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3.2 Textanalyse

3.2.8 Bestattung

Wie oben bereits angedeutet wurde, werden in den untersuchten Büchern die Verletzten und Toten nach Angriffen wenig thematisiert. Das Kapitel „Bestattung“ wird hier, in der Analyse von Schriften der Soldaten, Ärzte und Feldgeistlichen jedoch trotzdem behandelt.

Einerseits, weil Von Wyss an einer Stelle viel über seine erste unmittelbare Berührung mit Krieg, Verletzten und Toten erzählt, und dabei auch über die Bestattung der Toten eine ausführliche Beschreibung liefert, denn diese hat einen großen Eindruck auf ihn hinterlassen. Zudem stellten Bestattungen einen wesentlichen Teil der Arbeit von Feldgeistlichen dar, weshalb sie davon auch in ihren Selbstzeugnissen erzählen.

Die oben erwähnte ausführliche Beschreibung einer Bestattung ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich die Aspekte von Sterben, Tod und Trauer verflechten können. Der Grund dafür ist, dass Von Wyss nicht nur über die Bestattung selbst erzählt sondern auch über den Angriff, bei dem die Menschen ums Leben kamen, darüber, wie er die Nachricht erhielt sowie über die Aufbahrung der Leichen und die Trauer der Kameraden, aber auch über den Friedhof. Das traurige Ereignis war die Folge des Abwurfes einer Bombe aus einem Flugzeug, die einige Eisenbahnwagen traf. Zwölf Personen, darunter drei Sanitäter, starben, einer wurde schwer verletzt und verstarb später ebenfalls. Von Wyss beginnt die lange Beschreibung damit, wie sie ahnungslos die schlechte Nachricht bekommen und wie diese alle erschüttert:

305 Praclik, Unter Stahlhelm S. 37–38.

306 Vgl. Praclik, Unter Stahlhelm S. 43–44.

307 Vgl. Praclik, Unter Stahlhelm S. 58–60.

59

Eines morgens lagen wir hingestreckt im Grase im Wald und w%rmten uns an der Sonne. Ein Aeroplan schnurrte 'ber unsern K$pfen. (…) Wir ahnten nicht, da& er den Tod in unsere Reihen gesandt hatte. Nach einigen Stunden erschien pl$tzlich Tru& mit verst$rter Miene und sagte: „Ein Ungl'ck ist geschehen (…)“.308

Alle sind sehr bewegt: Der Gesichtsausdruck der Sanitäter zeigt ihre traurigen Gefühle, ein Mann ist noch halb betäubt vor Erschütterung und niemand sagt ein Wort.309 Die Trauer der Kameraden zeigt sich schon vor der Bestattung. Vorher lagen die Toten zwei Tage in einem Turm aufbewahrt. Die Kameraden besuchen sie hier, bekreuzigen sich und bringen Blumen und einen Kranz, den sie aus Tannenzweigen und Blumen selbst anfertigten.310 Von Wyss beschreibt die Bestattung mit großer Genauigkeit. Ihre Phasen: die Prozession, das Singen, die Predigt, die Absenkung der Särge und das Sammeln für die Witwen und Waisen; die Anwesenden: wer diese sind, wie sie sich benehmen und was sie fühlen; den Friedhof, das Grab und die Särge. In der Trauer sind die verschiedenen Leute eins, die sprachlichen und kulturellen Unterschiede verschwinden.311 Weil diese Bestattung so ausführlich und interessant ist und weil eine so lange Beschreibung selten in den hier untersuchten Büchern zu finden ist – nur bei Menke und Szabó kommen solche Beschreibungen vor –, wird sie im Anhang vollständig zitiert. (Zitat siehe Anhang Nr. 2.)

Ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit von Feldgeistlichen war es, die Toten zu bestatten.

Über die verschiedenen Bestattungsmöglichkeiten und -umstände im Krieg erzählen sie in ihren Büchern daher sehr viel – manchmal länger, manchmal nur kurz. Hier sollen davon einige Beispiele genannt werden. Bei Kortheuer ist zu lesen, dass er jeden Tag Gefallene bestatten muss und dass es erschütternd auf ihn wirkt. Auch die vielen Soldaten, die zur Bestattung kommen, begreifen dort den Ernst des Krieges:

T%glich bestatte ich die Gefallenen. Sie werden in die Kirche gebracht und dann in einem Sanit%tswagen zum Friedhof gefahren. Dort legt man sie in ihren Mantel geh'llt in die Erde, einen neben den anderen, zwei, drei, vier, je nachdem, in ein Grab. Unter dem gro&en Friedhofskreuz ist es ausgehoben. Es ist ersch'tternd. Aber es ist leicht, hier den Trost der Ewigkeit zu spenden. Die Soldaten, die sich reichlich einfinden, empfinden an diesen einfachen ersch'tternden Gr%bern den ganzen Ernst des Krieges. Manches Auge wird da feucht. Zuletzt donnert die Ehrensalve 'ber das Grab.312

Die Zahl der Toten wird immer größer und es wird immer erschütternder für Kortheuer, sie ständig begraben zu müssen:

308 Von Wyss, Als Arzt S. 53.

309 Vgl. Von Wyss, Als Arzt S. 53–54.

310 Vgl. Von Wyss, Als Arzt S. 54.

311 Vgl. Von Wyss, Als Arzt S. 55–56.

312 Kortheuer, Erlebnisse S. 32–33.

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Schwer, sehr schwer sind mir die Beerdigungen. Drau&en an der Front war es hart, die Gefallenen einfach in ihren Mantel geh'llt, in die Erde zu betten. Aber hier war es ersch'tternd, als ich zum ersten Male 18 einfache ungehobelte Holzs%rge (…) in das gro&e Massengrab betten mu&te. (…) Jeden Tag um 1 Uhr habe ich an diesem Massengrab gestanden und 12–20, dann 6–10 und 2–9 unserer Verwundeten begraben. (…) 350 ruhen bis jetzt hier.313

Später schreibt er, dass er über die Beerdigung gar nicht mehr erzählen kann: Von den 'brigen Beerdigungsfeiern auf dem ersch'tternden Platz (…) schweige ich… So furchtbar ist mir der Tod noch nie erschienen – und er findet Trost im Glauben –, aber auch nie so gro& das Heilandswort: Ich bin die Auferstehung und das Leben-314

Bei Menke finden sich zwei Kapitel, die ausführlich über Bestattungen – und Gräber – erzählen: Kriegergr%ber und Fremde Kameraden. In Kriegergr%ber schreibt Menke über die Schwierigkeiten bei der Bergung der Leichen an der Front315 und hebt hervor, wie wichtig es für die deutschen Soldaten ist, ihre gefallenen Kameraden zu bestatten.316 Im Kapitel Fremde Kameraden wird erzählt, wie die im Leben verfeindeten Soldaten, Deutsche und Franzosen, auf dem deutschen Kriegerfriedhof von Woinville zusammen begraben und gemeinsam betrauert werden. Er nennt dieses Ereignis selbst als eine gro&e und eigenartige Begr%bnisfeier317 und schreibt, dass es eine Pflicht der Soldaten ist, die gefallenen Soldaten auch der feindlichen Truppen zu begraben:

„Wenn wir, deutsche Soldaten, ein stattliches Kommando, auf einem Begr%bnisplatz, der den gefallenen Helden unseres Volkes geweiht ist, zwei gefallenen franz$sischen Offizieren dieselben milit%rischen Ehren erweisen wie den eigenen Br'der, so dr%ngt uns dazu eine dreifache Pflicht.“318

Als erste nennt Menke die Pflicht reiner Menschlichkeit,319 als zweite die Kriegerpflicht.320 Das Opfer für das Vaterland soll auch bei den feindlichen Soldaten hochgeschätzt und geehrt werden:

Gl'hende, opfernde, alles hingebende Vaterlandsliebe m'ssen wir jedoch auch dem Feinde als erhabene Tugend zugestehen. Wenn er f'r sein Vaterland zur Waffe greift, m'ssen wir ihn achten, wenn er Mut und Tapferkeit zeigt, ihn bewundern, wenn er sein Blut vergie&t und k%mpfend f%llt, in Ehrfurcht unser Haupt vor ihm neigen.321

313 Korheuer, Erlebnisse S. 44–45.

314 Kortheuer, Erlebnisse S. 77.

315 Vgl. Menke, Ohne Waffe S. 256–257.

316 Vgl. Menke, Ohne Waffe S. 255.

317 Menke, Ohne Waffe S. 271.

318 Menke, Ohne Waffe S. 271–272.

319 Menke, Ohne Waffe S. 272.

320 Menke, Ohne Waffe S. 273.

321 Menke, Ohne Waffe S. 274.

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Die dritte Pflicht ist Christenpflicht. (…) ob Deutscher oder Franzose, vor Gott sind (…) alle eins.322 Die gefallenen Franzosen waren nicht nur als Soldaten sondern auch als Christen ihre „Brüder“: Beide feindlichen Flieger waren Christen wie wir, unserer Br'der.323 Auf Menkes Frage, warum er für die zwei Franzosen ein schöneres Denkmal als für die Deutschen meißelt, antwortet der Bildhauer: „Eines Tages werden wir nicht mehr hier sein. Wenn dann die Franzosen sehen, wie wir ihre Toten geehrt haben, werden sie gewi& auch unsere Kriegergr%ber schonen und f'r ihre Erhaltung Sorge tragen.“324