des K odex bestärkt. D er H eilige N ikolaus w ar der S chutzheilige d er B udaer D om ini­

kanerkirche und auch des D om inikanerklosters, wo das S tudium generale w irkte. Im ersten Teil des K odex sind in großer Zahl Serm ones über ungarische H eilige zu fin­

den - ein Indiz für den ungarischen U rsprung der H andschrift.

D en H eilig en k reu zer K odex C od. lat. 149 kopierte ein S criptor nam ens L udw icus M itte des 14. Jahrhunderts. Von späterer H and w urde au f die E inbandtafel als A utor der N am e Fr. Leo ord. Cist. geschrieben. Tatsächlich ist das H eiligenkreuzer Serm o­

narium m it der Signatur Cod. 291 ein W erk des Z isterzienserm önchs F rater Leo, der verm utlich um die W ende vom 13. zum 14. Jahrhundert in H eiligenkreuz tätig w ar.12 S chneyer gibt in seinem S erm ones-R epertorium - ausgehend von der E intragung und in K enntnis d er authentischen Serm ones Leos - den Inhalt des K odex unter dem N am en des Fraters an.15 E ine genauere U ntersuchung unseres K odex ergibt jedoch, daß diese P redigtsam m lung nichts m it F rater Leo zu tun hat. Es handelt sich auch hier um ein D om inikaner-S erm onarium , in dem die Serm ones in der O rdnung der Feste aneinandergereiht sind, u nter anderem fü n f Predigten zu den beiden Tagen des H eiligen D om inikus und eine für den M ärtyrer Petrus (der H eilige F ranziskus und der H eilige B ernhard erhielten je einen Serm o).

D erzeit liefern uns also diese beiden in H eiligenkreuz aufbew ahrten D o m inika­

nerkodizes die w ichtigsten Inform ationen in bezug au f die Q uellen der Predigten des ungarischen D om inikaners.

Im D om inikanerkodex Cod. lat. 292 finden sich zwei Serm ones über den H eiligen Ladislaus, die - abgesehen von einigen K opierfehlern - vollkom m en m it den L adis- laus-Serm ones aus den Serm ones Q uinqueecclesienses übereinstim m en. So ist die A nnahm e von E de P etrovich und Pál Tim kovics, daß das O riginalcorpus vor der B egründung d er U niversität Fünfkirchen entstand, endgültig bestätigt. D as ante quem ist nun die Z eit der K opierung des H eiligenkreuzer K odex, also A nfang des 14.

n G r i l l , S. M .: Leo Austriacus, ein Cisterzienser des 14. Jahrhunderts. Überblick über seine exegetischen Predigten. - In: Cisterzienser Chronik (1970), S. 55-60.

15 S c h n e y e r : Repertorium, H. 4, S. 26-39.

Zur Geschichte der Dominikanerpredigt 147 Jahrhunderts. D ie vorliegende K opie ist nicht nur älter, sondern auch etw as besser als die im M ünchener K odex enthaltene Variante.

D as A uftauchen d er beiden Serm ones in einem frem den K ontext signalisiert, daß sich die P redigten auch losgelöst von d er Sam m lung in der O rdensprovinz der ungarischen D om inikaner verbreiteten. W ährend der Prediger zu den Tagen der universellen H eiligen in je d e m „im portierten“ Serm onarium einen fertigen Serm o vorfand, m ußte er bei den ungarischen H eiligen für eigene Q uellen sorgen.

D er a u f dem Z itat Sim ilis fa c tu s est leoni (I. M ach. 3,4) aufbauende L adislaus-Serm o aus dem H eilig en k reu zer K odex kom m t im C orpus der Serm ones Q uinqueeccle- sienses nicht vor. A usgehend von dem Z itatenstoff und der Z itierungsw eise bin ich jed o ch d er M einung, daß auch dieser Serm o zum O riginalcorpus gehörte. D ie nicht allzu um fangreiche Predigt ist ungew öhnlich reich an Zitaten. Von 54 Zitaten stam ­ m en nur 25 aus der Bibel, e lf sind klassische Z itate oder Verweise, an vier Stellen beruft sich der A utor au f A ristoteles und einm al au f die P oetria von G aufredus.

L etztere w ird in der S erm onesliteratur gew öhnlich w eniger zitiert, in den Serm ones Q uinqueecclesienses hingegen ist dies neunzehnm al der Fall. D iese Predigt zeugt also davon, daß das O riginalcorpus der Serm ones Q uinqueecclesienses um fangreicher w ar als die heute bekannte M ünchener K opie.14

A uch der Serm o über den H eiligen E m ericus aus dem H eiligenkreuzer K odex, der das T hem a „R esplenduit facies eius quasi sol“ (M t 17,2) behandelt, w urde aus der O riginalsam m lung herausgelöst. Es sind zw ar darin w eit w eniger Z itate enthalten, der U rsprung des Serm o w ird jed o ch durch die für die B udaer D om inikaner typische E infügung dico und im Schlußsatz durch das nom en agentis m it dem Suffix -tor ein­

deutig belegt. A ußerdem gibt es noch ein anderes A rgum ent, das unsere A nnahm e bestätigt: D e r Serm o Nr. 141 zum Elisabeth-T ag aus den Serm ones Q uinqueeccle­

sienses schließt m it „quia ille solus intrat in celum , qui castitatem servat, ut dictum est plenius in serm one sancti H einrici“. In der kurzen St.-E m ericus-Predigt, die im M ünchener K odex zu lesen ist, w ird die castitas nur eben erw ähnt, hier je d o c h findet sich eine lange E rörterung dazu. (D en anderen St.-E m ericus-Serm o aus dem H eili­

genkreuzer K odex, dem die typischen M erkm ale fehlen, halten w ir nicht fü r ein W erk der B udaer D om inikaner.)

Serm o Nr. 5 aus den Serm ones Q uinqueecclesienses, der zum Tag der H eiligen L ucia geschrieben w urde, scheint aufgrund des Incipits m it der Predigt Nr. 32 aus dem H eiligenkreuzer K odex Cod. lat. 292 identisch zu sein. D as einleitende Z itat und die au f dem Z itat aufbauende Skizze der P redigt stim m en in beiden Serm ones tatsächlich überein, einzelne U nterteilungen und die E xposition sind hingegen verschieden. E ine A nalyse d er Ü bereinstim m ungen und A bw eichungen erbrachte den Schluß, daß die A utoren d er beiden P redigten zum L ucientag nicht gegenseitig ihre Texte verw ende­

ten, sondern nach einer identischen Q uelle arbeiteten. D ie Skizze der Predigt m üssen also auch die B udaer D om inikaner fertig übernom m en haben. D er H eiligenkreuzer Serm o ist an den entsprechenden Stellen skizzenhafter als der Serm o in den Serm ones Q uinqueecclesienses. D ie A usführungen über Jungfräulichkeit und A rm ut richten

14 M a d a s , E d i t : „Species Priami digna est imperio". Les enseignements d’un sermon du XIII* siècle. - In: Acta Antiqua 40 (2000), S. 311-319.

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sich an eine im Vergleich zur Z uhörerschaft im Studium generale einfachere und brei­

tere S chicht von M önchen und N onnen. D er A utor der Serm ones Q uinqueecclesien- ses w idm et dagegen den him m lischen G aben, die den Verstand der Studenten, Inter­

preten und L ehrer erleuchten, große A ufm erksam keit.

D er dem H eiligen B ischof N ikolaus gew idm ete Serm o Nr. 4 aus den Serm ones Q uinqueecclesienses und der Serm o Nr. 31 aus dem H eiligenkreuzer K odex Cod. lat.

292 w erden m it dem gleichen B ibelzitat eingeleitet. Die dem Zitat, dem sog. Them a folgenden Incipits und auch die Explicits w eichen zw ar voneinander ab, beide Serm ones sind aber trotzdem m iteinander verw andt. D er Serm o aus den Serm ones Q u in q u e e c c les ie n se s ist auch w e n ig e r sk iz z e n h a ft als d e r S erm o aus dem H eiligenkreuzer K odex. A ußerdem endet er m it einem selbständigen Schlußsatz, und an drei Stellen sucht er den K ontakt zur Z uhörerschaft. B eim V ergleich der beiden P redigten gelangen w ir w ieder zur A nnahm e, daß beide A utoren nach ein er identi­

schen Q uelle arbeiteten. Zudem ist der K om pilator des M usterexem plars die gleiche Person, die das M uster fü r die S t.-L ucien-Predigten erarbeitete, da in beiden H eili­

genkreuzer Serm ones je ein Z itat aus einer V ersparaphrase zum B uch des Tobias von M atthaeus V indocinensis (12. Jh.) steht.

A u f den S t.-T hom as-S erm o aus dem H eiligenkreuzer K odex C od. lat. 292 m achte das dem Them a folgende Z itat des H eiligen B ernhard aufm erksam . Als V orbereitung auf das einleitende G ebet der Predigt dient auch hier - wie in den Serm ones Q uinqueeccle­

sienses üblich - ein Zitat, das nicht aus der Bibel stam m t. In den Serm ones Q uinque­

ecclesienses sind zwei Serm ones über den Heiligen Apostel Thom as enthalten. Im H in­

blick auf Thema und Aufbau weichen sie völlig von dem H eiligenkreuzer St.-Thom as- Serm o ab, doch in allen Predigten gibt es längere, m it Z itaten ausgeschm ückte Teile, die w örtlich übereinstim m en. W ir m üssen also annehm en, daß die drei Predigten über den H eiligen T hom as au f einer gem einsam en Q uelle beruhen. A usgehend von dem H eiligenkreuzer Prothem a scheint es w eiterhin sehr w ahrscheinlich, daß der A utor der Serm ones Q uinqueecclesienses seine nicht der Bibel entnom m enen Prothem en dieser verm uteten gem einsam en Q uelle entlehnte.

Ä hnliche E rgebnisse w ie die oben angeführten Parallelen erbrachten auch Vergleiche m it dem Serm o zum Tag des H eiligen B enedikt und einer W eihnachtspredigt aus dem H eiligenkreuzer K odex Cod. lat. 149.

A ls E rgebnis der A nalyse der parallelen Serm ones läßt sich einerseits feststellen, daß die S erm ones Q uinqueecclesienses ursprünglich eine reichere Sam m lung w aren als die heute bekannte Fassung. D ie Serm ones üb er die ungarischen H eiligen hatten ver­

m utlich ein E igenleben und w urden auch herausgelöst aus dem C orpus kopiert. A nde­

rerseits w ird klar, daß der unbekannte Budaer D om inikaner bei einem Teil der Predigten m it fertigen Serm ones arbeitete. E r hat die Struktur der Predigten nicht verändert, allerdings den Inhalt und die inneren Proportionen der G esam tkonzeption des B andes entsprechend m odifiziert. Im G egensatz zu den beiden vorgestellten H eiligenkreuzer K odizes schuf er ein einheitliches, bleibendes W erk, das noch hundert Jahre später auch außerhalb des O rdens im A usland kopiert wurde.

An h a n g

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Über die Tätigkeit des Ordensreformers

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