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Rechtsradikalismus und soziale Bewegungen

A. Die Richtung: Rechtsradikalismus und soziale Bewegungen

1. Rechtsradikalismus und soziale Bewegungen

In der Politikwissenschaft geht es im Sinne Max Webers grundsätzlich darum herauszufinden, welcher Akteur bzw. welche Akteursgruppe aus welchen Gründen Macht in einem System – sei es ein Staat, eine Organisation, eine Kommune etc. - hat, wie diese Macht erlangt wurde, und unter welchen Rahmenbedingungen diese Macht beibehalten werden kann. Folglich ist ein genuiner Zweig der politikwissenschaftlichen Forschung nach dem zweiten Weltkrieg die Erforschung der Machtwechsel- bzw. Machtbeibehaltungsmechanismen im politischen System. In repräsentativ organisierten Demokratien fungieren notwendigerweise durch Wahlen legitimierte Parteien als Akteure der Meinungsbildung. Daher sind zwei wichtige Bestandteile der Politikwissenschaft die Wahlforschung und die Parteienforschung. Ausgehend von dieser Annahme konzentriert sich die Forschung zum Rechtsradikalismus traditionell auf Parteien, Wahlen und Wähler.24

24 Vgl. Akkerman/de Lange 2012, Art 2011, Arzheimer/Carter 2006, Bachmann 2006, Betz 1994, 2002, Betz/Meret 2013, Bustikova/Kitschelt 2009, Bustikova 2015, Ford 2009, Goodwin 2009, Gougou/Mayer 2013, Hainsworth 2008, Harrison/Bruter 2011, Hartleb 2011, Ignazi 1997, Pirro 2015, Pytlas/ Kossack 2015, Karl 2011,

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Die vorliegende Arbeit versucht, diese herkömmlichen Forschungsgegenstände durch Herangehensweisen, wie der Untersuchung von Liedtexten, Netzwerken und dem Vergleich der Nutzung sozialer Medien zu ergänzen. In der Tat wird zunehmend versucht, neben Parteien subkulturelle Akteure in die Analyse mit einzubeziehen (Backes/Moreau 2012). Allerdings werden diese oftmals entweder deutlich weniger ausgefeilt und systematisch untersucht oder es wird eine Analyse zwar angekündigt, aber de facto nicht vollzogen.

Werner Bergmann war einer der Vorreiter einer verstärkten Kombination von Elementen der sozialen Bewegungsforschung und der Rechtsradikalismusforschung mit seinem „Versuch die extreme Rechte als soziale Bewegung“ zu beschreiben (Bergmann 1994). Im selben Jahr nahm sich Claus Leggewies diesem Thema an (Leggewie 1994). Dass diese (für die politikwissenschaftliche Rechtsradikalismusforschung) neue Theorieebene stärker wahrgenommen wurde, zeigt die Tatsache, dass Ruud Koopmans einen Artikel zum Thema für das Handbuch deutscher Rechtsextremismus (Koopmans 1996) beitragen konnte. Der Sammelband „Paradigmen der Bewegungsforschung. Entstehung und Entwicklung von neuen sozialen Bewegungen und Rechtsextremismus“ von Kai-Uwe Hellmann und Ruud Koopmans war ein wichtiges Fundament für die Verbindung der Rechtsradikalismus- und der Bewegungsforschung (Hellmann/Koopmans 1998) mit einigen maßgeblichen Beiträgen (Bergmann/Erb 1998, Gessenharter 1998, Leggewie 1998). Die im selben Jahr erschienene Monographie „Die neue radikale Rechte im Vergleich“ von Michael Minkenberg nahm diese neuen Tendenzen auf und inkorporierte Elemente der Bewegungsforschung in eine Theorie des Rechtsradikalismus, die Modernisierungsschübe als zentrales Element der rechtsradikalen Ideologie identifizierte (Minkenberg 1998). Es wurde deutlich gemacht, dass eine rein parteizentrierte Forschung zur radikalen Rechten nicht per se zielführend ist, um das Phänomen zu durchdringen. Spätestens damit wurde der Brückenschlag von der Bewegungsforschung zur politikwissenschaftlichen Rechtsradikalismusforschung begonnen. Dennoch blieben Artikel namhafter Vertreter beider Seiten, die sich zumindest vordergründig mit rechtsradikalen sozialen Bewegungen auseinandersetzten, eher Ausnahme denn Regel (Rucht 2002, Pfahl-Traugbehr 2003). Seitens der Rechtsradikalismusforschung ist es mittlerweile zum Teil zur Inkorporation der Analyse von sozialen Bewegungen und subkulturellen Akteuren in der Forschung gekommen (Mudde 2005, Mudde/Kopecky 2002).

Kitschelt 2002, 2013, Kitschelt/McGann 1997, Merkl 1997, Mudde 2000, 2007, 2009, Norris 2005, Schellenberg 2012, Thieme 2007, Spier 2010, van der Brug et al. 2013, Zaslove 2011

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Nichtsdestotrotz wirkt es, als überwiegen, von einigen Ausnahmen abgesehen (Buzogány 2011, Minkenberg 2002, 2008, 2010, 2015, Langebach/Speit 2013, Mammone et al. 2013), Studien, die aus der Perspektive der Bewegungsforschung rechtsradikale soziale Bewegungen und subkulturelle Gruppierungen untersuchen und nicht umgekehrt (Caiani et al. 2009, Caiani/Parenti 2011, 2013; Koopmans et al. 2005).

Manuela Caiani und Linda Parenti versuchen in einer Studie, das Verhältnis der radikalen Rechten zum Internet in den durch die technische Revolution veränderten Kontext, der sowohl durch neue Herausforderungen und Gelegenheiten geprägt ist, einzubetten und zu untersuchen (Caiani/Parenti 2013: 1). Sie konstatieren zum Stand der Forschung: „we know little about how and to what extent extreme right groups use the Internet for their political communication and mobilization“(ebd.). Um mehr Licht ins Dunkel zu bringen, gehen sie in drei Schritten vor:

Zunächst führen sie soziale Netzwerkanalysen durch, um die Verlinkungen und die Konfiguration der rechtsextremen Webseiten-Netzwerke in den von ihnen untersuchten Ländern herauszuarbeiten; danach untersuchen sie diese Seiten mithilfe von Inhaltsanalysen und führen schlussendlich eine Protest-Event-Analyse anhand von Presseartikeln durch. Es geht ihnen darum herauszufinden, welche Funktionen das Internet für ihre untersuchten Gruppen erfüllt. Dabei fokussieren sie sich insbesondere auf die Kommunikation, das Schaffen kollektiver Identitäten und das Potenzial zur Mobilisierung (Caiani/Parenti 2013: 10ff). Sie postulieren, dass einerseits politische, kulturelle und technologische Gelegenheitsstrukturen und andererseits die Ressourcen der Akteure gemeinsam Ausmaß und Form des politischen Aktivismus im Netz beeinflussen (Caiani/Parenti 2013: 20).

Da das Internet vermeintlich schwer zu kontrollieren ist, sahen Forscher das Potenzial für die Nutzung des Webs durch Extremisten bereits in einem relativ frühen Entwicklungsstadium der Onlinekommunikation. Eine der ersten Studien wurde von der Anti-Defamation League durchgeführt. Die Verwendung von Bulletin-Boards25 von Extremisten in den Vereinigten Staaten (Hoffman 1996) wurde untersucht. Der Strukturentwicklung der Online-Welt hat sich die Forschung in diesem Bereich angepasst und untersucht somit die Nutzung neuester Online-Innovationen durch Extremisten. So verwendeten Burris et al. Hyperlink-Analysen, um Webseiten rechtsextremistischer, rassistischer Akteure in den Vereinigten Staaten zu analysieren (Burris et al. 2000).

25 Diese waren Vorstufen von Webforen, auf denen die Teilnehmer Nachrichten posten konnten. Allerdings war die Nutzung weitgehend auf Nordamerika begrenzt. Mit der massenhaften Ausbreitung des Internets, verlor diese Form der Onlinekommunikation ihre Wichtigkeit.

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Die Forschung war nicht auf die Vereinigten Staaten beschränkt. Luca Tateo beispielsweise untersuchte die Online-Struktur der italienischen radikalen Rechten mithilfe einer Netzwerkanalyse (Tateo 2005). Wie rechtsradikale Parteien auf Twitter interagieren (Conway et al. 2013), und wer ihnen aus welchen Gründe auf Facebook folgt (Bartlett et al. 2012), wurde mehr und mehr Teil der wissenschaftlichen Studien von Politologen, Soziologen und Ethnologen.