gespannten und ungespannten Kurzvokale miteinander kontrastieren kön-
3.2. Phonologische Merkmale im Deutschen
3.2.1 Die Bausteine der Lautsegmente:die phonologischen Merkmale
Für die strukturalistische Phonologie ist die grundlegende Kategorie der pho-nologischen Beschreibung das Phonem, das eine bedeutungsunterscheidende Funktion hat, die besonders in Minimalpaaren zu Tage tritt. Nun finden sich in jeder Sprache Minimalpaare, deren Glieder sich nicht in einem ‘ganzen’ Phonem unterscheiden, sondern vielmehr nur in einer
Phonemeigenschaft
. So sorgt für die Bedeutungsunterscheidung zwischen Bund und Mund die Nasalität vs.Oralität des initialen Segmentes, zwischen vier und für die Lippenrundung vs.
Lippenspreizung und zwischen Ofen und Öfen die vordere vs. hintere Zungenstellung des Vokals:
(59) Bund ZaTmsç\ vs.Mund ZlTmsç\,vierZeh95]\ vs.für Zex95]\,OfenZn9e?m\ vs.
ÖfenZ19e?m\
Die Annahme solcher
distinktiven
, d. h. bedeutungsunterscheidendenMerkmale
führte zu einer zweiten Bestimmung des Phonembegriffs: Ein Phonem ist demnach dieGesamtheit der phonologisch relevanten Merkmale
eines gegebenen Phons. Distinktive Merkmale erwiesen sich auch bei der Klassifizierung der einzelnen phonologischen Oppositionen als vorteil-haft. Demnach können u. a. folgendeOppositionstypen
unterschieden wer-den:Tab. 26 Phonologische und phonetische Transkription von Wörtern mit Auslautverhärtung
Schriftbild Rat Rad Rades Rind Rinder rinnt
phonologische Transkription
mit Archiphonemen - .≤`9D. .≤`9DDr. .≤HmD. .≤HmDD≤. -phonologische Transkription .≤`9s. .≤`9s. .≤`9cDr. .≤Hms. .≤HMcD≤. .≤hms.
phonetische Transkription Zq`9sç\ Zq`9sç\ Zq`9c?r\ ZqHmsç\ ZqHmc5\ ZqHmsç\
1.
Eindimensionale Oppositionen
sind solche, bei denen die zur Unterscheidung zwischen den beiden Phonemen verwendeten Merkmalenur für diese charakteristisch
sind. So besteht zwischen .c. und .s. eine eindi-mensionale Opposition, da nur diese Phoneme als alveolare Plosive charakteri-siert werden können.2.
Mehrdimensionale Oppositionen
sind solche, bei denen die zur Unterscheidung zwischen den beiden Phonemen verwendeten Merkmaleauch für andere charakteristisch
sind. So besteht zwischen .c.und .a.eine mehrdimensionale Opposition,da außer dieser Phoneme auch .f.als stimmhaft eingestuft werden kann.3. Bei
isolierten Oppositionen
besteht zwischen den beiden Phonemen eineeinzigartige Beziehung
im gegebenen phonologischen System. So bilden die Phoneme .R. und .≤. eine isolierte Opposition, da ihr Verhältnis im deutschen Phonemsystem nirgends sonst vorzufinden ist.4. Zwischen den Gliedern einer
proportionalen Opposition
besteht ein Verhältnis, dasauch für andere Oppositionen
im gleichen Phonemsystem charakteristisch ist. So ist zwischen .c.und .s., zwischen .a.und .o.und zwi-schen .f. und .j. dieselbe Opposition, nämlich Stimmhaftigkeit vs.Stimmlosigkeit, festzustellen.
5.
Privative Oppositionen
sind solche, deren Glieder sich voneinander durch dasVorhandensein vs. Fehlen eines Merkmals
unterscheiden. So besteht zwischen .x9. und .h9. eine privative Opposition, da für ersteres Phonem Lippenrundung,für letzteres dagegen keine Lippenrundung charakteris-tisch ist.6. Bei
graduellen Oppositionen
unterscheiden sich die einzelnen Phoneme imGrad einer Eigenschaft
voneinander. Ein typisches Beispiel für solche Oppositionen bieten die Vokale .h.+.d. und .`.+da sich ihr Unterschied auf den Grad der Zungenhebung beschränkt.7.
Äquipollente Oppositionen
sind weder privativ noch graduell, vielmehr sind die einzelnen Gliedergleichberechtigt
,vgl.die Gegensätze .o.vs..j.und.s.vs..j..
8.
Neutralisierende Oppositionen
sind solche,bei denen in einer bestimm-ten Stellung die Opposition zwischen den Oppositionsgliedernaufgehoben
wird. Ein Beispiel bietet die Fortis-Lenis-Opposition im Deutschen, die im Sil-benauslaut neutralisiert wird.
9. Bei
nicht-neutralisierenden Oppositionen
kann der Gegensatzin kei-ner Position aufgehoben
werden, vgl. die Unterscheidung zwischen runden-und nichtrrunden-unden Vokalen im Deutschen.Für die Beschreibung eines phonologischen Systems sind die sog.
Korre-lationen
von großer Bedeutung. Korrelationen sind Gruppen von Phonem-paaren, von denen jedes Paar gleichzeitig eineeindimensionale, proportio-nale und privative Opposition
bildet. Dasjenige Merkmal, durch dessen Vor-handensein oder Fehlen die einzelnen Glieder einer Korrelation unterschieden werden können, nennt manKorrelationsmerkmal
.Als Beispiel könnte man eine Quantitätskorrelation nennen, die in Sprachen mit distinktiver Vokaldauer vorkommt.Während die strukturalistische Phonologie die Merkmale v. a. für die Be-stimmung der Oppositionsarten verwendete, wurde im Anschluss eine ganze
Theorie
auf die distinktiven Merkmale gebaut, die in der generativen Pho-nologie aufgegriffen und zum Teil weiterentwickelt wurde. Heute versteht man unter phonologischen Merkmalen weitgehend die kleinsten phonologischen Einheiten, aus denen Lautsegmente gebaut werden. Für sie sind drei Eigenschaften charakteristisch: Distinktivität, Universalität und Binarität. Dass phonologische Merkmaledistinktiv
sind, bedeutet, dass sie in irgendeiner Sprache der Welt einebedeutungsdifferenzierende Funktion
haben.Hinter dem Gedanken der
Universalität
steckt die Möglichkeit,dass mit einer relativ kleinen Menge von Merkmalenalle phonologischen Systeme
be-schrieben werden können. Und schließlich bedeutet
Binarität
(Zwei-wertigkeit), dass ein phonologisches Merkmalzwei Werte
haben kann: Der positive Wert ˇ gekennzeichnet mit dem Vorzeichen + ˇ zeigt das Vorhan-densein, der negative ˇ gekennzeichnet mit dem Vorzeichen - ˇ das Fehlen der im Merkmal ausgedrückten Eigenschaft. So bedeutet [+stimmhaft] ein stimmhaftes, [-stimmhaft] ein stimmloses Lautsegment. Die Binarität der Merkmale erweist sich für die Beschreibung als nützliches Mittel, da mit ihrer Hilfe die Anzahl der Merkmale wesentlich reduziert werden kann (am radikals-ten im Falle der privativen Oppositionen: auf die Hälfte).Eine Besonderheit der Merkmaltheorie ist, dass sie eigentlich nicht nur die Phoneme,also die Lautsegmente mit bedeutungsungerscheidender Funktion,als