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Ausrichtungen des wissenschaftlichen Faches DaF

Von Anfang an wird die Struktur des Faches DaF von Fachleuten, Experten kontrovers diskutiert. Dabei geht es grundsätzlich um die zentralen Fragen:

Identität, wissenschaftliches Selbstverständnis und Gegenstand des jungen Faches in Lehre und Forschung. Einigkeit herrscht zwar, dass die Existenz von DaF gerechtfertigt ist. Fraglich bleibt aber, wie das junge Fach im akademischen

5 Solche Einführungen sind z.B. Edmondson 1993, Henrici/Riemer 2001, Hunecke/Steinig 2010, Storch 1999.

6 1. Auflage (2001) hrsg. von Helbig, Gerhard / Götze, Lutz / Henrici, Gert / Krumm, Hans-Jürgen;

2. Auflage (2010) hrsg. von Krumm, Hans-Jürgen / Fandrych, Christian / Hufeisen, Britta / Riemer, Claudia in der Reihe „Handbücher zur Sprach– und Kommunikationswissenschaft“.

35 Deutsch als Fremdsprache: Von der Sprachlehre zur wissenschaftlichen Disziplin Bereich angesiedelt werden kann und als wissenschaftliche Disziplin von den traditionellen Philologien als gleichrangige Disziplin, die für sie neue Chancen eröffnet, akzeptiert wird. Dies verlangt ein Umdenken und eine Abkehr von der traditionellen Sichtweise. In diesem Kontext gibt es zwar konkrete Erfolge, aber der Prozess ist immer noch nicht abgeschlossen. Die Gründe liegen nicht einfach nur in der fehlenden Bereitschaft der traditio-nellen Philologien, Umstrukturierung und Umdenken verbinden sich mit existentiellen Fragen. Was sich in den letzten Jahren eindeutig zeigt, ist, dass die Rolle des gesellschaftlichen Nutzens von wissenschaftlichen Ergebnissen nicht mehr ausgeklammert und außer Acht gelassen werden kann.

Im Erfolg der Vermittlung einer Fremdsprache nicht nur in DaF spiegelt sich die Qualität der Lehrerausbildung, denn Lehrerinnen und Lehrer spielen bei der Vermittlung eine Schlüsselrolle. Deshalb sind die Erkenntnisse von DaF für die DaF-Lehrerausbildung von erstrangiger Wichtigkeit.

In der Wissenschaft haben wir lange geglaubt, wir müssten nicht über Qualität reden, denn Wissenschaft sei ja per se hervorragend. Lange haben wir geglaubt, wer gute Bücher schreibe, sei auch ein guter Lehrer – die Konsequenz ist, dass vielen Wissenschaften die Studierenden davonlaufen und auch die Gesellschaft sie nicht mehr wertschätzt. Denn das Verfassen kluger Bücher reicht heute als Legitimation für Wissenschaft nicht mehr aus. Ob wir das wollen oder nicht, Wissenschaft muss zumindest ein Stück weit auch ihre gesellschaftliche Nützlichkeit beweisen, wenn sie weiterhin öffentlich finanziert werden will und wenn junge Leute das Fach studieren wollen. (Krumm 2012: 1)7

Weinrich nennt DaF 1979 „ein Kind der Praxis“. Dementsprechend um-reißt er die Konturen des jungen Faches, dessen zentrale Aufgabe die Vermittlung des Deutschen als Fremdsprache ist, deshalb muss „der spezifi-sche Vermittlungsprozess selber zum Gegenstand der Lehre und folglich auch der Forschung gemacht werden“ (vgl. Weinrich 1979: 1). Bei der Vermittlung wird Außenperspektive mit der Binnenperspektive verbunden. Die dabei ge-wonnenen Erkenntnisse sind auch für die Germanistik im deutschsprachigen Raum von Bedeutung.

Die Debatte über die Struktur des Faches verstärkte sich in den 90er Jahren und fand in verschiedenen Publikationen ihren Niederschlag. In der Zeitschrift

„Deutsch als Fremdsprache“ (Heft 2/1996 – Heft 1-2/1999) haben Lutz Götze und Peter Suchsland anhand von zehn Thesen zur Struktur des Faches Deutsch als Fremdsprache eine laufende Diskussion ausgelöst. Sie stellten verschiedene Aspekte zur Debatte. Die unterschiedlichen Standpunkte und Stellungnahmen

7 Vgl. Krumms Beitrag im vorliegenden Band.

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bieten einen interessanten Einblick in den Etablierungsprozess des Faches, die meist diskutierten Thesen werden im Folgenden zusammengefasst. Durch diese Diskussionen kristallisierte sich die anfangs zitierte Definition von DaF heraus (vgl. Krumm 2010):

DaF ist ein

einheitliches Fach mit unterschiedlichen Aufgaben und Schwerpunkten, in dessen Zentrum die Theorie und Praxis des Lernens bzw. Erwerbens und Lehrens der Fremdsprache Deutsch durch Nichtmuttersprachler steht. DaF ist sowohl wissenschaftliches Hochschulfach als auch Sprachlehrfach an Schulen und Universitäten.

Das Fach ist als eine Einheit zu verstehen, freilich mit durch den Ort des Geschehens und das Lernziel geprägten Schwerpunktsetzungen. Ihnen müssen die Curricula, aber auch die Forschungsziele untergeordnet werden.

DaF ist ein

germanistisches Fach: Es handelt vom Lernen und Lehren der deutschen Sprache und Literatur innerhalb der Germanistik.

DaF ist ein

eigenständiges Fach, das Eigen– und Fremdperspektive (Perspektive von außen) verbindet. DaF ist ein viertes Standbein der Germanistik neben der Mediävistik (d.h. ältere deutsche Sprache und Literatur), der germanistischen Linguistik und germanistischen Literaturwissenschaft.

DaF steht

· im Schnittpunkt von Referenzwissenschaften, ist aber kein Anwendungsgebiet einer oder mehrerer dieser Referenzwissenschaften.

Es ist ein eigenständiges Fach, das aus der Praxis des sich wechselsei-tig beeinflussenden Erwerbs– und Lernprozesses der deutschen Spra-che durch Nichtmuttersprachler seine Fragestellungen entwickelt und in Zusammenarbeit mit diesen Referenzwissenschaften seine Lösungen erarbeitet. Es herrscht also ein gleichberechtigtes Miteinander, keine Si-tuation der Abhängigkeit.

DaF ist

· ein Fach mit gleichrangigen Theorie– und Praxisanteilen: erst Forschung und Unterrichtspraxis geben ihm sein unverwechselbares Gesicht. DaF ist ein Studiengang mit Praktikum und Lehrversuchen zeitlich parallel zum Studium.

Neben der Diskussion in der Zeitschrift „Deutsch als Fremdsprache” ist der Sammelband von Henrici und Koreik zu nennen. Die beiden Autoren haben 1994 einen Sammelband mit der Zielsetzung herausgegeben, die in den letzten zwanzig Jahren geführte Debatte über die Struktur des jungen akademischen Fachs Deutsch als Fremdsprache in Deutschland nachzuzeichnen und damit ei-nen Beitrag zur Geschichte des Fachs zu liefern (vgl. Henrici/Koreik 1994).

37 Deutsch als Fremdsprache: Von der Sprachlehre zur wissenschaftlichen Disziplin Weinrich umriss die wichtigsten Inhaltsbereiche von DaF und nannte sieben Gebiete (Kontrastive Linguistik, Sprachnormenforschung, Sprachlehrforschung, Fachsprachenforschung, Gastarbeiter-Linguistik, Deutsche Literatur als frem-de Literatur und Deutsche Lanfrem-deskunfrem-de (vgl. Weinrich 1979), die frem-den Kern des jungen Faches bilden. Das Fach entfaltete sich in den 70er und 80er Jahren grundsätzlich in diesen Bereichen, wobei „Der sprachdidaktische Akzent […]

über die von Weinrich skizzierte Rolle hinaus an Bedeutung gewonnen“ hat (vgl. Krumm u.a. 2010: 23).

Seit den 90er Jahren werden im Fachgebiet Deutsch als Fremd– und Zweitsprache vier Zugänge unterschieden (vgl. Krumm 2010: 47). Der literaturwissenschaft-liche Zugang, der auch als „interkulturelle“ oder „transnationale Germanistik“

bezeichnet wird, untersucht die Distanz des Rezipienten zum deutschsprachi-gen Kulturraum. Der linguistische Zugang zeigt, wie durch die praxisbezodeutschsprachi-gene Perspektive des Faches Deutsch als Fremd– und Zweitsprache neue linguistische Ansätze in den Mittelpunkt gerückt werden und zu einem Paradigmenwechsel führen. An erster Stelle ist hier die Aufhebung der traditionellen Grenze zwi-schen einer am „Sprachsystem“ und einer an der „Sprachverwendung“ ori-entierten Sprachwissenschaft zu erwähnen. Genauso wichtig sind Begriffe, die bestimmte Regeln und Regelhaftigkeiten aus der Lernerperspektive be-schreiben sowie funktional orientierte Ansätze und Theorien in den Blick nehmen. Der landeskundlich-kulturwissenschaftliche Zugang beinhaltet ein Verständnis, das davon ausgeht, dass Sprachenlernen immer zugleich ein Prozess des Fremdverstehens ist, der Entwicklung einer komplexen Fähigkeit, die die Normalität des Anderen, die Wichtigkeit der Empathie und Toleranz bei der menschlichen Kommunikation und in den menschlichen Beziehungen in den Vordergrund stellt. Diesen Begriffen wird in ihrer besonderen Wichtigkeit für das Lehren und Lernen des Deutschen als Fremd– und Zweitsprache eine große Rolle zugeschrieben. Die lehr– und lerntheoretische Orientierung fokussiert auf die Fragen, was es bedeutet, Deutsch zu können, und wie es gelingt, Deutsch zu erlernen. Es untersucht die Bedingungen und Voraussetzungen für Unterrichts–, Lehr– und Lernverfahren. Hier geht es um Fragen, wie Lehren und Lernen einer Sprache optimiert werden können. Die lehr– und lerntheoretische Orientierung ist für die DaF-Lehrerausbildung von besonderer Bedeutung, deshalb wird sie im nächsten Kapitel näher vorgestellt.

Jede Ausrichtung hat ihre wissenschaftliche Fundierung und rückt einen anderen Aspekt in den Vordergrund. Durch diese vier Zugänge zum Fach Deutsch als Fremd– und Zweitsprache eröffnen sich unterschiedliche und dennoch eine Einheit bildende Perspektiven auf das Lehren und Lernen der

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deutschen Sprache. Die Forschungsfelder und Forschungsschwerpunkte der unterschiedlichen Ausrichtungen sind nicht als getrennt zu sehen: Sie haben zahlreiche Gemeinsamkeiten und ergänzen einander.

Seit der Jahrtausendwende ist die Entwicklung von DaF durch veränderte Rahmenbedingungen geprägt:

Auf Grund der veränderten Rahmenbedingungen sind auch traditionelle Begrifflichkeiten und Unterscheidungen im Fach in Frage zu stellen. Das gilt ins-besondere für die Unterscheidung von Auslands– und Inlandsgermanistik sowie von Deutsch als Fremdsprache und Zweitsprache. (Krumm u.a. 2010: 3) Diese Änderungen wurden vor allem durch die beiden früher schon in ihrer Bedeutung für das „Jahr der Sprachen“ erwähnten wichtigen histo-rischen Ereignisse veranlasst: Durch die deutsche Vereinigung, durch den Fall des Eisernen Vorhangs am Ende des vorigen Jahrhunderts sind die strengen Grenzen zwischen den genannten Bereichen verschwunden. Die deutschsprachigen Länder sind Zielländer für Einwanderungen und dadurch Begegnungsstellen von vielen Kulturen geworden. Dieser Prozess wirft viele neue, vor allem kulturelle Probleme auf, die für das Fach neue Aufgaben– und Forschungsfelder bieten.