dar, die als solche immateriell ist, Letztere sind jedoch
konkrete Erschei-nungen
. Für ihr Verhältnis gilt, dass Wasser, Dampf und Eis Erscheinungsformen des abstrakten Phänomens H2O darstellen,wobei ganz genau bestimmt werden kann, welche Form es aufnehmen wird: Unter 0 °C erscheint Eis, zwischen 0 °C und 100 °C Wasser und über 100 °C Dampf. Sobald die eine oder andere Bedingung erfüllt ist,wird H2O in der entsprechenden Form erscheinen.Dieses Verhältnis lässt sich graphisch wie unter (28) erfassen. Eine wichtige Be-sonderheit dieses Verhältnisses besteht in derVerteilung
der einzelnen Reali-sationsformen: Eis,Wasser und Dampf stellen jeweilsdisjunkte Kategorien
dar,d.h.sie schließen einander zu einem gegebenen Zeitpunkt aus.Somit zeigen sie eine
komplementäre Distribution
(ergänzende Verteilung), was bedeu-tet, dass ihre Bedingungen ‚einander ergänzen, aber keine Überlappungen zei-gen', so dass auch die Realisierungen einander ergänzen werden.(28) Graphische Darstellung des Verhältnisses zwischen H2O und dessen Realisierungen
Etwas Ähnliches lässt sich auch in den menschlichen Sprachen beobachten.
So kann eine phonetische Analyse ergeben, dass das
Ungarische
überzwei
g-Phone
verfügt: über einstimmloses
Zg\ und einstimmhaftes
Zé\. Betrach-tet man die Beispiele unter (29), so kann man auf folgende Vorkommens-verteilung dieser Lautsegmente schließen:Zg\ erscheint amWortanfang
undnach Obstruenten
, während Zé\ stetszwischen zwei Vokalen
undnach Sonoranten
steht.Analog zur obigen Darstellung des Verhältnisses zwischen H2O und dessen Realisierungen kann man diese Relation wie in (30) angeben.Diese Abbildung verdeutlicht,dass trotz der phonetischen Wirklichkeit im unga-rischen
Phonemsystem nur ein einziges
h existiert, was für einen naiven Sprachbenutzer auch intuitiv klar ist.Zg\ und Zé\ sind lediglichkombinatori-sche Varianten
dieses Phonems, deren Vorkommen an bestimmte Umge-bungen gebunden ist. Aus der Abbildung geht auch die komplementäre Ver-teilung der Allophone hervor.Die Umgebungen ‘Anlaut und nach Obstruent’ auf der einen Seite bzw.‘zwischen Vokalen und nach Sonorant’ auf der anderen zei-gen keine Überlappunzei-gen,sondern stellen disjunkte,d.h.einander ausschließen-de Größen dar. Somit ist sichergestellt, dass Zg\ und Zé\nicht in derselben Umgebung erscheinen.(29) Zg\9ház, helyes, hol, henger, hernyó, léghajó…
Zé\9lehet, ehet, ihat, lépcsõház, tehén, marha…
(30) Darstellung der kombinatorischen Variation der h-Laute im Ungarischen
Zusammenfassend
kann man festhalten, dass in einer jeden Sprache Pho-ne zu finden sind, die eiPho-nekomplementäre Verteilung
aufweisen, d. h. nicht in derselben Umgebung vorkommen und aus diesem Grund nicht kontrastieren können.Das ist der Grund,warum sie nicht als eigenständige Phoneme,sondernals
Phonemvarianten
zu werten sind, deren Vorkommen an gewisse Umge-bungen gebunden ist.Allophone dieser Art lassen sich demnach wie in (31) defi-nieren, ihr Verhältnis zueinander bzw. zum übergeordneten Phonem lässt sich schematisch wie unter (32) angeben.(31)
Kombinatorische Varianten
sind kontextbedingte Realisierungen des-selben Phonems,die nie in derdes-selben Umgebung vorkommen können,sie weisen somit eine komplementäre Distribution (ergänzende Verteilung) auf.(32) Graphische Darstellung der kombinatorischen Variation
Kombinatorische Variation ist oft
phonetisch motiviert
, d. h. die Ab-weichung der beiden Allophone hängt mit der lautlichen Umgebung der jewei-ligen Form zusammen. So ist die Stimmhaftigkeit des Allophons Zé\ sicherlich von der der umgebenden Segmente abzuleiten, m. a.W. ist die stimmhafte Aus-sprache dieses Segmentes als Ergebnis einesAssimilationsvorgangs
zube-trachten, während sich die Stimmlosigkeit des anderen Allophons nicht aus der lautlichen Umgebung ergibt. In anderen Allophonieverhältnissen spielt die pho-netische Motivation so gut wie
keine Rolle
.Das ist der Fall z.B.imBritischen Englisch
, in dem dasPhonem
.k. zwei positionsbedingte Allophone hat: ein alveolares mit Velarisierung Z4\(das sog.dark l) und eines ohne sie Zk\, vgl. (33).Z4\ erscheint dabei im Wortauslaut und vor Konsonant (außer j),Zk\ vor Vokal und j.Warum ein Lateral im Wortauslaut oder vor fast allen Konsonanten vela-risiert wird, lässt sich phonetisch
nicht erklären
.(33) Z4\9milk ZlH4j\‚Milch',seldom Zrd4c?l\‚selten',little ZkHs4\‚klein',feel Zeh94\‚fühlen'
Zk\:long ZkPM\‚lang',yellow Zidk?t]\‚gelb',million ZlHki?m\‚Million',feeling Zeh9kHM\‚Gefühl'
Ein Allophonieverhältnis wirft immer die
Frage nach dem übergeordne-ten Phonem
auf.Als Phonem wird nämlich immer dasjenige Allophon betrach-tet, das sich dem (den) anderen gegenüber aus irgendeinem Grund alsprimär
verhält. In der h
-Allophonie des Ungarischen
wurde diestimmlose
Va-riante als Phonem betrachtet (vgl. auch die Abbildung unter (30)). Sein Primat hängt damit zusammen,dass die Stimmhaftigkeit des anderen Allophons als
assi-milatorische Eigenschaft
betrachtet kann und diese Variante dadurch als spezifischer angesehen werden kann. Im Falle desBritischen Englisch
lässtsich die Annahme des Zk\als
Phonem
damit begründen, dass für Z4\einekom-plexere Artikulation
charakteristisch ist und dieses Phon deshalb die spezifi-schere Variante darstellt. In wiederum anderen Allophonieverhältnissen spielt weder die phonetische Motivation noch die phonetische Komplexität eine Rolle.Vielmehr lässt sich der spezifische Status der einen Variante auf die nied-rigere Anzahl ihrer Umgebungen zurückführen. Hier wird genau dem Allophon der Phonemstatus zugebilligt, dasweiter verbreitet
ist. Das ist z. B. im Allo-phonieverhältnis zwischen Zr\und
ZR\imJapanischen
vorzufinden. Betrachtet man die Beispiele unter (34), so kann man feststellen, dass ZR\ nur vor einem hohen Vordervokal erscheint,währendZr\vor allen anderen Vokalen vorkommt.Da letzteres Segment eine weitere Verbreitung hat, soll es als primär betrachtet und daher als
Phonem
angenommen werden.(34) Zr`j`m`\‘Fisch’,Zrnjn\‘jener Platz’,Zrtmcd\‘leben,wohnen’,Z`qhl`rd\‘es gibt’
ZRhfnsn\‘Arbeit’,Zv`s`jtRh\‘ich, mich’
Infolge der Allophonieverhältnisse sind zwischen der
Phonem- und
Phon-struktur
eines Wortes u. U. beträchtliche Unterschiede zu beobachten. Um diese deutlich zu machen, kann man zu jedem Wort zwei Arten von Transkription angeben: eine phonetische und eine phonologische, wobei in der ersteren die mehr oder weniger konkreten Phone aufgelistet werden, während Letztere die diesen zugrundeliegenden abstrakten Phoneme enthält. Zur Trans-kription werden in beiden Fällen die Symbole und Nebenzeichen des IPA ver-wendet. Um jedoch den phonetischen bzw. phonologischen Charakter der Transkription zu signalisieren, verwendet man dazu unterschiedlicheKlamme-rungen
.Phone
erscheinen dabei ineckigen
Klammern,Phoneme
zwischenSchrägstrichen
. Zu den bisher behandelten ungarischen, britisch-englischen und japanischen Fällen lassen sich somit die Transkriptionen in Tab. 14 angeben.Schließlich soll noch auf ein Problem aufmerksam gemacht werden, das sich aus der Definition der kombinatorischen Varianten unter (31) ergibt.Aus dieser geht nämlich hervor, dass die komplementäre Distribution, d. h. das
gegensei-tige Ausschließen
der Allophone in derselben Umgebung als dieeinzige de-finitorische Eigenschaft
dieser Art der Allophonie angesehen wird. Das birgt eine gewisse Gefahr, wenn es in einer Sprache Phone gibt, die komplementär verteilt sind, ihre Analyse als Varianten desselben Phonems jedoch intuitiv als unwahrscheinlich erscheint.Vergleicht man z. B. die Umgebungen des h und des Velarnasals imDeutschen
, so sieht man, dass Zg\ nur im Wort- oder Mor-phemanlaut
vorkommt, während ZM\ genau in diesen Positionennicht
er-scheint, vgl. (35). Dies ist ein klarer Fall für die
komplementäre Verteilung
und legt für sie infolge der Definition in (31) ein
Allophonieverhältnis
nahe.Doch scheint es eher unwahrscheinlich, dass Zg\ und ZM\ die Realisierungs-möglichkeiten desselben Phonems wären. Der Grund dafür ist, dass sie einan-der