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Jobbiks Maifeste

A. Jobbiks Netzwerke

4. Jobbiks Maifeste

Jobbiks Maifeste finden seit 2005 jedes Jahr statt, mit einer Ausnahme im Jahr 2006. Bei der bislang letzten Ausgabe 2015 sollen laut Nemzeti TV98 mehr als 10.000 Menschen dabei gewesen sein. Das Fest zum 1. Mai ist in Ungarn aufgrund der kommunistischen Tradition der Feier zum Tag der Arbeit eines der wichtigsten Feste. Wohl um sich von der sozialistischen Tradition abzugrenzen, heißen Jobbiks Maifeiern „nationale“ (nemzeti) Maifeste. Seit der ersten Ausgabe wurde ein Musikprogramm organisiert. Aufgrund der zuvor bereits heraus gearbeiteten symbiotischen Beziehung Jobbiks mit identitären Musikbands, ist die große Zahl an Musikbands, die jeweils anwesend sind, nicht verwunderlich. Eines der aufwändigsten Feste fand 2014 statt, als insgesamt zehn Bands99 gespielt haben. 2013 und 2015 waren es vier Bands.100 Der Journalist Márk Herczeg der investigativen Webseite 444.hu hat 2014 anlässlich des zehnten Jubiläums von Jobbiks Maifeiern eine genaue Aufstellung aller teilnehmenden Bands der jeweiligen Jahre erstellt.101

98 https://www. YouTube.com/watch?v=cKw8L3RgZV8. Zuletzt abgerufen am 04.09.2015.

99 Es waren die Bands Kárpátia, Ismerős Arcok, Romantikus Erőszak, Örökség (Erbschaft), Lord, Hungarica, Kalapács József, Regélő Dobosok, Kurul Dobosok und die polnische Band Zle Psy. In diesem Unterkapitel werden die Bandnamen der Übersicht halber weder übersetzt noch erklärt. Im Register stehen die entsprechenden Informationen.

100 Kárpátia, Ismerős Arcok, Romantikus Erőszak und Lord.

101http://444.hu/2014/05/01/magyarorszag-legnemzetibb-rockegyuttesei-a-jobbik-kedvenc-hazi-zenekarai/.

Zuletzt abgerufen am 20. Juni 2015.

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Eine Auswertung dieser Daten, ergänzt durch eigene Recherchen, zeigt, dass insgesamt 27 Bands bei den zehn Maifeiern Jobbiks aufgetreten sind. Die in Unterkapitel C untersuchten Bands Ismerős Arcok und Romantikus Erőszak sind die einzigen beiden, die bei jeder Maifeier auftraten. Die Gruppe Hungarica war sechsmal dabei, Lord und Kormorán je fünfmal, Szkítia, Kárpátia und FankaDeli waren je viermal dabei. Alle anderen Bands waren nur ein oder zweimal im Programm. Es traten jedes Mal mindestens vier Gruppen auf. Abgesehen von der durchgehenden Anwesenheit von Ismerős Arcok und Romantikus Erőszak sind noch weitere Entwicklungen zu beobachten. So waren am Anfang vor allem rassistische Skinhead-Bands102 vertreten. Anschließend gab es eine Periode von 2007 bis 2009, in der die eher gemäßigten Bands Szkítia und Kormorán Dauergäste waren. 2008 war neben anderen Eintagsfliegen, die hier ebenfalls untersuchte Band Magna Hungária zu Gast. Dem Trend zur Mäßigung folgend war sie nur einmal dabei. Ab 2008 wurde Hungarica zu einem häufigen Gast bei Jobbiks Maifeier. Von den Bands, die 2009 dazu kamen, war FankaDeli die einzige, die mehr als zweimal ins Programm aufgenommen wurde. Seitdem ist es nur der Band Lord gelungen, zu einem wiederholten Teilnehmer bei den Maifeiern zu werden. Seit 2011 ist die Band Dauergast.

Die Entwicklung bei Kárpátia fällt darüber hinaus ins Auge. Sie war bei der ersten Maifeier 2005 mit dabei und danach bis 2012 nicht mehr, anschließend jedoch in den beiden Folgejahren erneut. Zweitens fällt auf, dass vereinzelte ausländische Bands eingeladen wurden. So war 2008 die slowakische (ungarischsprachige) Band Kerecsen, 2011 die siebenbürgische (ungarischsprachige) Band Transylmania und 2014 die polnische Hardrock-Band Zle Psy im Programm. Drittens ist eindeutig, dass ein überwiegender Anteil der Bands aus dem Rock-Bereich kommt – seien es Oi, Metal, Folk- oder Hardrock. Ausnahmen von dieser Regel sind der Rapper FankaDeli,103die Band von Barbara Sárdy104 und die Kecskés Együttés105.

102 Oi-kor, Magozott Cseresznye, Egészséges Fejbőr (Gesunde Kopfhaut) zur Einschätzung vgl. Szele 2012: 58.

103 Er ist von 2009 bis 2012 bei den Jobbik-Maifeiern im Programm gewesen. In dieser Zeit hat er zwei Alben herausgebracht.

104 Ihre Musik ist stark vom Pop beeinflusst ist. Sie war einmal 2009 eingeladen und hatte in diesem Jahr ihr bis 2015 letztes Album veröffentlicht.

105 Die Band ist mit mittelalterlicher bzw. altertümlicher Musik erfolgreich und hat ebenfalls nur 2009 bei einer Jobbik-Maifeier gespielt.

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Musik hat also eine herausgehobene Stellung für Jobbik und es ist in der Tat eine symbiotische Beziehung Jobbiks mit der identitären Musikszene. Insofern stellen die Maifeste Musikhappenings dar. Daneben fungieren sie als Netzwerktreffen, da bei den Ständen und Buden paramilitärische und paganistische Organisationen ebenso ihren Platz haben wie Szenemarken und Devotionalien-Händler, Buchverlage und nationalistische Nahrungsmittelhersteller106. Es liegt nahe zu vermuten, dass diejenigen, die im Internet miteinander verknüpft sind, hier ihren Kontakt bekräftigen, auffrischen oder vielleicht sogar erst etablieren. Somit sind die Maifeste Treffpunkte der rechtsradikalen sozialen Bewegung.

Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Interdependenz von Mobilisierung in digitalen, öffentlichen Räumen, wie dem sozialen Netzwerk Facebook und real existierenden Orten. Um dies herauszuarbeiten, lohnt ein Fokus auf die Maifeiern 2013 und 2015. Begonnen wird diese Analyse mit einer Untersuchung der jeweiligen Plakate, die gleichzeitig in der Stadt Budapest (und vermutlich auch anderswo in Ungarn) aufgehängt wurden, auf der Jobbik-Startseite zu sehen waren und auf Facebook sowohl als Cover-Foto fungierten und separat gepostet worden sind.

ABBILDUNG II-1:OFFIZIELLE PLAKATE ZU JOBBIKS MAIFEIER 2013 UND 2015

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106 Beispielsweise gab es Großungarn-Bier zu erwerben.

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Außergewöhnlich ist bei beiden Plakaten die zentrale Stellung der Musik: an zwei Stellen werden die teilnehmenden Bands genannt (oben und mittig unten). Die Musik steht also deutlich stärker im Mittelpunkt als das Jobbik-Symbol, welches beim linken Plakat rechts unter dem stilisierten Baum und beim rechten Plakat unten in der Mitte sichtbar ist. Offensichtlich soll die Maifeier eher wie ein Konzert samt Parteibegleitung, denn eine Parteiveranstaltung mit Musikbegleitung wirken. Außerdem wirken die Plakate durch Farbwahl und Formen fröhlich, frisch, modern und frühlingshaft. Eine rechtsradikale Grundhaltung ist dem neutralen Betrachter nicht ersichtlich. Gerade das Plakat von 2013 wirkt wie ein spirituelles New-Age-Plakat – auch für nicht-ungarische Betrachter107. Das Plakat von 2015 ist weniger spielerisch angehaucht, wirkt jedoch modern und zeitgemäß. Das Plakat von 2013 war im Internet ein voller Erfolg. Am 26. April 2013 wurde es auf Jobbiks Facebook-Seite gepostet und erhielt über 6000 „Gefällt-mir“ Angaben und wurde dazu über 2200-mal geteilt. Interessanterweise bekam das zweite Plakat, welches am 29. April 2015 gepostet wurde, nur über 300 Likes und wurde 100-mal geteilt. Jeweils am 1. Mai wurden Fotostrecken der Maifeste gepostet auf Jobbiks Facebook-Seite: 2013 wurden diese über 3000 mal gelikt und mehr als 700 mal geteilt, 2015 ist die Zahl der Likes auf 2400 geschrumpft und die Fotostrecke wurde nur noch mehr als 300 mal geteilt. Entscheidend ist zu betonen: beide Veranstaltungen werden online und im Straßenbild beworben, sind große Partei-Veranstaltungen an der Schnittstelle zu Festivals und werden anschließend wieder online mithilfe von Fotos zelebriert. Dieses Beispiel zeigt auf, wie Jobbik Interdependenzen der digitalen und der realpyhischen Welt nutzt, um hybride öffentliche Räume zu kreeieren, wie Manuel Castells sie in ähnlicher Form beschreibt.