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UNGARN UND DIE FIUME—SPALATO-FRAGE

In document A Tenger 16. évfolyam 1926 (Pldal 143-148)

V o n : W I L H E L M v. B R U N N E R .

Ungarn besafi vor dem Friedensdiktat von Trianon an dem nordöstlischen Teil des Adriatischen Meeres einen Küstenstreifen von ca 130 Km. Lángé, an dessen nördlichster Spitze, im Golf von Quarnero, die Hafenstadt Fiume liegt.

Die Stadt, die unbedeutende Unterbrechungen ausgenommen seit Jahrhunderten zu Ungarn gehörte, fiel nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich im Jahre 1867 an Ungarn zurück, was für Fiume in politischer und wirtschaftlicher Bezie-hung von einschneidender Bedeutung war. E s war bestimmt, den enorm anwach-senden Aussenhandel des Landes auf dem Seewege abzuwickeln un zu fördern.

Die verschiedenen ungarischen Regierungen betrachteten es als ihre heilige Pflicht, den Hafen so auszubauen, dal3 er den Ansprüchen unseres Aussenhandels (dem einzigen ungarischen Hafen gegenüber) gewachsen sei. Das w a r keine leichte Arbeit. Jeder Fuöbreit Landes für die Hafenanlagen und Lagerháuser, sogar für den weiteren Ausbau der Stadt, musste dem Meere abgerungen werden, da die Stadt, am Fufie des Karstes, auf Kalkfelsen gebaut, sehr ungüstig lag, und die See bedeutende Tiefen aufwies. „Mit der dieser Nation eigenen Energie und Aus-dauer schuf sie sich hier, trotz ungünstiger Küstenverháltnisse einen künstlichen Hafen, der gleichzeitig ein Denkmal sein sollte für die Leistungsfáhigkeit dieses Volkes"-schreibt ein Österreicher,* und es ist eine unbestreitbare Hochleistung, ein Meisterwerk ungarischer lngenieure, die — mit den technischen Mitteln des vorigen Jahrhunderts — bis zu 40 Meter Tief im Meere bauend, diese herrlichen Kais und den Wellenbrecher schufen und F i u m e zu einem der sichersten und leicht befahrbarsten Háfen ausbauten. Durch Aufschüttung des Meeres w u r d e 61 Ha. Gelánde gewonnen, wo die gebauten Lagerháuser die Fracht von 13800 Eisenbahnwaggons aufnehmen können und am offenen Gelánde eine solche von

* Peter Handel-Mazzetti: Die ö s t e r r e i c h i s c h - u n g a r i s c h e Kriegsmarine vor u n d im Weltkriege. S. 17.

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6000 Waggons unterzubringen ist. Im Jahre 1867 hatte Fiume bloss einen kleinen Wellenbrecher von 260 Meter Lángé und den kleinen Molo Adamich; Schiffe von kaum einigen hundert T o n n e n mussten schon an der Reede ankern. Vor dem Kriege betrug die Lángé der Kais 6300 Meter, die des Wellenbrechers 2060 Meter, und der Hafen u m f a s s t e 62'2 Ha. geschützte Wasserfláche.

Die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung Ungarns seit 1867, die Ansied-lung der Industrie im Lande, die sich schon in wenigen Jahre eine bedeutende Rolle in unserem Export gesichert hat, habén auch Fiume zu einer Blüte gebracht, die kaum erwartet wurde. D a s gilt auch f ü r unsere Seeschiffahrt, die d u r c h die kráftige Unterstützung des Staates zu einer ansehenlichen Flotté heranwuchs.

Ura einen unnötigen Konkurrenzkampf zwischen ungarischen und österreichischen Reederein sowie zwischen den Háfen Fiume und Triest zu vermeiden, schlossen Ungarn und Österreich ein Abkommen, wonach, in Anbetracht der hauptsáchlich landwirtschaftlichen Interessen Ungarns, Fiume den westlichen, Triest dagegen, entsprechend den österreichischen Industrieinteressen, den östlichen Verkehr der Monarchie versehen sollte, und in diesem Sinne die Linienschiffart unterstützt wurde. Ungarn liefi auch der Trampschiffahrt stattliche Unterstützung z u k o m m e n , die im Interesse unserer Wirtschaft allerdings nötig war Durch die Verfügunge n des Gesetzartikels VI. von 1907 über Unterstützung der freien Schiffahrt waren die Trampschiffe verpflichtet, jáhrlich mindestens einmal einen inlándischen Hafen (oder Donauhafen, wie Braila und Galatz) mit für Ungarn bestimmter Mindestladung von 73 der Tonnage a n z u l a u f e n ; dadurch wurde erreicht, dass auch kleinere Warenmengen, d. h. Teilladungen durch heimische H á f e n (und Schiffe) ins Land kamen, deren Verschiffung nach ungarischen Háfen ein auslán-discher Reeder gar nicht, oder aber nur zu höheren Frachten übernommen hátte.

Die Entwicklung der ungarischen Handelsflotte ist aus folgenden Zahlen ersichtlich :*

D a m p f e r S e g l e r Z u s a m m e n

J a h r

Z a h l

Netto-Z a h l

Netto-Z a h l Netto-Z a h l

t o n n e n Z a h l

t o n n e n Z a h l

t o n n e n

1867 3 6 2 7 1 5 8 5 3 6 2 71585 1870 3 7 5 78156 3 7 5 78156 1875 4 276 3 6 9 71531 3 7 3 71807 1880 6 181 3 2 7 6 9 4 4 6 3 3 3 69627 1885 2 3 6 3 7 1 2 5 7 6 2 6 2 4 2 8 0 6 8 9 9 5 1890 3 8 10378 2 0 9 4 3 9 1 6 2 4 7 54294 1895 6 4 3 7 8 1 8 1 7 6 2 / 7 5 8 2 4 0 55576 1900 7 8 5 6 3 9 1 1 3 7 12674 2 1 5 69065 1905 9 5 8 9 7 3 6 9 4 2349 189 92085 1910 1 1 4 109831 8 8 1395 2 0 2 111226 1913 1 3 4 142539 9 6 1211 2 3 0 143750

* U n g a r i s c h e S t a t i s t i s c h e Mitteilungen. Bd. 5 4 . F i u m e s S c h i f f s — u n d W a r e n v e r k e h r 1913.

Da d a s S c h i f f r e g i s t e r jáhrlich, m i t E n d e S e p t e m b e r a b g e s c h l o s s e n w u r d e , enthált der A u s w e i s den jáhrlichen S c h i f f s s t a n d p e r E n d e S e p t e m b e r .

U N G A R N U N D D I E F I U M E - S P A L A T O - F R A G E 127 Auffallend Ist die grosse Zahl der Segelschiffe im Jahre 1867, von denen 148 mit einer Tonnage von 66494 auf lange Fahrt gingen. In den folgenden Jahren vermehrte sich zwar die Zahl der Segler, doch nur vorübergehend, und ihr Schicksal wurde durch die Dampfschiffe besiegelt. Unsere Dampferflotte nahm ihren Aufschwung nach Gründung der „Adria" kgl. ungarischen Seeschiffahrts —

Aktiengesellschaft im Jahre 1882, die dann durch regelmássige staatlich unterstützte-Schiffartslinien Fiume in den Weltverkehr einschaltete. Ihre Flotté záhlte in 1913 32 Schiffe, die 72.979 Bruttotonnen representierten. Die fahrplanmássige Ver-frachtungsmöglichkeit von jeder Warenmenge trug nicht wenig zu der grófién Entvvicklug bei. Das schon erwáhnte Gesetz betr. die Unterstützung der Tramp-schiffahrt vvirkte áusserst belebend auf unsere freie Schiffahrt, und die auf Grund dieses Gesetzes im Jahre 1907 gegründete „Atlantica" Seeschiffahrts-Aktien-gesellschaft wurde in wenigen Jahren eine der bedeutendsten ungarischen Reede-reien, deren aus 11 Schiffen bestehende Flotté mit 43.832 Bruttotonnen an zweiter Stelle stand- Von den im Jahre 1913 im Betrieb befindlichen 134 Dampfern w a r e n 68 mit 206647 btto. reg. Tonnen und mit 131763 Nettotonnen für die lange Fahrt, 3 Schiffe mit 2258 Bruttó- und 1439 Nettotonnen für die groBe Künsenschiffahrt, und 63 Schiffe mit 17004 Bruttó und 9337 Nettotonnen für die kleine Küsten-schiffahrt bestimmt. Der bruttó Raumgehalt der 230 Schiffe (mit Segler) betrug 227.120 Tonnen. Bis September 1914 erhöhte sich die Zahl der Dampfern auf lange P'ahrt auf 70 mit 213.835 Bruttó—und 136.107 Nettotonnen, die der Schiffe auf groBe k'üstens hiffahrt auf 4 mit 3690 Bruttó—und 2322 Nettotonnen und der Raumgehalt der 63 Dampfern auf kleine Küstenschiffahrt auf 18.465 Bruttó- und 9 4 7 7 Nettotonen. Die Gesammtzahl der Schiffe blieb jedoch unverándert, da der 4 Neubauten gegenüber ebensoviel Schiffe aus der Liste gestrichen wurden. S o betrug die Tonnage unserer Handelsflotte im September 1914: 236040 Brutto-149.062 Nettotonnen. Ein bedeutender Anwuchs der Zahl und Tonnage der Schiffe w a r — durch die schon erteilten Bauauftráge — für 1914/15 z u erwarten.

Zur Hebung der ungarischen Schiff- u n d Schiffmaschienenbau-Industrie bekamen auch unsere Reeder Unterstützungen für die im Lande gebauten Schiffe bezw. Maschinen. Dies hatte zur Folge, dass in Fiume die Schiffbauindustrie sich lebhaft entwickelte, insbesondere die Danubius Schiffswerft, die auch unserer Kriegsmarine u. a. die hervorragenden Tb.-Zerstörer der „Csepel" Klasse und das

"20000 Tonnen Grofikampfschiff „Szent István" lieferte.

Durch den regen Verkehr wurde auch Fiume bald eine der gröfiten Industrie-stádte Ungarns. Die Reisschálfabrik (die grösste in der ehemaligen Monarchie), die Stárkefabrik, Petroleumraffinerie. die Schiffswerfte, die Whitehead-Torpedo-fabrik, SchokoladenWhitehead-Torpedo-fabrik, die staatliche Tabakfabrik bescháftigten Tausende von Arbeitern, und in schöner Entwicklung waren die Kaffeeschálerei- und brennerei sowie die Bierbrauerei begriffen.

Das arme Físcherdorf mit einem bescheidenen Güterumschlag wurde in .einigen Jahrzehnten eine wohlhabende Hafenstadt und ein ernster Rivale Triests.

Die Entwicklung, die der Stadt durch das ungarische Hinterland zuteil

9 *

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geworden, zeigt sich u n s am besten im der Statistik. Den Handel zur See — in fünfjáhrigen Ziffern — zeigt uns die folgende Übersicht: *

J a h r

Den Verkehr charakterisiert besonders das erhebliche LJbergewicht der Ausfuhr gegenüber der Einfuhr, in welcher Beziehung Fiume unter allén europá-ischen Háfen einzig dasteht, was darauf zurückzuführen ist, dass Fiume, ent-sprechend seinem Hinterlande, der Exporthafen für die massenhaften und dem Gewichte nach ausgiebigeren Ackerbau- und Forstprodukte war.

An der Einfuhr zur See habén einige überseeische Rohstoffe einen überwie-genden Anteil, welche z u m Teil in Fiume aufgearbeitet, zum Teil aber weit ins Binnenland transportiert wurden, und deren Importverkehr durch die bedeu-tende Eisenbahntarifermáfiigungen (Adria-Tarií) Fiume zugeleitet werden konnte.

An erster Stelle** steht hier R o h r e i s (1.260,705 Q, im Werte von 26.220,361.

Goldkronen) aus Britisch-Indien und Straits-Settlements, sowie a u s Siam ; P h o s p h a t e r d e (1.1 184,930 Q, 8.214,448 GK) aus Brit.-Indien und Straits-Settl., Tunis, U. S. Amerika u n d Australien; K o h l é (2.278,592 Q, 6.806,959. GK) aus England ; W e i n (420.254 Q, 15.971,323. GK) a u s Österreich (Dalmatien) und Griechenland. Bis 1903 stand die Weineinfuhr, als ein Fünftel der Gesammteinfuhr Fiumes, an erster Stelle. Der gröfite Teil des eingeführten Weines stammte aus Italien. Nach diesem Jahre sank der Einfuhr auf ein Minimum, welcher Umstand der Auíhebung der Weinzollklausel zuzuschreiben ist. Eine Ausnahmebestimmung besagt námlich, dass zur Erhaltung des guten Rufes der ungarischen Weine im Fiumaner Freihafen Kunstwein weder importiert noch hergestellt werden darf, ja selbst Behandlung solcher Weine ist untersagt.

Kunstweine dürfen zwar in das Freihatengebiet eingeführt aber nicht in den ungarischen Konsum gebracht werden, u n d selbst ihre Verfrachtung ins Ausland ist nur dann gestattet, w e n n sie als solche bezeichnet sind. Durch diese Verfügung sank die Einfuhr von 857.146 Q 1903 auf 293.087 Q 1904, doch ist seit

* U n g a r i s c h e Statistische Mitteilungen. Bd. 54. Fiumes S c h i f f s — und W a r e n v e r k e h r . 1913.

** Die D a t e n beziechen s i c h auf d a s J a h r 1 9 1 3 , und w u r d e n a u s den U n g a r i s c h e n Statistischen Mitteilungen, Bd. 5 4 ( F i u m e s S c h i f f s u n d W a r e n v e r k e h r 1913) e n t n o m m e n ,

U N G A R N UND D I E F I U M E - S P A L A T O - F R A G E 1 2 9

1906 eine allináhliche Steigerung zu verzeichnen. Wichtig ist noch in der Ein-fuhr je nach dem Ergebnis der ungarischen Ernte die iMais e i n f u h r (618.104 Q 8.093,722. GK) aus Argentinien und Románien, sowie - W o l l e (115.646 Q 18.221,070. GK) und J u t e (181.065 Q 11.588,160. GK) aus den Vereinigten Staaten, Brit.-Indien, Strait-Settlements und England, ferner A g r u m i (190.717 Q 4.005,057. GK) aus Italien und K a f f e e (34.615 Q 5.424,010. GK) aus Brasilien.

Fiume war in erster Reihe Zucker- und Holzexporthafen. Früher stand es im Dienste des ungarischen Getreide- und Mehlexportes, und es war aus der Richtung der Linien der „Adria" Seeschiffahrtsgeselschaft zu sehen, dass die Hauptaufgabe unserer Schiffahrtspolitik die Sicherung der Verfrachtung des, nach den westeuropáischen Márkten gravitierenden Mehls und der Gerste war. Infolge der eingetretenen Aenderungen in der Zollpolitik der Monarchie wurde unser Mehl aus den altén, wichtigen Márkten verdrángt, und so spielte Fiume vor dem Kriege nur eine Rolle in der Befriedigung des Mehlbedarfes der österreichischen Küste. Dem Wert nach stand im Jahre 1913 der Z u c k e r - E x p o r t an erster Stelle, u . z . Sand- und Kristallzucker (1.992,765 Q 56.594,526. GK) nach England, Brit.-Indien und Straits Settlements, und nach der Türkéi, Rohzucker (1.684,101 Q 36.797,606 GK) nach England. Der Zuckerexport vertrat 3 8 % des Wertes des Exports von Fiume. Der Menge nach stand im selben Jahre der H o 1 z-Export an erster Stelle, insbesondere Schnittholz (2,189.386 O 22,613.273. — GK), das zum gröfiten Teil nach Italien, Frankreich (sowie nach dessen afrikanischen Kolo-nien) Griechenland und Spanien geliefert wurde, weiters Brennholz, Frafidauben, Schupper (741.928 Q 4,696.397 — G K ) , welche hauptsáchlich für Tripolis, Frank-reich, Italien und Griechenland bestimmt waren. Der M e h l - E x p o r t von Fiume (753.340 Q 23,943.456.— GK) trug durchwegs lokálén Charakter, da bloss der Export nach Österreich von Bedeutung war. Obwohl wir die westeuropáischen und transatlantischen Márkte fast gánzlich verloren habén, ging noch ein Teil des Mehlexports nach England und Brasilien. Bedeutend war noch — er blieb aber weit hinter dem vorerwáhnten zurüch — der B o h n e n-Export (229,357 Q 6,192.369'—

GK) nach Italien, den Vereinigten Staaten, Frankreich und Holland weiters der Export von P a r a f f i n (136,743 Q 6,153.435.— GK) nach Italien, Frankreich, auch Japan, und von M a g n e s i t (674.999 Q 4,454.993 — GK) gröfitenteils nach den Vereinigten Staaten und teilweise nach England. Der Export von Industrie-erzeugnifien war in Fiume bedeutungslos.

Wie wir bereits aus obigem ersehen können, kamen als Einfuhrlánder besonders England, Brit-Indien und Straits-Settlements, Österreich, Italien, die Vereinigten Staaten, Argentinien, Tunis, Frankreich, Holland, Brasilien und Aus-tralien, als Ausfuhrlánder England, Österreich, Italien, Brit-Indien und Straits-Settlements, die Vereinigten Staaten, Türkéi, Egypten, Frankreich und Griechen-land in Betracht.

E s ist natürlich, dass diese Entwicklung des Warenverkehrs zur See auch die des Schiffsverkehrs entsprechend gesteigert hat, was aus folgenden Zahlen ersichtlich ist:

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In document A Tenger 16. évfolyam 1926 (Pldal 143-148)