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Das wissenschaftliche Fach DaF

Das wissenschaftliche Fach DaF hat sich dagegen erst in den letzten 30 Jahren in einem spannenden Entwicklungs– und Änderungsprozess durchgesetzt und etabliert. In diesem Prozess hat DaF viele verschiedene Facetten und Aspekte integriert

Nicht ein eindeutiges, durch zunehmende Restriktion und damit durch immer extensivere Ausschlussprozesse gewonnenes Objekt liegt dem Fach DaF zugrunde.

Nicht eine exklusive disziplinäre Methodik konstruiert es. Vielmehr trägt es die Geburtszeichen seiner unterschiedlichen Entstehungsbedingungen hochgradig und bis heute offen zutage. (Ehlich 2007: 19)

Als wissenschaftliches Fach hat Deutsch als Fremdsprache unterschiedliche Ausrichtungen, verschiedene Bezeichnungen wie DaF, DaZ, Interkulturelle Germanistik, Ausländer– oder Migrationspädagogik, Interkulturelle Kommu-nikation etc. und kommt in verschiedenen Kontexten (in der germanistischen und allgemeinen Sprachwissenschaft, innerhalb der Literaturwissenschaft, im Rahmen von Sprachlehrforschung, Fremdsprachendidaktik und in der Erzie-hungswissenschaft) vor (vgl. Götze u.a. 2001:19).

Wenn von den Anfängen des wissenschaftlichen Faches DaF die Rede ist, werden zwei Institute immer erwähnt, die durch ihre ersten Anstöße für das Fach maßgeblich zu seiner Etablierung beigetragen haben. Das waren das Herder-Institut in Leipzig in der DDR und das Institut für Deutsch als Fremdsprache an der LMU in München in der BRD. Das letztere hatte seinen Vorläufer in Heidelberg, wo bereits 1976 unter der Bezeichnung „Deutsch als Fremdsprache“ ein Magisterstudiengang eingerichtet wurde, der allerdings nur Nicht-Muttersprachler zu Deutschlehrern ausbildete.

Das Herder-Institut wurde 1956 für Ausländerstudium an der damali-gen Karl-Marx-Universität Leipzig gegründet. Die Lehre des Deutschen als Fremdsprache im Rahmen von Sprachkursen begann am Institut für Ausländerstudium schon 1951. Dieses Institut wurde 1961 in „Herder-Institut“ umbenannt. Seit 1964 wird die Zeitschrift „Deutsch als Fremdsprache“, die bis heute zu den bedeutendsten DaF-Zeitschriften zählt und das Fach maßgebend prägt, am Herder-Institut herausgegeben. 1968 wurde der erste Lehrstuhl für DaF unter der Leitung von Gerhard Helbig am Herder-Institut eingerichtet. Helbig als Sprachwissenschaftler hat die Möglichkeit, die Vermittlung des Deutschen als Fremdsprache wissen-schaftlich zu fundieren, erkannt und genutzt und damit die Grundlage für ein neues Fach gelegt. Nach der Wiedervereinigung von Deutschland

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wurden die Rahmenbedingungen für das Herder-Institut und für seine Tätigkeit optimiert.

Im Zuge der Reorganisation der sächsischen Hochschulen nach der Wie der vereinigung wurde „Deutsch als Fremdsprache“ 1992 auf den Magisterstudiengang mit den Schwerpunkten „Linguistik/Angewandte Lin-gu istik“, „Landeskunde/Kulturstudien/Literaturwissenschaften“, „Didak tik/

Methodik“ und „Phonetik/Phonologie“ umgestellt, das hat für die fachliche Entfaltung des Faches neue Perspektiven eröffnet. 1993 wurde das Herder-Institut innerhalb der Philologischen Fakultät der Universität Leipzig auf der Grundlage des Sächsischen Hochschulgesetzes neu gegründet und damit im universitären Bereich etabliert.4

Das erste Institut für Deutsch als Fremdsprache in der Bundesrepublik Deutschland wurde an der LMU in München 1979 von dem Romanisten Harald Weinrich gegründet und bis 1992 geleitet. Dies war das erste explizite universitäre Institut zum Deutschen als Fremdsprache. Die Persönlichkeit von Harald Weinrich war für das junge Fach maßgebend: „Weinrich repräsentierte und publizierte andere Dimensionen der Philologie, insbesondere in einer Kombination von Literatur– und Sprachwissenschaft“ (Ehlich 2007: 18). Sein Beitrag zur Etablierung des Faches kann nicht genug geschätzt werden. Es ist aufschlussreich, seine 1979 an der LMU gehaltene Antrittsvorlesung näher zu betrachten und zwei Gedanken, die für die vorliegende Arbeit von beson-derer Bedeutung sind, hervorzuheben. Erstens soll Weinrichs Verständnis vom Sprachunterricht vorgestellt werden. Im folgenden Zitat findet sich eine Antwort auf die Frage, wie Lernende für den Fremdsprachenunterricht ge-wonnen und motiviert werden können. Weinrich hat damit eine wichtige Aufgabe für die Praxis umrissen.

Ich glaube, es läßt sich nicht übersehen, dass der Sprachunterricht in eben dem Maß, wie er überhaupt gesteuert vorangeht, entweder der metasprachlichen oder der ästhetischen Funktion der Sprache begegnet. Er begegnet der metasprachlichen Funktion, wenn er ganz theoretisch konzipiert ist, was nur bei wenigen Adressaten möglich und empfehlenswert ist. Wenn der Sprachunterricht sich hingegen an solche Adressaten wendet, die an einen ständigen analytischen Umgang mit der Sprache nicht gewöhnt sind, so dass ihnen die Sprachstrukturen am besten in Texten, Sprechakten und Sprachspielen sinnfällig vorgestellt werden, dann läuft der Sprachunterricht mit Notwendigkeit der ästhetischen Funktion der Sprache entge-gen und erhält auf diese Weise selber eine ästhetische Dimension, die ich aber gerne auch quasi-ästhetisch nennen will, da ihr natürlich das Insgesamt der geschichtlichen

4 Vgl. unter http://www.uni-leipzig.de/herder/.

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Voraussetzung abgeht, das wir für die Literatur sonst in Rechnung stellen müssen.

Gemeinsam ist aber sicherlich dem ästhetischen Verfahren der Literatur und dem quasi-ästhetischen Verfahren des Sprachunterrichts eine nicht theoretische, sondern sinnliche Reflexivität, durch die Interesse für die Sprache erzeugt, Interesse für die Sache jedoch nicht ausgeschlossen wird. (Weinrich 1981: 11f.)

Es ist auch lehrreich, Weinrichs Ansichten bezüglich Fremdsprachen-lehrerInnen und der Aufgaben, die er ihnen zuschreibt, kennenzulernen.

Als die wichtigste dieser Aufgaben hebt er den Umgang mit der Fremdheit hervor:

Es scheint mir (daher) für den Fremdsprachenunterricht keine zwingende Methode zu sein, alle Anstrengungen darauf zu richten, daß die Fremdheit sei-ner Gegenstände möglichst rasch und möglichst restlos vernichtet wird. Da die Aufhebung aller Fremdheit im Modus vollkommener Vertrautheit erst am Ende, am idealen und vielleicht nie ganz erreichten Ende des Lernprozesses steht, scheint es mir ein Gebot realistischer Didaktik zu sein, auf dem langen Weg dahin mit der Fremdheit zu paktieren, und aus ihr, solange sie besteht, alle Vorteile zu ziehen, die dieser interessante Zustand seinen Liebhabern freigebig gewährt. Um den Pakt mit der Fremdheit jedoch schließen zu können, ist es erforderlich, dass die zukünfti-gen Sprachlehrer nicht nur solide linguistische, sondern auch subtile literarische Kenntnisse erwerben, wozu nicht nur, was sich von selber versteht, Belesenheit gehört, sondern auch Einsicht in die Bedingungen literarischer Kommunikation, wie sie in der Hermeneutik, Rezeptionsästhetik sowie in den Schulen der formalen und strukturalen Literaturbetrachtung gewonnen worden ist. Und selbst wenn man im Sprachunterricht, was bei bestimmten Zielgruppen berechtigt ist, nur die Alltagssprache lehren will und dabei dennoch, wenn ich es noch einmal mit einem Wort Goethes sagen darf: „Der unendlichen Langweile des täglichen Lebens“ zu entgehen wünscht, so gehört zu diesem Geschäft als didaktisches Rüstzeug auch eine Ästhetik des Alltags. Ich bin also insgesamt der Ansicht, daß wir uns von der weiteren Entwicklung der Didaktik eine Literarisierung oder Reliterarisierung des Sprachunterrichts wünschen müssen, damit wir nicht nur die Sprachen, sondern auch unsere Umwelt mit Überraschungen sehen lernen. (ebd., 16f.)

Durch seine fast prophetische Sicht der Dinge hat Weinrich Fremdsprachen-lehrern den Blick geschärft und das Empfinden für den Umgang mit dem Fremden sensibilisiert. Seine Gedanken haben auch für die heutige Situation eine hohe Relevanz. Sowohl der heutige Sprachunterricht als auch die Lehrerausbildung brauchen menschliche und ästhetische Momente – ohne diese gibt es keine Motivation einerseits und keine Begeisterung anderer-seits. Literarische Texte wurden in den 80er Jahren beispielsweise mit gro-ßer Freude für den Sprachunterricht zwar wieder entdeckt und von der

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Fremdsprachendidaktik für die Praxis bereitgestellt, aber ihre wahre Integration im Unterricht kommt immer noch ganz sporadisch oder gar nicht vor.

Bei der Gründung des Instituts für Deutsch als Fremdsprache an der LMU ist das Goethe-Institut unbedingt zu erwähnen. Das Goethe-Institut wurde Anfang der 1950er Jahre in Deutschland mit dem Ziel der Vermittlung des Deutschen als Fremdsprache gegründet. Am Goethe-Institut wurden mit den Jahren viele praktische Erfahrungen beim Deutschunterricht angesammelt, die für das neue Institut für Deutsch als Fremdsprache bereitgestellt und dort als wichtige Impulse genutzt wurden.

Zwei weitere wichtige Bereiche für den Unterricht in Deutsch als Fremdsprache sind noch zu nennen. Sie trugen als Ausgangspunkte zur späteren Entwicklung des Faches wesentlich bei. Erstens sind die deutschen Universitäten zu erwähnen, an denen ausländischen StudentInnen DaF-Kurse vor allem für die Aneignung der deutschen Wissenschaftssprache angeboten wurden. Hier sammelten sich wertvolle praktische Erfahrungen, die mit der Zeit auch theoretisch aufgegriffen und untermauert wurden (vgl. Ehlich/Steets 2003, Graefen/Liedke 2008).

Der andere Bereich wird durch die Arbeit des DAAD geprägt. Diese Institution entsandte Lektoren an ausländische Universitäten mit der Aufgabe, das Deutsche als Fremdsprache und die Germanistik – in Unterstützung der Germanistik am Ort – zu vermitteln. Diese DAAD-Lektoren, die ohne wissenschaftlich fundierte Ausbildung ins Ausland verschickt wurden, spiel-ten später bei der wissenschaftlichen Etablierung des Faches eine große und wichtige Rolle. Sie hatten nämlich während ihres Auslandsaufenthaltes eine spezifische Sicht auf die deutsche Sprache entwickelt:

Diese aus der praktischen DaF-Vermittlung kommenden Entstehungs–

und Bestimmungsgründe für DaF wirkten und wirken als eine spezifische Perspektivierung in Bezug auf das, was das akademische Fach Deutsch als Fremdsprache betreibt, weiter. (Ehlich 2007: 16)

Über diese erwähnten Bereiche der DaF-Vermittlung hinaus spielten die tradi-tionellen germanistischen Disziplinen eine wichtige Rolle bei der Etablierung des neuen Faches. Ihre Forschungserkenntnisse waren besonders nach einem Paradigmenwechsel, der in den 60er und 70er Jahren erfolgte, für das neue Fach von erstrangiger Bedeutung. Die Germanistik wurde nämlich lange Zeit von der Gegenwartssprache entfernt und im Wesentlichen als Literaturwissenschaft betrieben (ebd., S. 17). Durch eine Horizonterweiterung entwickelte sie sich zu einer interkulturellen Disziplin und bot damit für das neue Fach wichtige Impulse. Mit der Entwicklung der interkulturellen Hermeneutik gelang es,

33 Deutsch als Fremdsprache: Von der Sprachlehre zur wissenschaftlichen Disziplin dies wissenschaftstheoretisch wie sachlich zu einer wichtigen Determinante für den Bereich des Deutschen als Fremdsprache zu machen und dadurch zugleich die Weite einer sprachbasierten kulturbezogenen Analyse gegenüber vielfältigen Verengungstendenzen zu behaupten (vgl. Ehlich 2007, Hunfeld 1990, Bredella 1995, Krusche 1995).

In der Linguistik, die von der Gegenwartssprache zwar weniger entfernt war, war die Hinwendung zur Gegenwartssprache doch ein langer Prozess.

Erst durch einen wissenschaftlichen Generationsbruch, wie er selten in dieser Deutlichkeit disziplinkonstituierend zu beobachten ist, trat auch die germanis-tische Linguistik in den Horizont jener Fremde ein, die dem Fach Deutsch als Fremdsprache als Konstituierungsspur von vornherein eingeschrieben ist. (Ehlich 2007: 17)

Einen entscheidenden Einfluss übte die Linguistische Pragmatik auf das neue Fach aus:

Die allgemeine Sprachwissenschaft, insbesondere die Linguistische Pragmatik, setzte sich in Fachkonzepte um, die die weiterhin eliminierten sprachlichen Realitäten zum Gegenstand der Forschung – und zum Gegenstand der Vermittlung – machten, von der gesprochenen Sprache über die Kommunikation in den unterschiedlichsten in sti-tutionellen Bereichen bis hin zu einer neuen Grundregelung der sprachanalytischen Kategorien und zur Einbeziehung sprachtypologischer Fragen. (ebd., S. 18).

Neben der Germanistik waren auch andere Philologien, wie die Romanistik und vor allem die Anglistik bei der Etablierung des Faches von Bedeutung.

In Zusammenarbeit bildeten sich Zentren für die Erforschung von Lehren und Lernen des Deutschen als Fremdsprache neben Leipzig und München auch in Bielefeld, Bochum, Jena, Hamburg, Gießen und Kassel aus, um nur einige zu erwähnen.

Die regelmäßig stattfindenden Fachtagungen seit den 80er Jahren – her-vorzuheben sind die durch den Internationalen Deutschlehrerverband (IDV) organisierten Internationalen Deutschlehrertagungen (IDT) –, die zahlrei-chen Publikationen mit neuen Standpunkten von Experten zu den wichtig-sten Forschungsfragen prägen das Fach und sind von wissenschaftshistorischer Bedeutung. Hier soll unter anderem an die Reihe „Gießener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik“ (hrsg. von Bausch u.a.) oder an die Reihe „Theorie und Praxis. Österreichische Beiträge zu Deutsch als Fremdsprache“ (hrsg. von Krumm/Portmann-Tselikas) hingewiesen werden. Große Bedeutung haben die Zeitschriften (z.B. „Fremdsprache Deutsch“, „Deutsch als Fremdsprache“, „Praxis Deutsch“, „Materialien Deutsch als Fremdsprache“, „Fremdsprachen lehren und

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lernen“ (FLuL) und Jahrbücher (z.B. „Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache“. Bei der Etablierung von DaF spielen die zahlreichen Einführungen und Handbücher eine besonders wichtige Rolle.5 Hervorzuheben ist unter diesen „Deutsch als Fremd– und Zweitsprache. Ein internationales Handbuch“.6

Als erste Fachorganisation ist der „Arbeitskreis Deutsch als Fremdsprache“

zu erwähnen, der sich seit seiner Gründung (1971) aus der Position der Interessenvertretung zum „Fachverband Deutsch als Fremdsprache“ (FaDaF) entfaltete und wichtige fachspezifische Aufgaben erfüllt.

Außerhalb von Deutschland, in der Schweiz und in Österreich, vollzog sich eine vergleichbare Entwicklung erst sehr spät (vgl. Götze u.a. 2001: 22).

In der Schweiz bildete sich in den 90er Jahren ein Zentrum für DaF an der Universität Fribourg aus. In Österreich wurde der erste Lehrstuhl für Deutsch als Fremdsprache von Hans-Jürgen Krumm 1993 in Wien gegründet. Er er-fasste in seiner Antrittsvorlesung die wichtigsten Merkmale des neuen Faches und sah sie als große Chance für die Bereicherung des germanistischen Blicks.

Die Zeit hat seine Vermutung bestätigt.

Deutsch als Fremdsprache konstituiert sich nicht als Ableitung aus Literaturwissenschaft, Linguistik oder Pädagogik, sondern durch einen Wirklichkeitsbereich, ein Praxisfeld; hier liegt die grenzüberschreitende Erweiterung des germanistischen Blicks, was die Sprache betrifft, ebenso wie im Bereich der Literatur, der Landeskunde und der Sprachdidaktik. (Krumm 1994: 30)

1995 wurde in Graz die zweite Professur für DaF in Österreich von Paul Portmann-Tselikas besetzt. Mit den Arbeiten zur Textkompetenz, die Portmann-Tselikas seit Mitte der 90er Jahre durchgeführt und angeregt hat, wurde ein Forschungsbereich begründet, der mittlerweile breite Anerkennung gefunden hat (vgl. Schmölzer-Eibinger/Weidacher 2007).