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Neue Lehr– und Lernkultur im Fremdsprachenunterricht

Reflexionen über ein Fortbildungsseminar für DaF-Lehrende

2. Neue Lehr– und Lernkultur im Fremdsprachenunterricht

Dem kommunikativen Fremdsprachenunterricht liegt ein offenes Lehr– und Lernkonzept zugrunde, das auf Erkenntnissen der kognitiven sowie kon-struktivistischen Lerntheorien basiert. Da die technischen Entwicklungen nur auf der Grundlage dieser (sprach)lernpsychologischen Konzepte sinnvoll nutzbar gemacht werden können (Funk 2011), so muss auch der medienge-steuerte Lehr– und Lernprozess aufgrund der didaktischen Prinzipien dieser Lernmodelle organisiert werden.

Nach der konstruktivistischen Lerntheorie wird das Lernen als ein Wissenskonstruktionsprozess angesehen, der sich als ein innerer Prozess in den Köpfen der Lernenden abspielt. Dieser individuelle Prozess kann nur dann erfolgreich sein, wenn der Lernende ihn bewusst und eigenverantwortlich mitgestaltet. Um dies im Unterricht ermöglichen zu können, müssen in der Schule neue Rollenverhältnisse und Unterrichtsformen geschaffen werden.

In dieser neuen Lehr– und Lernkultur erhält der Lernende eine aktive Rolle und das Lernen gerät in den Mittelpunkt des Fremdsprachenunterrichts. Der Lehrende fungiert in der Rolle des Moderators und Beraters, der Strategien und Wege aufzeigt sowie Lern– und Arbeitstechniken anbietet, mit deren Hilfe die Lernenden die Informationen selbstständig verarbeiten und rekonstruieren können. Das Lernen steht im Mittelpunkt des Unterrichtsprozesses, Lehren wird als Optimierung aufgefasst. Lernerautonomie ist durch Frontalunterricht nicht zu erreichen, sondern muss in Gruppenarbeit, Rollenspielen oder

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Projekten erfahren werden (Feld-Knapp 2011: 989). Die neuen Technologien machen die Verwirklichung dieser Unterrichtsformen möglich. Nach Wolff

[kann] der Einsatz der Neuen Technologien zu einer Aufwertung der Gruppenarbeit als Sozialform des Unterrichts führen […]. Die Zahl der verschiedenen Aktivitäten, die bei der Projektarbeit unter Einbeziehung der Telekommunikation erforderlich ist, macht z.B. eine Einteilung in Kleingruppen, die jeweils verschiedene Aufgaben über-nehmen (Recherchieren, Formulieren von Mitteilungen, Formulieren von Texten, Revidieren und Korrigieren etc.) notwendig, ja unumgänglich. Die Lernenden ver-mögen den Sinn einer solchen Arbeitsteilung viel besser einzusehen als Formen von Gruppenarbeit, in denen der Lehrer von allen Gruppen identische Ergebnisse erwartet. (Wolff 1998b: 208)

Viele Lehrende befürchten, dass der Einsatz der interaktiven Tafel wieder zum Frontalunterricht führt. Die Lehrer, die ohne IWB frontal unterrich-ten, werden in der Tat weiterhin so lehren. Diejenigen jedoch, die im her-kömmlichen Unterricht verschiedene Sozialformen eingesetzt haben, werden die Möglichkeiten wahrnehmen, die die Tafel bietet, um Gruppen- und Partnerarbeit zu organisieren und Gruppenaufgaben zu modellieren. Nach Euler (1990:188) „sind neue Medien nur bei solchen Pädagogen gut aufge-hoben, die auch ohne Computer gute Pädagogen waren.“

In einem modernen fremdsprachlichen Lern– und Lehrprozess soll eine anregungsreiche Lernumgebung gestaltet werden, in der die Interaktionen von authentischem Charakter sind und die Wirklichkeit so realitätsnah wie möglich abgebildet wird. Nur in einer solchen Lernumgebung kann das Lernen in der Weise stattfinden, dass der Lerner sein bisheriges Wissen angemessen einsetzt und dadurch mit neuen Wissenskomponenten ergänzt oder modifiziert. Im herkömmlichen Fremdsprachenunterricht ist es oft der Fall, dass die Lehrenden dieser Forderung der kognitiven Lerntheorie nicht gerecht werden können.

Weder die in den Lehrwerken angebotenen didaktisierten und dem Lernniveau angepassten Texte noch die von den Lernern simulierten Situationen sind au-thentisch. Die Authentizität kann durch Materialien hergestellt werden, die aus der Lebenswelt der Lerner stammen, real existieren und eben keine extra für den Unterricht angefertigten Nachahmungen darstellen. Authentische Materialien können durch neue Medien oft mit einem einfachen Klick ins Klassenzimmer gebracht werden. An die interaktive Tafel können von Muttersprachlern verfasste Texte projiziert, Videos, Filme, Radiosendungen einfach abgespielt werden.

Ein weiterer Vorteil ist, dass die im Internet zu findenden Materialien stän-dig aktualisiert, mit neuen Texten ergänzt oder ersetzt werden. Durch die von der Telekommunikation angebotenen Möglichkeiten (Skype, Videokonferenz)

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können reale Interaktionen mit Muttersprachlern hergestellt werden, in denen die Lernenden eine aktive Rolle einnehmen können.

Gemäß den Erkenntnissen der kognitiven Lerntheorie ist darüber hinaus nicht nur die Lernumgebung authentisch und abwechslungsreich zu gestalten, sondern auch die Unterrichtsinhalte müssen authentisch und vielschichtig sein.

Den Schülern muss die Sprache in ihrer Komplexität präsentiert werden, damit sie selbst Regularitäten und Zusammenhänge entdecken können. Seit der kom-munikativen Wende steht nicht mehr die strukturbezogene Sprachbeschreibung im Mittelpunkt, sondern das pragmatisch angemessene Sprachhandeln. Die sprachlichen Handlungen realisieren sich in der Kommunikation, die immer von einer kommunikativen Absicht ausgeht. Die Handlungsfähigkeit in der Fremdsprache kann nur mit Hilfe von Texten gefördert werden, daher muss der Unterricht durch Textorientiertheit geprägt sein. Textorientierung bedeutet, dass der Unterricht vom Text zum Text geht. Für den Umgang mit Texten wird eine wichtige Kompetenz benötigt, die Textkompetenz, die sich im Lernprozess durch Interaktion mit Texten und Aufgaben herausbildet (Feld-Knapp 2005).

Aufgaben „sind komplexere Handlungsangebote, die Lernende veranlassen, die Zielsprache zu verstehen, zu manipulieren, Äußerungen in ihr zu produzieren oder in ihr zu interagieren“ (Legutke 2010: 17).

Eine Aufgabe ist dadurch gekennzeichnet, dass sie als kommunikatives Vorhaben im kommunikativen Unterricht eine maßgebende Funktion erfüllt, und bei ihrer Bewältigung ein Produkt entsteht. Der Schüler, der eine Aufgabe löst, nimmt die Rolle des Sprachverwenders ein, der komplexe kommunikative Handlungstätigkeiten ausführt. Nach dem handlungsorientierten Ansatz sollen die Aufgaben so geartet sein, dass die Lernenden dadurch zuvor ver-einbarte Handlungsprodukte herstellen oder Aktivitäten selbständig planen und durchführen können (Röttger 2010: 113). Aufgaben erhalten eine weitere wichtige Funktion im Fremdsprachenunterricht, weil anhand von ihnen das Prinzip der Schülerorientierung umgesetzt werden kann. Sie integrieren die Lernenden in den Unterrichtsprozess und ermöglichen ihnen vielfältige sprachliche Aktivitäten. Ein wichtiger Aspekt bei der Gestaltung von Aufgaben ist deshalb, dass sie an die Lebenswelt der Lernenden geknüpft werden. Ein we-sentlicher Bestandteil der Lebenswelt heutiger Jugendlicher ist der Computer bzw. der Umgang mit neuen Medien, weswegen medienbasierte Aufgaben im modernen Unterricht eine relevante Rolle spielen. Durch Einsatz von interaktiven Aufgaben am IWB wird das ganzheitliche, handlungsorientierte Lernen ermöglicht, sofern bei deren Einsatz der Hauptfokus nicht auf der Tafel, sondern auf der Aufgabe selbst liegt.

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Die von den genannten Lerntheorien gestellten Erwartungen (Handlungs–, Schüler–, Text–, Aufgabenorientierung, Authentizität, Lernerautonomie) ge-genüber dem Fremdsprachenunterricht können mit dem Einsatz der neu-en Medineu-en unterstützt, ja sogar erfüllt werdneu-en. Der effektive und richtige Medieneinsatz verlangt gleichzeitig eine Lehr– und Lernkultur, in der diese didaktischen Prinzipien zur Geltung kommen. Die Lehrenden, die in einem medienbasierten Unterricht agieren wollen, müssen zuerst mit den genann-ten didaktischen Prinzipien vertraut gemacht und dann in den kompegenann-tengenann-ten Umgang mit Medien eingeführt werden. Das Lehren und Lernen mit neuen Medien bringt neue Handlungskontexte mit sich und setzt neue didaktische Kompetenzen voraus, auf die die Lehrenden vorbereitet werden müssen.

3. Didaktische Kompetenzen für die Umsetzung des